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erklärt sich ungezwungen, wenn man bedenkt, wie die Büschelentladung sich zusammensetzt aus Entladungsteilen von sehr verschiedener Entwickelung. Für den schmalen Stiel des (zwischen zwei Spitzen räumlich überwiegenden) positiven Büschels mit seiner großen Stromdichte gelten jedenfalls schon angenähert die Gesetze des Glimmstromes, d. h. für dieses Stück des Entladungsraumes nimmt die Spannung ab mit wachsendem Strom. Die aus divergenten Lichtfäden gebildete Krone des positiven Büschels, ebenso wie die zahlreichen Lichtfäden des negativen Entladungsanteiles an der Kathode ähneln beide völlig der sog. Streifenentladung, für welche ähnliche Gesetze wie für Spitzenstrom,1) also jedenfalls Zunahme der Spannung mit der Stromstärke gilt. Nach der mit einem Spannungssturze der Gesamtcharakteristik verbundenen (innerhalb enger Stromstärkenvariation sich vollziehenden) Ausbildung des Büschelstieles kompensiert sich dann bei weiterer Stromverstärkung die Ab- bez. Zunahme der Spannung längs der einzelnen heterogenen Entladungsteile zu einem angenähert konstanten Werte der Gesamtspannung zwischen den Elektroden.

Dresden, Physikal. Institut der Technischen Hochschule,
Oktober 1905.

1) M. Toepler, Ann. d. Phys. 14. p. 962. 1904.

(Eingegangen 22. Oktober 1905.)

6. Die Neutralisationswärme

starker Säuren und Basen und ihre Änderung mit Temperatur und Konzentration; von A. Wörmann

(Auszug aus der Münsterer Inaugural-Dissertation 1905.)

Nach dem Erscheinen der Arbeiten von Hess1) und Graham) über die bei Neutralisation einer Säure durch eine Base entstehende Wärmetönung wurden die bei chemischen Umsetzungen auftretenden Wärmetönungen der Gegenstand eingehender Untersuchungen von seiten anderer Forscher. In den Jahren 1841 und 1870 erschienen zwei Arbeiten über die Neutralisations wärmen verschiedener Säuren von dem Eng. länder Andrews.) In die dazwischen liegende Zeit fallen ungefähr die Arbeiten von Favre und Silbermann.) 1871 veröffentlichte Favre 5) allein eine Arbeit, die denselben Gegenstand behandelte. Am eingehendsten beschäftigten sich J. Thomsen) und Berthelot') mit den Erscheinungen der chemischen Wärmetönung.

Während Hess und Andrews die Neutralisationswärmen nur bei einer Temperatur untersuchten, dehnten Graham, Berthelot und Thomsen ihre Untersuchungen auf verschiedene Temperaturen aus, um festzustellen, inwieweit sich ein Einfluß derselben auf die Neutralisationswärme geltend machen würde. Graham, von dem zwei Versuchsreihen bei 60° und 40° F. vorliegen, kam damals auf Grund seiner

1) Hess, Pogg. Ann. 50. 53. 57.

2) W. P. Graham, Ann. d. chim. et phys. (3) 13. p. 188.

3) Th. Andrews, Pogg. Ann. 54. p. 208. 1841; 143. p. 101. 1871; Transact. of the Roy. Irish Academy. 19. p. 228; Transact. the R. Soc. of Edinb. 1869-1870.

4) P. A. Favre u. J. T. Silbermann, Ann. de chim. et phys.

(3) 38. p. 494. 1853.

5) P. A.. Favre, Compt. rend. 71. p. 772. 1871.

6) J. Thomsen, „Thermochem. Unters." Leipzig 1882.

7) M. Berthelot, „Termochimie." Paris 1897.

Untersuchungen zur Überzeugung, daß mit fallender Temperatur die Neutralisations wärme kleiner würde. Wörtlich sagt Graham:1)

,,La chaleur dégagée par la combinaison est sensiblement modifiée par une différence considérable dans la température à laquelle on mêle l'acide et l'alcali; elle l'est moins à une temperature basse."

Berthelot, der zwar auf Grund der Thomsenschen Untersuchungen über die spezifische Wärme von Salzlösungen eine Zunahme von 45 cal. pro Grad fallender Temperatur berechnete, hatte aber in seinen eigenen Arbeiten auf experimenteller Grundlage keinen merklichen Unterschied feststellen können, im Gegensatz zu Thomsen, der als Temperaturänderung bei Natronlauge 43 cal. auf 1o C. fand und so,,als erster die Übereinstimmung zwischen Theorie und Erfahrung darlegte".

In seiner Arbeit sagt Berthelot: 2)

,,Dans mes propres experiences j'ai eu occasion de déterminer certaines chaleurs de neutralisation à + 9° et à + 18o: les différences entre les deux mesures ont été trouvées bien plus petites que celles qui résultent des chiffres ci-dessus, et si faibles même que je n'oseras par les garantir . . . . mot, j'attribue la variation indiquée par le calcul aux erreurs commises par Mr. Thomsen, erreurs excusables d'ailleurs dans les déterminations aussi difficiles.

