Page images
PDF
EPUB

,,

wirkte unmittelbar gar keine Kraft auf den festen Theil", so erschien es mir nothwendig, dafs, mit Rücksicht auf die im Drehpunkte des Bügels jederzeit zu überwindende Reibung, der auf dem Quecksilber schwimmende Ring, an welchem sich die Gleitstellen befinden, im Sinne der Rotation vorausgehen müsse, ähnlich wie ein Pferd, wenn es mit Hülfe einer längeren Kette einen Wagen oder die horizontale, Axe einer Winde bewegen soll, nothwendig im Sinne der Bewegung dem bewegten Gegenstand voraus gehen muss. Auch konnte man an dem von mir beschriebenen Apparate einem Jeden, der dem vorstehenden Satze als keinem mathematisch bewiesenen, seine unbedingte Zustimmung versagen sollte, die Richtigkeit desselben direct durch das Experiment beweisen. Es war zu diesem Zwecke nur erforderlich, die Oberfläche des Quecksilbers durch ein stetig in demselben Sinne fortgesetztes Umrühren in Rotation zu versetzen. Alsdann waren mechanisch dieselben Bedingungen realisirt, wie sie Hr. Helmholtz bei seiner Mechanik der Gleitstellen vorausgesetzt hatte. Denn es wirkte auch bei diesem Experimente, wie nach Helmholtz bei elektrodynamischen Rotationen unmittelbar gar keine Kraft auf den festen Theil des beweglichen Bügels, sondern es wurden nur „die dem Leiter adhärirenden Theile von Flüssigkeitsfäden im Sinne der wirklich stattfindenden Rotation fortbewegt und nehmen den festen Leiter mit". Demgemäss geht auch in diesem Falle wie ein angekettetes Pferd dem Wagen oder der von ihm in Rotation gesetzten Winde der auf dem Quecksilber schwimmende Ring im Sinne der Rotation des Quecksilbers voraus und zieht mit Hülfe der Ketten den beweglichen Bügel nach sich. Versetzt man nun aber diesen Bügel elektrodynamisch in Rotation, so findet stets das Entgegengesetzte statt. Der bewegliche Bügel geht voran und zieht mit Hülfe der gespannten Kette den auf dem Quecksilber schwimmenden und dort stets etwas adhärirenden Ring im Sinne der Rotation nach sich.

[ocr errors]
[ocr errors]

Mit Rüchsicht sowohl auf diese Versuche als auch auf andere von Hrn. Herwig 1) angestellte Experimente behauptet nun Hr. Helmholtz in seiner Erwiderung, es seyen „elektrodynamische Versuche beschrieben worden, welche nach Ansicht ihrer Urheber geeignet seyn sollen, das von Hrn. F. E. Neumann (dem Vater) aufgestellte und von mir in erweiterter Anwendung durchgeführte Grundgesetz der elektrodynamischen Erscheinungen als unvereinbar mit den experimentellen Erfahrungen darzustellen".

Da es nun aber weder Hrn. Herwig noch mir auch nur entfernt in den Sinn kommen konnte, durch die erwähnten Versuche, das von Hrn. F. E. Neumann aufgestellte Grundgesetz der elektrodynamischen Erscheinungen als unvereinbar mit den experimentellen Erfahrungen darzustellen", wohl aber das von Hrn. Helmholtz für Stromelemente „erweiterte“ Potentialgesetz, so sah ich mich zur Vermeidung von Mifsverständnissen genöthigt in meiner letzten Abhandlung 2) bei jeder Gelegenheit, wo ich Veranlassung fand, das „Helmholtz'sche Potentialgesetz" zu erwähnen, ausdrücklich hinzuzufügen, „nicht das Neumann'sche Potentialgesetz". Denn sowohl das F. Neumann'sche als das Weber'sche Grundgesetz der elektrodynamischen Erscheinungen sind beide direct aus dem Ampère'schen Gesetze abgeleitet, und zwar letzteres unter Annahme zweier atomistisch constituirter elektrischer Fluida. Hrn. Herwig's und meine Versuche hatten vielmehr, wie Hr. Helmholtz doch wissen musste, den ausgesprochenen Zweck, die Richtigkeit des F. Neumann'schen Potentialgesetzes in solchen Fällen zu beweisen, wo die Helmholtz'sche Gleitstellentheorie, ohne welche das elementare Potentialgesetz zu Widersprüchen mit F. Neumann's Potentialgesetz führt gar keine Anwendung 1) Poggendorff's Ann. Bd. 153, S. 262. Eine Modification des elektromagnetischen Drehversuches von H. Herwig.

2) Pogg. Ann. Bd. 154, S. 321.

finden konnte. Defshalb schien es mir nothwendig, wie ich gegenwärtig ausdrücklich bemerke, gegen die möglichen Folgerungen aus einer solchen, mindestens sehr incorrecten, Ausdrucksweise des Hrn. Helmholtz Vorkehrungen in Form jener stereotyp wiederkehrenden Bemerkung „nicht das Neumann'sche Potentialgesetz“ zu treffen.

Hr. Helmholtz wendet nun S. 549 a. a. O. gegen den oben von mir beschriebenen Versuch ein, dass die in Form von Ketten angebrachten beweglichen Theile des rotirenden Bügels durch die elektromotorischen Kräfte, denen sie ausgesetzt sind, entsprechend gerichtet werden“. In der Meinung, mich über diese Thatsache zu belehren, fährt Hr. Helmholtz mit folgenden Worten fort:

„Da nun bekanntlich ein Magnet einen seiner Längsaxe parallel neben ihm herlaufenden Stromleiter nach dem Ampère'schen, wie nach dem Potentialgesetze quer gegen seine Längsaxe, dafs heifst parallel den dem Drahte zugewendeten Seiten seiner Kreisströme, zu stellen sucht, so geschieht das auch in diesem Falle, so, wie es der genannte Autor beobachtet hat".

