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§ 25. Die Resultate der vorliegenden Untersuchung lassen sich der Hauptsache nach folgendermaassen zusammenfassen:

1. Die electrostatische Anziehung, welche eine ebene Kathodenfläche bei der Glimmentladung erfährt, kann durch die Wage gemessen und daraus die electrische Kraft und die Flächendichte an der Kathodenfläche berechnet werden. Jene Anziehung ergibt sich der Stromdichte proportional und beträgt in Milligrammgewicht pro Ampère für blanke Platin- und Aluminiumkathoden in

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2. In dem negativen Glimmlicht befindet sich, wie schon A. Schuster 1) hervorgehoben hat, ein Ueberschuss freier positiver Electricität. Der Betrag dieser positiven Ladung ist der negativen Ladung der Kathode entgegengesetzt gleich, wie diese Ladung der Quadratwurzel aus der Stromdichte proportional und von der Ordnung 10-10 für 1 Milliampère aufs Quadratcentimeter bei blanken Platin- und Aluminiumkathoden in Stickstoff und Wasserstoff gefunden worden.

Coul.

cm

3. Eine Anodenfläche wird viel schwächer angezogen und ist daher viel schwächer geladen, als eine Kathodenfläche.

Wenn also zwei unendliche parallele Electrodenflächen einander gegenüberstehen, so sind dieselben gleich stark geladen nur so lange die Electricität im Gleichgewicht ist. Geht aber die Glimmentladung zwischen den Flächen über, so ist die Ladung der Anode schwächer, als die Ladung der Kathode um den Ueberschuss freier positiver Electricität, welcher sich im stromdurchflossenen Gase vorfindet.

4. Für die normale Stromdichte, bei welcher das negative Glimmlicht sich frei über die Kathode hin ausbreiten kann, nimmt die electrische Kraft an der Kathode mit abnehmendem Druck ab und ist für Wasserstoff kleiner, als für Stickstoff entsprechend den für die Schlagweite bekannten Gesetzen. Bei normaler Stromdichte nimmt daher der unter

1) A. Schuster, Proc. Roy. Soc. 47. p. 541. 1890.

3. erwähnte Ueberschuss freier positiver Electricität im Gase mit abnehmendem Drucke ab.

5. Die körperliche electrische Ladung des Gases, welche bei der Glimmentladung stattfindet, bringt Steigerung des hydrostatischen Drucks mit sich und erzeugt dadurch unter gewöhnlichen Umständen Wirbelströme, welche zwischen begrenzten Electroden von der Anode zur Kathode fliessen und die mehrfach beobachtete Fortführung von Materie im Sinne des positiven Stromes erklären können.

Freiburg i. B., 31. Oct. 1891.

II. Ueber den Durchgang der Kathodenstrahlen durch dünne Metallschichten; von H. Hertz.

Die Kathodenstrahlen unterscheiden sich vom Lichte wesentlich in Hinsicht der Fähigkeit, feste Körper zu durchdringen. Selbst solche Stoffe, welche für das Licht aller Gattungen die durchlässigsten sind, setzen schon in den dünnsten herstellbaren Schichten dem Durchgang der Kathodenstrahlen einen unüberwindlichen Widerstand entgegen. Um so auffallender erschein es mir, dass gerade die für das Licht so undurchlässigen Metalle für die Kathodenstrahlen eine wenn auch geringe Durchlässigkeit besitzen. Dickere Metallschichten sind freilich wie für das Licht, so auch für die Kathodenstrahlen undurchdringlich; Metallschichten aber von solcher Dünne, dass schon ein Theil des auffallenden Lichtes hindurchgeht, lassen auch einen Theil der auffallenden Kathodenstrahlen hindurchdringen, ja wie es scheint einen etwas grösseren Bruchtheil der Kathodenstrahlen als des Lichtes. Man kann sich davon durch die einfachsten Versuche überzeugen. Eine phosphorescenzfähige ebene Glasplatte, am besten ein Stück Uranglas belegt man auf einer Seite, welche wir die vordere nennen wollen, theilweise mit echtem Blattgold, befestigt auf dem Golde noch einige Glimmersplitter, und setzt nun diese vordere Seite den Kathodenstrahlen aus, welche etwa von einer ebenen kreisrunden Aluminiumkathode von 1 cm Durchmesser ausgehen, sagen wir in einem Abstande von 20 cm von der Kathode. Solange die Luftverdünnung noch nicht weit vorgeschritten ist und die Kathodenstrahlen als dichter blauer Lichtkegel das ganze Entladungsrohr füllen, phosphorescirt das Glas nur ausserhalb der goldbelegten Stelle. Die Phosphorescenz wird in diesem Stadium hauptsächlich durch das Licht der Entladung bewirkt, von welchem das Goldblatt nur einen sehr kleinen Theil hindurchlässt. Wird nun aber bei fortschreitender Verdünnung das Innere des Entladungsrohres mehr und mehr lichtlos und beginnen die eigentlichen Kathodenstrahlen das belegte Glas zu treffen,

