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schiedenfarbigen Gläsern sehr verschieden gefärbten Nebenbilder nur subjectiv gefärbt seyen, objectiv hingegen identisch, wurde dadurch bejaht, dafs ihre Spectra identisch sich zeigten, während an den Spectris der sie erzeugenden Farben die Unterschiede der Absorptionsspectra sich entschieden geltend machten.

Bei diesen Versuchen ist aber eine Frage nicht erledigt worden, ob die subjective Farbe in voller Strenge die Ergänzungsfarbe der sie hervorrufenden objectiven Farbe sey, d. h. ob sie mit dieser zusammenfallend wirkliches Weiss gebe. Entspricht nämlich die Intensität der subjectiven Färbung der Intensität der sie hervorrufenden objectiven Farbe, so kann jene nur dann die wahre Ergänzungsfarbe dieser seyn, wenn die Intensität des von der Vorderfläche reflectirten farblosen Lichtes gleich ist der Intensität des von der Hinterfläche reflectirten farbigen. Ist jenes Licht heller als dieses, so wird der subjectiven Färbung weisses Licht sich hizufügen, im umgekehrten Falle farbiges.

In Pogg. Ann. Bd. 71 S. 110 (Farbenlehre S. 223) habe ich folgenden Versuch beschrieben: » Auf das glänzende Knöpfchen eines Kaleidophon fiel das Licht einer Kerze, während das Tageslicht durch allmähliges Schliefsen des Fensterladens so regulirt wurde, dafs neben dem orangegelben, durch Reflex der Kerze entstehenden Lichtpunkt ein. gleich heller von weifsem Tageslicht fiel. Es wurde nun der Stab, welcher das Knöpfchen trug, in schwingende Bewegung gesetzt, und auf diese Weise zwei genau gleichgestaltete Lichtlinien erhalten, eine objectiv orange, die andere prachtvoll subjectiv gefärbt. Die Durchschnittspunkte dieser Curven scheinen nicht vollständig weifs". Dieser Versuch ist nicht entscheidend, eben weil die Gleichheit beider Beleuchtungen nur durch Schätzung erhalten wurde. Es handelt sich also darum, eine Methode zu finden, bei welcher die Gleichheit in aller Strenge erhalten werden kann.

Legt man auf einen gut polirten Metallspiegel ein dünnes farbiges Glas, so ist das von der Hinterfläche gespiegelte Licht viel intensiver als das von der Vorderfläche zu

rückgesendete. Ist hingegen bei einem dicken Glase die Absorption sehr bedeutend, so findet das Umgekehrte statt. Es ist daher einleuchtend, dafs bei allmählig zunehmender Dicke die Intensität beider Bilder durch ein Uebergangsstadium vollständiger Gleichheit hindurchgehen muss. Aus diesem Grunde habe ich statt farbiger an der Hinterfläche mit Spiegelfolie belegter Planscheiben als spiegelnde Vorrichtung prismatische Platten angewendet, bei welchen die Hinterfläche einen sehr spitzen Winkel mit der Vorderfläche macht. Diese gewähren aufserdem den Vortheil, dafs die bei Planscheiben äusserst schmalen übergreifenden Ränder nun eine erhebliche Breite erhält, was für die Beurtheilung der Farbe äusserst vortheilhaft ist. Da aber möglicher Weise die Veränderung der Dicke der Platte nicht ausreicht, um jenen Durchgang zu erhalten, so wurden drei Methoden, die relative Intensität der Doppelbilder zu verändern, combinirt. Diese sind:

1) Die früher erwähnte Steigerung des innerlich gespiegelten Lichtes durch Belegen mit Spiegelfolie. 2) Die auch bei farblosen Platten ungleiche Veränderung der Intensitäten des äufserlich und innerlich gespiegelten Lichtes durch Veränderung des Einfalls winkels. 3) Die sich steigernde Absorption in farbigen prismatischen Platten, wenn man unter dem unveränderten Einfallswinkel diese senkrecht auf die Richtung ihrer Kante für das ruhende Auge verschiebt.

Diese Methoden lassen sich in ihrer Combination in gleicher Weise bei Tages- und Lampenbeleuchtung anwenden. Für Tagesbeleuchtung betrachtet man bei der Verschiebung der spiegelnden Platte die weite, runde, durch das Himmelslicht beleuchtete Oeffnung eines Schirmes, für Abendbeleuchtung eignet sich am besten die Betrachtung der milchweifsen Glocke einer hellen Lampe. Prismatische Scheiben stark absorbirender Flüssigkeiten, wie Indigolösung, erhält man am bequemsten durch capillares Aufsaugen zwischen schwach geneigten in dieselbe tauchenden farblo

sen Planscheiben, von denen die hintere auf ihrer Rückseite mattgeschliffen ist.

Der Einfluss der prismatischen Form der Gläser tritt sehr deutlich durch folgende Versuche hervor. Man legt cine farbige Planscheibe auf einen gut polirten Stahlspiegel, und erhält die von der Vorder- und Hinterfläche entstehenden Bilder der Dicke des Glases entsprechend schwach an den Rändern übergreifend, und hier an der einen Seite die objective, an der anderen die subjective Farbe. Neigt man nun das farbige Glas gegen den ruhenden Spiegel, so dafs sich zwischen denselben ein Luftprisma von zunehmender Neigung seiner Seitenflächen bildet, so entsteht, während die Helligkeit der übergreifenden Ränder bei dem Wegfall der Belegung erheblich abnimmt, nun ein drittes Bild, welches sich beliebig gegen das Bild von der Vorderfläche verschieben läfst, so dafs sowohl der objetive als subjective Theil eine grofse Ausdehnung gewinnt. Hierbei fallen natürlich die Unterschiede weg, welche der zunehmenden Absorption bei wirklich prismatischen Gläsern ibre Entstehung verdanken.

