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gels sich der Luft entgegen bewegte, denn jetzt machte der Kegel in 0,30600 Secunden eine Umdrehung.

Es wurden noch hohle kupferne Halbkugeln von 57,3mm Durchmesser, also dem der Flugscheiben fast gleich, dem Versuche unterworfen. Bei 10 Gramm Druck auf die convexe Seite der Halbkugeln war die Umdrehungszeit 0,22301 Secunden. Wirkte der Druck auf die concave Seite, SO erforderte eine Umdrehung 0,31708 Secunden, war also fast ebenso gross als für eine Scheibe von gleichem Durchmesser mit den Kugeln. Wurden aber jetzt die offenen Seiten der Halbkugeln durch eine Papierscheibe geschlossen, und diese der Luft entgegen bewegt, so machten sie bereits in 0,29632 Secunden eine Umdrehung. Es war also auch jetzt der Luftdruck bedeutend geringer als auf eine Scheibe von gleichem Durchmesser mit den Kugeln.

An Stelle der Flugscheiben wurden kleine Flügelrädchen angebracht, welche sich um eine horizontale Axe drehen konnten, die der Luft senkrecht entgegengeführt wurde. Hemmte man den Flügel durch einen kleinen Riegel an der Drehung und unterwarf sie einem Drucke von 5 Gramm, dann betrug die Zeit eines Umlaufs 0,27527 Secunden. Konnten aber die Rädchen rotiren, dann dauerte bei demselben Drucke die Zeit eines Umlaufes 0,34150 Secunden. Die rotirenden Rädchen erfuhren also einen weit gröfseren Druck als die stillstehenden.

Bald nachdem der Apparat schon mit ziemlicher Sicherheit arbeitete, wurde noch folgender Versuch ausgeführt. Senkrecht über der Spitze S der Axe war eine kreisförmige horizontale Glasscheibe von 42 Centimeter Durchmesser angebracht, deren Mittelpunkt bis auf eine beliebige kleine Entfernung der Spitze S der Axe genähert werden konnte. Wenn jetzt die vorhin erwähnten gröfseren Stahlblechscheiben unter einem Drucke von 20 Gramm rotirten, so machten sie in 0,33845 Secunden eine Umdrehung. Wurde aber die Glasscheibe der Spitze bis auf 65m genähert, dann nahm diese Zeit bis auf 0,32741 Secunden ab. Blieb die Glasscheibe nur noch 38mm von der Spitze entfernt, dann

sank diese Zahl sogar bis auf 0,31451 Secunden. Die Nähe dieser Glasscheibe verminderte dann also den Luftdruck bedeutend.

Alle diese Versuche sind nur vorläufig angeführt worden, um darauf aufmerksam zu machen, wie mannigfaltig die Fragen sind, welche der Apparat mit grofser Sicherheit zu beantworten vermag.

Erst nachdem schon eine gröfsere Reihe von Versuchen angestellt worden war, konnte ermittelt werden, ob der Apparat empfindlich genug sey, um den Einfluss des Barometerstandes auf so kleine Kreisflächen von nur 56,4mm Durchmesser bemerklich zu machen. Es stellte sich nun in der That ganz sicher heraus, nachdem die Versuche mehrere Monate lang fortgesetzt worden waren, dafs bei Anwendung dieser kleinen Flugscheiben und einem Drucke von 10 Gramm die Zeit der Umdrehung um 0,00022 Secunden vergrössert wurde, wenn das Barometer um 1mm stieg. Ein sorgfältiger Einblick in die gewonnenen Resultate ergab auch einen sehr sichtbaren Einflufs des Temperaturunterschiedes,

Eine Erhöhung der Temperatur der Luft um 1° C. brachte nach einer vorläufigen Rechnung eine Verminderung von 0,00060 Secunden in der Umlaufszeit hervor. Wie später gezeigt werden wird, liefsen sich diese Resultate auch aus einer theoretischen Betrachtung ableiten.

Die Mehrzahl der bis jetzt angestellten Versuche habe ich mit Beihülfe des Hrn. Dr. Bruns, eines jungen Astronomen, eines meiner talentvollsten Schüler, ausgeführt, Seiner geschickt durchgeführten Rechnung verdanke ich auch die genauere Ermittelung des Einflusses der Temperatur aus einer verhältnissmässig nicht sehr grofsen Zahl von Beobachtungen, wobei er zugleich die richtige Erklärung dieses Einflusses aussprach. Auch um die Construction einzelner Theile des Apparates hat er sich entschiedene Verdienste erworben. Jetzt wo er seiner Militärpflicht obliegt, vermisse ich seine Hülfe sehr schmerzlich.

Ausserdem verdanke ich dem reichen Schatze mechani

scher und technischer Kenntnisse des Hrn. Halske, des Mitbesitzers der berühmten Telegraphenbauanstalt von W. Siemens und Halske, die wesentlichsten und freundschaftlichsten Unterstützungen und Rathschläge. Ich mufs gestehen, dafs ich kaum ohne seine Hülfe an die Ausführung eines so schwierigen Uebernehmens hätte denken können, da ich Anfangs die Construction des Apparates aus eigenen Mitteln zu bewerkstelligen suchte. Auch dem Director unserer Sternwarte, Hr. Prof. Förster, der lebhaften Antheil an meinen Versuchen nahm, bin ich für seine Unterstützung mit sehr wichtigen Apparaten, dankbar verpflichtet.

