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Das Verhältnifs zwischen Kraft und Polarisation nennt Maxwell den Elektro-Elasticitäts- Coëfficient. Nun ist aber nach Fresnel die Lichtgeschwindigkeit der Quadratwurzel aus dem Elasticitäts - Coëfficienten des Mediums proportional, daher müssen die beiden Elasticitäts-Coëfficienten einander proportional seyn. Also, was von dem Fresnel'schen Elasticitäts- Ellipsoïd gesagt wird, mufs sich hiernach auf das Elektro - Elasticitäts - Ellipsoïd übertragen lassen, beide müssen zusammenfallen.

Wird nun die Gleichung Kn2 durch die Erfahrung bestätigt?

§. 2.

Vor allen Andern verdankt man Boltzmann wichtige Beiträge zur Beantwortung dieser Frage. Unter den vielen Beobachtern, deren Resultate sehr von einander abweichen, scheint er allein alle nöthige Maafsregeln getroffen zu haben, um zuverlässige Messungen zu gewinnen, und in der That stimmen seine Bestimmungen der dielektrischen Permeabilität einiger Gase ') merkwürdig genau mit den berechneten Werthen überein. Nicht so überzeugender Natur, wie er selbst zugiebt, sind die Resultate für feste Isolatoren, obwohl auch hier einzelne Substanzen bis zu einem gewissen Grade die theoretische Gleichung bestätigen.

§. 3.

Auch ich habe ernstlich versucht, diese Gleichung zu prüfen und mich endlich entschlossen, einige Messungen zu veröffentlichen in der Hoffnung, dafs sie etwas zu beitragen mögen, das noch dunkle Verhalten der festen Isolatoren im dielektrischen Felde aufzuklären.

Der Methode, welche ich zur Prüfung der Gleichung anwandte, liegt folgende Idee zu Grunde. Die Gesetze der magnetischen und der dielektrischen Polarisation sind von genau derselben mathematischen Natur. Es wird 1) Boltzmann, Wiener Berichte, Bd. LXIX.

daher möglich seyn, die Beobachtungsweise Plücker's 1) über das magnetische Verhalten von Krystallen mit ungleichen Elasticitätsaxen auch auf dielektrisches Gebiet zu übertragen, so lange man dafür sorgt, dafs keine der Bedingungen einer reinen Polarisation verletzt werde. Auf diese Weise gewinnt man ein sehr empfindliches Mittel zur Auffindung der Elektro - Elasticitätsaxen, der Ebene gleicher, dielektrischer Permeabilität und der Verhältnisse der Permeabilitäten in verschiedenen Richtungen. (Schlufs im nächsten Heft.)

II. Ueber die Gesetze des Durchganges
der Elektricität durch Gase;

von G. Wiedemann.

(Aus d. Berichten d. K. Sächs. Gesellsch. d. Wiss. 1876 mitgetheilt vom Hrn. Verf.)

In den Berichten der Kgl. Sächs. Gesellschaft der Wis

senschaften Oct. 1871 (diese Ann. Bd. CXLV, S. 335 und 364) habe ich in Gemeinschaft mit Hrn. Dr. R. Rühlmann eine Abhandlung über den Durchgang der Elektricität durch Gase veröffentlicht.

Um einen genaueren Einblick in diese Erscheinungen zu gewinnen, erschien es zweckmässig, die Bedingungen der Versuche möglichst einfach herzustellen. Es wurde desshalb zunächst als Elektricitätsquelle eine Holtz'sche Elektrisirmaschine angewendet, welche die Elektricitäten in gleichmässigem, langsamem Strome zu den Elektroden führte, und zwar in gleichen Zeiten in Quantitäten, die von der Stromesbahn selbst wesentlich unabhängig waren. Zugleich waren hiebei die Elektricitätsmengen, welche während der Dauer einer Entladung den Elektroden durch die Maschine neu zugeführt wurden, verschwindend klein 1) Plücker, Pogg. Ann. LXVII.

gegen die durch jene Entladung zwischen den Elektroden übergeführte Elektricitätsmenge.

Erst nach der Erledigung dieser einfachsten Vorgänge sollten die Entladungserscheinungen unter Anwendung der Leydener Batterie, des Inductoriums und der galvanischen Säule als Elektricitätsquellen, bei denen jene Unabhängigkeit nicht allgemein stattfindet und aufserdem noch complicirende Umstände obwalten, näher betrachtet werden.

Ich erlaube mir, im Folgenden eine Fortsetzung der oben erwähnten Arbeit mitzutheilen, welche ebenfalls noch hauptsächlich die Erscheinungen behandeln soll, die sich bei schwächeren Drucken ergeben, bei denen die Entladungen wesentlich durch das den Entladungsapparat erfüllende Gas vermittelt werden.

Durch die früheren Untersuchungen hatte sich gezeigt, dass unter diesen Bedingungen bei Verbindung der einen der beiden gleich grofsen Elektroden des Entladungsap parates mit der positiven Elektrode der Elektrisirmaschine und Ableitung der nicht verbundenen Elektroden zur Erde in der Zeiteinheit weniger Entladungen erfolgen, als bei umgekehrter Verbindung. Aus diesen und analogen Versuchen mit verschieden grofsen Elektroden war der Satz abgeleitet worden, dass zur Einleitung einer Entladung an der positiven Elektrode ein gröfseres Potential der gesammten Elektricitäten auf die auf der Oberflächeneinheit der Elektrode angehäufte Elektricität erforderlich ist, als an der negativen. Hieraus folgte unmittelbar, dafs die elektrisirten Gastheilchen sich von der positiven Elektrode mit grösserer Anfangsgeschwindigkeit entfernen, also auch weiter ausbreiten, als von der negativen, und die Annahme, dafs die positive Elektricität leichter aus den elektrisirten Körpern ausströme, als die negative, nicht richtig ist.

