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genügt, um das Bild negativ erscheinen zu lassen. Nach Fechner's Theorie kann öfterer Wechsel zwischen positivem und negativem Bilde nur durch wechselnde Stärke der Beleuchtung des Grundes eintreten; nach Plateau soll dieser Wechsel spontan ohne eine solche Veranlassung mehrmals hinter einander eintreten können. Der Vortragende fand in dieser Beziehung Fechner's Angaben durchaus bestätigt, aber man muss sehr vorsichtig in dem Ausschluss alles äusseren Lichtes sein, welches selbst durch die geschlossenen Augenlider, durch die Seiten des Augapfels u. s. w. in das Auge dringen kann, wenn man reine Resultate haben will. Ausgezeichnet scharfe und deutliche positive Nachbilder erhält man, wenn man erst die Augen so lange schliesst, bis alle Spuren früher erzeugter Nachbilder verschwunden sind, und dann nicht etwa, wie bisher immer vorgeschrieben wird, einen hellen Gegenstand eine Weile betrachtet, ehe man sie wieder schliesst, vielmehr die Augen nur für einen möglichst kurzen Augenblick (etwa 1/3 Sekunde) öffnet, und dann wieder schliesst und mit einem Tuche bedeckt.

Ferner hatte der Vortragende Nachbilder von reinen prismatischen Farben in seinem Auge erzeugt, und auf einem Felde, welches mit einer anderen prismatischen Farbe überzogen war, betrachtet. Die Erscheinungen unterscheiden sich nicht wesentlich von denen, welche durch Betrachtung zusammengesetzter Farben entstehen, wie die der meisten Naturkörper und Farbstoffe sind. Namentlich bemerkenswerth ist c der Fall, wo man einen runden Fleck, von einer Spectralfarbe hell beleuchtet, angesehen hat, und dessen Nachbild auf einem Felde sich entwerfen lässt, welches von der Complementärfarbe überzogen ist, und welches man nach bekannten Methoden vollständig von diffusem weissem Lichte gereinigt hat. Dann erscheint in dem Nachbilde diese Complementärfarbe reiner und gesättigter, als in der Umgebung des Nachbildes, so dass es aussieht, als wäre das farbige Feld mit einem weissen Schleier überzogen, der nur an der Stelle des Nachbildes ein Loch hat. Daraus ergiebt sich die sehr bemerkenswerthe Folgerung, dass, obgleich die prismatischen Farben die reinsten und gesättigtsten, d. h. von eingemischtem Weiss freiesten

Farben sind, welche die äussere Natur uns bietet, doch noch auf dem angegebenen Wege die Empfindung einer gesättigteren Farbe erregt werden kann, gegen welche die reinsten prismatischen Farben weisslich erscheinen. Der Vortragende war schon bei seinen früheren Arbeiten über die Mischung der Farben zu dem Schlusse gekommen, dass, wenn die von Thomas Young aufgestellte Theorie, wonach es dreierlei Arten von Sehnerven-Fasern giebt, rothempfindende, grünempfindende und violettempfindende, richtig sein soll, die Spectralfarben noch nicht die gesättigtsten Farben seien, welche in der Empfindung des Auges vorkommen können, und eben zur Prüfung dieses Punktes war der Plan zu den beschriebenen Versuchen gefasst worden.

Weiter ausgeführt in meinem Handbuch der Physiolog. Optik. Aufl. I. S. 337-385.

354

CVI.

Ueber Luftschwingungen in Röhren mit offenen Enden.

Aus den Heidelberger Jahrbüchern der Literatur. 52. Jahrg. S. 354 bis 357. (Verhandl. des naturhist.-med. Vereins zu Heidelberg vom 15. März 1859.)

In der Theorie der Orgelpfeifen wurde zuerst von Bernouilli und Euler angenommen, dass am offenen Ende dieser Pfeifen die Verdichtung der Luft gleich Null sei, eine Annahme, die zwar der Wahrheit nahe kommt, sie aber doch nicht ganz erreicht, und die desshalb in ihren Consequenzen einige Hauptphänomene solcher Pfeifen erklärt, bei andern in 355 Widerspruch mit den Thatsachen steht. In den späteren Theorien von Poisson, Hopkins, Quet, Masson hat man den in die Augen fallenden Uebelständen der älteren Theorie abzuhelfen gesucht, aber die Annahmen waren entweder zu beschränkt, oder ganz unbestimmt gehalten, so dass eine Menge Fragen, namentlich über die Phasen und die Stärke der Resonanz, wenn die Röhren durch äussere tönende Körper zum Tönen gebracht werden, gänzlich unbeantwortet blieben.

Der Vortragende giebt nun einen Abriss der Resultate einer mathematischen Untersuchung über diese Theorie, bei welcher jede Hypothese über den Zustand der Luft am offenen Ende vermieden ist, und bei welcher ferner auch die Annahme aufgegeben ist, dass in der Nähe eines offenen Endes die Bewegung der Lufttheilchen der Axe der Röhe parallel sei, und in allen Punkten eines Querschnittes dieselbe.

