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Kräfte im Stromkreise möglich, welche bestrebt sind, die primäre elektrische Strömung zu hemmen, d. h. einen der letzteren entgegengesetzten Strom zu erzeugen.

Man gelangt demgemäss zu folgendem Resultate:

Die Diaphragmenströme und ihre Modificationen verdanken ihren Ursprung dem Auftreten neuer elektromotorischer Kräfte von solcher Beschaffenheit, dass der durch diese Kräfte in der bewegten Flüssigkeit erzeugte elektrische Strom, so lange sie mit den Canälen des Diaphragmas oder der Capillarröhre in Berührung steht, stets entgegengesetzt einem elektrischen Strome fliesst, welcher die Flüssigkeit in demselben Sinne wie der mechanische Druck durch das Diaphragma treiben würde.

Folglich sind die von QUINCKE und mir beim Hindurchpressen von destillirtem Wasser durch poröse Diaphragmen und dünne Glasröhren im Galvanometerdrahte beobachteten elektrischen Ströme sogenannte Zweigströme, bei denen der Draht des Multiplicators eine Nebenschliessung des zwischen den Enden des Diaphragmas oder der Röhre fliessenden elektrischen Stromes bildet.

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Betrachtet man durch die vorangegangenen Untersuchungen den inneren Zusammenhang zwischen den Diaphragmenströmen QUINCKE's und den von mir beobachteten Reibungsströmen als erwiesen, so kann man mit Berücksichtigung der erwähnten Reciprocität dieser Ströme und der dabei stattfindenden relativen Verschiebung sich berührender Körperschichten, das gewonnene Resultat allgemeiner in folgendem Satze aussprechen :

Bei der gleitenden Reibung zweier heterogenen Körper werden elektrische Ströme erzeugt, welche bestrebt sind, die beiden Körper in entgegengesetzter Richtung ihrer relativen Bewegung zu verschieben.

Die in diesem Satze ausgesprochene Wechselwirkung zweier Körper bezieht sich auf Entfernungen derselben, welche vom Standpunkte der atomistischen Theorie der Materie als

Molecular-Entfernungen bezeichnet werden, und daher wegen ihrer Kleinheit unsichtbar sind.

Fragt man nun, ob es einen analogen Satz für die Wechselwirkung zweier Körper gibt, welche sich in grossen und daher sichtbaren Entfernungen gegen einander verschieben, so ist dies in der That bei Körpern der Fall, welche von elektrischen Strömen durchflossen werden und hierdurch gegenseitig eine inducirende Wirkung ausüben.

Denken wir uns z. B. die beiden Körper in Gestalt zweier kreisförmiger kupferner Drahtringe gegeben, von denen der eine von einem constanten elektrischen Strom durchflossen wird, so lässt sich die durch elektrische Induction zwischen beiden Ringen erzeugte Wechselwirkung folgendermassen aussprechen:

Bei der relativen Verschiebung zweier, von elektrischen Strömen durchflossenen Leiter werden elektrische Ströme erzeugt, welche bestrebt sind, die beiden Leiter in entgegengesetzter Richtung ihrer relativen Bewegung zu verschieben.

Diese Beziehung ist zuerst von LENZ, 1) kurze Zeit nach FARADAY'S Entdeckung der Volta - Induction, mit folgenden Worten ausgesprochen worden:

,Wenn sich ein metallischer Leiter in der Nähe eines galvanischen Stromes bewegt, so wird in ihm ein elektrischer Strom von solcher Richtung erregt, dass durch die elektrodynamische Wirkung des erregenden auf den erregten Strom die dem Leiter desselben ertheilte Bewegung gerade entgegengesetzt der Bewegung wäre, welche den Inductionsstrom veranlasst hat, vorausgesetzt, dass der inducirte Leiter nur in der Richtung der ertheilten Bewegung und in der entgegengesetzten beweglich wäre.“

