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aufzusuchen, mit anderen Worten, die Entwicklungsstufe und die Bedingungen zu erforschen, welche für das Zustandekommen der molecularen Spannung oder Verdichtung, welche uns in den doppeltbrechenden Krystallen entgegentritt, maafsgebend sind.

"

Am Schlusse des erwähnten Referates finde ich eine recht sonderbare Reflexion. »Man wird oder soll vielleicht, « sagt Dr. Weifs, »durch den Verfasser der »Krystalliten leichthin an jene Theorie der allmähligen Umbildung der Arten in der organischen Formenwelt erinnert werden; allein a usw. Das man wird« fällt wohl nicht mir zur Verantwortung; das » soll vielleicht aber dürfte schwerlich genügende Veranlassung zur Correction darbieten. Ich sage am Schlusse meiner Abhandlung, dafs die Gränze zwischen Krystalliten und Krystallen schwer zu ziehen, dafs übrigens eine scharfe Gränze hier nach allen Analogien in der Natur nicht vorauszusetzen, und daher auch nicht zu vermissen sey. »Je mehr ich mich mit den hierher gehörigen Erscheinungen beschäftigte, desto mehr gelangte ich zu der Ueberzeugung, dafs durch dieselben die Kluft, welche bisher zwischen den verschiedenen Aggregatzuständen zu liegen schien, allmählig ausgefüllt werden, und auch auf diesem Gebiete der einheitliche Entwicklungsgang der Natur mehr und mehr hervortreten dürfte. «<

Wen diese harmlosen Sätze an die Darwin'sche Theorie erinnern, der mufs auch wissen, wie er sich mit der Erinnerung abfindet; gefällt sie ihm nicht, so kann er sie sich aus dem Sinne schlagen, eine specielle Anweisung hierzu ist schwerlich erforderlich.

Delft im Juni 1871.

VII. Ueber die Gränzen der Empfindlichkeit des Auges für Spectralfarben;

von S. Lamansky in Heidelberg.

Aus den einzelnen Beobachtungen, welche gelegentlich bei verschiedenen Untersuchungen über die Farbenempfindung angestellt wurden, ist es bekannt, dafs die Perceptionsfähigkeit unseres Auges der Art ist, dafs die Farbenstrahlen von gleicher lebendiger Kraft bei verschiedener Schwingungszahl oder Wellenlänge mit ungleicher Leichtigkeit empfunden und über gewisse Gränzen hinaus nicht mehr wahrgenommen werden. Um diese Beziehung des Empfindungsvermögens des Auges zu homogenen Lichtstrahlen genauer zu ermitteln, ist es nöthig, eine Methode zu finden, mittelst welcher man die absoluten Gränzwerthe der Empfindlichkeit für einzelne Spectralfarben bestimmen könnte, weil wir kein festes Maafs für die Empfindlichkeit setzen können, nach welchem es möglich wäre, die einzelnen homogenen Lichtstrahlen mit einander zu vergleichen, und defshalb müssen wir uns begnügen, dieses Vergleichen nach einem bestimmten Werthe der Empfindlichkeit anzustellen.

Die Bestimmung der absoluten Gränze der Lichtempfindung und überhaupt die Ermittlung des Verhältnisses zwischen der Intensität des objectiven Lichtes (Fechner'sches Gesetz), wurden bis jetzt am weifsen Lichte angestellt und sie beruhen auf der Bestimmung der eben merklichen Helligkeitsunterschiede. Es existiren, meines Wissens, von solchen Bestimmungen für Farben nur die Versuche von Aubert), welcher mittelst der Masson'schen Scheibe die Gränze der Empfindlichkeit für die Farbennüancen, Farbentöne und Farbenintensitäten zu bestimmen suchte. Aubert selbst giebt an, dass, wenn auf der weifsen Scheibe farbige Sectoren angebracht werden und die Scheibe in schnelle Rotation gesetzt wird, farbige Kränze entstehen, 1) H. Aubert, Physiologie der Netzhaut, Breslau, 1865, S. 133.

durch welche überhaupt die Sichtbarkeit der Farben bestimmt wird. Aber, da nach Aubert's Ansicht ein Pigment immer dunkler ist als Weifs, so hält er diese Versuche auch gültig für die Bestimmung der Helligkeitsunterschiede der Farben. Wir werden unten sehen, dafs diese Voraussetzung von Aubert nicht stichhaltig ist. Ueberhaupt scheint es mir, dafs eine Bestimmung der absoluten Gränze der Farbenempfindung mit Hülfe der Pigmentfarben nicht massgebend seyn kann, weil wir nicht im Stande sind, solche Farben rein darzustellen, ihre Helligkeit nach Belieben zu variiren und mit einander zu vergleichen. Es können solche Versuche nur an Farben des Sonnenspectrums angestellt werden, weil wir hier mehr im Stande sind, die Helligkeit der Farben anzugeben und sie allmählig nach Belieben abzustufen.

