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stetig mit dem Radius und demgemäß werden alle diejenigen ringförmigen Zonen dunkel erscheinen, in welchen die Drehung in den Kreuzen und Büscheln der Kristalltropfen oder Aggregate von solchen derart ist, daß die Schwingungsebene des Lichtes mit der des Polarisators übereinstimmt, das Licht somit von dem gekreuzten Analysator ausgelöscht wird, d. h. die Kreuze und Büschel intensiv schwarz auf hellem Grunde hervortreten. In den zwischenliegenden Zonen ist dies nicht der Fall, die Kreuze und Büschel sind wenig oder gar nicht sichtbar, und um sie hervortreten zu lassen, ist es nötig, Polarisator oder Analysator zu drehen. Dann aber werden sie natürlich in den erst betrachteten Zonen unsichtbar, d. h. beim Drehen eines der beiden Nicols erweitern oder verengen sich die Ringe. Bei allen drei zuletzt genannten Substanzen (Azoxyphenetol, Azoxyanisol und Azoxyphenetol-anisol) tritt Erweiterung der Ringe ein beim Drehen des Polarisators im Sinne des Uhrzeigers, Verengung im entgegengesetzten Falle. In diesem scheinen sie nacheinander im Zentrum zu verschwinden.

Der Durchmesser der Ringe ergab sich (wie oben in Teilen des Okularmikrometers, 1 Teil = 0,0236 mm) bei 55 facher Vergrößerung bei Paraazoxyphenetol zu:

I 48, II 60, III 73, IV 86, V 95, VI 109, VII 118, VIII 126, IX 132, X 139, XI 143, XII 151, XIII 156.

Bei Paraazoxyanisol wurde gefunden:

I 55, II 70.

Bei Paraazoxyanisol-phenetol:

I 42, II 60, III 80, IV 90, V 104, VI 118.

Die Unterschiede der drei Stoffe sind also auch in dieser Hinsicht geringfügig. Gleiches gilt für Mischungen derselben.

An anderer Stelle 1) habe ich darauf hingewiesen, daß man die schönsten Polarisationserscheinungen erhält bei Mischungen von p-Azoxyanisol und p-Azoxyphenetol in solchem Verhältnis, daß die dunklen Kreuze und Büschel völlig schwarze Farbe annehmen, d. h. bei welchem keine Drehung der Polarisationsebene auftritt. Dies ist also nicht etwa in dem Sinne zu verstehen, daß die Drehung der einen Substanz die der anderen

1) O. Lehmann, Meyers Konversationslexikon 6. Aufl. 11. 708, 1905.

aufhebt, was nicht möglich wäre, da beide im gleichen Sinne drehen, sondern so, daß das Präparat bei derjenigen Dicke, bei der die intensiven Farben erster Ordnung auftreten, die Polarisationsebene gerade um 180° drehen muß. Da der Durchmesser des ersten schwarzen Ringes bei Azoxyphenetol nur wenig von dem des ersten farbigen abweicht, läßt sich das Zusammenfallen beider, also die Herstellung prachtvoller Demonstrationspräparate, welche neben gesättigten Interferenzfarben intensiv schwarze Kreuze und Büschel aufweisen, erzielen durch passende Beimischungen, welche die molekularen Richtkräfte und damit die Doppelbrechung etwas schwächen. Anscheinend ist hierzu bereits eine Beimischung von Azoxyanisol ausreichend, obschon dessen Doppelbrechung nur unerheblich von der des Azoxyphenetols abweicht. Ein anderes Mittel bieten isotrope Beimischungen. 1)