In dieser Form tritt die Analogie dieses Gesetzes noch deutlicher mit dem von mir für die Reibungsströme gefundenen Gesetze hervor. Man beachte nun, dass der experimentelle Beweis von der Existenz dieser letzteren Ströme wesentlich an die Bedingung geknüpft ist, dass die Ausgleichung der an den Enden des Reibzeuges auftretenden freien Elektricitätsmengen nicht vollständig im Reibzeug selber stattfinden darf,

1) LENZ. POGGENDORFF'S Ann. Bd. 31.

weil sonst der durch den Multiplicatordraht fliessende Zweigstrom verschwindend klein sein würde. Man kann daher diese Ströme nicht beobachten, wenn man an Stelle des schlecht leitenden Leders z. B. ein Stück Stanniol anwenden würde. Wenn aber das gefundene Gesetz ein tiefer in der Natur der Körper begründetes ist, so werden dessenungeachtet diese Ströme im Innern des metallischen Reibzeuges existiren, sei es, dass die Länge der Strombahn, wie früher, von einem Ende des Reibzeuges zum andern geht, sei es, dass sich dieselbe in kleine Partialströme auflöst, welche, ähnlich den in Fig. 4, Taf. VI dargestellten Strömen, in jedem Elemente des metallischen Reibzeuges fliessen.

Die Summe dieser elementaren Partialströme würde hinsichtlich ihrer Wirkung dieselbe bleiben, wie in dem früheren Falle bei längerer Strombahn. Wenn daher allgemein bei der gleitenden Reibung zweier heterogener Körper ein Theil der dabei aufzuwendenden Arbeit zur Erzeugung elektrischer Ströme benutzt wird, die nur unter gewissen Bedingungen direct beobachtet werden können, so liegt der Gedanke nahe, dass möglicherweise die ganze Arbeit, welche bei der gleitenden Reibung geleistet werden muss, ihren Ursprung in der Erzeugung elektrischer Bewegungen im Innern der Körper hat.

Die erste Folgerung einer solchen Hypothese bestände darin, dass das Gesetz des mechanischen Widerstandes, welcher bei der gleitenden Reibung zweier sich berührender Flächen eines oder verschiedener Körper zu überwinden ist, übereinstimmt mit dem Gesetze des mechanischen Widerstandes, welcher durch Induction elektrischer Ströme erzeugt wird.

Dies ist nun in der That in aller Strenge der Fall, indem dieser Widerstand sowohl bei der Reibung als bei der Induction proportional der relativen Geschwindigkeit der bewegten Körper sich ändert.

Ueber die weitere Entwickelung und experimentelle Bestätigung dieser Beziehungen vgl. „Wissenschaftliche Abhandlungen" Band I. S. 485.

9. Theorie der Elektricitätserregung bei der Berührung und Reibung der Körper.

Der allgemeinste Erfahrungssatz, welcher sich über die Erregung von Elektricität zweier Körper in molecularem Abstande (Berührung) aussprechen lässt, dürfte folgender sein: Bei jeder Berührung zweier heterogenen Körper tritt an der Berührungsfläche eine elektrische Spannung, d. h. eine Veränderung in der ursprünglichen Vertheilung der Elektricität der beiden Körper ein.

Worin die Heterogenität dieser beiden Körper besteht, ist für die qualitative Gültigkeit des obigen Satzes unwesentlich; nur quantitativ findet bezüglich der geschiedenen Elektricitätsmengen eine Verschiedenheit statt, je nachdem die Heterogenität in einer chemischen, wie z. B. beim Contacte verschiedener Metalle oder Flüssigkeiten, oder in einer physikalischen, wie z. B. bei Berührung verschieden dichter oder verschieden warmer Körper besteht.

