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erwähnt wurde, habe ich nachzutragen, dass bei einer zweiten Probe von reinem Carthamin, die ich erhielt, es mir nicht gelang anomale Dispersion zu erkennen. Es war daher vermuthlich die erste Probe, von der ich Nichts mehr besitze, überhaupt kein Carthamin, oder es war dasselbe stark mit anderen Substanzen verunreinigt.

Schliesslich will ich noch bemerken, dafs als ich zwischen eine Linse und eine Glasplatte einen Tropfen Anilinblau brachte, die Ordnung der Farben in den Newton'schen Ringen von den gewöhnlichen nicht abwich.

Es beweist diefs, dafs die Strahlen, welche die kürzere Wellenlänge in der Luft haben, auch in der Lösung selbst noch die kürzere Wellenlänge besitzen, wenngleich der Brechungsexponent für sie geringer seyn kann, als für irgend einen Strahl von gröfserer Wellenlänge. So lange es sich hauptsächlich um Versuche handelt, dürfte daher, abgesehen von anderen Gründen, die directe Methode der Brechung durch ein Prisma Vorzüge haben vor Interferenzversuchen zur Ermittlung der anomalen Dispersion. Ob später nicht vielleicht die von Wernicke angegebene und benutzte Methode zur Untersuchung der Dispersion undurchsichtiger Körper 1) mit Vortheil zu verwenden sey, muss zur Zeit dahin gestellt bleiben.

Würzburg den 26. April 1871.

1) Diese Annalen Bd. CXXXIX, p. 132.

XIII.

Ueber die Schmelzung bleierner Geschosse durch Aufschlagen auf eine Eisenplatte; von Eduard Hagenbach.

Im Juni des letzten Jahres habe ich eine kurze Notiz ') publicirt über die Erklärung einer durch Anfschlagen bewirkten Schmelzung bleierner Geschosse. Ich kam damals zu dem Resultate, dafs dabei fast alle lebendige Kraft in die Wärme umgesetzt wird, welche zur Erwärmung und Schmelzung des Bleis nothwendig ist. Hr. Bodynski?) tritt dieser meiner Behauptung entgegen und sucht durch Rechnung zu zeigen, dafs die Umsetzung der lebendigen Kraft des bewegten Geschosses in Wärme dazu ausreichen würde, fast zehn solcher Gewehrkugeln zu schmelzen; nach ihm wird somit bei weitem der kleinste Theil der lebendigen Kraft zur Erwärmung und Schmelzung des Bleis verwendet. Was ist der Grund dieser von meiner Ansicht so sehr abweichenden Behauptung des Hrn. Bodynski? Antwort: Mein verehrter Herr Kritiker hat Maafse und Gewicht verwechselt, somit bei der Rechnung nach Metermaafs versäumt mit 9,81 zu dividiren; es ist also ganz natürlich, dafs er eine fast zehn mal so grofse Zahl gefunden hat.

Ich weifs sehr wohl, dafs mein Versuch nur ein ganz roher ist, und dafs gegen mehrere Angaben Einwendungen zu machen sind. Wenn aber auch an den willkührlichen Annahmen innerhalb der Gränzen zulässiger Wahrscheinlichkeit einiges geändert wird, so bleibt doch das Wesentliche der am Ende meiner Notiz hingestellten Behauptungen stehen.

Bei dieser Gelegenheit füge ich bei, dass mein Freund und College Hr. Prof. Aug. Socin in Basel, der während des letzten Krieges ein Militärspital in Karlsruhe dirigirte, mir mehre aus Wunden extrahirte Geschosse zeigte, an 1) Diese Annalen Bd. 140, S. 486. 2) Diese Annalen Bd. 141, S. 594.

welchen theils Schmelzwirkungen, theils irisirende Farben zu sehen waren, die beide auf eine bedeutende Wärmeentwicklung bei Aufschlagen auf Knochen schliefsen lassen. Basel im Mai 1871.

Nachtrag.

Nachdem obige Zeilen schon geschrieben waren, habe ich durch nähere Erkundigungen erfahren, dafs die Geschwindigkeit des betreffenden Geschosses aus dem ungeänderten Infanteriegewehr grofsen Calibers der schweizerischen Miliz besser zu 350 als zu 320 Meter angenommen wird. Es ergiebt diefs dann für die Wucht (lebendige Kraft) die Zahl von 250 Kilogrammmetern oder 0,59 Wärmeeinheiten. Es rechtfertigt sich die Annahme dieser gröfseren Geschwindigkeit auch aus dem Umstande, dafs im geschmolzenen Blei, das sehr heftig nach allen Seiten hin spritzt, noch ziemlich viel Wucht zurückbleiben mufs. Ueber eine Reihe von Versuchen, die in den letzten Tagen Hr. Prof. Socin gemeinschaftlich mit mir über Deformation und Schmelzung von Geschossen beim Aufschlagen auf harte Körper so wie beim Eindringen in Weichtheile angestellt hat, wird er selbst gehörigen Ortes berichten.