Daß die Drehung der Polarisationsebene auf Verdrehung der Molekularstruktur beruht, läßt sich deutlich erkennen durch nähere Untersuchung des Dichroismus. In der Nähe des Zentrums erscheinen die weißen und gelben Felder in ganz derselben Gestalt und Anordnung, mag man Polarisator oder Analysator benutzen, falls nur die Hauptschnitte in beiden Fällen gleiche Lage haben. Je weiter indes die betrachteten Stellen vom Zentrum abliegen, um so deutlicher tritt ein Unterschied hervor zwischen Benutzung des Polarisators und des Analysators und schließlich zeigt sich gar keine Ähnlichkeit mehr zwischen dem Bilde, welches man erblickt, wenn man den Nicol vor dem Präparat, und dem, wenn man ihn dahinter anbringt. Diese Verhältnisse entsprechen ganz denjenigen, welche ich früher bei fließenden Kristallen von Paraazoxybenzoesäureäthylester beobachtet habe an solchen Stellen, wo nachweislich infolge von Zwillingsbildung die innere Struktur und damit die Richtung der stärksten Absorption verdreht ist.2) Natürlich wächst auch diese Drehung mit der Dicke des Präparates.

Karlsruhe, 3. Oktober 1905.

1) O. Lehmann, Ann. d. Phys. 8. p. 908. 1902.

2) O. Lehmann, Flüssige Kristalle p. 39. Figg. 44-51.

(Eingegangen 4. Oktober 1905.)

9. Über den Einfluß der Belichtung auf die thermoelektrische Kraft des Selens; von Franz Weidert.

(Auszug aus der Inaugural-Dissertation.)1)

I. Einleitung.

Bezüglich ihres elektrischen Verhaltens nehmen einige Modifikationen des Selens eine ganz eigenartige Stellung ein; nicht nur wird ihre Leitfähigkeit schon durch schwache Beleuchtung außerordentlich gesteigert, sondern sie besitzen auch von allen untersuchten Substanzen die größte thermoelektrische Kraft. Zur Unterscheidung der hier hauptsächlich in Betracht kommenden Modifikationen, ist im folgenden von der von Siemens) eingeführten Bezeichnungsweise Gebrauch gemacht. Siemens unterscheidet je nach der Herstellung folgende drei die Elektrizität leiteude Modifikationen:

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Modifikation I. Kristallinisches Selen, durch Erhitzen des amorphen Selens auf 100°.

Modifikation II. Grobkörniges Selen, durch zehnstündiges Erhitzen des amorphen auf 200°.

Modifikation III. Durch 24stündiges Erhitzen des geschmolzenen Selens auf 200-210°.

Eine genaue Klassifizierung der leitenden Selenmodifikationen (deren es offenbar mehr als die drei genannten gibt) ist bisher noch nicht möglich gewesen, da die geringsten Verschiedenheiten bei der Herstellung die Eigenschaften außerordentlich stark verändern, und gerade die lichtempfindlichen offenbar die wenigst stabilen sind, so daß man es stets mit Mischungen der einzelnen zu tun hat.

Schon längst vor Entdeckung der Lichtempfindlichkeit des Selens hatte A. Matthiessen) gelegentlich seiner aus

1) F. Weidert, Inaugural-Dissertation, Rostock 1905.

2) W. Siemens, Pogg. Ann. 156. p. 334. 1875 und 159. p. 117. 1876. 3) A. Matthiessen, Pogg. Ann. 103. p. 412. 1858.

führlichen und in vieler Hinsicht auch fundamentalen Untersuchungen über die elektromotorischen Kräfte der reinen Metalle, auch die des Selens bestimmt und den anderen Substanzen gegenüber ungewöhnlich hohen Wert von 805 Mikrovolt (Blei gleich Null gesetzt und aus der Originaltabelle umgerechnet) pro Grad Celsius bei 20° mittlerer Temperatur gefunden, so daß also Selen ans äußerste Ende der thermoelektrischen Spannungsreihe zu stehen kommt. Während indessen die für Metalle ausgeführten Messungen mit Recht auch heute noch als sehr zuverlässige gelten können, darf man dem Werte für Selen keine große Bedeutung beilegen, da einerseits für die Messung der thermoelektrischen Kraft des Selens die Versuchsanordnung keine ganz einwandfreie war und andererseits die Modifikation des benutzten Selens nicht genügend bekannt ist. Matthiessen schreibt darüber nur, das Selen stammte aus der Sammlung des Heidelberger chemischen Instituts, und an einer anderen Stelle ist es,,körniges" Selen genannt, aber ohne Angabe der Art der Überführung in diesen Zustand.