P. RIESS1) spricht den obigen Satz in folgenden Worten aus: „Irgend zwei Körper, die in Berührung mit einander stehen, werden entgegengesetzt elektrisch, so dass der eine Körper einem nahe gebrachten Leiter eine bestimmte Menge der einen, der andere Körper dieselbe Menge der andern Elektricität mittheilen kann. Entzieht man den Körpern diese Elektricität, so stellt sie sich, da die Ursache der Elektrisirung fortdauert, sogleich wieder her. Es bildet daher das kleinste Paar einander berührender Körper eine unerschöpfliche Elektricitätsquelle, die so lange fliesst, als von beiden dabei thätigen Körpern die Elektricität abgeleitet wird. "

Einen fast ebenso allgemeinen Satz über die Elektricitätserregung spricht RIESS (S. 361 a. a. O.) in folgenden Worten aus:

1) Die Lehre von der Reibungselektricität. II. S. 422.

,,Bei der elektrischen Erregung treten stets beide Elektricitätsarten auf. Dies ist der Satz, den zuerst WILCKE1) im Jahre 1758 ausgesprochen, und der so viele Bestätigungen erhalten hat, dass die wenigen Fälle, die sich ihm nicht anschliessen, nur als scheinbare betrachtet werden können. Mir sind drei solche Fälle bekannt.

Als BERGMANN) die Kiele von zwei rohen (ihrer Oberhaut nicht beraubten) Gänsefedern aneinander rieb, fand er beide positiv elektrisch. Der Versuch gelang nur an wenigen Exemplaren und selbst an diesen nicht nach öfterer Wiederholung.

Beim Zerbrechen einer Siegellackstange fand LICHTENBERG 3) öfter beide Bruchflächen negativ elektrisch.

FARADAY) legte zwei Flanellstreifen quer über einander und rieb sie; in einigen Fällen zeigten beide Streifen negative Elektricität. Es ist zu vermuthen, dass in diesen Beispielen der Erregung nur einer Elektricität die entgegengesetzte Art auf einem Theile der Oberfläche der Körper erregt worden ist, der sehr dünn, durch das Reiben abgelöst und entfernt wurde. Diese Ausnahmen von dem Gesetze sind nur bei der Reibung identischer Körper, noch niemals bei ungleichartigen Körpern bemerkt worden. Bei den letzteren kann man sich auf die Untersuchung der Elektricitätsart des einen der geriebenen Körper beschränken, und daraus auf die Elektricitätsart des andern Körpers mit Sicherheit schliessen.“

Ich selbst habe den obigen Versuch von LICHTENBERG beim Zerbrechen einer Siegellackstange mit wechselndem Erfolge wiederholt; zuweilen wurden die Bruchflächen gleichartig, meistens jedoch entgegengesetzt elektrisch.

Ebenso bekannt ist die Elektricitätsentwickelung beim mechanischen Zerreissen von krystallinischen Medien. So wird z. B. in GEHLER's physikalischem Wörterbuch über derartige Versuche von BECQUEREL mit folgenden Worten referirt :

,,Macht man an einem Glimmerblättchen einen kleinen Spalt, befestigt die getrennten Blätter an einer Handhabe, und reisst die Blättchen von einander, so wird die Trennungslinie im Dunkeln leuchten, und jedes Blatt ist entgegengesetzt elektrisch. Dies geschieht auch mit anderen krystallisirten Mineralien, die auf dieselbe Art behandelt werden können, z. B. Gyps, Kalkspath u. s. w., ebenso mit einer auf dieselbe Art behandelten Spielkarte."

Ferner bemerkt RIESS:6)

1) FRANKLIN'S Briefe, übersetzt von WILCKE, Leipzig 1758. S. 272.

2) BERGMANN, Opuscula physica. Lipsiae 1788. S. 372.

3) ERXLEBEN, Physik 1794. S. 476.

4) FARADAY, Erper. Research. N. 2142.

5) GEHLER'S Physikalisches Wörterbuch. Bd. III. S. 259.
*) Die Lehre von der Reibungselektricität. II. S. 401.

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