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der klebrig flüssigen Eismasse durch den Luftdruck zusammengepreßt werden und verschwinden. Die Mittelschicht, in der die klare Salzlösung abfloß, konnte nach 36 Stunden 1 mm dick sein.

Nach 30 Stunden konnte man den scharfen klaren oberen Rand des Eisblocks mit einem Polarisationsspiegel beleuchten, und durch ein Nicolsches Prisma mit bloßem Auge oder mit einem horizontalen Mikroskop betrachten. Er zeigte doppeltbrechende Schaumkammern von 5-10 mm Durchmesser, durch flüssige Scheidewände getrennt, welche normal zu den breiten Seitenflächen des Eisblocks standen. Jede Schaumkammer enthielt einen Eiskristall, der in den verschiedenen Schaumkammern verschiedene Lage hatte. Die flüssigen Schaumwände stießen unter Winkeln von 120° zusammen und wurden dünner,

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Fig. 216.

indem die Flüssigkeit unten abfloß. An den Knotenpunkten dreier Schaumwände lag häufig ein Dreieck oder dreiseitiges Prisma, mit einfach brechender Flüssigkeit gefüllt. Beim allmäh

lichen Abschmelzen gingen die Seiten des Dreiecks allmählich in drei Kreisbogen mit Neigungswinkeln von 120-180°, oder in einen einzigen Kreis über (Fig. 216, a, b, c).

Beim Abschmelzen des Eises gelangt das Salzwasser der Schaumwände an die von Wasser bedeckte Eisoberfläche und veranlaßt auf dieser freien Wasseroberfläche (da seine Oberflächenspannung gegen Luft von der dieses Wassers verschieden ist) periodische Ausbreitung und Ausbreitungswirbel, die sich in kurzen Perioden von 0,5-5 Sekunden wiederholen.

Neben den Stellen mit klaren Schaumkammern lagen an der Kuppe des abschmelzenden Eisblocks trübe Stellen, in denen man mit dem Mikroskope ölartige trübe, nicht zusammenhängende Schaumwände erkannte, in Form von kugelförmigen Blasen, Röhren mit Anschwellungen oder klare Flüssigkeit (Salzlösung) in runden, elliptischen oder röhrenförmigen Hohlräumen. In den trüben Schaumwänden und der Salzlösung lagen viele luftleere oder mit Luft gefüllte Blasen. Die unter dem Einfluß der Wärmestrahlung gebildete Salzlösung konnte nicht abfließen und so blieb das Eis an dieser

Stelle trübe. Man sieht aber bei fortschreitender Erwärmung und Abschmelzung die Blasen und Hohlräume platzen, die Schaumwände zusammenfließen und vergehen und langsam klare Schaumkammern mit doppeltbrechenden Kristallen (Gletscherkörnern) entstehen, mit horizontalen Schaumkanten, wie an den klareren Stellen des Eisblocks.

Die Erstarrung des luftfreien Wassers geht gleichmäßig in der Richtung der Normalen von den Seitenflächen des Blechtroges nach dem Innern. Die im Wasser enthaltenen geringen Salzmengen bilden die Mutterlauge auf den Diagonalflächen und später in der Mittelschicht zwischen den reinen Eiskristallen und frieren bei etwas niedrigerer Temperatur als das reine Eis. Bei Belichtung durch Wärmestrahlen schmelzen sie eher als das reine Eis. Die trüben Stellen der Diagonalflächen und der Mittelschicht entsprechen den Tyndall schen Schmelzungsfiguren im Seeeis.

Die Erkaltungsgeschwindigkeit des Wassers beim Gefrieren nimmt mit dem Abstand von der Trogwand ab, die Konzentration der durch Gefrieren angereicherter Mutterlauge mit dem Fortschreiten der Eisbildung zu. Der Salzgehalt der Diagonalschichten nimmt also nach dem Innern des Eisblocks zu, und ist in der Mittelschicht größer als in den Diagonalschichten. Die Intensität der Wärmestrahlung nimmt mit dem Abstand von der Außenfläche des Eisblocks ab. Die Bildung der Schaumkammern in der Mittelschicht und den Diagonalflächen beim Erstarren und Wiederauftauen wird ein Optimum erreichen für eine gewisse Intensität der Wärmestrahlung und einen nicht zu großen Konzentrationsgrad der geschmolzenen Mutterlauge, wenn die Lamellen aus klebriger ölartiger Salzlösung noch Zeit haben, Röhren, Blasen und Schaumkammern zu formen, ehe sie vollständig erstarrt oder verdünnte wässerige Salzlösung geworden sind.

