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Im Vorstehenden ist gezeigt, daß durch Verwendung von Platten mit hohen Eigentönen oder durch Entfernung des Telephons vom Ohr und auch bei dem Phonographen die relative Intensität der Töne verschiedener Höhe durchaus verändert wird, so daß das Intensitätsverhältnis der ganz hohen Töne zu den tiefen auf das 100000 fache und darüber gesteigert werden kann. Es ist sehr auffallend, daß die Sprache und ihre Deutlichkeit dadurch nicht in noch viel höherem Grade beeinflußt wird, als es geschieht. Dem unbefangenen Beobachter wird der Einfluß auf die Klangfarbe auffallen, im ganzen aber die Sprache durchaus nicht etwa von Grund aus verändert erscheinen. Dieselbe Erfahrung macht man, wenn man die Telephonströme auf elektrischem Wege beeinflußt, indem man Kondensatoren oder Selbstinduktionsspulen in den Stromkreis einschaltet und dadurch die Übertragung der Töne verschiedener Höhe verändert.1) Das menschliche Ohr erweist sich mithin hier, wie auch sonst, als recht unempfindlich für Intensitätsunterschiede.

Es erscheint mir hiernach ausgeschlossen, daß das Charakteristische der menschlichen Sprache im wesentlichen im Verhältnis der Intensitäten der Töne, aus denen die verschiedenen Laute bestehen, zu suchen ist, und eine Untersuchung der Sprache, die sich auf die Messung der Amplituden der die Sprache bildenden Töne durch harmonische Analyse beschränkt, ist durchaus unzureichend. Viel hervorragenderen Anteil an der Deutlichkeit der Sprache müssen ganz andere Dinge haben wie z. B. der Grad der Dämpfung der einzelnen Töne oder das Auftreten und Verschwinden gewisser Töne in bestimmten Zeitintervallen- und für dieses, im wesentlichen noch unbekannte, eigentliche Charakteristische der Sprache muß das Ohr eine erstaunliche Empfindlichkeit besitzen, so daß die Sprache verständlich bleibt, wenn auch die relative Intensität der einzelnen Töne total verändert wird.

Danzig, Phys. Inst. d. Techn. Hochschule, 22. Nov. 1905.

1) M. Wien, Ann. d. Phys. 4. p. 450. 1901.

(Eingegangen 24. November 1905.)

10. Die wahre Bedeutung der Flügel am Reibzeug der Elektrisiermaschine und ihr Ersatz;

von W. Holtz.

Die Reibzeugflügel sind eine Erfindung des Engländers Nooth. Beccaria) hatte auf die Lichtlinie hingewiesen, dort wo der rotierende Isolator das Reibzeug verlasse, und sie aus der vom Glase nach dem Kissen zurückströmenden Elektrizität erklärt. Hierauf setzte Nooth 2), um solches zu verhüten, dem Reibzeug Stücke von Seidenzeug oder Wachstaffet an und fand, daß die Maschine so in der Tat kräftiger wirke. Um die Ursache dieser verstärkten Wirkung weiter aufzuklären, änderte Nicholson) die Flügel in verschiedener Weise ab und meinte, daß sie namentlich um deshalb besser wirken, weil sie, wie das Reibzeug, negativ elektrisch seien. Später erklärte man ihre günstige Wirkung mehr daraus, daß so eine Zerstreuung der Elektrizität in die Luft vermieden würde. 1879 kam Helmholtz), ohne vorgenannte Arbeiten zu erwähnen, in einem Aufsatz über elektrische Grenzschichten auch auf die Flügel des Reibzeuges zu sprechen, deren Zweck sei, daß sie, mit jenem gleichnamig elektrisch, die Spannung seiner Endkante an das Ende eines Isolators verschöben. Gleichwohl wird noch heute in physikalischen Lehrbüchern ihr Zweck so gedeutet, daß sie eine Zerstreuung der Elektrizität verhüten sollen.