En résumé, la variation avec la température des chaleurs de neutralisation relatives aux sels alcalines est très faibles et ne peut pas calculé avec certitude d'après les chaleurs spécifiques actuellement connues.“

In seiner,,Thermochimie" 3) führt er zwar einen Temperaturkoeffizienten von 50 cal. an; ob dieser experimentell oder durch Rechnung gefunden worden ist, erscheint nicht sichergestellt, da die betreffende Arbeit an der von ihm angegebenen Stelle 1) nicht zu finden ist.

1) W. P. Graham, Ann. de chim. et phys. (3) 13. p. 190. 1845. 2) M. Berthelot, Ann. de chim. et phys. 29. p. 456. 1873.

3) M. Berthelot, Thermochimic. 2. p. 180.

4) M. Berthelot, Ann. de chim. et phys. (6) 1. 1894.

Auch in neuerer Zeit ist über den Gang der Neutralisationswärme mit der Temperatur nichts Näheres bekannt geworden. Dieser Gang ist aber von mehrfachem Interesse. Einmal zur Prüfung der Theorie, welche die Temperaturänderung der Neutralisationswärme aus den spezifischen Wärmen von Salz, Säure und Basis zu berechnen gestattet; sodann, weil die Bestimmung der elektrolytischen Dissoziationskonstanten des Wassers aus dem Leitvermögen, wie sie F. Kohlrausch und Heydweiller1) ausgeführt haben, die Kenntnis dieser Größe, die nach dem vorhergehenden noch ziemlich unsicher ist, zur Voraussetzung hat.

Gegenstand der folgenden auf Veranlassung von Prof. Heydweiller unternommenen Arbeit ist in erster Linie die Veränderung der Neutralisations wärme starker Säuren und Basen bei größeren Temperaturintervallen festzustellen und zu untersuchen, inwieweit die Konzentration der Lösung diese beeinflußt, um so womöglich die Neutralisationswärme bei ∞o-Verdünnung, die gleich der Ionisationswärme oder der elektrolytischen Dissoziations wärme des Wassers sein soll, durch Extrapolation zu bestimmen. Leider war diese letzte Absicht nicht zu erreichen, da die Änderungen bei Säure- und Basiskonzentrationen zwischen - und 10-normal innerhalb der Versuchsfehler liegen und sichere Extrapolation nicht gestatten, bei geringeren Konzentrationen aber sichere Ergebnisse nicht zu erzielen waren.

Bei den Untersuchungen wurde nach zwei Methoden gearbeitet: bei 0° wurde das Bunsensche Eiskalorimeter, bei 6o, 18° und 32° das Mischungskalorimeter benutzt.

I. Messungen mit dem Eiskalorimeter.

Das bei den Versuchen bei 0° benutzte Eiskalorimeter war mit wenigen Veränderungen nach der Angabe von Schuller und Wartha)) eingebaut.

1894.

1) F. Kohlrausch u. A. Heydweiller, Wied. Ann. 53. p. 209.

2) A. Schuller u. V. Wartha, Wied. Ann. 2. p. 359.

3) Dissertation p. 8.

Das bei den Versuchen benutzte Skalenrohr, welches mm-Teilung besaß, gestattete 110 mm mit einer scharfen Lupe noch gut abzuschätzen.

Drei Kalibrierungen ergaben für den mittleren Querschnitt die Werte

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Der Raum, in welchem sich das Eiskalorimeter befand, war ein nach Norden liegendes Kellergewölbe, dessen Temperatur zwischen 0° und + 3° C. während der Arbeitstage schwankte.

Die den Versuchen zugrunde liegenden Säure- und Alkalilösungen waren Normallösungen, auf deren Herstellung die möglichste Sorgfalt verwandt worden war. Als Urlösung diente 10-normal Bernsteinsäure, mit der 1-normal NaOHLösung eingestellt wurde, diese diente dann zur Einstellung von 1-normal HCl-Lösung, deren Cl-Gehalt gravimetrisch ermittelt wurde, so daß in betreff der Normalität der Urlösung vollkommene Sicherheit herrschte. Die so hergestellte Urlösung wurde mir durch die freundliche Vermittelung des Hrn. Dr. Kahn am chemischen Institut zur Verfügung gestellt.

Um vollkommene Sicherheit über die Normalität der zu verwendenden Säuren und Basen zu besitzen, wurde noch überdies das spezifische Gewicht dieser Lösungen ermittelt und mit den von F. Kohlrausch für 18° C. angegebenen Werten verglichen.

und

Über den Gang des Versuches vgl. Dissertation p. 10.
Die Untersuchungen erstrecken sich auf

HCI + KOH

HCl + NaOH.

Die Konzentrationen, mit denen gearbeitet wurde, waren bei

HCI + KOH: 11⁄2-, - und 110-normal,

bei

HCl + NaOH: 1-, - und

10-normal.

Die Berechnung der Versuche geschah nach Bunsen.

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