Basel, 19 Mai 1871.

XIV.

Eine neue Methode, die Sonne spectroskopisch zu beobachten;

von P. Secchi in Rom.

(Aus einem Schreiben des Hrn. Dr. Schellen).

Cöln, 11. Mai 1871.

Die Methode besteht im Wesentlichen darin, dafs ein Prismensystem à vision directe in geeigneter Entfernung so vor den Spalt des gewöhnlichen Spectroskopes aufgestellt wird, dafs ein unreines aber weit ausgedehntes Spectrum

der Sonne auf den Spalt fällt. Man sieht dann bei richtiger Einstellung in dem Sehfelde des letzteren Spectroskopes ein sehr scharfes Bild der Sonne. Die Flecke erscheinen darin deutlicher, als bei Anwendung eines farbigen Glases. Die Ränder sind sehr scharf und selbst frei von der störenden Einwirkung der bewegten Luft. Die Protuberanzen geben sich durch ihre glänzenden Linien sofort zu erkennen; ihre Höhe läfst sich ohne Mühe messen und in Theilen der Linienabstände des Spectrums abschätzen.

Stellt man die Linie C an den Sonnenrand, so sieht man die Conturen der Protuberanzen rings um die Flecke sehr schön und die kraterförmige Gestalt der letzteren tritt mit einer überraschenden Deutlichkeit hervor; ebenso zeigen sich die Fackeln sehr klar. Nur darf man den Spalt nicht zu weit öffnen, weil das Licht dann zu glänzend wird und die Flecke verwaschen erscheinen.

Die Erklärung dieser Erscheinung ist einfach folgende: Das Bild des auf den Spalt fallenden unreinen Spectrums besteht aus unzählig vielen übereinander gelagerten Kreisen vor allen Geraden der Brechbarkeit. Nimmt man hiervon eine bestimmte Stelle heraus und analysirt diese durch das zweite Prismensystem, so müssen sich die einzelnen Bilder wieder trennen und die Discontinuität derselben lässt das einzelne Bild in voller Deutlichkeit hervortreten 1).

1) Hr. Dr. Schellen bomerkt hiezu: Ich beobachte mit einem 4zölligen Fraunhofer und einem Merz'schen zusammengesetzten Spectroskop von starker Dispersion die Protuberanzen täglich, wenn die Sonne scheint, Der trübe Himmel der letzten Tage hat mir noch nicht erlaubt, die Methode Secchi's zu versuchen: indessen ist nicht zu zweifeln, dafs die Entdeckung richtig ist und verdient, in weiteren Kreisen bekannt zu werden.

XV. Einige Bemerkungen zu Hrn. Thomsen's Versuchen über die specifische Wärme wässriger Lösungen; von A. Wüllner.

Im dritten Hefte dieses Jahres theilt Hr. Julius Thomsen eine grofse Anzahl Bestimmungen von specifischen Wärmen wäfseriger Lösungen mit. In der Einleitung zu seiner Mittheilung hält derselbe es für angemessen, seine Untersuchung damit zu motiviren, dafs die früheren von den Hrn. Schüller, Andrews und Person mitgetheilten Versuche nach einer Methode angestellt seyen, welche selbst bei sorgfältiger Ausführung keine genauen Resultate zu geben vermöge.

Obwohl die Versuche des Hrn. Schüller in meinem Laboratorium angestellt sind, so würde mich diese Ansicht des Hrn. Thomsen doch nicht zu der geringsten Aeufserung veranlassen; was mich zu einigen Bemerkungen zwingt, sind dessen Ausführungen über die Correction wegen des Einflusses der Temperatur der Umgebung auf jene des Calorimeters, und die Art, wie mein Name da hineingezogen wird. Zwar sollten auch diese Bemerkungen überflüssig seyn, da dieser Gegenstand oft genug, noch neuerlich in Folge der Discussion zwischen den HH. Pape und Regnault, in diesen Annalen behandelt ist; aber wenn selbst diejenigen, welche eine Frage bearbeiten, sich nicht die Mühe geben die früheren Abhandlungen zu beachten, so kann man es den Lesern der Thomsen'schen Mittheilung nicht zumuthen, dafs sie zur Prüfung der Behauptung des Hrn. Thomsen auf die frühere Literatur zurückgehen.

Hr. Thomsen behauptet, die Correction für den Einflufs der Lufttemperatur aufs Calorimeter liefse sich schwierig genau machen, weil man nicht mit Sicherheit den Punkt bestimmen könne, wo die Temperatur des eingetauchten Körpers sich mit derjenigen des Wassers ausgeglichen habe. Ein Blick auf die Details der Versuche zeige das deutlich.

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