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daß das unterschiedliche Verhalten mit der relativ großen Leitfähigkeit des unter dem Stanniol befindlichen Schellacks zusammenhing. Da das Lösungsmittel (Alkohol + Wasser) beim Anlegen der Stanniolbelegung (ca. 24 Std. nach Aufbringen der Lösung auf das Blech) noch nicht genügend verdunstet war, besaß die Schellackschicht noch zu große Leitfähigkeit, als daß eine größere elektrische Spannung sich darin hätte aufrecht erhalten können. Da nun durch Anbringen des Stanniols die weitere Verdunstung fast ganz zurückgehalten wurde, stieg auch die Aufladung nicht über den kleinen Wert 2 Volt. Als aber die Stanniolbelegung für elf Tage weggenommen worden war, ergab sich nach Wiederanlegen die erheblich größere Endspannung von 5,6 Volt. Dabei war auch die Leitfähigkeit bedeutend verringert. Während der Aufladestrom früher elektrometrisch nicht mehr zu messen war, ergab er sich hier (Stanniolfläche 12,1 cm2) zu 0,9.10-8 Amp. Eine Wiederholung des Versuchs führte zu demselben Ergebnis.

Es geht daraus hervor, daß die Aufladung von der Leitfähigkeit der Schicht abhängt. Eine nähere Bestimmung dieser Abhängigkeit ist nicht ausgeführt worden, doch dürfte der zu erwartende Verlauf etwa folgender sein: Bei verhältnismäßig großer Leitfähigkeit wird keine merkliche Aufladung erfolgen, und wird man, wenn nicht galvanische Polarisation auftritt, nach Durchgang eines Stromes keine Spannung nachweisen können. Nimmt die Leitfähigkeit nun stetig ab, so wird die Aufladespannung zunächst größer werden. Sie wird aber nach Erreichung eines Maximums wieder abnehmen, da bei unendlich großem Widerstand kein Strom fließt, und in diesem Fall auch keine Aufladung stattfindet. Eine Stanniolzelle, für welche eine dünne gegossene Schellackschicht verwendet wurde, zeigte, da kein Strom durchging, in der Tat auch keine Spannung.

Für große Leitfähigkeiten wurde, wie früher (1. c.), die Zunahme der Aufladespannung mit der Dauer des Stromes und die Abnahme derselben nach Kurzschließen verfolgt. Es ergaben sich in gleicher Weise Exponentialkurven, deren Verlauf aber im Vergleich mit geringeren Leitfähigkeiten steiler war. Große Leitfähigkeit und geringe Endspannung zeigten sich auch, wenn als Zwischenschicht ein Kollodiumhäutchen und als Belegungen Quecksilber genommen wurden. Die

Stromstärke war selbst bei einer Belegung von nur 0,4 cm3 für die elektrometrische Messung zu groß und die Endspannung betrug kaum 1,3 Volt. Ließ man hingegen den Spitzenstrom einer Elektrisiermaschine durch das Kollodiumhäutchen gehen, so konnte man auch hier größere Spannungen erhalten; diese nahmen jedoch ziemlich rasch ab.

Es wurde auch folgender Versuch ausgeführt: Zwei Radiotellurpräparate wurden einander in einem Abstand von einigen Millimetern gegenübergestellt und mit den Quadranten des unempfindlich geschalteten Elektrometers verbunden. Dasselbe zeigte dann keinen Ausschlag, auch wenn eine dünne Schellackschicht dazwischen gelegt wurde. Ließ man nun durch letztere kurze Zeit Spitzenstrom durchgehen, so gab das Elektrometer beim Zwischenbringen der Schicht zwischen die Präparate einen Ausschlag, dessen Vorzeichen sich umkehrte, wenn das Schellackblättchen umgekehrt dazwischen gelegt wurde. Der Ausschlag verschwand erst allmählich wieder. Es wurde auch versucht, eine Aufladung zu erzielen, indem man direkt an die beiden Cu'-Streifen, zwischen denen sich die Schellackschicht befand, eine Spannung anlegte. Es ließ sich jedoch keine nennenswerte Aufladung nachweisen.

5. Was nun die Anschauung über den Vorgang der Aufladung betrifft, so sprechen die mitgeteilten Versuche dafür, daß dieselbe eine Wirkung des durch die Schicht fließenden Stromes ist. Ob derselbe elektrolytischer Natur ist, bleibt dabei noch dahingestellt. Da aber jedenfalls der Vorgang an eine gewisse, wenn auch sehr geringe Leitfähigkeit gebunden ist, so besteht mit einer galvanischen Zelle die größere Ahnlichkeit als mit einem Kondensator. Man könnte vielleicht dementsprechend eine Anordnung, welche eine Aufladung zeigt, mit,,Halbzelle" bezeichnen. Die Wirkung einer solchen ,,Halbzelle" kann man nun so auffassen, daß die von der einen Elektrode wegfließende Elektrizität zum Teil in der Zwischenschicht angehäuft wird. Man kann aber auch annehmen, daß sämtliche Elektrizität von der einen Elektrode zur anderen gelangt, und durch den Strom nur die anfänglich in der Zwischenschicht überall gleich verteilten Elektrizitäten zum Teil mitgeführt und dadurch getrennt werden. Es würde hier zu weit führen, auf Grund der mitgeteilten Versuche eine geAnnalen der Physik. IV. Folge. 18.