Daß letzteres unrichtig ist, sieht man zunächst daran, daß die Länge sehr wenig zur Verstärkung der Wirkung tut, daß nämlich, wenn sie auch nur 3 cm das Reibzeug überragen, der Effekt fast derselbe ist, als wenn sie bis an die Einsauger gehn, und ganz derselbe, wenn nur dafür gesorgt wird, daß die kurzen Flügel dem Glase so gut anliegen, als es die längeren tun. Hieraus folgt, daß sie nur dadurch wirken können, daß

1) Beccaria, Phil. Trans. 56. p. 117. 1766.

2) Nooth, ebenda 63. p. 333. 1773.

3) Nicholson, ebenda 79. p. 265. 1789.

4) H. v. Helmholtz, Wied. Ann. 7. p. 337. 1879.

sie dem Zurückströmen der Elektrizität nach dem Reibzeuge hinderlich sind. Und dieser Effekt erklärt sich am besten so: Die amalgamierte Fläche ist ein Stück Leiter und an den Kanten eines solchen ist die Dichte besonders groß. Die übrigen Kanten kommen nicht weiter in Betracht, wohl aber jene, wo der geriebene Isolator das Kissen verläßt. Schließt sich an letztere ein Stück Wachstaffet oder Seide, so wird dieses, wenngleich isolierend, doch nach und nach mit negativ elektrisch werden und so die Dichte an jener Kante verkleinern, weil sie nun nicht mehr am Ende, sondern in der Mitte einer elektrischen Fläche liegt. Das geschieht freilich gleichfalls und noch besser, wenn statt Wachstaffet oder Seide ein Stück Papier genommen wird, da die Endkante des letzteren wegen der schlechten Leitungsfähigkeit des Materiales nicht weiter gefährlich ist. Die Wirkung ist in der Tat die gleiche, wie ich gelegentlich schon hervorhob1), zumal wenn man Seidenpapier nimmt, und wenn man dies bisher wenig nachmachte, so mag man wohl wegen der Vergänglichkeit des Papiers davon Abstand genommen haben. Bei Wachstaffet oder Seide könnte die negative Elektrizität auch aus der Luft herbeigezogen sich an die Außenseite der Zeuge setzen. Sie würde dann ähnlich wirken, wie wenn sie an der Innenseite säße und sich hier durch Leitung verbreitet hätte.

Kommt es aber nur darauf an, die Scheibe vor der schädlichen Wirkung der fraglichen Endkante zu schützen, so kann dies auch noch auf andere Weise geschehen, nämlich dadurch, daß man die leitende Fläche umbiegt, was freilich mit einer Amalgamfläche nicht gut tunlich ist. Um dies zu prüfen, nahm ich zwei dünne Kupferbleche, deren eines Ende zylindrisch umgebogen war, und hielt sie mit den Händen im Sinne wie

die Figur zeigt, an die Glasscheibe, während ein anderer diese rotieren ließ. Ich erzeugte so 3 cm lange Funken, während es überhaupt keine Funken gab, wenn ich die Bleche umgedreht hielt. Dann nahm ich statt der Kupferbleche gleichgeformte Kartonstücke. Hier war der Unterschied beim Wechsel der

1) W. Holtz, Zeitschr. f. d. phys. u. chem. Unterr. 6. p. 302.