Damit sind die wechselnden Erscheinungen der vorübergehenden und dauernden Trübung in Mittelschicht und Diagonalflächen und in dem klaren Eise vollkommen erklärt, ebenso wie ihre Abhängigkeit vom Druck im Eise selbst (vgl. unten § 184).

Wir werden die klaren und trüben Stellen des ruhenden Eisblocks wiederfinden als blaue und weiße Bänder in dem zu Tal fließenden Gletschereis (§ 185).

§ 174. Kleine Eisblöcke aus destilliertem Wasser. Bei dem Auftauen kleiner Eisblöcke aus luftfreiem Wasser tritt der Einfluß der Wärmestrahlung mehr hervor und der Einfluß des Druckes ist weniger merklich als bei den großen Eisblöcken.

Ich ließ das Wasser in hohen prismatischen Trögen von 10,5 x 5 x 4 cm aus dünnem Weißblech oder Messing mit übergreifendem Deckel gefrieren. Über der Mitte der schmalen. Seitenwände war ein U-förmig gebogener 0,5 mm dicker Eisendraht als Henkel angelötet (Fig. 217). Das destillierte Wasser

wurde in den Trögen ausgekocht, um die absorbierte Luft auszutreiben. Vier Tröge konnten nebeneinander auf ein horizontales Brett von 70 x 4 x 0,5 cm gehängt und gleichzeitig in eine Blechwanne mit der Kältemischung aus 1 Teil Kochsalz und 3 Teilen Schnee oder gestoßenem Eis eingesenkt werden. Nach 4 Stunden wurde der Blechtrog aus der Kältemischung genommen, kurze Zeit über einer Gasflamme erwärmt, der Blechdeckel abgenommen, und gleichzeitig die Trogöffnung nach unten gekehrt. Ein klares Eisprisma mit einer weißen Mittelschicht von 1,5 cm Breite glitt heraus. Die weiße Mittelschicht lag im oberen Teile des Eisprismas und bestand aus vielen, nahezu horizontalen Röhrchen. Unter dem Einfluß einer elektrischen Glühlampe trübten sich in wenigen Sekunden die vier vertikalen Diagonalflächen und kurze Zeit darauf die vier basalen Diagonalflächen, welche von den vier Kanten der Basis des Eisprismas nach der Basis der weißen Mittelfläche gingen.

Fig. 217.

Die trüben Diagonalflächen zeigten viele runde Scheibchen oder Ringe von klarer Flüssigkeit. Fig. 218, a, b, c geben eine Ansicht des Eisblocks von der Seite und Fig. 218, d von unten gesehen. Die weißlichen Stellen sind schraffiert parallel der Lage der Röhrchen in der weißen Mittelschicht. Ein Teil der Röhrchen von 4-5 mm Länge und 0,2-0,3 mm Durchmesser zeigte Anschwellungen und abgerundete Enden und kugelförmige oder elliptische Hohlräume im Innern.

Nach 4 Stunden war die weiße Mittelschicht nach unten gewachsen und die vertikalen Diagonalflächen zeigten horizontale

helle Streifen, 1 mm hoch und durch 2 mm hohe trübe Streifen voneinander getrennt.

Bei anderen Eisblöcken wurden im Tageslicht Diagonalund Mittelflächen in 5 Min. trübe, oder es traten in den Diagonalflächen statt der horizontalen Streifen vertikale weiße Streifen von 1,8 mm Höhe

auf, die durch 1 mm hohe, klare Streifen voneinander getrennt waren.

Im oberen Teile des in Weißblech gefrorenen Eisblockes konnte ich 1 cm unter der Oberfläche mit dem Mikroskop Röhrchen

mit drei Anschwellungen,

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d

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abgerundeten Enden und Querenden erkennen, deren 0,01 mm dicke Wände braun gefärbt waren (wie Fig. 211, f).

