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Der springende Punkt bei diesem Erklärungsversuch ist die Annahme, daß durch elektrische Wellen hoher Frequenz Elektrolyse, Zerfall labiler Verbindungen hervorgebracht wird. Bedenkt man, daß chemische Wirkungen infolge eines etwa durch luftfreies, destilliertes Wasser geschickten Entladungsstromes schon seit langer Zeit nachgewiesen sind1) und daß schon der Öffnungsextrastrom derartige Wirkungen hervorzurufen imstande ist, so gewinnt jene Annahme an großer Wahrscheinlichkeit; ich möchte sagen, sie kann a priori zur Tatsache gestempelt werden. Daher ist auch erklärlich, daß die Natur des verwendeten dielektrischen Gitters eine Rolle spielt; enthält dessen Gerüst, gleichgültig ob durch die Art der Herstellung oder durch nachträgliche Behandlung Spuren von Stoffen, die fähig sind, Wasserstoff im Entstehungszustande aufzunehmen, so kann auch ohne Verwendung von Chlorsilberzelloidinpapier rasche Selbstgegenfritterwirkung erzielt werden, wenn man nur dafür Sorge trägt, z. B. durch Druck der Kathodenspitzen gegen die Anode und langsames Zurückziehen. derselben, daß in die Flüssigkeitshäutchen Leiterteilchen eingebettet sind.

Schon 1899 soll Aschkinass die Wirkung des bekannten Neugschwenderschen Silberspiegelschlitzes durch Wellenelektrolyse erklärt haben. Wasserdampf dissoziiert sich in regelmäßiger Weise und rekonstruiert sich wieder, falls überhaupt die für die Bildung von Häutchen notwendigen Bedingungen erfüllt sind; ist dies nicht der Fall, so tritt, namentlich bei starker Bestrahlung, Lodgeeffekt, damit Kohärernadelausschlag ein, wie ihn auch Bornemanns3) Kontakt (Bleikathodenspitze gegen stark erhitzte, dann abgekühlte Kupferanodenfläche) nach kurzer Betriebsdauer zeigt. Der Vorgang in dem Dampf- bez. Gashäutchen ist nicht ein eigentlich elektrolytischer.*)

Auch das Ansprechen von Tommasinas 5) Elektroradiophon, bei dem ein teigiges Gemenge aus Glyzerin (allein oder mit

1) Vgl. Müller-Pouillet III. 9. Aufl. p. 294.
2) Th. Sundorph, Ann. d. Phys. 10. p. 189. 1903.

3) K. Bornemann, Beibl. 28. p. 163. 1904.

4) K. Klüpfel, Ann. d. Phys. 16. p. 574. 1905.

5) Th. Tommasina, Compt. rend. 2. 1901; Physik. Ztschr. 2. 1901.

Vaselin gemischt), Feilspänen und isolierendem Pulver zwischen zwei kleinen flachen, aus Platin drähten gewickelten Spiralen gebracht wird, ist jenem Welleneffekt zuzuschreiben. Auf gleiche Ursache führt De Forest) die Funktion seines Responders zurück, bei dem die Zwischenräume zwischen 1,6 mm voneinander abstehenden Metallelektroden von je 3,2 mm Durchmesser mit einem Gemisch angefüllt sind, das aus Glyzerin oder Vaselin mit einer Spur von Wasser oder Alkohol, aus Feilspänen und einem Depolarisationsmittel z. B. Bleioxyd besteht. Seiner Erklärungsweise fügt De Forest in einer späteren Abhandlung (Electrician vom 4. Nov. 1904) die bemerkenswerten Worte hinzu:

,,The electrolysis due to the combined action of the Hertzian and local currents demonstrate several features new to the generally accepted ideas of electrolysis action and open up lines of speculation and research of unusual interest to the physicist." Zum Schluß sei betont, daß es gelingen muß, einen empfindlichen, wellenelektrolytischen Apparat zu schaffen, der Wellenimpulse unmittelbar aufzeichnet. Der Amerikaner Kittsee hat schon 1900 diese Aufgabe dadurch zu lösen versucht, daß er eine mit Antenne verbundene Metallspitze einen chemisch. präparierten Papierstreifen (Polreagenzpapier) berühren ließ, der unter ihr durch Vermittelung eines mit der Erde verbundenen Metallzylinders vorwärts bewegt wird; 2) meines Erachtens muß aber erst vor Einwirkung der Hertzschen Wellen die verwendete chemische Verbindung in sog. labilen Zustand versetzt werden, wenn eine rasche Übersetzung der von der Sendestation ausgehenden Zeichen von kürzerer oder längerer Dauer in Punkte oder Striche erfolgen soll.

1) De Forest, Electrical World and Engineer vom 11. April 1903; Elektrotechn. Zeitschr. vom 13. August 1903.

2) A. Righi-Dessau, Die Telegraphie ohne Draht. p. 362.

(Eingegangen 7. November 1905.)

11. Über das Haften von heißem Holzkohlepulver an kalten Körpern; von G. Tammann.

Taucht man in heißes, ausgeglühtes Holzkohlepulver, welches wenig okkludierte Gase enthält, einen Glasstab von Zimmertemperatur, so bedeckt sich derselbe, soweit er in das Pulver eingetaucht wurde, mit einer Schicht Pulver, deren Dicke mit der Temperaturdifferenz zwischen Stab und Holzkohlepulver wächst. Läßt man den Stab die Temperatur des Pulvers annehmen, indem man das Pulver einige Zeit mit dem Stabe umrührt, so bleibt fast nichts am Stabe haften. Zieht man den Stab gleich nach dem Eintauchen aus dem heißen Pulver heraus, so haftet das Holzkohlepulver am Stabe nur so lange, als zwischen dem Pulver und dem Stabe eine genügende Temperaturdifferenz existiert. Wenn diese sich nach kurzem Verweilen des mit Holzkohlepulver bedeckten Stabes an der Luft verkleinert hat, so fällt das Kohlepulver plötzlich vom Stabe ab.

Die Erscheinung ist von der Natur des kalten Körpers unabhängig. An Stäben und Drähten aus Platin, Kupfer, Eisen, Messing, Glas und Kohle haften bei gleicher Temperaturdifferenz zwischen dem kalten Körper und dem warmen Holzkohlepulver und bei gleichen Dimensionen der kalten Körper ungefähr gleiche Mengen des Holzkohlepulvers. Dagegen ist die Erscheinung nur auf einen pulverförmigen Körper, nämlich Holzkohle, beschränkt. Allerdings bleibt, wenn man in gefälltes, geglühtes und pulverisiertes Kieselsäureanhydrid einen kalten Stab taucht, beim Herausziehen desselben etwas Pulver an einzelnen Stellen des Stabes haften, aber bei der Abkühlung lösen sich diese Klümpchen nicht wie die Kohleteilchen vom Stabe. Während das Holzkohlepulver den kalten Körper gleichmäßig überzieht und an demselben nur so lange haftet, als eine hinreichende Temperaturdifferenz zwischen Stab und Pulver besteht, haftet das Kieselsäurepulver nur lokal und die Ursache seines Haftens scheint von der Temperaturdifferenz

zwischen kaltem Körper und Pulver unabhängig zu sein. Die bei der Kieselsäure beobachtete Erscheinung trat auch bei Eisenoxyd- und Chromoxydpulver, allerdings in erheblich abgeschwächtem Maße, auf. Keinerlei Wechselwirkung zwischen dem kalten Körper und dem heißen Pulver wurde bei Kupferoxyd, Kaliumkarbonat und Graphitpulver bemerkt. Von allen geprüften Kohlenstoffarten, verschiedenen Präparaten, RetortenBogenlichtkohle, Graphit und Holzkohle, trat die Erscheinung des Haftens nur bei der Holzkohle auf. Ein Unterschied zwischen Fichten- und Lindenholzkohle war nicht zu bemerken.