Righi) versuchte deshalb im Anschluß an eine größere Arbeit über die elektromotorische Kraft von Ketten, bei denen Selen die Stelle eines Elektrolyten vertritt, auch die thermoelektrische Kraft des Selens genauer zu bestimmen, indem er das Selen in Form doppelt gebogener Stäbchen anwandte, an deren Enden Bleidrähte befestigt waren, so daß man die Kontaktstellen in Bäder von bekannter Temperatur bringen konnte. Die Überführung des Selens in die leitende Modifikation geschah bei 120° C. Righi fand nun für zwei Stäbe, bei denen das Blei gut mit dem Selen verschmolzen war, die Werte 506 und 612 Mikrovolt pro Grad Celsius, für einen dritten dagegen, bei dem das Blei nur um das Stäbchen herumgeschlungen war, 887 Mikrovolt. Weitere Untersuchungen liegen meines Wissens in der Literatur über diesen Gegenstand nicht vor.

Da also das Selen eine so außerordentlich hohe thermoelektrische Kraft besitzt, und andererseits die starke Abnahme

1) A. Righi, Sulla forza elektromotrice del Selenio. Padova 1888 Tip. del Seminario; Beibl. 12. p. 683. 1888; Naturwissenschaftl. Rundschau 4. p. 236.

des elektrischen Widerstandes bei Bestrahlung auf eine bedeutende molekulare Umlagerung schließen läßt, so daß man annehmen darf, bei Bestrahlung müssen sich auch andere physikalische Konstanten, als Leitfähigkeit allein, mehr oder weniger ändern, habe ich auf Veranlassung von Herrn Prof. Dr. L. Grunmach versucht, ob sich nicht auch eine Änderung der thermoelektrischen Kraft bei Belichtung nachweisen ließe. Dabei waren hauptsächlich folgende Gesichtspunkte für die Ausführung maßgebend:

Da das Licht die charakteristischen Veränderungen in der Hauptsache nur an der Oberfläche des Selens hervorruft, mußte das Selen, ähnlich wie bei den bekannten Selenzellen, in dünnen, auf eine isolierende Unterlage ausgebreiteten Schichten untersucht werden. Jedoch lassen sich hier die die Elektroden bildenden Drähte nicht wie dort in dichten mehrfachen Windungen spiralig nebeneinander anordnen, sondern nach Art der Thermoelemente darf nur ein Ableitungsdraht an jedem Ende in möglichst großem Abstand von dem anderen angebracht werden. Aus diesem Grunde einerseits und andererseits wegen. der geringen Leitfähigkeit des Selens nehmen diese Thermoelemente einen enormen Widerstand an, der sich außerdem durch Bestrahlung ändert. Es konnte also die sonst zur Bestimmung der kleinen thermoelektrischen Kräfte gebräuchliche Messungsmethode mit Hilfe des Galvanometers hier nicht zur Anwendung kommen, sondern es mußte eine elektrometrische Methode gewählt werden.

II. Form und Art der Herstellung der Selenthermoelemente.

1. Die benutzten Selensorten. Zuerst wurde das gewöhnliche käufliche Selen des Handels (in schrotförmigen Kügelchen von Kahlbaum) versucht. Die großen Verunreinigungen jedoch, die diese Sorte enthält, machen es zur Herstellung von lichtempfindlichen Selenzellen vollkommen unbrauchbar. Es kamen deshalb ausschließlich folgende zwei Sorten zur Verwendung: 1) Stangenselen, bezogen durch die Firma Clausen & v. Bronck, Berlin.

2) Kristallisiertes Selen von Merck, als chemisch rein bezogen.

Nach Angabe der meisten Autoren ist dieses das reinste

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