Page images
PDF
EPUB

XI.

Zur Geschichte der Fluorescenz; von Dr. G. Berthold in Ronsdorf.

Es ist eine höchst eigenthümliche Erscheinung, dass, ob

schon J. Priestley 1), J. C. Fischer 2) und E. Wilde 3) ausführlich über die Beobachtungen referirt haben, welche von A. Kircher, R. Boyle, J. Newton, Chr. Wolff und E. Wünsch über die Fluorescenz eines Aufgusses des lignum nephriticum) gemacht waren, diese Thatsachen vollständig in Vergessenheit gerathen kounten, und erst in unseren Tagen theilweise wieder ans Licht gezogen sind. Eine genauere Nachforschung ergiebt nun, dass nicht nur die Fluorescenz eines Aufgusses des Griesholzes im vorigen Jahrhundert und im Anfange des jetzigen allgemein bekannt war, sondern dass auch an einigen anderen Substanzen bereits Fluorescenzerscheinungen beobachtet waren. Die Zahl dieser vereinzelten Beobachtungen wird sich unstreitig noch vermehren lassen, doch möge hier schon eine Zusammenstellung des mir vorliegenden Materials erfolgen, um auf diese Weise einen Ueberblick der älteren Beobachtungen von Fluorescenzerscheinungen zu gewinnen.

1) The history and present state of discoveries relating to vision, light and colours. London 1772. 4o. Vol. I, p. 346 sq.

2) Geschichte der Physik. Göttingen 1802. 8o. Th. 2, S. 77 ff. 3) Geschichte der Optik. Berlin 1838. 8°. Th. 1, S. 291 ff.

Im

alten Gehler findet sich keine hierher gehörige Notiz, im neuen Gehler (Phys. Wörterbuch, Leipzig 1827, Bd. II, Abth. 1. S. 114), ist nur bemerkt, dafs Newton die Fluorescenz am lign. nephrit. beobachtet habe.

4) Dieses Holz, lignum nephriticum, Griesholz, blaues Sandelholz, wird fälschlich von Guilandia Moringa L., Moringa pterygosperma Gaertn., Hyperanthera Moringa Vahl, einem Baume Ostindiens, abgeleitet. Das Holz stammt aber aus Mexiko, doch ist es, wie mir mein Freund, Hr. Prof. Th. Husemann in Göttingen, bestätigt, bis heute noch nicht gelungen, die Stammpflanze botanisch zu bestimmen.

Wie Hr. Fr. Burckhardt bereits nachgewiesen hat1), rührt nach einer Angabe Boyle's die älteste Nachricht über die Fluorescenz eines Aufgusses des lignum nephriticum von Nic. Monardes her. Boyle berichtet weiter, dafs A. Kircher ebenfalls dies Phänomen beschrieben habe 2). Kircher's Beschreibung 3) ist höchst oberflächlich, indem er angiebt, dass ein Aufgufs des Griesholzes alle möglichen Farben zeige. Mit gewohnter Exactheit ist dagegen das Phänomen von Fr. M. Grimaldi beobachtet und beschrieben; Grimaldi stellt fest, dafs ein in einem Glase befindlicher Aufgufs das lignum nephriticum bei durchgehendem Lichte eine gelbe, bei auffallendem Lichte aber eine blaue Farbe zeige; Grimaldi lässt in der Dunkelkammer vermittelst einer Glaslinse einen Lichtkegel in die Lösung fallen, und zeigt, dass die Lösung nicht blofs an der Oberfläche, sondern auch im Innern blau gefärbt erscheine. Grimaldi giebt auch bereits eine entsprechende Erklärung des Phänomens: „Radii, qui reflectuntur a particulis substantiae nephriticae cum aqua mixtae, uno modo determinantur ad refluendum, eamque suscipiunt undulationem quam recipit lumen reflexum a corporibus quae putantur de se ac permanenter caerulea: qui vero transitum habent ulteriorem per meatulos seu poros praedicti corporis heterogenei, alio modo mutant suam profusionem, videliset agitantur cum ea undulatione quam lumini a se reflexo inferunt corpora illa quae vulgo dicuntur flava." ")

Ebendaselbst wird auch
Ueber Beobachtungen

1) Vergl. diese Ann. 1868, Bd. 133, S. 680. bereits Grimaldi und Newton erwähnt. der Fluorescenz des lign. nephrit. aus neuerer Zeit siehe Hagen-. bach in dies. Ann. Bd. 146, S. 247.