Schliesslich mufs ich noch die vortreffliche Ausführung der Haupttheile des Apparates durch Herrn Mechaniker Fuefs dankend hervorheben. Eine ebenfalls höchst elegante Construction kleinerer Hülfsapparate hat Hr. Mechaniker Wanschaffe ausgeführt.

II. Ueber die innere Reibung der Gase;
von Oskar Emil Meyer.

Dritte Abhandlung.

Ueber Maxwell's Methode zur Bestimmung der Luftreibung.

In meinen beiden ersten Abhandlungen über die Reibung der Gase 1) hatte ich mir die Aufgabe gestellt, »durch Messungen festzustellen, in welcher Weise die Constante der inneren Reibung der Luft von dem Drucke und der Temperatur der Luft abhängt;« und ich habe diese Aufgabe so gelöst, dafs ich aus eignen Schwingungs- und aus Graham's Transpirations - Beobachtungen nachgewiesen habe,

1) Pogg. Ann. Bd. 125, 1865 und Bd. 127, 1866. Vorher im Auszuge veröffentl. im amtl. Bericht über die 38. Naturf. Versammlung in Stettin 1863, S. 141.

dafs die Constante vom Drucke unabhängig ist und mit der Temperatur wächst.

Den absoluten Werth dieser Constanten konnte ich durch die angewandten Methoden nur angenähert bestimmen. Die Methode, nach welcher ich die Berechnung meiner Schwingungsbeobachtungen ausgeführt habe, liefert wahrscheinlich etwas zu grofse Werthe. Man findet nach dieser Methode nicht direct die Reibungsconstante ŋ, sondern ihre Quadratwurzel. Für diese ergab sich als wahrscheinlichster Werth 1)

V n = 0,017,

bezogen auf Centimeter, Zeitsecunden und die Dichtigkeit des Wassers als Einheiten; aus dieser Zahl findet man n = 0,000275.

Aus

Andererseits erhält man aus Transpirations-Beobachtungen wahrscheinlich einen etwas zu kleinen Werth. einer Beobachtung Graham's2), die bei 60°F. oder 15o,5 C. angestellt worden ist, habe ich den Werth 3)

[blocks in formation]

Aus meinen bisherigen Arbeiten ist also über den absoluten Werth des Reibungscoëfficienten der atmosphärischen Luft nur zu schliefsen, dass derselbe zwischen solchen Gränzen enthalten ist, dafs seine Quadratwurzel zwischen 0,013 und 0,017,

er selbst zwischen

liegt.

0,00018 und 0,00027

Später hat Maxwell eine Abhandlung ') veröffentlicht, in welcher er ebenfalls das von ihm bereits früher theore

1) Pogg. Ann. Bd. 125, S. 576.

2) Phil. Trans. 1846, S. 600 und 601.

3) Pogg. Ann. Bd. 127, S. 365.

4) Phil. Trans. 1866.

tisch hergeleitete 1) Gesetz, dafs der Reibungscoëfficient eines Gases vom Drucke unabhängig ist und mit steigender Temperatur zunimmt, durch neue Beobachtungen beweist. Durch eine, der meinigen sehr ähnliche Beobachtungs-Methode findet er den Werth des Reibungscoëfficienten, wie er glaubt, bis auf Proc. seiner Gröfse genau. Das Ergebnifs seiner Beobachtungen enthält die Formel

in welcher

n = 0,0001878 (1 +0,00365. 9),

die Temperatur in Centesimalgraden bedeutet. Diese Formel liefert Werthe der Reibungsconstante, welche sich in der That innerhalb der durch meine Beobachtungen gesteckten Gränzen bewegen. Ihre Richtigkeit kann daher kaum bezweifelt werden.

Trotzdem habe ich für nützlich gehalten, Maxwell's Versuche mit meinem früher benutzten Apparate, den ich dem Maxwell'schen gleich habe einrichten lassen, zu wiederholen. Der nächste Grund zu diesem Unternehmen war die Ueberlegung, dafs eine Wiederholung der Versuche mit einem anderen Apparat die beste Sicherheit gegen etwa noch vorhandene constante Fehler gewähre.

Dazu kam ein auf Erfahrung gegründetes Bedenken gegen Maxwells Beobachtungen. Er hat, wie ich, die Luftreibung gemessen durch ihren Einfluss auf die Schwingungen runder Scheiben, welche horizontal, um eine verticale Axe drehbar aufgehängt waren. Zur Aufhängung hat Maxwell einen einzigen Drath verwandt, durch dessen Torsion die Scheiben in Schwingungen versetzt wurden. Diese Kraft ist bekanntlich höchst veränderlich und dazu sehr unregelmässig veränderlich.

Noch veränderlicher als die Torsionskraft eines Drahtes ist seine Zähigkeit oder, wenn man lieber will, seine innere Reibung. So ist nicht allein die Schwingungszeit eines an einem Faden aufgehängten Apparates sehr veränderlich, sondern noch weit mehr die Geschwindigkeit, mit der die

1) Phil. mag. 4th ser. Vol. 19, 1860, p. 31. Vergl. auch meine erste Abh. Pogg. Ann. Bd. 125, S. 586 und Maxwell, Phil. mag. Vol. 35, 1868, S. 211.

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