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Die blauen und violetten Strahlen können, obgleich sie kräftig absorbirt werden, nur eine unbedeutende Wirkung ausüben, weil ihre mechanische Intensität sehr gering ist.

Die äussersten rothen Strahlen bringen trotz ihrer sehr grofsen mechanischen Intensität gar keine Wirkung hervor, weil sie nicht absorbirt werden.

Die gelben Strahlen können, trotz ihrer ziemlich grofsen mechanischen Intensität, nur schwach wirken, weil sie nur in geringem Maasse absorbirt werden. Dasselbe gilt von orangefarbenen und grünen Strahlen.

Die mir bekannten Versuche über Assimilationsthätigkeit der Pflanzen in verschiedenfarbigem Lichte bestätigen die obigen Sätze oder sie enthalten wenigstens keinen Widerspruch dagegen. Diese Versuche sind freilich nur schwierig mit einander vergleichbar, weil die mechanische Intensität der angewendeten Strahlen aufser Acht gelassen wurde. In Zukunft wird der Thermomultiplicator zu den nothwendigen Apparaten eines pflanzenphysiologischen Laboratoriums gehören müssen, um damit die lebendige Kraft der benutzten Lichtsorten an den verschiedenen Stellen ihres Spectrums zu bestimmen und unter sich zu vergleichen.

Ich will mich hier nur auf die neuesten, in dem botanischen Institut des Hrn. Prof. Sachs in Würzburg ausgeführten Assimilationsversuche ') beziehen. Es wurde jedesmal ein grünes Blatt in den ausgebauchten Theil eines calibrirten durch Quecksilber abgesperrten Glasrohres gebracht, eine bekannte Menge Kohlensäure hinzugefügt, und der Apparat dann unter einer doppelwandigen mit einer gefärbten Flüssigkeit gefüllten Glasglocke den Sonnenstrahlen ausgesetzt. Die nach der Exposition zurückgebliebene Kohlensäuremenge wurde durch Absorption mittelst Kalilauge bestimmt und die zersetzte Menge dieses Gases als Differenz gefunden.

1) Arbeiten des botanischen Instituts in Würzburg, herausgegeben von Prof. Dr. Julius Sachs. Heft I. Dr. W. Pfeffer: die Wirkung farbigen Lichts auf die Zersetzung der Kohlensäure in Pflanzen. Leipzig, Engelmann, 1871.

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Die Lösung des chromsauren Kali absorbirt die brechbarere Hälfte des Spectrums, läfst dagegen die weniger brechbare Hälfte vollkommen durch. Da sich in dieser die wirksamsten rothen Strahlen (zwischen B und C) befinden, mufs die Wirkung des durchgegangenen Lichtes eine bedeutende seyn.

Das Kupferoxyd-Ammoniak dagegen läfst nur die brechbarere Hälfte des Spectrums, das Blau und Violett, durch und verschluckt die weniger brechbaren Strahlen. Die Wirkung kann aus oben bereits angegebenen Gründen nur eine geringfügige seyn.

Von den übrigen Flüssigkeiten geben diejenigen, welche das wirksame Roth durchlassen (Orsellin, Anilinviolett, Anilinroth) einen guten Erfolg. Es ist für mich nicht zweifelhaft, dafs z. B. das Anilinroth eben so lebhaft wirken würde als das chromsaure Kali, wenn dafür gesorgt würde, dafs die mechanische Intensität der durchgegangenen Strahlen für beide Lösungen gleich wäre. Dazu müsste aber das chromsaure Kali in bedeutend dickerer Schicht angewendet werden als das Anilinroth.

Die Chlorophylllösung, welche gerade die wirksamsten rothen Strahlen zwischen B und C nicht durchläfst, wirkt schlecht. Der geringe Effect, den sie hervorbringt, rührt her von den Strahlen zwischen C und F, welche von dem Pflanzenblatt zwar nur schwach absorbirt werden, dafür aber eine ziemlich hohe mechanische Intensität besitzen.

In der citirten Abhandlung wird aus diesen Versuchen

der Schlufs gezogen, dafs die gelben Strahlen, welche unserem Auge als die hellsten erscheinen, auch die Assimilationsthätigkeit am kräftigsten anregen. Dieser Schluss ist unrichtig. Denn wäre dem so, dann müfste die Chlorophylllösung, welche die gelben Strahlen sehr gut durchläfst, kräftiger wirken, als Orsellin, Anilinviolett und Anilinroth, welche das Gelb nicht durchlassen.

Damit, dafs hier die rothen Strahlen zwischen B und C als diejenigen bezeichnet werden, welche die Sauerstoffabscheidung vorzugsweise bewirken, soll keineswegs gesagt seyn, dafs eine Pflanze, von ihnen allein bestrahlt, vollkommen gedeihen könne. Es giebt aufser dem Assimilationsprocefs noch andere Vorgänge in der Pflanze, welche sich nur unter der Einwirkung des Lichtes vollziehen, aber durch andere Strahlengattungen angeregt werden. Das Protoplasma z. B. absorbirt vorzugsweise die violetten Strahlen und scheint durch diese zu seinen Bewegungen veranlafst zu werden.