so beginnt dieses auch hinter der Goldschicht zu phosphoresciren; dies Leuchten nimmt zu und wenn die Kathodenstrahlen ihre lebhafteste Entwickelung erreicht haben, erscheint von der hintern Seite aus betrachtet, das Goldblatt nur noch als ein matter Schleier auf der Glasplatte, hauptsächlich erkennbar an seinen Rändern und an den kleinen Fältelungen, welche es enthält. Man kann kaum sagen, dass es einen Schatten wirft. Die dünnen Glimmerplättchen dagegen, welche wir auf die Goldschicht gelegt haben, werfen durch diese hindurch ihre tiefschwarzen Schatten auf das Glas. Die Kathodenstrahlen durchsetzen also die Goldschicht; wie es scheint, mit geringem Verluste. Den gleichen Versuch mit gleichem Erfolge führte ich mit echtem Blattsilber aus, mit Blattaluminium, mit verschiedenen Sorten unechten Blattsilbers und Blattgoldes (Zinn, Zink- und Kupferlegirungen), ferner mit chemisch niedergeschlagenen Silberschichten, sowie mit Schichten von Silber, Platin und Kupfer, welche im Vacuum durch die Entladung niedergeschlagen waren. Diese letzteren Schichten waren übrigens viel dünner als die geschlagenen Metallblätter. Charakteristische Unterschiede zwischen den verschiedenen Metallen habe ich nicht bemerkt. Am geeignetsten für die Versuche erschien mir das geschlagene Aluminium, wie es im Handel zu haben ist, es ist schon fast völlig undurchlässig für das Licht, sehr durchlässig für die Kathodenstrahlen, leicht zu handhaben, und wird von den Kathodenstrahlen nicht angegriffen, während z. B. eine Schicht von Blattsilber von denselben schnell in eigenthümlicher Weise zerfressen wird.

Der Annahme, es seien in diesem Versuche die Kathodenstrahlen durch den Stoff des Metalls hindurchgegangen, kann man den Einwand entgegenstellen, es seien so dünne Metallschichten voll feiner Oeffnungen und die Kathodenstrahlen möchten wohl durch diese und nicht durch das Metall hindurch zum Glase gelangt sein. Bei den geschlagenen Metallen, an welchen die Erscheinung am meisten überrascht, ist das Vorhandensein vieler Poren nicht zu leugnen, aber die Gesammtoberfläche der Oeffnungen beträgt doch kaum einige Procent der Oberfläche des Metalles und dies reicht nicht aus, das helle Leuchten des belegten Glases zu erklären. Es erscheint ferner der belegte Theil des Glases völlig lichtlos,

wenn wir das Glas von der vorderen Seite, der Seite der Kathode her betrachten. Die Kathodenstrahlen müssen also zu dem Glase auf einem Wege gelangt sein, welchen das von ihnen erregte Licht nicht rückwärts zurücklegen kann, sie können also nicht durch die Oeffnungen des dem Glase eng anliegenden Metallblattes eingetreten sein. Legen wir weiter zwei Metallblätter übereinander, so wird die Zahl der sich überdeckenden Oeffnungen verschwindend klein sein, die Kathodenstrahlen aber bringen das Glas auch noch unter einer doppelten Schicht der Blattmetalle zum kräftigen Leuchten, ja noch unter einer drei- und vierfachen Schicht von Blattgold oder Blattaluminium vermögen wir das Phosphoresciren des Glases und die Schatten davor befindlicher Gegenstände wahrzunehmen. Es ist mir übrigens aufgefallen, dass eine doppelte Schicht das Leuchten weit mehr schwächt, als man es nach der geringen Schwächung erwarten sollte, welche die einfache Schicht hervorbringt. Ich glaube, dass die folgende Ueberlegung eine genügende Erklärung dieser Erscheinung abgiebt. Die Metallbelegung bildet eine spiegelnde Fläche, in welcher das Phosphorescenzlicht reflectirt wird. Indem die spiegelnde Fläche dies Licht hindert, nach der Seite der Kathode auszustrahlen, verdoppelt sie die Intensität desselben für die der Kathode abgewandte Seite. Nehmen wir nun an, die Metallschicht lasse nur 1 der Kathodenstrahlen hindurch, so vermindert sich gleichwohl das Leuchten nicht auf 1/3, sondern nur auf 2, des früheren Werthes, die zweite Schicht aber wird das Leuchten schon auf 2, herabsetzen und weitere Schichten werden die Phosphorescenz schnell verschwinden machen. Ist diese Auffassung richtig, so dürfen Metallflächen, welche mehr als die Hälfte der Kathodenstrahlen hindurchlassen, das Leuchten überhaupt nicht schwächen, sondern es muss das Glas hinter solchen Metallschichten sogar stärker phosphoresciren, als an den unbelegten Stellen. An chemisch niedergeschlagenen Silberschichten von passender Dicke, glaube ich diese Vermuthung bestätigt gefunden zu haben; doch ist die Beobachtung insofern etwas unsicher, als man an den unbelegten Stellen durch das phosphorescirende Glas hindurch unvermeidlich das graublaue Leuchten des Gases wahrnimmt und man nicht mit völliger Sicherheit die Helligkeit

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