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1030 H. Greinacher. An dünnen halbleitenden Schichten etc.

nauere Erklärung des Vorganges versuchen zu wollen, und dürften erst weitere Untersuchungen zur Klärung dieser Frage führen.

Vorliegende Arbeit ist am Physik. Institut der Universität Zürich ausgeführt, und benutze ich die Gelegenheit, Hrn. Prof. Kleiner für das freundliche Entgegenkommen, mit dem er mir Platz und Apparate zur Verfügung gestellt hat, meinen wärmsten Dank auszusprechen. Ebenso sei es mir gestattet, Hrn. Prof. Marckwald für die freundliche Überlassung der Radiotellurpräparate herzlichst zu danken.

Genf, November 1905.

(Eingegangen 24. November 1905.)

8. Experimentelle Untersuchungen über lamellare Doppelbrechung;

von Johannes Friedel.

(Auszug aus der Leipziger Inaugural-Dissertation des Verfassers.)

Einleitung.

Um die optischen Anomalien gewisser Mischkristalle zu erklären, hatte Biot') die Annahme gemacht, daß dieselben aus einzelnen, einfach brechenden Lamellen aufgebaut seien und infolge dieser Struktur auf einen schief einfallenden Lichtstrahl in ähnlicher Weise wirken wie ein Glasplattensatz, bei dem die Luftschichten zwischen den Platten sehr dünn sind. Diese Theorie wurde fortgeführt und erweitert von Mitscherlich, Wertheim, Frankenheim u. a. Frankenheim) nahm an, daß die Lamellen nicht durch eine Luftschicht getrennt seien, sondern daß sie selbst verschiedene Brechbarkeit besitzen. Später ist die Biotsche Thorie allgemein aufgegeben worden, da sie die Gesamtheit der Erscheinungen nicht zu umfassen vermochte; man führte mit Erfolg die optischen Eigenschaften der Mischkristalle auf innere Spannungen zurück, welche beim Kristallisationsprozeß entstehen sollten (Brauns3), Lehmann."))

Unabhängig von den Untersuchungen und Theorien der Kristallographen ist die Frage nach den optischen Eigenschaften eines aus zwei Substanzen bestehenden Lamellarkörpers von Hrn. Prof. Wiener aufgegriffen worden.5) Auf theoretischem Wege gelangte er zu dem Resultat, daß ein solcher Körper sich wie ein einachsiger Kristall verhalten

1) J. B. Biot, Compt. rend. 12. p. 1121. 1841; Mém. de l'Acad. des sciences 18. p. 541. 1842.

2) L. Frankenheim, Pogg. Ann. 111. p. 31 f. 1860.

3) R. Brauns, Die optischen Anomalien der Kristalle. Leipzig 1891. 4) O. Lehmann, Molekularphysik. Leipzig 1888.

5) O. Wiener, Leipz. Ber. 54. p. 282. 1902; Physik. Zeitschr. 5. p. 332. 1904.

müsse, dessen optische Achse senkrecht zur Schichtung steht, wobei vorauszusetzen ist, daß die Brechungsexponenten der beiden Substanzen verschiedene Werte haben, und die Dicken der einzelnen, unter sich parallelen Lamellen klein gegen die Lichtwellenlänge sind. Ehe man aus der Wienerschen Theorie irgendwelche Folgerungen ziehen will, ist es natürlich wünschenswert, ihre qualitative und quantitative Richtigkeit an einem künstlich hergestellten Körper unter wohl definierten Verhältnissen zu prüfen.

Die lamellare Doppelbrechung ist ein spezieller Fall der durch anisotrope Anordnung isotroper Elemente erzeugten Doppelbrechung. Qualitative Untersuchungen in dieser Richtung sind bereits von Braun ausgeführt. Braun zeigte, daß ein aus Backsteinen aufgebautes Gitter für elektrische Wellen doppelbrechend ist.1) Mehrfachen Bedenken unterliegen analoge Versuche Brauns 2) auf optischem Gebiete.) Schließlich sind von Braun) Versuche veröffentlicht worden, welche für den Tabaschir qualitativ den Nachweis einer lamellaren Doppelbrechung erbringen.

Die

Schon längere Zeit vor Erscheinen der Braunschen Arbeiten hatte ich mit Untersuchungen zur Prüfung der Wienerschen Theorie begonnen, die aber umfangreicher Vorversuche wegen erst vor kurzem zum Ziele führten. Schwierigkeiten lagen in der Art und Weise, wie die Schichtkörper zu gewinnen waren. Am geeignetsten ist die Anwendung der Kathodenzerstäubung, welche gestattet, gleichmäßige Schichten in beliebig kleiner Dicke herzustellen. Die langwierigste Aufgabe meiner Untersuchung bestand nun darin, zwei Substanzen zu finden, deren Brechungsindizes genügend verschieden sind, um der Theorie zufolge einen Körper mit meßbarer Doppelbrechung zu bilden. Da unter den durch Kathodenzerstäubung herstellbaren, durchsichtigen Stoffen, die bisher untersucht sind, keine zwei waren, die dieser Bedingung genügten, so mußten der Untersuchung zunächst zahlreiche Ver

1) F. Braun, Physik. Zeitschr. 5. p. 199. 1904.
2) F. Braun, Ann. d. Phys. 16. p. 278. 1905.
3) J. Friedel, Leipz. Ber. 57. p. 320. 1905.
4) F. Braun, Ann. d. Phys. 16. p. 364. 1905.

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