Nach 11 Stunden war der Eisblock unten 4,5, oben 4 cm breit (Fig. 218, 6). Das rechtwinklige Prisma war wie ein Prisma aus Leimgallerte zu einer abgestumpften Pyramide auseinander geflossen (§ 148).

Frisch destilliertes Wasser gab in gleicher Kältemischung klarere Eisblöcke als später, nachdem es 2 Monate in Glasflaschen gestanden und Glas aufgelöst hatte.

Mit der Temperatur der Kältemischung, dem Wassergehalt des dafür benutzten Schnees oder der Geschwindigkeit, mit der das Wasser gefroren ist, wechselt das Aussehen des Eisblocks.

Mit Luft oder verdünnter Luft gefüllte Röhren von 0,1 bis 0,2 mm Durchmesser liegen normal zur Oberfläche. Dieselben sind zylindrisch oder konisch, zeigen drei und mehr Anschwellungen oder sind in einzelne Kugeln oder kürzere zylindrische Stücke zerfallen. Die Röhren liegen vorzugsweise auf den Diagonal- oder Mittelflächen und zeigen häufig weiße Wände von 0,02-0,06 mm Dicke.

Die Röhrchen wachsen auf den Diagonalflächen unter Einwirkung von Auerlicht. An der Oberfläche entstehen unter Einwirkung von Sonnenlicht, oder elektrischem Bogenlicht feine Furchen und Schaumwände normal zur Oberfläche, die

sich unter Winkeln von 120° schneiden, entsprechend den Haarspalten des Gletschereises.

Nach 2-1 Stunde entstehen auf den Diagonalflächen trübe weißliche Flecke mit unzähligen runden Blasen von 0,03 mm. Später erscheinen Schnüre von nebeneinander gereihten Kugeln von 0,1-0,2 mm, jede mit einer kleinen Luftblase (oder luftleeren Blase) von 0,01-0,04 mm im oberen Teile. Die Luftblasen sind um so kleiner, je kleiner die Flüssigkeitskugel ist, in der sie liegen.

Durch einen kurzen Schlag oder durch den Druck einer Stahlspitze spaltet der Eisblock nach den basalen und vertikalen Diagonalflächen und nach der Mittelfläche, also an den Stellen, wo die angereicherte Mutterlauge der Salze gefroren ist, mit welchem das Wasser verunreinigt war.

Die abgespaltenen Eisbrocken konnten in einer flachen Glasschale während des langsamen Abschmelzens unter dem Polarisationsmikroskop untersucht werden.

Man sieht dann verschieden orientierte Eiskristalle oder Gletscherkörner, die durch ebene oder kugelförmige sichtbare oder unsichtbare Schaumwände mit Neigungswinkeln von 120o, 110° ... voneinander getrennt sind. Nach mehrstündigem Tauen sieht man zahlreiche parallele Schnüre von Kugeln oder Linsen von 0,04-0,12 mm Durchmesser, in deren oberem Teile allmählich kleine luftleere Blasen auftreten, die also aus geschmolzener ölartiger Salzlösung bestehen. Die Kugeln und Linsen derselben Schnur zeigen oft wechselnde Größe, aus der sich erkennen läßt, daß sie beim Frieren der Flüssigkeit aus massiven und hohlen Zylindern oder langgestreckten Kegeln mit Anschwellungen entstanden sind, indem die Oberfläche der ölartigen Flüssigkeit möglichst klein werden wollte. Die Linsen können stark gewölbt oder flach sein und sind von zwei kugelförmigen Schaumwänden begrenzt, die in einer größeren dünnen, ebenen, gewundenen oder windschiefen Schaumwand hängen. Kugeln und Linsen können vor dem Schmelzen klaren oder weißlichen Inhalt haben.

Häufig liegen viele Schnüre von Hunderten von Linsen, die keine oder kleine luftleere Blasen enthalten, parallel nebeneinander auf unsichtbaren gewundenen Schaumwänden. Die Größe der Linsen nimmt von Schnur zu Schnur allmählich ab,

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