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1871.

ANNALEN

No. 8.

DER PHYSIK UND CHEMIE.

BAND CXLIII.

I.

Thermochemische Untersuchungen;

von Julius Thomsen.

(Schlufs von S. 396.)

C. Beryllerde, Thonerde, Chromoxyd und Eisenoxyd.

24. Die Sesquioxyde des Aluminiums, Chroms und

Eisens bilden bekanntlich eine besondere, durch gemeinschaftliche Eigenschaften wohl charakterisirte Gruppe von Oxyden, deren ausgezeichnetste Verbindungen die Doppelsalze der Schwefelsäure (Alaune) und die Chlorverbindungen sind. Ob die Beryllerde sich diesen Oxyden anschliefse und die Formel Be2O3 habe, oder ob sie der Magnesiakalk-Reihe angehöre und die Formel Be O besitze, ist noch immer eine nicht hinlänglich beantwortete Frage. Ich habe deshalb das Neutralisationsverhalten dieser Base etwas genauer untersucht.

Die Beryllerde wurde als schwefelsaures Salz, vollkommen rein und schön in Quadratoctaëdern krystallisirt, angewendet; das Salz hatte die Zusammensetzung BeSO4 + 4H2O. Es wurde in Wasser gelöst, so dafs für jedes Molecül nach der angegebenen Formel 400 Molecüle Wasser kamen; die Concentration war demnach die gewöhnlich von mir angewandte. Die Lösung wurde mit Kalihydrat zersetzt, indem für jedes Molecül Beryllerde, 1, und 2 Molecule Kalihydrat angewendet wurden; im letzten Falle ist die Zersetzung vollständig, indem das Kali zur Neutralisation der ganzen Säuremenge ausreicht. Das allgemeine Verhalten dieser Lösungen war nun folgendes.

Poggendorff's Annal. Bd. CXLII.

32

Die Lösung des normalen Beryllsulphats reagirt stark sauer; wird zu dieser Lösung Molecül Kalihydrat hinzugesetzt, so bildet sich kein Niederschlag und die Reaction der Flüssigkeit ist fortwährend stark sauer, obgleich nur der Säurequantität gesättigt ist. Wird die Lösung des Beryllsulphats mit 1 Mol. Kalihydrat versetzt, so bildet sich ebenfalls kein Niederschlag, und die Lösung reagirt fortwährend stark sauer, obgleich nur die Hälfte der Säure neutralisirt ist. Erst wenn Molecule Kalihydrat hinzugefügt werden, entsteht ein reichlicher Niederschlag, und die Lösung reagirt nur schwach sauer; es sind jetzt der Säuremenge neutralisirt. Werden endlich 2 Molecüle Kalihydrat hinzugefügt, so wird die Fällung vollständig und die Flüs sigkeit neutral oder schwach alkalisch.

Ein ähnliches Verhalten zeigt die Thonerde. Wird eine warme und verdünnte Lösung von Alaun mit Natron versetzt, so löst sich der entstandene Niederschlag wieder auf, und erst wenn dem Molecül der Alaunlösung Molecüle Natron hinzugesetzt worden sind, beginnt eine constante Fällung; die Flüssigkeit ist aber noch immer sauer. Wird die Natronmenge jetzt vergröfsert, so vermehrt sich der Niederschlag, aber erst wenn 5 Molecule Natronhydrat hinzugesetzt worden sind, tritt eine neutrale Reaction der Flüssigkeit ein; es sind nun die der ganzen Säuremenge an Natron gebunden. Wird die Natronmenge auf 5 Molecüle vermehrt, so beginnt die alkalische Reaction der Flüssigkeit, und die Fällung ist vollständig; ein Sechstel der Schwefelsäuremenge ist demnach als basisches Salz niedergeschlagen worden.

Obgleich die Fällung bei der Thonerde früher eintritt als bei der Beryllerde, so ist doch die Analogie in dem Verhalten beider Oxyde sehr deutlich; während die Beryllerde sich in dieser Beziehung ganz von den Basen der Magnesiareihe entfernt.

Das Detail der Versuche, in welcher die schwefelsaure Beryllerde theils mit Kalihydrat, theils mit Chlorbarium zersetzt wurde, ist folgendes:

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In allen diesen Versuchen ist a= = b = : 400 Grm. und p=11 Grm. Aus den ersten Versuchen resultirt die Neutralisationswärme der schwefelsauren Salze, aus dem letzten die der Chlorwasserstoffverbindung.