Ich werde hier die Methode kurz beschreiben, mittelst welcher die kleinsten Helligkeitsunterschiede in einzelnen Spectralfarben sich genau beobachten und dadurch die Empfindlichkeit unseres Auges für homogene Lichtstrahlen prüfen lassen.

Diese Methode, welche mir vom Geb.-Rath H. Helmholtz vorgeschlagen wurde, beruht auf dem bekannten physikalischen Principe, dafs das polarisirte Licht in den Krystallen von doppelter Brechung in zwei Bündel von verschiedener Helligkeit zerfällt.

Ich isolirte eine Farbe aus dem Sonnenspectrum in einen schmalen Streifen, indem ich im Fernrohre des gewöhnlichen Spectralapparates zwei Spalten aufstellte. Es wurde zu diesem Zwecke aus dem Fernrohre das Ocular weggenommen, und durch eine Spalte das ganze Spectrum in Form eines schmalen Streifens dargestellt; die zweite Spalte diente dazu, um einzelne Farben aus diesem schmalen Spectrum zu isoliren. Ich betrachtete diesen farbigen Streifen mittelst eines doppelten Kalkspathprismas. Die dadurch entstandenen zweifarbigen Bilder waren von derselben Helligkeit, so lange das auf das Prisma einfallende Licht natürliches Licht war, und wenn ich dieses Licht polarisirte, indem ich es

durch einen Satz von planparallelen Glasplatten unter einem gewissen Winkel brechen liefs, entstand eine merkliche Verdunkelung des einen farbigen Bildes. Es ist nöthig zu bemerken, dafs die beiden farbigen Bilder dicht an einander gränzten, so dafs zwischen ihnen keine andere Gränze bemerkt werden konnte, als nur ihr Helligkeitsunterschied.

Der Versuch selbst wurde im dunkeln Raume ausgeführt. Die Sonnenstrahlen vom Heliostatenspiegel wurden nicht direct auf die Spalte des Spectralapparates gelenkt, sondern es wurde durch sie eine Scheibe von mattem Glase beleuchtet, um eine gleichmässige Lichtquelle zu haben. Zwischen der matten Glasscheibe und der Spalte des Spectralapparates wurde ein Satz von planparallelen Glasplatten auf der Kreistheilung eines Theodolithes aufgestellt. Mit dieser Kreistheilung wurde der Einfallswinkel, respective der Winkel, welchen der einfallende Lichtstrahl mit der Normale der Glasplatten bildete, gemessen.

Nachdem durch Einstellung unter gewissem Winkel eine deutliche Verdunklung des einen farbigen Bildes hervorgerufen wurde, liefs ich den Einfallswinkel allmählig abnehmen, bis diese Verdunklung eben verschwunden war, oder mit anderen Worten, bis der Unterschied in der Helligkeit beider farbigen Bilder nicht mehr wahrgenommen werden konnte. Der Einfallswinkel, bei welchem diefs stattgefunden halte, kann als Gränzwerth der Empfindlichkeit des Auges für die betreffende Farbe angesehen werden, weil dieser Winkel der bestimmten Quantität des polarisirten Lichtes entspricht, durch welche dieser eben merkliche Helligkeitsunterschied in zwei farbigen Bildern hervorgerufen

wurde.

Die Quantität des partiell polarisirten Lichtes im durchgelassenen Strahle für einen gegebenen Einfallswinkel kann nach den bekannten Reflexionsformeln von Fresnel1) berechnet werden. Setzen wir die Quantität des einfallenden Lichtes gleich 1, und bezeichnen wir durch rs die Quantität desjenigen reflectirten Lichtes, welches senkrecht der 1) Fresnel, Annales de chimie et physique. Bd. 46, S. 225.

Einfallsebene und mit rp

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welches parallel dieser Ebene polarisirt ist; ferner bezeichnen wir mit i den Einfallswinkel, mit i' den Brechungswinkel und mit u den Brechungscoëfficient der Glasplatten, so entsteht zuerst das

bekannte Verhältnifs:

sin i = μ sin i',

μ

dann wird die Quantität des senkrecht der Einfallsebene polarisirten Lichtes

sin (ii)

rs= 14 sin' (i+i)

und die Quantität des parallel der Einfallsebene polarisirten Lichtes

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Die Summers+rp ist die Quantität des gesammten reflectirten Lichtes und die Differenz der beiden Ausdrücke (rsrp) giebt uns die Menge des polarisirten Lichtes im reflectirten Strahle. Die entsprechende Menge des polarisirten Lichtes wird auch im durchgelassenen Strahle enthalten seyn, weil

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zu demselben Ausdrucke führen wird. Dieser Grundsatz, dafs der reflectirte und durchgelassene Strahl dieselbe Menge des polarisirten Lichtes enthalten würde, ist auch durch Versuche von Arago nachgewiesen.

Nach dem eben Angeführten ist die Quantität des polarisirten Lichtes nur für eine reflectirende Fläche gegeben; für mehrere Glasplatten wird sie nach folgenden Formeln berechnet.

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