Man könnte es vielleicht für möglich halten, dass diese Erscheinungen durch secundäre Umstände bedingt wären, infolge deren sich nach früheren Ansichten die eine (positive) Elektricität leichter in die (feuchte) Luft zerstreute. Es wäre etwa anzunehmen, dafs dadurch bei Verbindung

der einen (positiven) Elektrode der Elektrisirmaschine mit der einen Elektrode des Entladungsapparates und Ableitung der anderen Elektroden beider Apparate dem Entladungsapparat selbst in gleicher Zeit eine geringere Elektricitätsmenge zuflösse, als bei umgekehrter Verbindung, und dieselbe somit auch in einer geringeren Zahl von Entladungen durch den Apparat zur Erde überginge.

Dieser Einwand läfst sich indefs durch directe Messung der in jedem Fall durch den Entladungsapparat hindurchgegangenen Elektricitätsmengen widerlegen, wie die folgenden Versuche zeigen.

Hiezu wurde mit geringen Abänderungen derselbe Apparat, wie zu den früheren Versuchen, verwendet. Wie in der ersten Abhandlung erwähnt ist, wurden dabei die einzelnen, parallel der Richtung der Rotationsaxe der Elektrisirmaschine zwischen den Elektroden erfolgenden Entladungen in einem auf die Axe aufgesetzten und mit ihr rotirenden Spiegel mittelst einer heliometerartigen Vorrichtung (eines Fernrohrs mit vertical zerschnittener Objectivlinse) beobachtet. Durch Verschiebung der einen Hälfte der Objectivlinse wurde die eine Hälfte des Entladungsbildes um den Abstand zweier auf einander folgender Bilder verschoben, und somit der Abstand der Entladungen gemessen. Bei dem nunmehr benutzten Apparat war die durchschnittene Linse des heliometrischen Apparates gröfser, als früher (ihr Durchmesser betrug 10 Ctm., ihre Brennweite 30 Ctm., bei den späteren Versuchen mit den Entladungsröhren 21 Ctm.). Sodann wurde die Scheibe der Elektrisirmaschine mittelst eines Schmid'schen Hydromotors in Bewegung gesetzt, der mit der Wasserleitung des Laboratoriums in Verbindung stand und sich durch seinen stundenlang sehr regelmässig andauernden Gang auszeichnete. Eine Umdrehung des Triebrades des Hydromotors entsprach 7 Umdrehungen der Scheibe der Elektrisirmaschine. Die Elektroden der Elektrisirmaschine wurden durch zwei mit Guttapercha überzogene Kupfer

drähte A und B, Fig. 1, Taf. II, von gleicher Länge mit einem einfachen Gyrotrop verbunden, der aus einer Paraffinplatte bestand, in welche vier Löcher a, b, c, d, eingebohrt waren, die halb mit Quecksilber gefüllt waren. Die Drähte A und B tauchten in die Löcher a und b. Das Quecksilber im Loche c war mittelst eines Kupferdrahtes mit den Wasserleitungsröhren des Hauses, Loch d mit der einen Elektrode des Entladungsapparates verbunden. Zwei an einem Schellackstab gekittete amalgamirte Messingbügel konnten je nach ihrer Lage die Löcher a mit d und c mit b, oder auch a mit c und b mit d verbinden. Somit gelangte entweder die positive oder die negative Elektricität der Elektrisirmaschine zum Entladungsapparat, während die andere durch c zur Erde fortgeführt wurde. Die andere Elektrode des Entladungsapparates war mit dem Loche d' eines ganz gleichen Gyrotropes verbunden. In die Löcher a' und b' desselben tauchten die Enden der mit Guttapercha überzogenen Leitungsdrähte des Galvanometers, c' war zur Erde abgeleitet. Je nach der Lage des Bügels dieses Gyrotropes konnte mithin die durch den Entladungsapparat hindurchgegangene Elektricitätsmenge in der einen oder anderen Richtung durch das Galvanometer zur Erde geführt werden. Das Galvanometer war in der von mir angegebenen Art construirt; die Spiralen bestanden aus je 47 Windungen von 1,5 Mm. dickem Kupferdraht, der mit einer 2 Mm. dicken Schicht von Guttapercha bedeckt war. Die Zuleitungsdrähte zu demselben waren frei in der Luft nebeneinander fortgeführt und mittelst Paalzow'schen Klemmen mit den Spiralen verbunden. Der Magnetspiegel des Galvanometers war durch einen in der magnetischen Nordsüdebene vorgelegten Magnetstab') hinlänglich astasirt. Das Galvanometer war so eingestellt, dafs beim Durchleiten eines constanten Thermostromes in der einen oder anderen Richtung (mittelst des zweiten Gyrotrops), die positiven und negativen 1) Vgl. E. du Bois-Reymond, Monatsber. der Berl. Acad. 1874. S. 748. Galvanism. II, 2, S. 717.

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