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Jodlösung, es hat also zugleich eine mechanische Veränderung des Jodsilbers durch das Licht stattgefunden; diess ist besonders der Fall, wenn das Jodsilber so fein vertheilt ist, dafs es in der Durchsicht rosenroth oder blau erscheint.

Es scheint mir demnach bewiesen, dafs durch Belichten neben der chemischen Veränderung eine geringe mechanische Veränderung der Silberhaloidsalze im photographisch empfindlichen Zustande stattfindet, dafs aber der photographische Entwicklungsprocefs wesentlich mit der chemischen Zersetzung verknüpft ist: eine äusserst dünne Oberflächenschicht von Silbersubjodür, -bromür, -chlorür übt die eigenthümliche Anziehung auf nascirende Silber- und Quecksilbertheilchen aus.

Das Anziehungsvermögen für Silber- oder Quecksilbertheilchen zeigen auch die als » Unreinigkeiten « bezeichneten Schichten auf der photographischen Platte; photographisch, durch chemische Lichtwirkung, erlangen aber nur die Silberhaloidsalze diese Eigenschaft, ich habe, bei Anwendung des nassen photographischen Verfahrens, bei keinem anderen durch das Licht zersetzbaren Silbersalze dieselbe nachweisen können. Dagegen zeigt, nach meinen vorläufigen Versuchen die jodirte oder bromirte Kupferplatte ebenfalls das photographische Vermögen für Quecksilberdampf; auch zeigt die präparirte Kupferplatte nach dem Belichten ebenso wie die Daguerre'sche Silberplatte ein chemisches Bild, welches fixirt werden kann. Diese merkwürdige Beobachtung ist, wie ich finde, beiläufig schon von Kratochwila1) gemacht worden, scheint aber völlig unbeachtet und vergessen worden zu seyn. Vielleicht zeigen das photographische Anziehungsvermögen noch andere Metallhaloidverbindungen; dieselben sind, wie ich früher gezeigt habe, ausgezeichnet dadurch, dafs sie auf den weniger brechbaren Theil des Spectrums eine geringe, auf den stärker brechbaren Theil meistens eine starke Absorption ausüben, häufig unter chemischer Zersetzung. Das bequemere nasse photo1) Dingl. Journ. Bd. 81, S. 155 (1841).

graphische Verfahren kann aber dabei wegen der Löslichkeit der meisten dieser Verbindungen, nicht zur Anwendung kommen.

Die Resultate der Untersuchung sind in Folgendem zusammenzufassen:

1. Chlor-, Brom- und Jodsilber werden durch Licht in einen Dissociationszustand versetzt; die Dissociationsspannung von Chlor und Brom ist gering, die von Jod äufserst klein.

2. Wenn die chemische Zersetzung der Silberhaloidsalze durch Gegenwart von freiem Chlor, Brom, Jod verhindert ist, erfahren dieselben durch Licht eine mechanische Zertheilung; bei Gegenwart von Chlor, Brom, Jod absorbirenden Stoffen ist diese Veränderung gering, durch festes Einschliefsen, Ueberziehen mit Harzlack wird die Zertheilung verhindert. Wirksam ist nur das Ultraviolett und das Violett bis etwas über die Linie G des Spectrums hinaus.

3. Bei der immer feiner werdenden Zertheilung der Jodsilberschicht erscheinen in der Durchsicht eine Reihe von Farben, welche als durch Beugung entstanden anzunehmen sind.

4. Auch ohne Lichtwirkung kann das Jodsilber auf Collodium in verschieden feiner Vertheilung mit denselben Farbenerscheinungen erhalten werden, durch schnelle Fällung oder durch langsames Auflösen der gefällten Schicht.

5. Das Verhalten des Jodsilbers bei Jodüberschufs kann zur Herstellung von photographischen Bildern benutzt werden, welche als mechanische Jodsilberbilder bezeichnet werden. Dieselben sind in unterschwefligsaurem Natron löslich.

6. Die chemischen Jodsilberbilder, erhalten auf einer Jodsilberschicht, feucht von Silberlösung oder auf einer Unterlage von Silber, bestehen in den vom Licht getroffenen Theilen aus Silbersubjodür, welches in unterschwefligsaurem Natron unlöslich ist. Das chemische Jodsilberbild besitzt auch nach dem Fortschaffen des löslichen Jodsilbers

die photographische Entwicklungsfähigkeit, welche das mechanische Bild überhaupt nicht zeigt.

7. Der photographische Entwicklungsprozess ist wesentlich mit chemischer Zersetzung verknüpft: eine äusserst dünne Oberflächenschicht von Silbersubjodür, -bromür oder -chlorür übt die eigenthümliche Anziehung auf nascirende Silber- und Quecksilbertheilchen aus.

8. Das photographische Entwicklungsvermögen für Quecksilber zeigen auch die Kupferhaloidsalze auf einer Kupferunterlage.

VII. Ueber die Färbung der trüben Medien, und die sogenannte farbige Photographie; C. Schultz-Sellack.

Die trüben Mittel, die Gemenge feiner durchsichtiger Theil

chen von verschiedener optischer Dichtigkeit, zeigen bekanntlich im durchgelassenen Licht meist eine gelbrothe Farbe, im reflectirten Licht bei kleiner Dicke der Schicht eine blaue Farbe; man beobachtet diese Erscheinung besonders gut an einer photographischen Bromsilbercollodiumschicht. Brücke1) hat diese Farbenerscheinungen als Dickenfarben erklärt, entstanden durch Interferenz des an der Vorderund Hinterfläche der Theilchen reflectirten Lichtes; bei anderer Gröfse der Theilchen müfsten alsdann aber auch andere als die bekannten, von Brücke allein beobachteten Farben auftreten. Es mufs auch der Abstand der Theilchen und die Beugung des auffallenden weifsen Lichtes eine verschiedene Intensitätsvertheilung der Farben bewirken.

