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mit der Ansicht von Donders, die Iris in Verbindung mit dem Brücke'schen Muskel als das Hauptorgan der Accommodation betrachtet werden müssen; auch scheint mir diese Annahme allen Erscheinungen genügend zu entsprechen, wenn der Ciliarmuskel nicht blos den Ansatz der Iris nach hinten, sondern auch die hinteren Enden der Ciliarfortsätze nach vorn bewegt, also in der That nach Brücke's ursprünglicher Bezeichnung als Spannmuskel der Aderhaut wirkt.

Dadurch würden sich auch die Beobachtungen pathologischer Fälle erklären, wo bei stärkster Mydriasis oder 74 Irideremie das Accommodationsvermögen nicht ganz fehlte, und es wäre sehr zu wünschen, dass die Augenärzte, denen solche Fälle vorkommen, im Interesse der physiologischen Theorie der Accommodation das Accommodationsvermögen solcher Augen genau bestimmen möchten. Die im Archiv für Ophthalm. I. Bd. Abth. I S. 315 von A. v. Gräfe besprochenen Fälle von Mydriasis möchten darin ihre Erklärung finden, dass znnächst nach der eingetretenen Erweiterung der Pupille der Kranke, die Hülfe der Iris bei der Accommodation vermissend, die Aenderung des brechenden Apparates nicht hervorzurufen versteht, später aber lernt mit dem Ciliarmuskel die Accommodation wenigstens innerhalb gewisser Grenzen zu Stande zu bringen. Eine genaue Untersuchung der beiden Sanson'schen Bildchen und ihrer Aenderungen bei der Accommodation in solchen Fällen würde sehr wichtig sein, und wenn die von mir aufgestellte Hypothese richtig ist, wäre zu erwarten, dass an solchen mydriatischen Augen das Bildchen der hinteren Linsenfläche sich stärker verkleinern wird als an gesunden Augen.

LXII.

Ueber Farben blindheit.

Aus den Verhandlungen des naturhistorisch-medicinischen Vereins zu Heidelberg. Bd. II. S. 1-3. 11. November 1859.

Die Lehre von den drei Grundfarben, aus denen sich alle anderen Farben durch Mischung zusammensetzen liessen, kann nicht in dem Sinne festgehalten werden, dass es irgend welche drei objectiv existirende Farben oder farbige Lichter gäbe, aus denen alle anderen objectiv existirenden Farben zusammengesetzt werden könnten. Solche Farben müssten nothwendig unter den gesättigtesten Farben gewählt werden, weil weissliche Farben wohl aus gesättigten, aber nicht letztere aus ersteren zusammengesetzt werden können. Die gesättigtesten Farben, welche wir kennen, sind die Spectralfarben; aber wie man auch drei unter diesen wählen mag, so gelingt es doch nicht alle anderen Spectralfarben aus ihnen zusammenzusetzen, weil die Mischungen immer sehr merklich weisslicher sind als die entsprechenden homogenen Farben. Dagegen kann die Lehre von Th. Young, dass es drei Hauptfarbenempfindungen gebe, welche Young an drei hypothetisch angenommene Fasersysteme vertheilt, sehr wohl benutzt werden, um das Gebiet der Farbenerscheinungen auf einfache Principien zurückzuführen. Danach existiren im Sehnervenapparate drei verschiedene Fasersysteme, welche alle von allem objectiven Lichte erregt werden können, aber in verschiedener Stärke, und wenn sie erregt sind, qualitativ verschiedene Empfindungen hervor-. bringen. Als Grundfarben nahm Young an Roth, Grün, Violett, und dem entsprechend rothempfindende, grünempfindende

violettempfindende Nerven; doch bleibt die Wahl der Grundfarben noch bis zu einem gewissen Grade willkürlich. Die rothen Strahlen des Spectrum erregen die rothempfindenden. Nerven am stärksten, schwach die beiden anderen Systeme. Ebenso erregen die grünen und violetten Strahlen die gleichnamigen Systeme von Nerven stark, die ungleichnamigen schwach. Weiss entspricht gleich starker Erregung aller Systeme. Die Spectralfarben erregen die einzelnen Grundempfindungen noch nicht rein und von den beiden anderen getrennt, es ist deshalb möglich, wie der Vortragende in der letzten Naturforscherversammlung auseinandergesetzt hat, noch gesättigtere Farbenempfindungen, die den Grundempfindungen näher kommen, zu erregen, indem man Spectralfarben betrachtet, nachdem man das Auge für ihre Complementärfarbe ermüdet hat.