Die Aufgabe ist ganz allgemein gehalten folgende: In der Röhre existirt ein Abschnitt, in welchem die Bewegung der Lufttheilchen in ebenen Wellen vor sich geht; diese Bewegung theilt sich der äusseren Luft mit, und erregt in dieser ein

System von Wellen, welche in grösserer Entfernung von der Mündung kugelige fortschreitende Wellen sind. Zwischen jenen ebenen Wellen in der Röhre und diesen kugeligen im freien Raum wirken keine äusseren Kräfte auf die Luftmasse. Unter diesen Umständen ist die Bewegung der Luft zu bestimmen.

Um die Aufgabe zu lösen, ist zu suchen das Geschwindigkeitspotential y der Luftbewegung, dessen Differentialquotienten nach den drei Coordinataxen die drei Componenten der Geschwindigkeit, und dessen Differentialquotient nach der Zeit die mit a2 multiplicirte Verdichtung der Luft giebt; a ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles. Ueber die Form der Röhre wird vorausgesetzt, dass diese im Allgemeinen cylindrisch, von beliebigem Querschnitt sei, nur in der Nähe der Mündung vom Cylinder abweiche, und dass die Dimensionen der Mündung und die Länge des nicht cylindrischen Theils gegen die Wellenlänge verschwindend klein seien.

Als allgemeinste Form des Geschwindigkeitspotentials in der Gegend der ebenen Wellen ist zu setzen, wenn die Mündung der Röhre in der y z Ebene liegt, und ihre Axe der der negativen x entspricht.

Y =

A

(4

k

.sin kx+B.cos k x cos 2 лnt+B.cos kx.sin 2 лnt,

won die Schwingungszahl, k = 2 л n/a ist.

In den entfernteren Theilen des freien Raumes, welcher übrigens durch die fortgesetzte y z Ebene einseitig begrenzt gedacht wird, ist zu setzen

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woe die Entfernung von der Mündung der Röhre bezeichnet. 356 Bei Euler und Bernouilli ist BB=0, bei Poisson B=0, Bunbestimmt klein, bei Hopkins B und B unbestimmt klein. Es lassen sich nun im Allgemeinen folgende Beziehungen zwischen den vier Coëfficienten A, B, M und M1 aufstellen: B = k M

M=0,AQ=-2rM,
π

1

worin den Querschnitt des cylindrischen Theiles der Röhre v. Helmholtz, wissenschaftl. Abhandlungen. III.

2

bezeichnet. Nur das Verhältniss B/A ist abhängig von der Form der Mündung, lässt sich also im Allgemeinen nicht bestimmen. Setzen wir k = 0, so geht die Aufgabe mathematisch genommen über in die, den Strom der Elektricität zu bestimmen in einem dem Luftraume gleichgestalteten Leiter, wenn die Elektricität aus dem cylindrischen Leiter in den unendlichen überströmt. Ist die Länge der Röhre, so ist 1+B/A der Widerstand des ganzen Leiters, ausgedrückt durch die Länge eines Abschnittes des cylindrischen Leiters. Ich nenne desshalb B/A die Differenz der wahren und reducirten Länge der Röhre. Haben Mündung und Querschnitt der Röhre zu einander ein endliches Verhältniss, so hat diese Differenz ein endliches Verhältniss zu den linearen Dimensionen der Mündung.

Es lässt sich eine Form der Röhrenmündung angeben, für welche die ganze Bewegungsweise der Luft bestimmt werden kann, und welche von einem reinen Cylinder mit kreisförmigem Querschnitt so wenig abweicht, dass man praktisch den Unterschied vernachlässigen kann. Bei dieser Form beträgt die Differenz der wahren und reducirten Länge л. R/4, wo R den Radius der Mündung und des Cylinders bezeichnet.

Die Differenz der wahren und reducirten Länge kann verschwinden, wenn die Röhre schwach trompetenförmig erweitert ist. Es lässt sich eine solche Form angeben, bei welcher die Kreisfläche der Mündung doppelt so gross ist, wie die des Querschnittes der Röhre.

Die Theorie stimmt für die cylindrische gut mit den Beobachtungen von Wertheim, indem der theoretische Werth von B/A zwar über dem Mittelwerthe liegt, den diese Beobachtungen ziemlich unabhängig von der Tonhöhe geben, aber doch innerhalb der Grenzen der Beobachtungsfehler. Auch die Versuche von Zamminer stimmen wenigstens für engere Röhren ziemlich gut, zeigen aber viel grössere Abweichungen bei steigender Tonhöhe.

Die Wellen in der Röhre sind unregelmässig fortschreitende; wo das zeitweilige Maximum der Geschwindigkeit seine grösste Höhe erreicht, schreitet es langsam vorwärts, dazwischen schnell. Diese grösste Höhe erreicht es, wo die reducirte Länge der Röhre ein gerades Vielfache einer Viertelwellenlänge beträgt.

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