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9. Ein Beitrag

zur Kenntnis der Funkenentladung in Gasen; von W. Voege.

(Hierzu Taf. IV, Figg. 2-7.)

I. Über die spezifische elektrische Festigkeit der Gase.

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Vor einiger Zeit hatte ich gelegentlich von Versuchen zur Bestimmung der elektrischen Durchschlagsfestigkeit verschiedener Körper1) auch Versuche mit einigen Gasen, Sauerstoff, Kohlensäure und Wasserstoff, angestellt und gefunden, daß das Schlagweitengesetz von einer gewissen Funkenlänge an für diese Gase ebenso wie für Luft geradlinig verläuft. Rechnet man unter Zugrundelegung meiner Zahlenwerte für etwa 12 cm Funkenlänge den von Hrn. Orgler2) als spezifische elektrische Festigkeit eines Gases definierten Koeffizienten k = A。 — A1 | B2 - B1, wo A2 und 4, zwei Funkenspannungen in dem betreffenden Gas, B2 und B1 die entsprechenden Spannungen in Luft sind, aus, so erhält man bedeutende Abweichungen von den Orglerschen Werten. Außerdem findet sich die auffallende Tatsache, daß nach allen in neuerer Zeit ausgeführten Messungen Kohlensäure leichter durchschlagen wird als Luft, während nach meinen Versuchen gerade das Umgekehrte und zwar in bedeutendem Maße der Fall ist. Da die Messungen des Hrn. Orgler mit einer Influenzmaschine als Elektrizitätsquelle, meine dagegen mit einem Funkeninduktor angestellt sind und immerhin die Möglichkeit vorlag, daß die andere Art der Elektrizitätszuströmung die Abweichungen bewirkte, habe ich zunächst die von Hrn. Orgler benutzte Versuchsanordnung wieder hergestellt Kugeln von 21/2 cm Durchmesser, 2,5 und 4 mm Schlagweite, Belichtung der Funkenstrecke mit Röntgenstrahlen und die Versuche mit der einem Funkeninduktor entnommenen Spannung wieder

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1) W. Voege, Elektrotechn. Zeitschr. 1904. p. 1033.
2) A. Orgler, Ann. d. Phys. 1. p. 159. 1900.

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holt. Wie folgende Tabelle zeigt, stehen die Resultate in guter Übereinstimmung mit den Orglerschen Werten.

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Die CO, wird auch mit der im Funkeninduktor erzeugten Spannung leichter durchschlagen als Luft. Spitzenelektroden ergaben dasselbe Resultat. Als ich nun die Schlagweite vergrößerte, blieben die Verhältnisse zunächst dieselben, dann wurden die für Luft und CO, erforderlichen Spannungen nahezu die gleichen und von ca. 8 cm an bot zweifellos die Kohlensäure der elektrischen Durchschlagung den größeren Widerstand. Dieselben Versuche wurden dann mit hochgespanntem Wechselstrom von 50 Perioden wiederholt. Die Spannung des Wechselstromes wurde in einem eisengeschlossenen Funkteninduktor hinauftransformiert und die zur Durchschlagung der Gasschicht erforderlichen Spannungen mittels einer parallel geschalteten veränderlichen Luftfunkenstrecke (Spitzenelektroden) bestimmt. Außerdem wurden die Resultate durch Vergleich mit einem die primäre effektive Spannung messenden Hitzdraht Voltmeter kontrolliert. Die zu untersuchenden Gase O und CO, wurden aus Bomben entnommen und mit Watte, Chlorcalcium und Schwefelsäure von Staub und Feuchtigkeit möglichst gereinigt. Das Glaßgefäß, in welchem die Durchschlagung stattfand, hatte einen Durchmesser von 14 cm und eine Höhe von 25 cm. Als Elektroden dienten stumpfe Messingspitzen. Nach jeder Entladung wurde frisches Gas in den Apparat geleitet. Die erhaltenen Durchschlagswerte sind in Fig. 1 in Kurvenform aufgetragen, wobei die an der Meßfunkenstrecke abgelesenen Schlagweiten mit Hilfe der früher bestimmten Schlagweitenkurve für Luft1) in maximale Volt umgerechnet sind. Das Bild der Kurven ist dasselbe, wie es meine früheren Versuche zeigten. Bei weitem am schwersten wird von den drei Gasen der Sauerstoff durchschlagen, für größere Funkenlängen folgt dann die

1) W. Voege, Ann. d. Phys. 14. p. 556. 1904.

Kohlensäure, während die Luft den geringsten Widerstand gegen die elektrische Entladung bietet. Bei kleinen Schlagweiten liegt die Sache anders; hier steht die Luft in der Mitte zwischen Sauerstoff und Kohlensäure. Die Kurven für die zuletzt genannten beiden Gase schneiden sich zwischen 8 und 10 cm Funkenlänge, d. h. derjenigen Stelle, wo die Durchschlagsversuche in Luft unsichere Werte liefern. Nun habe ich früher1) den anfänglich steileren Anstieg der Kurve für Luft

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sowie die unsichere Zone zwischen 6 und 10 cm durch eine Rückwirkung des negativen Poles auf den positiven zu erklären versucht. Die von der Kathode ausgehenden negativen Ionen, welche die Anode erreichen, erschweren den Funkenübergang erheblich. Da nun Luft und Kohlensäure gerade in der unsicheren Zone bei 9 cm ihre Rollen vertauschen, liegt der Gedanke nahe, daß die Abweichung bei kleineren.

