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XXXVIII

CI.

Ueber die Erklärung des Glanzes.

Aus den Niederrheinischen Sitzungsberichten. (Verhandlungen des naturhist.
Vereins von Rheinland und Westphalen. Bd. 13. S. XXXVIII bis XL.)
Sitzung vom 6. März 1856.

Wenn man im Stereoskop zwei Zeichnungen betrachtet, in denen entsprechende Theile entweder in ungleicher Helligkeit oder in wenig von einander verschiedenen Farben dargestellt sind, so erscheinen, wie Dove gezeigt hat, dergleichen Theile glänzend, während andere Theile der beiden Zeichnungen, welche in beiden gleiche Farbe und gleiche Helligkeit haben, matt erscheinen. Der Vortragende erläuterte die Erscheinung an vorgelegten Proben und hob noch besonders hervor, dass bei sehr differenter Beschaffenheit der Farben, welche entsprechenden Stellen der beiden Zeichnungen zukommen, verschiedene Beobachter die dann eintretende Erscheinung verschieden beschreiben. Einige behaupten, durch das Stereoskop die Mischfarbe zu sehen, andere, zu denen auch der Vortragende gehört, können eine solche Verschmelzung der Farben zu einer Farbe nicht wahrnehmen, sondern sehen die betreffende Stelle der Zeichnung mit unregelmässigen Flecken von beiden Farben bedeckt, ebenso wie man dergleichen Flecken über das Gesichtsfeld vertheilt sieht, wenn man mit dem einen Auge durch ein blaues, mit dem andern durch ein rothes. XXXIX Glas sieht. Die Erklärung, welche Dove ursprünglich von diesen Erscheinungen gegeben hat, scheint durch neuere Erfahrungen unzulässig zu werden. Derselbe stützt sich dabei auf die Farbenzerstreuung im Auge und nimmt an, dass die beiden Augen die Entfernung der verschiedenfarbigen Felder

als verschieden beurtheilten, weil sie verschiedene Grade der Accommodation annehmen müssten, um sie deutlich zu sehen. Mancherlei seitdem beobachtete Thatsachen weisen aber nach, dass die Beurtheilung der Entfernung nach dem Accommodations-Grade des Auges bei dem Ungeübten gar nicht besteht, und bei dem Geübten mindestens äusserst unvollkommen ist. Der Vortragende legte deshalb der Gesellschaft eine andere Erklärung der Erscheinung vor, wie er sie seit fünf Jahren in seinen Vorlesungen gegeben hat. Er stützt sich darauf, dass in der täglichen Ausübung des Sehens matte Flächen beiden Augen immer gleich stark beleuchtet und gleich gefärbt erscheinen müssen, bei glänzenden Flächen dagegen der Fall vorkommen kann, dass das eine Auge von dem an der glatten Oberfläche mehr oder weniger regelmässig gespiegelten Lichte getroffen werde, das andere nicht, so dass dabei dem ersteren Auge die Fläche in grösserer Helligkeit und, wenn das gespiegelte Licht eine andere Farbe als die Fläche hat, auch in anderer Farbe erscheinen kann, als dem andern Auge. Im Allgemeinen werden aber diese Farben-Differenzen, welche in der täglichen Erfahrung beiden Augen glänzende Flächen darbieten, meist sehr gering sein. Wird also dem Beobachter mittels des Stereoskops der Anblick einer Fläche dargeboten, die dem einen Auge heller oder etwas anders gefärbt erscheint, als dem anderen, so schliesst er nach Analogie dessen, was ihn die tägliche Erfahrung gelehrt hat, dass diese Fläche glänzend sei. Ist die Farben-Differenz gross, so fehlt eine jede Analogie mit den bisherigen Erfahrungen, das Urtheil des Beobachters wird gleichsam in Verlegenheit gesetzt und entscheidet sich desshalb, wie es scheint, bei verschiedenen Personen in verschiedener Weise. Schliesslich hob der Vortragende noch hervor, dass diese Erfahrungen für die Lehre von der Identität der Netzhautstellen von entscheidender Bedeutung seien, insofern daraus folge, dass die Empfindung eines jeden einzelnen Auges auch einzeln zum Bewusstsein XL komme, dass also das Einfachsehen mit beiden Augen nicht die Folge einer anatomischen Vereinigung der entsprechenden Nervenfasern, sondern die Folge eines Actes des Urtheils sei. Weiter ausgeführt in meinem Handbuch der Physiologischen Optik. Aufl. I. S. 782.

LXXIV

CII.

Zuckungscurven von Froschmuskeln.

Aus den Niederrheinischen Sitzungsberichten. (Verhandlungen des naturhist.
Vereins von Rheinland und Westphalen. Bd. 13. S. LXXIV bis LXXV.)
Sitzung vom 14. Mai 1856.

