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9. Über das Eigenlicht des Radiumbromids; von B. Walter und R. Pohl.

Sir William und Lady Huggins') haben nachgewiesen, daß das Spektrum des Eigenlichtes des Radium bromids nahezu vollkommen mit dem Bandenspektrum des Stickstoffs übereinstimmt und zwar mit demjenigen des negativen Poles einer mit ein wenig Luft gefüllten Geisslerschen Röhre besser als mit dem positiven Lichte der letzteren. Sie vermuten demnach, daß das in Rede stehende Radiumlicht in der Hauptsache durch den Anprall der negativ geladenen B-Strahlen gegen die das Radiumsalz umgebenden Luftteilchen erzeugt wird, und erwarten demgemäß, daß jenes Licht seine Entstehung nicht bloß in der unmittelbaren Nachbarschaft des Salzes, sondern auch noch in einiger Entfernung davon nimmt. Diese letztere Erwartung konnten sie jedoch durch den Versuch nicht bestätigen und sprechen infolgedessen die weitere Vermutung aus, daß jene Strahlen die Stickstoffmoleküle nur ,,in molekularen Distanzen und im Momente ihrer Bildung" erregen dürften.

Dem gegenüber läßt sich nun aber mit Leichtigkeit zeigen, daß das Leuchten der Luft in der Umgebung des Radiumbromids selbst noch in mehreren Zentimetern Abstand von dem Salze stattfindet.

Von mehreren, nahezu gleichartigen Versuchen, welche diese Tatsache beweisen, sei nur der folgende beschrieben. Das Radiumpräparat R (Figur) ca. 9 mg Gieselsches Radiumbromid-lag frei an der Luft in seiner Hartgummikapsel auf einem runden Bleiklotz A von 6 cm Höhe und 12 cm Durchmesser. Rechts daneben war zunächst ein 4 mm dicker, 24 cm hoher und 30 cm breiter Bleischirm SS aufgestellt, in dessen Mitte ein rundes Loch geschnitten war, in das eine Quarzlinse von 11, cm Brennweite und 6,5 cm Durchmesser

1) Sir William u. Lady Huggins, Proc. Roy. Soc. 72. p. 196 u. p. 409. 1903.

mit ihrer Messingfassung eingepaßt wurde. (Die Linse aus Quarz wurde deswegen genommen, weil sie unter den gerade vorrätigen Stücken aus dieser Substanz das größte und dickste war. Bei einem anderen Versuche dieser Art wurde mit fast gleichem Erfolge eine 8 mm dicke, aber nur 2,4 x 2,6 cm große planparallele Platte aus Quarz benutzt.) Der Schirm SS war dabei so aufgestellt, daß der untere Rand der Quarzlinse 2 cm höher lag als das Radiumpräparat. Rechts neben SS wurden ferner noch mehrere, bis an den unteren Rand der Quarzlinse reichende Platten aus 4 mm dickem Blei und schließlich auf einem passenden Holzklotz H, noch ein zweiter runder Bleiklotz B von 6 cm Höhe und 12 cm Durchmesser so gestellt, daß seine obere Fläche ebenfalls mit dem unteren. Rande der Quarzlinse in gleicher Höhe war. Auf diesem

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Klotze B lag nun durch einen Metallklotz M unter einem Winkel von 30° gegen die obere, horizontale Fläche von B geneigt die photographische Platte P1, so daß der Abstand ihres vorderen Randes von der Quarzlinse Q 7 cm war. Die Platte P1 war dabei mit einem lichtdichten Stück dünner schwarzer Pappe bedeckt, in dem mehrere Löcher angebracht waren, die mit verschiedenen Lichtfiltern (Quarz, farblose Gläser von verschiedener Ultraviolettdurchlässigkeit, blaues Glas, gelbes Glas) bedeckt waren. Hinter dem Bleiklotze B wurde auf dem Holzklotze H, noch eine zweite Platte P, mit Lichtfiltern ausgelegt, um die Abwesenheit fremden Lichtes zu beweisen. Beide Platten wurden gleichzeitig und gleich lange, nämlich 42 Stunden, exponiert; und, während P, bei der Entwicklung völlig klar blieb, zeigte sich P, hinter den genannten Lichtfiltern genau in derselben Abstufung geschwärzt wie bei

den Versuchen mit der durch Radiotellurstrahlen leuchtend gemachten Luft. 1)