Zum Schlusse sey noch eine die Fluorescenz des Chlorophylls betreffende Bemerkung gestattet. Es ist die Ansicht geäufsert worden, dafs diese Eigenschaft des Blattgrüns dazu bestimmt sey, die schwach wirkenden brechbareren Strahlen in wirksame weniger brechbare umzuwandeln, und jene dadurch für die Pflanze »verdaulich« zu machen. Nun haben wir aber gesehen, dafs das Stokes'sche Gesetz irrig ist, wonach die Fluorescenz ein Vorgang seyn soll, »>bei welchem stets brechbarere Strahlen in weniger brechbare umgewandelt werden«. Die Fluorescenz ist vielmehr ein Vorgang, welcher die Absorption begleitet, und bei dem Chlorophyll darin besteht, dafs die Molecule in der Farbe derjenigen Strahlen selbstleuchten, welche sie direct zu absorbiren vermögen.

Wie wir geschen, sind die Strahlen zwischen B und C, welche am kräftigsten absorbirt werden, auch diejenigen, welche weitaus am stärksten Fluorescenz erregen. Es würden also nach jener Ansicht gerade diejenigen Strahlen am stärksten verdaulich gemacht«, welche einer Verdaulichmachung

gar nicht erst bedürfen. Mit der Bemerkung übrigens, dafs das feste Chlorophyll in der Pflanze gar nicht fluorescirt, fällt jene Anschauung, welche sich durch ihren teleologischen Beigeschmack ohnediefs wenig empfiehlt, von selbst in sich zusammen.

IV. Ueber die Einwirkung des Lichtes auf das Chlorophyll; von E. Gerland in Leiden.

Nachdem

achdem man einmal die Bedeutung der Chlorophyll haltenden Zelle für den Lebensprocefs der Pflanze erkannt hatte, nachdem beobachtet war, dafs die Bildung der Chlorophyllkörper, Protoplasmatheilchen, die sich von der Gesammtmasse des Protoplasmas trennen und grün färben, zur Stärkebildung nöthig sey, diese wieder zum Verlauf des Lebensprocesses der Pflanzen, so war es natürlich, dafs man dem so gebildeten Farbstoff, den ich im Gegensatz zu den aufser dem Protoplasma und meist Stärke enthaltenden Chlorophyllkörpern der Zelle im Folgenden immer unter Chlorophyll verstehen werde 1), besondere Aufmerksamkeit zuwendete. Ist das Leben jeder Pflanze, das der organischen Körper überhaupt an das Protoplasma geknüpft, so zeigte die Verbreitung des Chlorophylls in fast allen Pflanzen, einige wenige, namentlich Schmarotzer ausgenommen, und die wichtige Rolle, die es beim Assimilationsprocess der Pflanze spielt, so zwar, dafs die mit Kohlensäurezersetzung und Sauerstoffabgabe verbundene Ablagerung von Stärke in den Chlorophyllkörpern ohne Anwesenheit des Farbstoffes nicht vor sich geht, die Möglichkeit der gesunden Entwicklung der Pflanze und sein Daseyn mit derselben verknüpft. Seine Bildung und Thätigkeit ist aber nur unter Einwirkung des Lichtes möglich; diese deckte den. 1) Sachs, Lehrbuch der Botanik, 2. Aufl. 1870, S. 45.

Grund auf, warum die meisten Pflanzen im Dunkeln verkümmern müssen und man hat Seitens der Botaniker viel Mühe aufgewendet, um die näheren Bedingungen der Einwirkung des Lichtes zu ermitteln. Den Pflanzen entnommen, zeigte das Chlorophyll in seiner verwickelten Lichtabsorption und fast monochromatischen rothen Fluorescenz so sonderbare optische Eigenschaften, dafs es auch längst die Aufmerksamkeit der Physiker auf sich gezogen hat. So genau man indessen diese seine Eigenschaften untersuchte, so hat man bisher in auffallend geringem Maafse die Veränderungen, die es im Lichte erleidet, obwohl dieselben meist sehr in die Augen fallen, berücksichtigt. Es erschien aber bei der Wichtigkeit, die diesem einem Verhalten für das Pflanzenleben immerhin zuzusprechen seyn wird, von einigem Interesse, hierüber einige Versuche anzustellen, deren Resultate im Folgenden dargelegt werden sollen.

I.

Dafs eine Chlorophylllösung dem Lichte ausgesetzt ihre prachtvoll grüne Farbe ändert, rascher im Sonnenlicht, langsamer in viel weniger intensivem Tageslichte, ist seit langer Zeit bekannt. Diese Thatsache liefs Hrn. Stokes gelegentlich seiner berühmten Arbeit über die Fluorescenz nach einem Mittel suchen, um verändertes Chlorophyll in einem fixirten eine genaue Untersuchung zulassenden Zustande zu erhalten, und er glaubte einen solchen gefunden zu haben durch die zufällige Beobachtung, dafs aus alkoholischer Lösung niedergeschlagenes und in Aether wiederum aufgelöstes Chlorophyll eine weitere Veränderung im Tageslichte nicht erlitt '). Die so erhaltene Lösung ist mehr bräunlich grün, zeigt den dunklen Streifen III) nach der brechbaren Seite des Spectrums hin verschoben und seine

1) Pogg. Ann. Ergänzungsbd. IV, S. 128.

2) Hagenbach, Pogg. Ann. Bd. CXLI, S. 266, siehe auch Gerland und Rauwenhoff, Pogg. Ann. CXLIII, S. 231.

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