2) Hr. H. Emsmann hat zuerst wieder auf die Beobachtungen von Kircher und Boyle hingewiesen in dies. Ann. 1868, Bd. 133, S. 175.

3) Ars magna lucis et umbrae etc. Romae 1646. Fol. Lib. I, P. III, p. 77; ed. II. Amstel. 1671. Fol. p. 56. 4) Physico-Mathesis de lumine, coloribus et iride etc. Bononiae 1665. 4o. Lib. I. Prop. 42, No. 19, p. 327.

Opus posthum.

Nicht minder sorgfältig beschreibt Boyle 1) die Erscheinung, ohne eine Erklärung zu geben, ebenso wenig wie R. Hooke 2). Dagegen versucht Newton 3), welcher zuerst den Aufgufs des lignum nephriticum in homogenem Lichte untersuchte, eine Erklärung zu geben, indem er aus dem Umstande, dafs beim Abschneiden der auffallenden blauen Lichtstrahlen die blaue Farbe, und beim Abhalten der rothen und gelben Strahlen, die gelbe Farbe verschwinde, folgert: „Ex quo apparet, infusionem illam non utique ipsam inficere radios coloribus caeruleo et flavo; sed tantum transmittere copiosius eos, qui erant ante rubri, et reflectere copiosius eos qui erant ante caerulei.“ Ebenso unzureichend wie die Erklärung Newton's ist die Auffassung Mariotte's), welcher das Phänomen der Fluorescenz des Griesholzes mit der blauen Farbe der Luft vergleicht, die durch Rauch leicht getrübt Mariotte fügt dann noch folgende Bemerkung hinzu: „La pierre Gyrasole fait voir les mêmes couleurs que le bois néphrétique, car si on regarde un objet fort éclairé à travers cette pierre, on verra du jaune ou du rouge selon l'épaisseur de la pierre; mais si on la tourne du côté d'un fond obscur, on verra paroître du bleu, vers la surface la plus proche de l'oeil, si elle est suffisamment éclairée". ")

[ocr errors]

sey.

Sehr ausführlich beschreibt Christian Wolff") die Fluorescenz des Griesholzes, kurz erwähnt wird dieselbe 1) Experimenta et considerationes de coloribus etc. P. III. Exp. X. nevae 1680. 4o. p. 78 sq.

Ge

2) Vergl. Th. Birch, the history of the Royal Society of London etc. London 1757. 4o. Vol. II, p. 54.

3) Optice etc. Latine redd. S. Clarke, Lausannae et Genevae 1740. 4o. Lib. I, P. II, Prop. XI, p. 137.

4) Traité des couleurs. Seconde partie. Oeuvres de Mariotte etc. A. Leide 1717. 4°. T. I, p. 307.

5) Goethe erwähnt des Gyrasole als vitrum astroides, Opalglas in seiner Schrift: Zur Farbenlehre, 1. Th. 1. Abth. No. 166. Sämmtliche Werke, Stuttgart und Tübingen 1840. 8°. Bd. 37, S. 63. 6) Allerhand nützliche Versuche etc. 2. Aufl.

Halle 1727, 8°. Th. 2,

S. 520.

von P. van Musschenbroek 1); Musschenbroek fügt aber die wichtige Notiz hinzu, dafs das Petroleum dieselbe Erscheinung zeige.