Die Intensität der Anziehung zwischen heißem Holzkohlepulver und einem Glasstab von Zimmertemperatur in Abhängigkeit von ihrer Temperaturdifferenz erlauben folgende Versuche zu beurteilen. An einem Glasstabe von 5 mm Durchmesser blieben beim Eintauchen in Lindenholzkohlepulver bei den unten angegebenen Temperaturen folgende Gewichtsmengen Kohlepulver an je 1 qcm Oberfläche hängen und fielen während der Abkühlung des Pulvers vom Stabe ab.

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Beim letzten Versuche ist, trotz höherer Temperatur des Kohlepulvers, eine etwas geringere Menge haften geblieben. Doch lehrt der Augenschein, daß mit weiter steigender Temperatur des Pulvers die haftende Menge wächst. So kann man mit einem Platindraht oder Glasstabe durch mehrmaliges Eintauchen in Holzkohlepulver, das im Porzellanrohr auf 1400° erhitzt ist, fast die ganze Menge des Pulvers aus dem Porzellanrohr herausziehen.

Die Menge, welche an einem Stabe aus Dochtkohle bei einer Pulvertemperatur von 950° hängen blieb, betrug ebenfalls 0,035 g pro 1 qcm. Es scheint also die Menge des haftenbleibenden Pulvers von der Natur des kalten Körpers wenig beeinflußt zu werden. Dagegen scheinen die Dimensionen des kalten Körpers in ziemlich verwickelter Weise die Menge des

haftenden Pulvers zu beeinflussen. Drei Glasstäbe von 0,7, 0,45 und 0,3 cm Durchmesser wurden je 3,0 cm tief in schwachglühendes Holzkohlepulver getaucht, es blieben an den drei Stäben 0,296, 0,241 und 0,125 g Pulver hängen. Man kann weder sagen, daß die Menge des Pulvers proportional der Masse noch der Oberfläche des kalten Körpers zunimmt. Die pro 1 qcm haften gebliebenen Mengen betragen 0,042, 0,057 und 0,044 g. Mit abnehmender Dicke des Stabes wächst also zuerst die Menge und nimmt dann ab.

Auf eine elektrische Anziehung kann die Anziehung zwischem heißem Pulver und kaltem Körper nicht zurückgeführt werden, denn am Haften des Holzkohlepulvers wird nichts geändert, ob der Stab aus einem Isolator (Glas) oder einem mit der Erde verbundenen Leiter (einem Kupferdraht) besteht.

Taucht man einen heißen Körper in kaltes Holzkohlepulver, welches sich mit Gasen beladen hat, so wird das Pulver durch die sich entwickelnden okkludierten Gase aufgewirbelt. Ist das Holzkohlepulver frei von Gasen, so ist auch ein heißerer Körper, der in dasselbe eingeführt wird, ohne Wirkung auf das Pulver. Da die Entwickelung von Gasen aus dem Pulver durch Einführung eines heißen Körpers eine Abstoßung zwischen kaltem Pulver und heißem Körper hervorzubringen scheint, so lag die Vermutung, daß im umgekehrten Falle die Anziehung zwischen dem kalten Körper und dem heißen Pulver ebenfalls auf einen Gasstrom zurückzuführen ist, nahe. Durch die Okklusion von Gasen im erkaltenden Pulver würde sich ein Gasstrom ausbilden, welcher das Pulver an den kalten Körper drückt. Für diese Auffassung spricht vor allem der Umstand, daß die Erscheinung nur bei demjenigen Pulver, welches die größten Gasmengen absorbiert, auftritt. Andererseits könnte die Tatsache, daß glühendes Kohlepulver, welches keine Gase okkludiert, ebenfalls stark angezogen wird, gegen jene Auffassung vorgebracht werden. Da dieser Einwand nicht gut ganz zurückzuweisen ist, so wurde ein Versuch angestellt, der zur Entscheidung unserer Frage führen mußte.

Man darf wohl erwarten, daß, wenn die fragliche Anziehung durch einen Gasstrom verursacht wird, dieselbe mit dem Druck der umgebenden Luft stark abnehmen wird, da

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