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durch Diffusion so viel gelöster Sauerstoff von der Kathode zur Anode zurückwandert, als durch den Strom als Anion von der Kathode zur Anode geführt wird.

Ich habe seit Veröffentlichung jener Arbeit mannigfache Versuche angestellt, die letzten Spuren der aufgelösten Gase vollständiger zu beseitigen als dies mir damals gelungen war, aber ohne besseren Erfolg. Ich habe die Berührung der elektrolytischen Flüssigkeit mit dem Quecksilber der damals gebrauchten Quecksilberpumpe beseitigt, weil der Verdacht nicht ganz sicher auszuschliessen war, dass minimale Spuren aufgelöster Quecksilbersalze sich bilden könnten. Ich habe in einer zugeschmolzenen Zelle1) die atmosphärische Luft durch elektrolytisch entwickeltes Knallgas auszuwaschen und letzteres wieder durch den Einfluss einer wasserstoffhaltigen Palladiumplatte zu beseitigen gesucht, die den Sauerstoff wieder zu Wasser machen, den Wasserstoff unter dem Einflusse elektrischer Ströme occludiren sollte. Das Wasser in der Zelle klapperte scharf wie in einem Pulshammer, aber dauernde elektrische Ströme waren immer noch da.

Was man mit solchen Zellen erreichen kann, habe ich in neuerer Zeit einfacher mit kleinen aus Glas geblasenen Zellen erreicht, welche sich an das obere Ende eines Barometerrohrs anschliessen. Am besten lässt man vier Elektroden von Platin- 653 draht im Kreuze einander gegenüberstehend einschmelzen, von denen man zwei platiniren kann. So kann man beliebige Mengen Knallgas durch zwei der Elektroden entwickeln, und die beiden anderen zu den Messungen der Polarisation brauchen. Das untere Gefäss des Barometers wird durch eine doppelhalsige Flasche gebildet, in deren einem Halse das Barometerrohr luftdicht eingekittet ist. Der andere Hals enthält ein kürzeres Glasrohr, durch welches man Flüssigkeiten und Quecksilber einfüllen oder mittels einer Pipette entfernen kann. Dasselbe Rohr kann auch mit einer Wasserluftpumpe verbunden werden, um die Luft aus der Barometerzelle zu entfernen. Wenn man die in dieser enthaltene Flüssigkeit bis 30° oder 40° C. erwärmt, giebt sie grosse Volumina Dampf aus, die die letzten Spuren Luft austreiben. Sobald man langsam die Luft wieder in die

1) Faraday Lecture. (Siehe Fig. 3., S. 66 des vorliegenden Bandes.)

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Flasche eindringen lässt, steigt das Quecksilber im Barometerrohr empor, bis zu der um den Wasserdampfdruck verminderten Barometerhöhe. Aus diesen Apparaten ist neugebildetes Gas immer leicht wieder zu entfernen und sehr vollständiges Auskochen ist möglich.

Indessen überzeugt man sich immer wieder, dass ein Zustand der Flüssigkeit, wobei ein hinreichend empfindlicher Multiplicator nicht auch bei Kräften kleiner als ein Daniell dauernde Ströme anzeigte, nicht zu erreichen ist. Ich habe in den letzten Jahren ein Siemens'sches Instrument mit astatischen Glockenmagneten angewendet, bei welchem in der gewählten Aufstellung ein Scalentheil einer Intensität von 10-9 Ampère entspricht. Ein solcher noch vollkommen sicher zu beobachtender Strom würde 334 Jahre brauchen, um 1mg Wasser zu zersetzen. Wenn also nur 1cmm Knallgas von 0o und 760 mm Quecksilberdruck (0.0005 mg) im Wasser aufgelöst wäre, brauchten dessen Bestandtheile in 36 Tagen nur einmal von der Anode zur Kathode zu wandern, um den angezeigten Strom zu geben.

Ebenso zeigte sich auch in den möglichst luftleer gemachten Zellen durchaus nicht, dass die Polarisation eine oberste Grenze erreicht hatte, wenn die Entwickelung der Gasbläschen begann, und also die elektromotorische Kraft der Batterie gross genug geworden war, den Widerstand der chemischen Kräfte zu bewältigen, sondern es stieg noch immer die Gegenkraft der Polarisation mit der Steigerung der Kraft der galvanischen Batterie, wenn längst schon lebhafte Gasentwickelung vorhanden war.

Überhaupt ist bei allen den Graden elektromotorischer Kraft, die der Grenze der Gasentwickelung nahe liegen, in dem Verhalten des Stromes nichts zu entdecken, was eine plötzlich eintretende Überwältigung der chemischen Kräfte durch die elektrischen anzeigte.

Für diese Schwierigkeiten eröffnet nun die thermodynamische Theorie einen willkommenen Ausweg, indem sie zeigt, dass, wenn die gebildeten Gase sich in der elektrolytischen Flüssigkeit auflösen, der durch den Strom zu überwindende Widerstand der chemischen Kräfte immer grösser und grösser werden muss, je mehr von den ausgeschiedenen Gasen rings um die

Elektroden aufgelöst ist, und dass der Antheil der Gase keineswegs unerheblich ist, sondern jeden beliebigen positiven Werth zwischen 0 und ∞ annehmen kann.

