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stets in einer mefsbaren Entfernung von derselben sich befindet, und foglich nicht in Contact mit ihr steht. Unsere Anschauung des Leiden frost'schen Tropfens, als einer in einem gasförmigen Mittel frei schwebenden Flüssigkeit, ist also völlig gerechtfertigt.

Moskau, März 1871.

IX. Experimenteller Nachweis für den Luftgehalt im Wasser; von A. Anderssohn.

Luft ist im Wasser aufgelöst d. h. es lagern, zwischen

seinen kleinsten Theilchen, in unsichtbaren Zwischenräumen Luftbläschen.

Durch Wärme oder mit Hülfe der Luftpumpe kann diesc Luft aus dem Wasser ausgetrieben und so ihre Anwesenheit im Wasser nachgewiesen werden.

Doch auch auf einem anderen Wege kann man die aufgelöste Luft im Wasser zu Erscheinung bringen, nämlich in den oberen Theilen eines Wasserleitungsrohres, das in gröfsere Tiefe hinunterführt als die Saughöhe beträgt.

Mit dem Boden eines flachen Wasser-Reservoirs werden horizontal gelegte Glasröhren verbunden, die am Ende in ein Fallrohr von gleicher Lichtweite und von mehr als 10 Meter Tiefe münden.

Unterhalb des Reservoirs wird in die Glasröhre ein Durchlaufhahn eingeschaltet und hinter diesem Hahn mit dem Rohr ein Quecksilber-Manometer verbunden.

Obwohl nun das Wasser im Reservoir ganz klar und ohne jede sichtbare Luftperle ist, so werden defsungeachtet nach theilweisem Oeffnen des Hahnes gleich hinter demselben unzählige kleine Luftperlen zur Erscheinung kommen.

Bei gänzlicher Oeffnung des Habnes füllt sich allerdings zuerst sowohl das horizontale, als das vertikale Rohr voll Wasser und der hydrodynamische Druck zeigt dann » Plus-Atmosphärische Belastung « an; sowie aber nachher der Zulauf

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aus dem Reservoir, durch allmähliges Zudrehen des Hahnes, vermindert wird, zeigt der Druckmesser »Minus - Druck «<, allmählich abnehmend von 1 bis 17", in der horizontalen Glasröhre und es treten dann, bei 18 pariser Zoll Quecksilbersäule, eine Anzahl kleiner luftverdünnter Blasen aus der Hahnöffnung, die an Zahl und Umfang immermehr zunehmen, je sparsamer der Wasserzulauf aus dem Reservoir, im Verhältnifs zum Abflufs durch das Abfallrohr, eingerichtet wird.

Auf diese Weise kann man, bei äusserst geringem Zutritt von neuem Wasser in die Glasröhre, eine Luftverdünnung von 26" bis 27" Quecksilbersäule, ja selbst, bei tieferen Röhren und gänzlicher Absperrung des Zuflusses, den jeweiligen Barometerstand erreichen. Während des fortwährenden langsamen Abströmens des neu zutretenden Wassers aber nehmen grofse, gleichmässig im Wasser vertheilte, Blasen den Weg durch die Röhre, um weiter abwärts wieder zu verschwinden. Die Gröfse dieser Blasen wächst mit der hergestellten Luftverdünnung. Ihrem Ansehen nach sind sie gewöhnlichen Blasen, die mit Luft von Atmosphärendruck gefüllt sind, so ähnlich, dafs man sie für solche halten könnte, wenn das Manometer nicht Minusdruck an zeigte. Andrerseits sind diese Blasen aber auch nicht luftleer zu nennen. Davon kann man sich leicht überzeugen, denn die in dem horizontalen Glasrohr sich fortbewegenden Blasen würden, sobald sie vollkommen luftleer wären, auch sofort durch Druck auf ihre frühere Unsichtbarkeit zurückgeführt werden können. Um die Probe zu bewerkstelligen, bringt man am Ende der horizontalen Glasröhre, kurz vor der Abfallröhre, einen Absperr-Hahn an, der während des Durchlaufs plötzlich zu schliefsen ist. Die luftleeren Räume müssten, wenn es solche wären, durch diese plötzliche Stauung sofort ganz verschwinden; diefs geschieht aber nicht, sondern die Blasen werden zwar plötzlich alle viel kleiner bleiben aber sichtbar. Es tritt aus dein Reservoir neues, zu dem luftverdünnten Wasser in das Glasrohr dazu, diefs drückt zwar die vielen luftverdünn

ten Blasen zusammen, läfst sie aber nicht ganz verschwinden, da das zugeführte Wasser bereits seinen Theil Luftgehalt mit sich führt und folglich die an einzelnen Stellen angesammelte Luft nicht absorbiren kann.

X. Eine durch Dispersion hervorgebrachte
stereoskopische Erscheinung;
von F. Kohlrausch.

Betrachtet man (siehe untenstehende Figur) einen rothen

Punkt r und einen daneben liegenden blauen Punkt b mit

a

b

beiden Augen aa durch zwei Combinationen von Crownund Flintglasprismen, welche eine mäfsige Dispersion aber keine Ablenkung geben, so erscheint der blaue Punkt dem Auge näher, wenn die brechenden Kanten der Flintglasprismen nach innen (gegen einander) gewandt sind. In der umgekehrten Stellung erscheint der rothe Punkt näher. Der letztere Fall ist in der Zeichnung dargestellt, zu welcher eine Erklärung der Sache hinzuzufügen wohl überflüssig ist. Es ist hier angenommen, dafs die rothen Strahlen ohne Ablenkung durch die Prismen hindurchgehen; indessen thut diefs nichts zur Sache, wie überhaupt die Ablenkung nur im Interesse des bequemeren Accommodirens aufgehoben wird.