Die hier beschriebenen Versuche geben also ein einfaches Mittel an die Hand, die subjectiven Farben für eine gegebene Beleuchtung in gröfster Stärke zu entwickeln, und durch prismatische Analyse des Lichtes in dem Raume des Ueberdeckens sich zu überzeugen, dafs sie in der That die Ergänzungsfarbe der sie hervorrufenden objectiven Farben sind.

Betrachtet man die auf einem Metallspiegel liegende oder hinten mit Spiegelfolie belegte prismatische Platte mit einem Nicol unter dem Polarisationswinkel der vom weifsen Tageslicht beleuchteten Vorderfläche, so wird bei der Drehung des Nicols das äufserlich gespiegelte Licht allmählig bis zum Verschwinden geschwächt. Während die Intensität der objectiven Farbe des Glases ununterbrochen zunimmt, der Eindruck derselben also immer gesättigter wird, färbt sich das vorher an der Stelle des Zusammenfallens beider Bilder gesehene Weifs immer stärker, bis es beim Verschwinden des Nebenbildes zuletzt die objective Farbe voll

kommen angenommen hat. In entsprechender Weise treten also bei dem Vor- und Zurückdrehen des Nicols dieselben Erscheinungen ein, als wenn man bei unverändertem Einfallswinkel das Auge von dem dünnern Theil der Platte nach dem dicken hin oder in entgegengesetztem Sinne bewegt.

Auf einer Verminderung der Intensität des von der Vorderfläche reflectirten Lichtes beruht es ferner, dafs sie die Färbung der Platte steigert, wenn man die Vorderfläche behaucht.

Es ist selbstverständlich und wird durch die Versuche vollständig bestätigt, dafs unter den Bedingungen, wo die übereinander fallenden Bilder Weifs geben, auch die subjective an dem Rande eines Schatten werfenden Körpers hervortretende Farbe ihre gröfste Intensität erhält.

XV. Anwendung von Hohlspiegeln für die
Poggendorff'sche Spiegelvorrichtung;
von J. Müller.

Um die Poggendorff'sche Spiegelvorrichtung zu objec

tiver Darstellung zu verwenden, wurden bisher die von einer Lichtlinie ausgehenden Strahlen nach ihrer Reflexion von dem Planspiegel durch eine passend aufgestellte Linse auf eine Scale projicirt. In dieser Weise ist u. a. auch das Meifsner-Meyerstein'sche Spiegelgalvanometer benutzt worden. Die Anwendung von Linsen zu dem fraglichen Zweck ist aber nicht allein umständlich, sondern sie macht auch, wenn die Linsen unverändert an ihrer Stelle stehen bleiben, eine wenn auch nur annähernd genaue Messung unmöglich.

Diese Uebelstände fallen weg, wenn man mit Beseiti-. gung der Linsen Hohlspiegel von entsprechenden Dimen

sionen statt der Plauspiegel in Anwendung bringt, wie ich diefs mit dem besten Erfolge sowohl bei dem Meyerstein'schen Spiegelgalvanometer als auch bei meinem, im CXXXV. Bande dieser Annalen beschriebenen Apparate zur Messung der thermischen Ausdehnung fester Körper gethan habe. Bei diesem Apparate wurde der Planspiegel s Fig. 3 und 4 der Taf. VI des citirten Bandes durch einen Hohlspiegel von 0,8 Meter Brennweite und 8 Centimeter Durchmesser ersetzt. Als der horizontale, durch eine dahinter gesetzte Lampenflamme erleuchtete Spalt q Fig. 5 Taf. VI 1,1 Meter zon dem Hohlspiegel s entfernt war, fiel das scharfe Bild m dieses Spaltes auf den 3 Meter vom Hohlspiegel s aufgestellten Maafsstab (NB. bei Weglassung der Linse ). Wenn bei diesem Arrangement ein Zinkstab in den Apparat eingelegt ist, so geht das Spiegelbild m ungefähr um 22 Centimeter in die Höhe, wenn die Temperatur des Stabes um 70° C. erhöht wird. Die an dem Maafsstab abgelesene Verschiebung kann aber nun ohne Weiteres als Zahlenwerth von n in die Gleichung 1) auf Seite 673 eingesetzt werden, wenn man den Ausdehnungscoëfficienten berechnen will.

Die bei den Spiegelgalvanometern anzubringenden Hohlspiegel dürfen zwar keine merklich kleinere Brennweite, sie müssen aber einen bedeutend kleineren Durchmesser haben. Der an unserem Spiegelgalvanometer angebrachte Hohlspiegel hat nur 1,8 Centimeter Durchmesser.

Die von mir zu obigen Zwecken benutzten Hohlspiegel wurden aus dem optischen Institut von Nietsche und Günther in Rathenow (Brandenburg) bezogen. Freiburg im August 1871.

A. W. Schade's Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47

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