Dass die Wasserzersetzung bei hohem Druck selbst bei elektromotorischen Kräften von drei bis vier Daniell aufhören kann, ist von Herrn Werner Siemens1 gezeigt worden. Leider fehlen Angaben über die Grösse des erreichten Drucks und über die Intensität des gleichzeitig eingetretenen Convectionsstroms, der den für die chemische Arbeit verwendbaren Theil der elektromotorischen Kraft erheblich herabsetzen musste.

Thermodynamische Berechnung der freien Energie des Knallgases.

Ich bezeichne mit U, die gesammte innere Energie für 18 Knallgas, wobei die beiden Gase aber als nicht mit einander gemischt angenommen werden. U, sei Function der Temperatur und der Dichtigkeit beider Gase, welche drei Grössen die unabhängigen Variablen des Problems bilden. U sei die gesammte innere Energie von 1st Wasser bei derselben absoluten Temperatur 9. für welche U, bestimmt ist. Dann ist (U,-U) das Arbeitsäquivalent der Wärme, welche bei der Verbrennung des Knallgases und seiner Ueberführung in tropfbar flüssiges Wasser entwickelt wird. Zu bemerken ist nur, dass wenn die Gase vor und bei der Verbrennung unter atmosphärischem Druck stehen, auch noch Wärme durch diesen Druck entwickelt wird, indem das Volumen der Gase sich auf das des Wassers verkleinert. Letztere Wärmemenge Qist

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wenn p den normalen Atmosphärendruck, v das Volumen von 1 Knallgas unter dem Drucke p, und 3 das mechanische Äquivalent der Wärmeeinheit bezeichnet.

1 Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. 1. Aufl. S. 445. 2 Mischung derselben würde die freie Energie ändern, wie Lord Rayleigh nachgewiesen hat (Philosophical Magazine. 1875. April). S. auch L. Boltzmann Sitzb. der K. Akad. der Wissensch. zu Wien. Bd. LXXVIII. II. Abth. 10. October 1878.

Die entwickelte Wärme muss aber innerhalb solcher

655 Temperaturgrenzen, wo die specifische Wärme des Wassers und der Gase sich nicht merklich ändert, von der Form sein:

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worin an und a, die Atomgewichte des Wasserstoffs und Sauerstoffs, 7 und 7% aber die specifischen Wärmen für constantes Volumen bedeuten. Wenn die Gase constantes Volumen behalten und man die durch die sehr kleinen Volumenänderungen des Wassers zu leistende mechanische Arbeit vernachlässigt, bleibt bei Temperatursteigerungen nur die durch die Wärmeaufnahme bedingte Änderung der inneren Energie zu berücksichtigen.

Aber auch Volumenänderungen der Gase haben keinen merklichen Einfluss auf die Werthe von U, da beide Gase sehr nahehin die Bedingung des vollkommenen Gaszustandes erfüllen, wonach die äussere Arbeit das genaue Äquivalent der verschwundenen Wärme ist und daher nach Wiederherstellung der früheren Temperatur die Änderung im Werthe von U wieder ausgeglichen ist. Die Zahlenwerthe der obigen Formel ergeben sich, wenn man mit das Volumen von je 1g eines Gases unter dem Drucke p und bei der Temperatur bezeichnet, und

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setzt, ferner die specifische Wärme bei constantem Druck mit e bezeichnet, wie folgt:

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2.29965

Yo = 0.17371

f = : 0.58007

Aus den bei 0° im Eiscalorimeter angestellten Versuchen der Hrn. Schuller und Wartha (Wiedemann's Annalen II. S. 378, Werthe a) ergiebt sich als Mittelwerth der durch 1gr H bei der Verbrennung zu flüssigem Wasser entwickelten Wärme 34123.56 Calorien, also für 1gr H2O 3791.5 Calorien. 656 Die Arbeit der Atmosphäre hat davon 45.232 Calorien geliefert; es bleiben 3746.268 für den chemischen Process bei 0o. Daraus ergiebt sich die Constante C der Gleichung 1:

C=3.3904.63.

Nach den von mir in meiner Mittheilung vom 2. Februar 18821) gebrauchten Bezeichnungen ist die gesammte Energie eines körperlichen Systems aus dem Werthe seiner freien Energie zu finden durch die folgende Beziehung (1. c. S. 12 Gleichung 1b):

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Setzt man in diese Gleichung den Werth von U,- Uw aus Gleichung 1 und integrirt, so erhält man

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F9Fw=C+J· · · log 9 + 9. q...... 1 b. Hierin ist die Integrationsconstante, welche nicht von, wohl aber von vn und v. abhängig sein kann.

Deren Abhängigkeit von den letztgenannten Grössen bestimmt sich, wenn man die Arbeit für Volumänderungen der einzelnen Gase berechnet. Es ist nur der Summand F,, der von beiden Grössen abhängen kann:

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1) In Bd. II, S. 958 bis 978 dieser Sammlung als Nr. XCVII abgedruckt. (Die hier citirte Gleichung findet sich auf S. 969 des Abdruckes.)

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