Es bezeichne der Kürze halber R das Molecül der Beryllerde, das der Schwefelsäure und K das des Kalihydrats; die in den ersten vier Versuchen stattfindende Reaction lässt sich dann folgendermafsen auflösen:

n

(RQ, nK) = 1⁄2 (K3, Q) +(R, (1 − 2), Q) — (R, Q) = —.

2

Setzen wir n=2, so ist nach Versuch No. 439

(K2, Q) — (R, Q) = 15192°;

da nun (K2, Q) die Neutralisationswärme des schwefelsauren Kali oder 31288 bezeichnet, so erhalten wir als Neutralisationswärme der schwefelsauren Beryllerde

(R, Q) = Be H2, H'S O1 Aq) = 16096o.

8

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Setzen wir nun successive n, 1 und unter Benutzung der entsprechenden Werthe für, so resultirt die Wärmeentwicklung, welche durch die Reaction eines Moleculs Beryllerde auf verschiedene Quantitäten Schwefelsäure entsteht, oder indem wir I- =m setzen:

n

2

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Bei der Reaction der Schwefelsäure auf Beryllerde steigt demnach die Wärmeentwicklung regelmässig, aber doch nicht ganz proportional der Säuremenge, indem die ersten Theile der Schwefelsäure eine etwas stärkere Wärmeentwicklung zeigen als die folgenden. Berechnet für Differenzen von Mol. Schwefelsäure haben wir die Wärmeentwicklung

für das 1. und 2. Sechstel Molecül

2.3190€

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Dieses scheint mir darauf hinzudeuten, dafs das schwefelsaure Salz des Berylliums nicht der einfachen Formel Be SO1 entspricht, so dafs das Salz wahrscheinlicher analog der schwefelsauren Thonerde zusammengesetzt ist. Ich komme sogleich hierauf wieder zurück.

25. Ob die schwefelsauren Salze der Sesquioxyde ein analoges thermisches Verhalten zeigen, ist weniger leicht zu entscheiden, weil die Fällung der basischen Salze ein Hindernifs der fortgesetzten Reaction wird. Dagegen läfst sich das Verhalten des Eisenchlorids gegen Alkali benutzen.

Wird zu einer verdünnten Lösung von Eisenchlorid eine ebenfalls verdünnte Lösung von Natronhydrat hinzugesetzt, so entsteht keine dauernde Fällung von Eisenoxyd, ehe fast die ganze Chlormenge des Chlorids auf das Natrium übergeführt worden ist. Man kann nach und nach zu jedem Molecül Eisenchlorid (Fe' Cl) bis 5 Molecüle Natronhydrat hinzusetzen, und der gebildete Niederschlag löst sich fast sogleich wieder; bei etwas stärkerer Verdünnung kann man selbst 5 Molecule Natron hinzusetzen, ohne dafs der Niederschlag dauernd wird. Die Flüssigkeit färbt sich tief braunroth, selbst bei nur einer Parcelle von

Eisenoxyd, und sie ist als eine Lösung von Eisenoxyd in Wasser mit Chlornatrium vermischt zu betrachten; sie bietet das eigenthümliche Phänomen dar, dafs Schwefelsäure aus ihr basisch schwefelsaures Salz niederschlägt.

Ich habe die Wärmeentwicklung bei der Zersetzung des Eisenchlorids mit Natronhydrat nur in folgender Art untersucht, indem pro Molecül Chlorid 2, 3, 4 und 6 Molecüle Natronhydrat benutzt wurden. Das Detail der Versuche ist folgendes:

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= 10°.

Es ist in diesem Versuch a=b= 450 Grm. und q =

Aus diesen Gröfsen berechnet sich nun die Wärmeentwicklung bei der Reaction des Eisenoxydhydrats auf Chlorwasserstoffsäure in verschiedener Quantität, ganz wie ich es für die Beryllerde gezeigt habe. Bezeichnet R Eisenoxyd, Q Chlorwasserstoffsäure und K Natronhydrat, so ist RQ Eisenchlorid, und es wird

(RQo, nK) = n( Q, K) + (R, (6 —n) Q) — (R, Q) =—. Da nun (Q, K) die Neutralisationswärme des Chlornatriums oder 13744 ist, so wird für n=6 nach Versuch No. 444 die Neutralisationswärme des Eisenchlorids

(R, Q) = (Fe2 O3 H1 6 H Cl Aq)= 33456°.

Die Werthe für die partielle Neutralisation erhält man dann aus den anderen drei Versuchen, und es wird, indem in = n - 6

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