Die Gröfse dieses stereoskopischen Effectes lässt sich unter bestimmten Annahmen leicht berechnen. Eine geeig

nete Gröfse der brechenden Winkel ist etwa 20° für die Crown-, und 17° für die Flintprismen. Werden die Brechungsverhältnisse, etwa den Fraunhofer'schen Linien C und F entsprechend, angenommen

für roth Crown

» blau 20

1,5268

1,5360

Flint 1,6020
1,6200,

so beträgt der Unterschied & der Ablenkung für die rothen und blauen Strahlen in einem Prismenpaare 7'. Ist 21 der Abstand der Augen von einander, L ihr Abstand von den leuchtenden Puncten, so ist für ein kleines & der >> stereoskopische Effect«, d. h. die scheinbare gegenseitige Verschiebung der Puncte in der Sehrichtung, gegeben durch d=42 sin c. Setzen wir den Augenabstand gleich 6 Cin., so beträgt also für Meter Bildabstand die Verschiebung etwa 1 Cm., auf 1 Meter gegen 7 Cm.

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Die Anwendung der Prismen auf geeignet colorirte Bilder ist überraschend. Freilich besitzt man wohl keine Pigmente, deren Farbe soweit wie C und F auseinander liegt, und noch weniger solche von homogenem Lichte. Die Verschiebung wird also nicht ganz so grofs seyn und ist von farbigen Säumen begleitet, die übrigens viel weniger stören, als man erwarten sollte, vorzüglich wenn man einen weissen Hintergrund vermeidet. Die roth und blauen Felder eines Schachbrettmusters treten deutlich stereoskopisch auseinander, die rothen Blumenblätter oder gelben Staubfäden einer Blume liegen über dem grünen Kelch, wenn die brechenden Kanten der Flintprismen nach innen gerichtet sind; die Umkehrung der Prismen ruft einen nicht weniger auffälligen unnatürlichen körperlichen Eindruck hervor. Dass eine streng stereoskopische Erscheinung vorliegt, beweist die bei alternirendem Oeffnen der Augen auftretende Parallaxe, die scheinbare Verkleinerung des näheren Bildes und die scheinbare gegenseitige Bewegung bei seitlicher Verschiebung der Augen. Schlagend ist auch das Betrachten einer Reihe von gleich dicken Stückfarben, die man dicht neben einander gelegt hat, wobei dann besonPoggendorff's Annal. Bd. CXLIII. 10

ders der Contrast zwischen den gesehenen und mit der Hand betasteten Gegenständen bemerkenswerth ist.

Die stereoskopische Verschiebung giebt offenbar ein sehr cinfaches Maafs für das mittlere Brechungsverhältnifs der von einem Pigment ausgesandten Lichtstrahlen. Sehr leicht kann man sich hierbei überzeugen, wie wenig die letztere mit der Reihenfolge der Farben im Spectrum übereinstimmt. Selbst das ausgezeichnete von Silbermann in Oel gemalte Sonnenspectrum erscheint mit den Prismen betrachtet keineswegs wie das wirkliche Spectrum als ein gegen seine wirkliche Ebene geneigter Streifen, sondern es bildet ein gewundenes Band mit einem vorderen Maximum etwa bei C und einem hinteren bei G, oder umgekehrt.

Im Allgemeinen geben natürlich den stärksten Effect volle, von Weifs möglichst freie Farben, doch ist noch ein anderes Moment von Einflufs. Nämlich gröfsere schr gleichmässige Flächen bieten in ihrem Innern dem Auge zu wenige Anhaltspuncte, so dafs Figuren, die man aus buntem Papier zusammenklebt, weniger günstig sind, als mit dem Pinsel gemalte. Immer ist deutliche Sehweite nöthig.

Es ist klar, dafs auch ein einziges Prismenpaar vor einem Auge, während das andere Auge unbewaffnet ist, die beschriebene Wirkung geben mufs; in stereoskopischer Beziehung von halber Gröfse, und mit dem Nachtheile, dafs die farbigen Säume störender werden. Auch mit einem schwachen Flint - Prisma von 10 bis 20°, wenn man dasselbe, die brechende Kante vertical, vor ein Auge hält, gelingt es mit einiger Anstrengung die Bilder zu vereinigen und sie dann nach den Farben stereoskopisch zu sehen, mir jedoch nur, wenn ich die brechende Kante nach innen halte, indem die Augen auf einen ferneren Punct als den Kreuzungspunct ihrer Axen accomodiren können, dagegen nicht auf einen näher liegenden. Ob diefs eine allgemeine Eigenschaft der Augen ist, weifs ich nicht.

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Auch eine grosse nicht achromatische Convexlinse, durch welche man mit beiden Augen hindurchsiebt, muss offenbar weniger brechbare Farben eines Gemäldes vorn liegend

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