Um genaue Messungen über die Mischungsverhältnisse der 2 Farben anzustellen, hat Maxwell eine eigenthümliche Construction des Farbenkreisels eingeführt, welche erlaubt den Sectoren, die die einzelnen Farben enthalten, eine veränderliche Breite zu geben. Mit Hülfe eines solchen Kreisels kann man sehr genau Farbenmischungen herstellen, die einer anderen gegebenen Farbe ganz gleich aussehen, oder wie Maxwell es nennt, eine Farbengleichung herstellen. Für gesunde Augen lassen sich nun zwischen jeder beliebig gegebenen Farbe und drei passend gewählten Grundfarben mit eventueller Hinzunahme von Weiss Farbengleichungen herstellen, und Maxwell hat mit Hülfe solcher Versuche das von Newton aufgestellte Gesetz der Farbenmischung streng erwiesen, wonach sich alle Farben in einer Ebene so ordnen lassen, dass man, wenn man die Menge der gemischten Farben durch proportionale Gewichte ausdrückt, im Schwerpunkte dieser Gewichte die Mischfarbe findet.

Derselbe Forscher hat für Farbenblinde gefunden, dass für deren Augen zu solchen Versuchen nur zwei Grundfarben nöthig seien. Der Vortragende hat Gelegenheit gehabt, solche Untersuchungen an einem Farbenblinden, Herrn M. in Carlsruhe, zu wiederholen, und diese Thatsache bestätigt gefunden. Es konnten für dessen Augen alle Farben durch Mischungen

von Gelb und Blau wiedergegeben werden. Daraus folgt, dass solchen Augen eine der Grundempfindungen fehlt. Da Maxwell ferner gezeigt hat, dass die Farben, welche von farbenblinden Augen verwechselt werden, in einer nach dem Princip der Schwerpunktconstructionen geordneten Farbentafel alle in einer geraden Linie liegen, so geben Untersuchungen an Farbenblinden die Gelegenheit, den Farbenton der fehlenden Grundfarbe genau zu bestimmen und dadurch mindestens eine der Grundfarben sicher kennen zu lernen. Man braucht zu dem Ende nur solche Farben zu suchen, welche der Farbenblinde mit neutralem Grau verwechselt; deren Farbenton muss entweder dem der fehlenden Grundfarbe entsprechen oder ihm complementär sein. In dem Falle von Herrn M. waren diese Farben Roth und Grünblau. Das Roth war die ihm fehlende Grundfarbe, denn sein Auge erwies sich als sehr wenig empfindlich gegen Roth. Dies erschien ihm einem sehr dunklen Grau gleich, während das complementäre Grünblau einem sehr hellen Grau gleich erschien. Der Farbenton dieser rothen Grundfarbe entspricht nahehin dem des rothen Endes des Spectrum, schien jedoch ein wenig nach dem Purpur hin abzuweichen. Dadurch ist denn eine der Grundfarben gegeben.

Man kann die Classe von Farbenblinden (Seebeck's zweite Classe), zu der Dalton und Herr M. gehören, die Rothblinden nennen. Aus Seebecks's Angaben scheint es wahrscheinlich, dass die andere von ihm aufgestellte Classe, welche andere Farbenverwechslungen macht als die Rothblinden, die von letzteren verwechselten Farben aber unterscheidet, Grünblinde sind. Die Untersuchung eines solchen mittels der 3 Methode von Maxwell wäre sehr wünschenswerth, um die zweite Grundfarbe kennen zu lernen.

Die Methode der Untersuchung von Maxwell macht vollständige Untersuchung des Zustandes der Farbenblinden erst möglich. Der Vortragende besprach die Unvollkommenheiten der früheren Untersuchungen, wobei man immer nur eine Reihe von Farben kennen lernte, die den Farbenblinden nahehin gleich schienen, sich aber nicht darüber verständigen konnte, ob der noch vorhandene Unterschied den Farbenton

oder den Grad der Sättigung beträfe. Auf dem Farbenkreisel kann man die Mischungen für ihr Auge genau gleich machen, und dabei gab Herr M. durchaus keine unsicheren Angaben; sein Auge unterschied die Farben, welche es überhaupt unterscheiden konnte, sicher und fein.

Nach der Young'schen Theorie wäre anzunehmen, dass bei den Rothblinden die rothempfindenden Nerven gelähmt seien. Daraus ergäbe sich, dass die Empfindungen der Farbenblinden für die Spectralfarben folgenden der normalen Augen entsprechen:

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Das Grün nennen sie aber Gelb, weil in der Farbe, die die normalen Augen Gelb nennen, sie die lichtstärkste und gesättigste Art dieser ihrer einen Farbe erblicken, und daher also den Namen wählen.

Weitere Ausführung dieses Themas findet sich in § 20 meines Handbuches der Physiologischen Optik.

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