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sein. Der Forschung waren in dieser Richtung bestimmte Grenzen gesetzt, welche u. A. die früher so oft und auch jetzt noch zuweilen erstrebte Erfindung eines perpetuum mobile unbedingt ausschlossen. Im Anschluss an das Princip von Helmholtz ergab sich dann später, dass nur gewisse Energieformen vollständig in andere umgewandelt werden können, nicht umgekehrt. Wir erinnern nur an den zweiten Hauptsatz der mechanischen Wärmetheorie in den hochbedeutenden Arbeiten von Clausius, welche er veröffentlichte, kurz nachdem er über die Abhandlung von Helmholtz im Colloquium von Magnus berichtet hatte.

Das Princip von der Erhaltung der Energie verwendet Helmholtz bei der Discussion der thermochemischen Vorgänge in den galvanischen Ketten, in denen nur in einzelnen Fällen die elektrische Energie (elektromotorische Kraft) dem thermischen Aequivalent der chemischen Processe entspricht und die Processe beim Durchleiten eines Stromes umgekehrt werden können, in anderen aber nicht. Letztere Erscheinungen begründet Helmholtz durch die Aufstellung neuer, ganz allgemeingültiger Begriffe, der freien und gebundenen Energie.

Für alle umkehrbaren Processe, welche sie auch sein mögen, beweist Helmholtz, dass sie dem Princip der kleinsten Wirkung unterworfen sind. Dass andere nicht umkehrbar sind, glaubt Helmholtz darauf zurückführen zu können, dass uns Hülfsmittel fehlen, um alle bei ihnen vorkommenden Aenderungen, Bewegungen, Verschiebungen rückläufig zu machen. So gelangt er auch in diesem Gebiet, von einem einzelnen Fall ausgehend, wiederum zu einheitlichen grösseren Principien.

Auch in anderen Gebieten der Elektricitätslehre benutzt Helmholtz das Princip der Energie; so z. B. in der Theorie der inducirten Ströme und des Verlaufs derselben in

Folge der Selbstinduction. Durch sehr elegante Versuche beweist er die theoretisch abgeleiteten Resultate.

Ferner dient ihm dasselbe Princip als Hülfsmittel, um zu entscheiden, ob das allgemeine Gesetz von Wilhelm Weber, welches unter Annahme zweier Elektricitäten die Fernewirkungen ruhender und bewegter Elektricitätsmengen in sich fassen sollte, allgemeine Gültigkeit haben kann. Dieses Gesetz, nach dem die Wechselwirkung der elektrischen Massen auch von ihrer Bewegung abhängig wäre, hätte, auf andere Anziehungserscheinungen übertragen, eine weit über die Elektricitätslehre hinausgehende Bedeutung. Helmholtz weist indess, trotz mannigfacher Einwände, mit Sicherheit nach, dass es unter gewissen Bedingungen nicht dem Princip von der Erhaltung der Energie entspricht. Die Bedeutung der Conception des Grundgedankens dieses Gesetzes, sowie sein historischer Werth, die auch Helmholtz stets anerkannt hat, bleibt dessen ungeachtet unverändert bestehen. Wohl aber haben die Betrachtungen von Helmholtz zur Folge gehabt, dass man sich mehr und mehr von der Vorstellung instantan zwischen den Körpern direct übertragener Wirkungen auf grössere Entfernungen abgewendet hat und dafür die eine gewisse Zeit erfordernde Vermittelung derselben durch ein Zwischenmedium, wie nach den Annahmen von Faraday und Maxwell, treten lässt. Den zeitlichen Verlauf der Fortpflanzung hatte Blaserna in Folge mangelnder experimenteller Hülfsmittel nicht bestimmen können, Helmholtz selbst fand nicht die Musse, ihn, wie er wollte, zu verfolgen; er wurde erst durch seinen unmittelbaren Schüler Hertz in umfassender Weise auf eine höchst sinnreiche Weise experimentell nachgewiesen.

In einer der hierher gehörenden Arbeiten von Helmholtz ist auch die Grundlage für die elektromagnetische Theorie zahlreicher optischer Vorgänge enthalten.

Scheinbar auf einem ganz anderen Gebiete liegen die

hochbedeutenden mechanischen Untersuchungen von Helmholtz über die Bewegungen von Flüssigkeiten, welche sich nicht durch Potentialfunctionen darstellen lassen, über die Wirbelbewegungen, deren Behandlung bis dahin wegen ihrer besonderen mathematischen Schwierigkeiten unterblieben war. Er zeigt u. A., dass Wirbelringe und Wirbelfäden in sich geschlossene Gebilde sind, welche unveränderliche Mengen Flüssigkeit enthalten und unzerstörbar sind, dass sich Wirbelringe je nach der Bewegungsrichtung in ihnen einander anziehen oder abstossen, dass sie sich auch durcheinanderschlingen können. Wie weittragend diese Untersuchungen sind, zeigen die späteren Hypothesen von Sir W. Thomson u. A., nach denen man sich in dieser Weise die Atome und ihre chemischen Verbindungen gebildet denken könnte.