Das Jodsilber wird, wie ich im vorhergehenden Aufsatz gezeigt habe, durch Belichten in Pulver verwandelt, welches 1) Pogg. Ann. Bd. 88, S. 363. Poggendorff's Annal. Bd. CXLIII.

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bei dauernder Lichtwirkung immer feiner wird; ebenso ist anzunehmen, dafs das Jodsilber in um so feineren Theilchen auf einer Collodiumschicht gefällt wird, je schneller die Fällung geschieht. Die Farben, welche das Jodsilber bei fortschreitender Zertheilung in der Durchsicht nach einander zeigt, Braun, Roth, Grün, Blau, Grauweifs sind als die Färbungen einer dünnen Schicht des trüben Mediums anzunehmen, wenn die Theilchen und ihre Abstände kleiner werden als Lichtwellenlänge. Dafs diese Farben nicht Dickenfarben der einzelnen Theilchen sind, scheint mir daraus zu folgen, dafs sich dieselben ändern, wenn man die Luft in den Zwischenräumen durch Wasser oder Firnifs ersetzt. Da man die ursprünglich cohärente Jodsilberschicht von weniger als einer Lichtwellenlänge Dicke wählen kann, so sind die Theilchen des entstehenden Pulvers wahrscheinlich viel kleiner als Wellenlänge. Dafs das Jodsilber bei diesem Process chemisch unverändert bleibt, folgt daraus, dafs dasselbe, je nach der Art der Fällung, auch ohne alle Lichtwirkung diese Farben zeigt.

Wenn man die Jodcollodiumschicht vor dem Eintauchen in das Silberbad nicht zu stark eintrocknen läfst, so kann man eine Jodsilbercollodiumschicht erhalten, welche auch im reflectirten Licht prächtige Farben zeigt; bei der Betrachtung unter wachsendem Incidenzwinkel erscheinen stärker brechbare Farben. Durch Wirkung des Lichtes ändern sich diese Farben im allgemeinen in stärker brechbare um.

Die Farben, welche bei der sogenannten farbigen Photographie nach dem Verfahren von Becquerel und von Poitevin auf gebräuntem Chlorsilber sich bilden, haben wahrscheinlich denselben Ursprung; ich habe wenigstens für Chlorsilber und Bromsilber ebenso wie für Jodsilber eine mechanische Zertheilung im Licht beobachtet. Die Abbildung der identischen Farben, welche die Photochromie geben soll, wird nach der Theorie von Hrn. Zenker 1) durch chemische Zersetzung, durch die Bildung von Silberschichten in Abständen halber Lichtwellenlängen erklärt. In der 1) Lehrbuch der Photochromie.

so ungleichförmigen Schicht des gefällten Chlorsilbers, welche keine Newton'schen Dickenfarben zeigt, scheint mir das Zustandekommen regelmässiger stehender Lichtwellen wenig wahrscheinlich. Ueberdiefs ist eine chemische Reduction, wenigstens bei dem Procefs von Poitevin, nicht zu erwarten, da derselbe ausdrücklich die Gegenwart von oxydirenden Substanzen erfordert, es kann vielmehr, bei Gegenwart von Chromsäure und Chlorkalium, eine Oxydation und Entfärbung des gebräunten Chlorsilbers eintreten, wie auch Poitevin andeutet ').

Die Abbildung der identischen Farben kann übrigens scheinbar auch mittelst der Jodsilberschicht erhalten werden, welche in der That nur für Indigblau und Violett des Spectrums empfindlich ist, vermöge der verschiedenen Intensität des violetten Lichtes, welches durch rothes, grünes und blaues Glas hindurchgeht. Je nach Intensität und Dauer der Belichtung erhält man nämlich die Durchlafsfarben des Jodsilbers annähernd in dieser Reihenfolge, und zwar, wie bei dem photochromischen Verfahren, am besten bei nicht zu grofser absoluter Intensität; bei grofser Intensität tritt in beiden Fällen schliesslich eine grauweisse Färbung auf. Die Jodsilberschicht zeigt meistens nur einzelne Farben der Folge in einiger Reinheit, bevor sie in Grauweifs übergeht; ebenso ist die photochromische Chlorsilberschicht je nach der Bereitungsweise vorzüglich zur Darstellung einzelner oder einer Farbe tauglich (Niépce de St. Victor). Wenn aber die photochromische Schicht hiernach auch andere Farben als die identischen geben kann, so ist anzunehmen, dafs die scheinbare specifische Wirkung der Farben in der That Intensitätswirkung des in den Farben enthaltenen auf Chlorsilber allein wirksamen Violetts ist. Die Erzeugung identischer Farben durch Lichtwirkung ist hiernach zufällig, das Problem durchaus ungelöst.

1) Compt. rend. 61. 1111.

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