Newton hatte bereits den Aufgufs das lign. nephrit. in homogenem Lichte untersucht; in ausgedehntester Weise geschah dies später von E. Wünsch 2). Wünsch zerlegte in der Dunkelkammer das einfallende weifse Strahlenbündel „vermittelst eines dreiseitigen Säulenglases, und leitete einen Theil des rothen Lichtes durch das Loch meiner grofsen weifsen Tafel, hinter welche ich nun das Glas mit gedachter Tinctur (einem Aufgufs des lignum nephriticum) in einiger Entfernung befestigte, so dass das Licht, welches durch das Loch fuhr, auch sie traf. Von hinten betrachtet, erschien sodann diese Tinctur vollkommen durchsichtig roth, von vorn hingegen undurchsichtig schwarz etc.". Hierauf stellte ich das Loch der Tafel in das gelbe Licht, und liefs die Tinctur von diesem Lichte beleuchten. Von hinten gegen dieses Licht betrachtet, erschien sie noch immer durchsichtig roth, von vorn hingegen undurchsichtig grün, und ebenso zeigte sich auch der Schein, den sie auf ein entgegengehaltenes weisses Täfelchen zurückwarf. Nuu liefs ich die Tinctur von grünem Lichte auf gedachte Weise beleuchten: und sie erschien von hinten betrachtet, ganz undurchsichtig und schwarz, von vorn hingegen immer noch grün und undurchsichtig. Sofort leitete ich das hochblaue Licht auf sie: und sie erschien von vorn sehr schön hochblau, von hinten aber wieder schwarz und undurchsichtig. Endlich leitete ich auch das veilchenblaue Licht auf sie: und ihr zurückgeworfener Schein war veilchenblau, alles übrige aber ebenfalls undurchsichtig schwarz“. Schliesslich füllte Wünsch ein hohles dreiseitiges Glasprisma mit dem Aufgufs des lign. nephrit. und leitete in der Dunkelkammer ein weisses

1) Introductio ad philosophiam naturalem. Lugd. Bat. 1762. 4°. T. II, p. 739, §. 1844.

2) Versuche und Beobachtungen über die Farben des Lichtes. Leipzig 1792. 8". S. 86 ff.

Strahlenbündel hindurch. „Das Farbenbild stellte auf der weifsen Tafel nur ein rothes Oblongum dar, indem von den übrigen Farben auch nicht das geringste auf selbiger erschien: Denn diese wurden von der anderen Seite des Ecksäulenglases zurückgeworfen, und bildeten auf einem entgegengehaltenen weissen Täfelchen einen kleinen hochblauen Kreis, welcher lebhaft genug in die Augen fiel“. E. Wünsch gesteht offen ein, dafs er nicht im Stande sey, eine Erklärung des Phänomens zu geben.

Th. Young') hält sich in Betreff der Erklärung der Fluorescenz des lign. nephrit. im wesentlichen an Newton Young berichtet aber weiter, dafs nach Murray (app. med.) die innere Rinde der Esche dieselbe Erscheinung zeige.

Hrn. Th. Hoh verdanken wir die Nachweisung') dafs Goethe die Fluorescenz eines Aufgusses der frischen Rinde der Rofskastanie beschrieben habe; merkwürdigerweise hat aber Hr. Hoh unterlassen, die an demselben Orte 3) von Goethe gegebene Notiz zu wiederholen, dass Doebereiner die Fluorescenz an einem Aufgusse des lignum Quassiae (von Quassia excelsa)) nachgewiesen hatte.

Trotzdem nun, wie aus dem Vorhergehenden erhellt, die so auffallende Erscheinung der Fluorescenz den Physikern wohl bekannt, und nicht nur am lignum nephriticum, sondern auch an der Rofskastanienrinde, am Jamaikanischen Bitterholze, an der inneren Rinde der Esche und am Petroleum beobachtet war, so blieb nach dem ersten Anlauf zum Richtigen, welchen Grimaldi genommen, die

1) Introduction to medical literature. Miscelle. works of Th. Young etc. By G. Peacock. London 1855. 8°. Vol. I, p. 354.

2) Siehe dies. Ann. 1867, Bd. 131, S. 638.

3) Nachträge zur Farbenlehre No. 10. Sämmtliche Werke etc. Bd. 40, S. 27.

4) Quassia excelsa Swarz, Ficraena excelsa Lindl. liefert das Jamaikanische Bitterholz.

« ՆախորդըՇարունակել »