Außer dieser Schwärzung, die nach der oben beschriebenen Versuchsanordnung wohl nur von solchen durch die Strahlung des Radiumbromids leuchtend gemachten Luftteilchen bewirkt sein kann, die sich in mehr als 2 cm Abstand von dem Salze befanden, zeigten die betreffenden Platten stets auch noch eine viel schwächere Schwärzung hinter der schwarzen Pappe des Filters sowie eine noch wieder viel schwächere Schwärzung in denjenigen Teilen, die sowohl durch diese Pappe als auch durch einen Teil einer Filtersubstanz (Glas bez. Quarz) bedeckt waren. Diese letzteren Schwärzungen können natürlich nur von Strahlen herrühren, welche lichtdichte Pappe zu durchdringen vermögen, so daß es sich also hier in der Hauptsache jedenfalls um eine Wirkung der von der direkten Radiumstrahlung in der umgebenden Luft erzeugten Sekundärstrahlung handelt. Hiermit steht es dann auch im Einklang, daß die genannten Schwärzungen in viel höherem Maße auftraten, wenn man den Schirm SS verkleinerte oder gar ganz fortließ.

Nach Abschluß dieser Versuche wurde uns eine Abhandlung der Herren F. Himstedt und G. Meyer) zugesandt, in welcher durch spektrographische Aufnahmen ebenfalls der Nachweis geführt wird, daß auch die Luft in der weiteren Umgebung des Radium bromids zum Leuchten gebracht wird, sodaß demnach wohl die eingangs zuerst erwähnte Vermutung von Sir William und Lady Huggins als die richtige anzusehen ist, d. h. die Vermutung, daß jenes Licht lediglich durch den Anprall der von dem Radiumsalz ausgesandten Becquerelstrahlen an die Moleküle der umgebenden Luft zustande kommt. Freilich dürften aber hierbei nicht bloß die von den genannten Verfassern heran

1) B. Walter, Ann. d. Phys. 17. p. 367. 1905. Es sei noch erwähnt, daß neuerdings auch B. Walter in der durch Radiotellurstrahlung erregten lichtartigen Strahlung der Luft durch sehr lange Expositionen außer dem ganz überwiegend vorhandenen Ultraviolett auch schwaches Licht aus den sichtbaren Teilen des Spektrums festgestellt hat, wie dies zuerst von R. Pohl (Ann. d. Phys. 17. p. 375. 1905) nachgewiesen wurde.

2) F. Himstedt u. G. Meyer, Ber. d. Naturf. Gesellsch. Freiburg i. Br. 16. p. 13. 1905.

gezogenen B-Strahlen, sondern auch die a-Strahlen in Betracht kommen, da es sich doch beim Radiotellur nur um solche handelt.

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Schließlich sei noch erwähnt, daß unsere Versuche, um die Sekundärstrahlung der die Platte P1 umgebenden Gegenstände nach Möglichkeit zu verringern, stets im freien Zimmer, d. h. also auch in gewöhnlicher, feuchter Zimmerluft angestellt wurden, und daß sich also nach den Versuchen der Herren Himstedt und Meyer bei Anwendung einer vollkommen trockenen Luft noch stärkere Wirkungen ergeben haben dürften. Hamburg, Physik. Staatslabor., September 1905.

(Eingegangen 17. September 1905).

10. Bemerkung zu der Arbeit des Hrn. Becker: ,,Messungen an Kathodenstrahlen";

von G. E. Leithäuser.

In meiner Arbeit über den Geschwindigkeitsverlust, welchen die Kathodenstrahlen beim Durchgang durch dünne Metallblättchen erleiden, und über die Ausmessung magnetischer Spektren1), habe ich die Durchlässigkeit der von mir benutzten Metallblättchen für die verschiedenen bei den Messungen angewandten Kathodenstrahlen bestimmt. Hr. Becker) berechnet aus der von mir angegebenen Durchlässigkeit D den Absorptionskoeffizienten a nach der Formel:

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und erhält dabei bei einer bestimmten Kathodenstrahlengeschwindigkeit für zwei verschiedene Blättchendicken Werte von a, die bei dem dickeren Blättchen um 15 Proz. kleiner sind als bei dem dünneren. Er findet aus seinen Messungen einen von der Dicke unabhängigen Absorptionskoeffizienten und beanstandet aus diesem Grunde die Richtigkeit meiner Messungen.

Nun geht aber aus der von mir gegebenen Erklärung der Durchlässigkeit:

D =

Ladung der durchgegangenen Strahlen
Ladung der auffallenden Strahlen

und auch aus der beschriebenen Versuchsanordnung deutlich hervor, daß die Formel (1) zur Berechnung von a nicht zutrifft. Legt man die bisherigen Anschauungen über den Vorgang beim Auftreffen von Kathodenstrahlen auf Metallblättchen zugrunde, nach denen vom Blättchen eine der einfallenden

1) G. E. Leithäuser, Ann. d. Phys. 15. p. 306. 1904.
2) A. Becker, Ann. d. Phys. 17. p. 445. 1905.

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