Nimmt man nach Maxwell an, dass die Fernewirkung der elektrischen und magnetischen Kräfte durch ein Medium vermittelt wird, so kann man durch die Vorstellung von Wirbelringen des Mediums, welche die Kraftlinien als Axen umgeben, die beobachteten Erscheinungen erklären. Somit schliessen sich auch diese Arbeiten wiederum denen über die Theorie der Elektricität auf das Innigste an.

Ferner hat Helmholtz eine Reihe von elektrolytischen Arbeiten ausgeführt, über die elektrische Endosmose, die Elektrolyse des Wassers und die Polarisationserscheinungen an den Elektroden. Er kommt dabei zu der Annahme entgegengesetzt geladener, durch einen kleinen endlichen Zwischenraum von einander getrennter Doppelschichten. Diese Hypothese ist vielfach, wenn auch nicht ganz allgemein, angenommen und verfolgt worden. Leider ist Helmholtz selbst, entgegen seiner Absicht, durch andere Aufgaben verhindert worden, dieselbe vollständig durchzuarbeiten.

An die früheren Jugenderinnerungen mit seinem mühsam erstandenen Mikroskop erinnert es, wenn Helmholtz (1874)

nach 32 Jahren fast gleichzeitig mit Abbe die Grenze ermittelt, bis zu der die Vergrösserung der Mikroskope in Folge der Beugung des Lichtes an den Rändern kleiner Körper gebracht werden kann. Die Gegenstände müssen mindestens 1/5000 mm Durchmesser besitzen, um gesehen zu werden. Durch diese Bestimmung hat er den praktischen Optikern den grossen Dienst geleistet, ihnen die Grenze zu zeigen, über welche sie selbst mit den vollkommensten Hülfsmitteln nicht hinausgehen können.

Auch in der höheren Optik hat Helmholtz Bedeutendes geleistet. In dem Jahre 1874 behandelt er die anomale Dispersion und führt sie mit Benutzung der Annahme von Sellmeier auf die Wechselwirkung der Aethertheilchen und mechanischen Molecule zurück.

In einer zweiten, viel späteren Abhandlung vom Jahre 1892 betrachtet er die Farbenzerstreuung auf Grundlage der Maxwellschen Gleichungen mit der Vorstellung von Paaren von entgegengesetzt geladener Jonen von träger Masse, welche in den Aether eingebettet sind. Er gelangt endlich zu Discussionen über die Natur des freien Aethers, ob derselbe frei von Beharrungsvermögen sei. Er beweist unter der Voraussetzung der Incompressibilität, dass die elektrodynamischen Gesetze und das Princip der kleinsten Wirkung alle Veränderungen und Bewegungen des Aethers darstellen.

Nicht nur in persönlicher Beziehung, sondern auch in allgemeiner Hinsicht ist es hoch interessant und bedeutungsvoll, zu sehen, wie die Betrachtungsweise von Helmholtz sich je nach der Art der behandelten Probleme und dem Stadium ändert, in welchem sich ihre Lösung befindet.

In seinen älteren Arbeiten und manchen neueren geht er von allgemeinen Differentialgleichungen, bezw. den allgemeinen Principien der Mechanik aus und gewinnt so die möglichst allgemeinen Resultate für gewisse Gebiete und Erscheinungen,

ohne dabei genöthigt zu sein, specielle Annahmen über den Aufbau der Materie, des Aethers, der Natur der Elektricität zu machen. Dahin gehören u. A. die Untersuchungen über das Princip von der Erhaltung der Kraft, die hydrodynamischen Arbeiten, die Betrachtungen über das Webersche Gesetz der elektrischen Fernewirkungen.

In anderen, besonders späteren Untersuchungen, wo es sich darum handelt, die allgemeinen Resultate auf complicirte Vorgänge anzuwenden, scheut sich Helmholtz nicht, moleculare Hypothesen zu Hülfe zu nehmen, wie bei der Betrachtung der elektrischen Doppelschichten bei der Elektrolyse, bei der der Valenzladungen. Ebenso geht er bei der wiederholten Behandlung der Dispersion, wenn eine Differenzirung der allgemeinsten Bewegungserscheinungen in einzelnen Gruppen mit bestimmten Constanten eintritt, von dem elastischen zu dem neueren, dem elektromagnetischen Standpunkt über. Auch seine lezten Arbeiten über monocyklische Systeme und die sich daran schliessenden Betrachtungen führen zu ganz bestimmten mechanischen Weltanschauungen; zahlreiche Vorgänge werden auf verborgene Bewegungen zurückgeführt.

Wie beim Anblick eines Gemäldes, beim Anhören eines Musikwerkes Helmholtz neben dem ästhetischen Eindruck stets die wissenschaftliche Grundlage desselben herausfühlte und analysirte, so auch beim Anschauen der Natur. Die beim Cap Antibes gegen das Ufer anspülenden Meereswogen regen seinen Forschungsgeist an. Aus mathematischen Berechnungen ergeben sich maassgebende Folgerungen, namentlich in Betreff der relativen Geschwindigkeiten des Windes und der Wellenzahl, der Erklärung der Wolkenreihen.

Die von Helmholtz vor einem grösseren Kreise gehaltenen und später im Druck erschienenen öffentlichen Vorlesungen sind zuweilen für einen oberflächlichen, nur Unterhaltung

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