Lage natürlich weniger groß, weil auch die anliegende Kante, eben weil sie die Kante eines Halbleiters war, noch eine leidliche Wirkung gab. In der günstigen Lage erhielt ich 4 cm lange Funken, aber nicht viele, da der Karton für die Elektrizitätserzeugung nicht leitend genug war. Ich legte nun auf beide unechtes Silberpapier, aber so, daß dieses oben und unten kürzer war und auch nicht bis zur Biegung reichte. Dann kniffte ich das gerade Ende um und heftete dieses mit Leim der Hinterkante der hölzneren Reibzeuge an. Ich erhielt so zwischen kleinen 6 cm voneinander entfernten Kugeln einen konstanten Büschelstrom und bei vergrößertem Kontuktor 10 cm lange Funken mit einer Scheibe von nur 30 cm Durchmesser, also eine Wirkung, wie ich sie kräftiger gar nicht erwarten konnte. Und doch war die Zerstreuung der Elektrizität hier durch nichts verhütet, und die Scheibe drehte sich sehr leicht, weil kein Fett und keine anklebenden Flügel ihre Bewegung hemmten. Noch stärker war die Wirkung, als ich je ein Quecksilbertröpfchen mit dem Finger auf dem Silberpapier verrieb. Aber dies vergrößerte die Reibung. Auch empfehle ich es um des willen nicht, weil man dann, wenn die Maschine längere Zeit nicht gebraucht ist, das Silberpapier wieder erneuern muß.

Die fragliche Rundung spielt auch sonst noch eine Rolle. Streiche ich mit der unteren Kante meiner rechten Hand über eine Ebonitplatte, so wird diese stark elektrisch, weil die rundliche Form das Zurückströmen der Elektrizität erschwert. Lasse ich gepulverte Körper, auch Metallfeilicht auf einem schräg gestellten Blechstreifen niedergleiten, so zeigen sie sich, isoliert aufgefangen, stärker elektrisch, wenn das untere Ende rund umgebogen ist. Bei einer Reihe von Kupfermünzen, welche so auf einem schrägen Zinkstreifen in eine isolierte Metallschale gleiten, erhalte ich am Elektroskop einen kleinen Ausschlag, nicht jedoch, wenn der Streifen unten gerade gelassen ist.

(Eingegangen 25. November 1905.)

11. Die Trichterventilröhre

beim Wechsel von Druck und Funkenart;
von W. Holtz.

Ich habe der Trichterröhre, seit sie zuerst bekannt wurde 1), im Verlaufe der Zeit verschiedene Formen gegeben, deren einfachste die nebenstehende Figur zeigt. Sie ist zugleich die empfehlenswerteste, da kompliziertere Formen nur wenig besser wirken. Ich selber gab über die Röhre nur zwei kurze Mitteilungen. In der ersten sprach ich

mich über die bevorzugte Stromrichtung nicht aus. In der zweiten sagte ich, daß

verzögerte Flaschenentladungen denjenigen Trichter bevorzugen, dessen Basis der positiven Elektrode zugewandt sei. Poggendorff) stellte über die Röhren eine längere Untersuchung an, in welcher er nur solche mit mehreren Scheidewänden und einseitig gerichteten Trichtern benutzte, von denen er eventuell zwei entgegengerichtete nebeneinander legte. Er fand aber, daß die verschiedensten Entladungen allemal eher hindurchgingen, wenn die Trichterspitze der positiven Elektrode zugewandt sei. Alle Röhren waren so weit evakuiert, wie ich empfohlen hatte, nämlich so, daß sie die Schichtung zeigten. Als ich kürzlich sah, daß Poggendorffs und meine Angaben sich widersprachen, dachte ich, daß meine Röhre ehedem vielleicht Luft gesogen habe, und daß sich die Röhren bei verschiedenen Drucken vielleicht anders verhalten könnten. Dies veranlaßte mich die nachfolgenden Versuche anzustellen.

Ich ließ mir von Geisslers Nachfolger Hrn. Müller in Bonn drei sonst gleiche Röhren nach Art obenstehender Figur machen, aber ungleich evakuiert, so daß die eine noch

1) Vgl. Poggendorffs Referat in den Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. zu Berlin vom Juli 1867.

2) W. Holtz, Pogg. Ann. 155. p. 643. 1875 und Wied. Ann. 10. p. 336. 1880.

3) J. C. Poggendorff, Pogg. Ann. 134. p. 1. 1868.

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