Der Vortragende legte Curven

vor, welche durch zuckende Froschmuskeln im Myographion gezeichnet waren. Er beschreibt zuerst kurz den Apparat und seine VerLXXV Suchsmethode, und zeigte dann vor: 1) Curven, welche durch Reizung desselben Nerven an verschiedenen Stellen seines Verlaufs erhalten waren, und die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Reizung in den Nerven messen liessen. 2) Curven, welche durch 2 kurz aufeinander folgende Reizungen des Nerven hervorgebracht waren, und die Art erkennen liessen, wie sich die Zuckungen zusammensetzen. 3) Curven, von dem Muskel eines durch Strychnin vergifteten Frosches gezeichnet, welche die Zeit erkennen liessen, die nach der Reizung im Rückenmarke vergeht, ehe die reflectorische Entladung zu Stande kommt. 4) Curven, durch secundäre Zuckung vom Muskel aus hervorgebracht, aus denen sich ergab, dass die durch Reizung bedingte Veränderung des Muskelstromes eintritt, noch ehe die Zusammenziehung des Muskels beginnt.

CIII.

Ueber die Combinationstöne oder Tartinischen Töne.

Aus den Niederrheinischen Sitzungsberichten. (Verhandlungen des naturhist.
Vereins von Rheinland und Westphalen. Bd. 13. S. LXXV bis LXXVII.)
Sitzung vom 4. Juni 1856.

Wenn gleichzeitig zwei hinreichend starke musikalische LXXV Töne angegeben werden, so hört man bei einiger Aufmerksamkeit noch einen oder mehrere andere von den angegebenen Tönen unterschiedene Combinationstöne. Zuerst handelte es sich darum, zu ermitteln, welche Combinationstöne gehört würden. Hallstroem hatte, abweichend von früheren Annahmen, die Regel aufgestellt, dass, wenn zwei Töne von m und n Schwingungen in der Secunde gleichzeitig angegeben würden, der hauptsächlichste Combinationston der von m―n Schwingungen sei. Es waren indessen Zweifel gegen Hallstroem's Gesetz erhoben worden, weil die Töne der meisten musikalischen Instrumente von schwächeren höheren Neben- LXXVI tönen begleitet sind, und es fraglich erschien, ob Hallstroem in den Fällen, wo seine Regel von den älteren Annahmen abwich, nicht Combinationstöne von den höheren Nebentönen der ursprünglichen Töne gehört habe. Dem Vortragenden ist es gelungen, musikalische Töne zu finden, welche von höheren Nebentönen völlig frei sind, nämlich die Töne von Stimmgabeln, welche man durch Resonanz von Luftröhren hörbar macht. Zwei dergleichen Töne, zusammenklingend, lassen nur einen tieferen Combinationston hören, welcher durchaus dem Gesetze Von Hallstroem folgt, so dass dadurch der angeführte Zweifel an der Richtigkeit dieses Gesetzes beseitigt ist. Man hört die

Combinationstöne desto deutlicher, je stärker die ursprünglichen Töne angegeben werden; die Stärke der ersteren wächst in einem grösseren Verhältnisse, als die Stärke der letzteren. Bei hinreichender Stärke wird nun noch ein zweiter höherer Combinationston wahrgenommen, der bisher noch nicht bekannt war, nämlich der Ton von m+n Schwingungen in der Secunde. So hört man, wenn e und g zugleich angegeben werden, als tieferen Combinationston die tiefere Octave von c, als höheren die höhere Octave von e. Wenn e und e angegeben werden, hört man die zweite tiefere Octave von e und die erste höhere von d. Wenn g und das nächst höhere c angegeben werden, hört man die zweite tiefere Octave dieses e und die erste höhere von b u. s. w. Der Vortragende liess diese Combinationstöne an einer mehrstimmigen Sirene hören, welche sie deutlicher hören lässt, als andere Instrumente. Man hört die beiden Töne aber auch sehr deutlich, wenn man das Ohr nahe an die Mündungen zweier Orgelpfeifen bringt, welche sie angeben. Die bisherige Theorie der Combinationstöne kannte nur den Ton von m―n Schwingungen, und musste zur Erklärung des Phänomens noch eine besondere Empfindungsweise des Hörnerven voraussetzen. Sie passt durchaus nicht auf den neu gefundenen höheren Combinationston. Der Vortragende glaubt desshalb eine andere Theorie an deren Stelle setzen zu müssen. Die mathematischen Untersuchungen über die Bewegung der elastischen Körper und der Luft haben geLXXVII lehrt, dass vibrirende Bewegungen verschiedener Art in ihnen ohne gegenseitigen Einfluss bleiben und ungestört bestehen, so lange die Breite der Schwingungen klein ist. Der Vortragende hat untersucht, was geschehen müsse, wenn die Breite der Schwingungen zweier Töne so gross ist, dass sie anfangen, einander zu stören, und gefunden, dass unter diesen Umständen, wenn m und n die Schwingungszahlen der beiden Töne sind, zwei neue Töne von m-n und m + n Schwingungen entstehen müssen. Der Vortragende entwickelte die Gründe, welche voraussetzen lassen, dass im Trommelfell des menschlichen Ohres diese gegenseitige Störung besonders leicht eintreten könne. Die meisten Combinationstöne, welche wir hören, sind daher erst im Ohre entstanden; aber es giebt auch solche,

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