[ocr errors]

Diese so einfache und bei folgerichtiger Anwendung des Princips sich nothwendig ergebende Erklärung der Zöllner'schen Versuche hat auch Hr. C. Neumann (Sohn) übersehen, indem er (Berichte der Königl. Sächs. Gesellsch. d. W. 8. Aug. 1874, S. 145) die Erwartung ausspricht, dafs diesen Versuchen gegenüber die Potentialtheorie nicht mehr zu halten seyn würde.“

Bei dieser Demonstration scheint es nun Hr. Helmholtz für ganz gleichgültig zu halten, ob jene Querstellung, welche ein Magnet an einem „seiner Längsaxe parallel neben ihm herlaufenden Stromleiter nach dem Ampère'schen wie nach dem Potentialgesetze" hervorruft, durch eine Drehung in dem einen oder im entgegengesetzten Sinne erfolgt.

Der Sinn dieser Drehung ist aber, bei constanter Rich

tung des Stromes, für einen einseitig beweglichen Leiter, von dem Vorzeichen des vorwiegend auf den Leiter einwirkenden Magnetpoles abhängig. Trifft man daher bei einem solchen elektrodynamischen Versuche eine derartige Anordnung, dafs die Gleitstellen des beweglichen Bügels, bei unveränderter Richtung des Stromes im beweglichen Leiter, in dem einen Falle sich unter dem prävalirenden Einflusse des magnetischen Nordpoles, in dem anderen Falle des Südpoles befinden, so mufs die Richtung, in welcher die von Hrn. Helmholtz angeführte Querstellung des beweglichen Leitertheiles erfolgt, in beiden Fällen die entgegengesetzte seyn. Man kann die hierzu erforderlichen Bedingungen sehr leicht durch zwei Quecksilberrinnen realisiren, von denen die eine am oberen, die andere am unteren Pole des verticalen Magneten angebracht ist, wie dies in den Fig. 1 und 2 der beifolgenden Taf. III dargestellt ist. Wendet man nun bei unveränderten Stromrichtungen nacheinander zuerst einen beweglichen Leiter an, dessen kürzere Enden in die obere Quecksilberrinne tauchen, und hierauf einen Leiter, dessen längere Enden in die untere Rinne tauchen, so beobachtet man in beiden Fällen trotz der Verschiedenheit des einwirkenden Magnetpoles eine elektrodynamische Rotation des beweglichen Bügels in dem gleichen Sinne.

Nach dem Helmholtz'schen Potentialgesetze aber, nach welchem „unmittelbar gar keine Kraft auf den festen Theil des beweglichen Leiters wirkt und die Vorgänge in der Gleitstelle allein in diesem Falle das Treibende sind", müsste nothwendig in beiden Fällen eine Rotation im entgegengesetzten Sinne stattfinden, da die „rotirenden Kräfte", welche „auf die stromleitenden Flüssigkeitsfäden des Quecksilbers einwirken", in dem einen Falle unter der Einwirkung des Nordpoles, in dem anderen Falle, bei unveränderter Richtung des eintretenden Stromes, unter Einwirkung des Südpoles des Magneten oder Solenoïdes rotiren.

[ocr errors]

„Da es nun", wie Hr. Helmholtz selber wörtlich bemerkt 1), „die gleiche drehende Kraft ist, welche auf den beweglichen Draht und auf die stromleitenden Flüssigkeitsfäden wirkt, in die sich sein unteres Ende verlängert", so müssten auch die dem Leiter adhärirenden Theile dieser Flüssigkeitsfäden im Sinne der wirklich stattfindenden Rotation fortbewegt" werden und „den festen Leiter mitnehmen“. Die ,wirklich stattfindende Rotation" des festen Leiters findet nun bei dem oben von mir beschriebenen Experimente in dem einen Falle gerade in entgegengesetzter Richtung von derjenigen statt, welche ihr durch das Helmholtz'sche Potentialgesetz mit Hülfe der Gleitstellenmechanik vorgeschrieben wird. Folglich ist der oben von mir beschriebene Versuch mit geschlossenen Strömen ein experimentum crucis, welches eindeutig und bedingungslos den Beweis liefert, dafs die vom Helmholtz'schen „Potentialgesetze angezeigten Wirkungen der Stromenden nicht existiren" und demgemäss diese „Potentialtheorie mit den Thatsachen in Widerspruch

tritt."

Man kann nun das erwähnte Experiment sehr mannichfach modificiren, und ich habe mich bemüht, eine solche Modification desselben ausfindig zu machen, welche in sehr drastischer Weise die Widersprüche zur Anschauung bringt, zu welcher die von Helmholtz aus seinem Potentialgesetze mathematisch abgeleiteten Consequenzen in ihrer Anwendung auf die Wirklichkeit führen.

66

Dafs die Bewegungsrichtung eines Wagens z. B. einer Locomotive, wenn unmittelbar gar keine Kraft auf den festen Theil wirkt, sondern die treibende Kraft direct nur die Räder in Rotation versetzt, und daher die Locomotive nur vermöge der Reibung ihrer Räder auf den Schienen fortbewegt werden kann, so dafs die Vorgänge in der Gleitstelle allein in diesem Falle das Treibende" 1) Pogg. Ann. Bd. 153, S. 550.

[ocr errors]
« ՆախորդըՇարունակել »