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1) W. Voege, Phys. Zeitschr. 1905. p. 273 u. f.

Funkenlängen auf eine verschieden starke Rückwirkung des negativen Poles auf die Anode in den beiden Gasen zurückzuführen ist. In der Tat ist die Geschwindigkeit der negativen Ionen für Luft größer als für Kohlensäure, für Luft ist v1 = 1,71, für Kohlensäure v1 = 0,84. Je beweglicher die negativen Ionen sind, um so stärker wird ihre Rückwirkung auf die Anode sein. Die Erklärung für das verschiedene Verhalten der beiden Gase dürfte demnach m. E. auf die verschiedene Ionengeschwindigkeit und die damit zusammenhängende Kathodenrückwirkung zurückzuführen sein.

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Wenn nun die erwähnte Rückwirkung für Funkenlängen unter 10 cm mit wachsender Schlagweite verschiedene Werte annimmt, so ist damit der Übergangswiderstand zwischen Elektrode und Gas nicht konstant. Die Konstanz dieses Widerstandes ist aber Voraussetzung bei der Ableitung der Formel für die spezifische elektrische Festigkeit aus den Gleichungen 4 = a + a für Gas und B = b+ß für Luft, wenn A und B die erforderlichen Spannungen, a bez. ẞ den zur Überwindung des Übergangswiderstandes zwischen Metall und Luft erforderlichen Betrag und a und b die zur Durchbrechung der Gasschicht aufzuwendende Spannung bedeuten. Für die geringen Größenunterschiede von 0,4-5 mm Funkenlänge sind, wie die Versuche des Hrn. Orgler zeigen, die Übergangswiderstände a und auch praktisch konstant, dagegen gilt dies nicht mehr, wenn man zu Schlagweiten von mehreren Zentimetern übergeht.

Die von Hrn. Orgler angegebenen Zahlen für den Koeffizienten k sind daher nicht als charakteristische Konstante für die untersuchten Gase anzusehen, da sich ihre Gültigkeit nur auf ein kleines Schlagweitengebiet erstreckt. Wenn man richtige Werte für die spezifische elektrische Festigkeit ableiten will, muß man die Zahlenwerte für Schlagweiten über 8 cm zugrunde legen, da von hier an die Schlagweitenkurven nach allen neueren Untersuchungen einen geradlinigen Verlauf haben, d. h. eine Rückwirkung hier nicht mehr in Frage kommt. Aus meinen in der Fig. 1 wiedergegebenen Resultaten können sichere Werte für die spezifische elektrische Festigkeit der untersuchten Gase jedoch noch nicht abgeleitet werden. Zu dem Zweck müßten die Versuche mit chemisch reinen Gasen,

einem noch größeren Gasvolumen und unter verschiedenen anderen Vorsichtsmaßregeln wiederholt werden.

Bemerken will ich, daß ich mit Induktor und Turbinenunterbrecher Kurven von genau demselben Verlauf erhalten habe wie mit hochgespanntem Wechselstrom, dagegen lagen die mit der Induktorspannung gewonnenen Werte sämtlich etwas höher als die Wechselstromwerte. Da dasselbe aber auch bei Füllung des Durchschlagsgefäßes mit Luft der Fall ist (die Spannung ist immer mit einer zur Funkenstrecke im Gefäß parallelen offenen Luftfunkenstrecke gemessen), nehme ich an, daß der Wechselstrom, bei welchem den Elektroden schon vor Auftreten der maximalen Spannung eine bedeutend größere Energiemenge zugeführt wird als beim Induktorstrom, im geschlossenen Gefäß eine stärkere Ionisation hervorruft, welche dann ein leichteres Zustandekommen des Funkens ermöglicht.

Von Interesse ist es, die Wirkung zu beobachten, welche das Zuströmen eines zweiten Gases auf einen im ersten Gase stattfindenden Funkenüberschlag ausübt. Dabei sei die Spannung so reguliert, daß gerade ein regelmäßiger Funkenüberschlag erfolgt. Ist das erste Gas Kohlensäure und gehen in demselben kräftige elektrische Entladungen über, so hören dieselben schon nach dem Einleiten weniger Kubikzentimeter Sauerstoff bei unveränderter Spannung gänzlich auf. In Luft müssen ca. 25 Proz des Luftvolumens Sauerstoff eingeführt werden, um eine Erschwerung des Überganges zu erhalten. Ist das ursprüngliche Gas Sauerstoff und leitet man Kohlensäure in das Gefäß ein, so erfolgte eine Erleichterung des Funkenüberganges erst nachdem ca. 2000 ccm CO2 eingeleitet waren, d. h. nachdem praktisch aller Sauerstoff entfernt war.

Der Sauerstoff scheint also die elektrische Entladung in jedem Fall zu erschweren und zwar ist es, wie sich aus den Kurven (Fig. 1) ergibt, nicht die spezifische elektrische Festigkeit, sondern der Übergangswiderstand an den Elektroden, welcher die höhere Durchschlagsspannung erforderlich macht. Ob der Sauerstoff selbst oder das gebildete Ozon die Ursache ist, konnte nicht mit Sicherheit entschieden werden, vorherige Ozonisation des eingeleiteten Sauerstoffs bewirkte keinen nennenswerten Unterschied.

Hat man atmosphärische Luft in einem abgeschlossenen

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