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Erklärung des Phänomens in Dunkel gehüllt, bis D. Brewster, J. Herschel und besonders G. Stokes die Erscheinungen einer erneuerten Untersuchung unterwarfen, und letzterer, der auch den Namen Fluorescenz in die Wissenschaft einführte, die Theorie derselben gab.

XII. Ueber den Einfluss der Temperatur auf das galvanische Leitungsvermögen des Tellur; von Dr. Franz Exner, Privatdocenten der Physik in Wien.

(Aus d. Bericht. d. Wiener Acad. mitgetheilt.)

Seit der Aufstellung des elektrolytischen Gesetzes durch Faraday hat man allgemein die Leiter des galvanischen Stromes in zwei Kategorien geschieden, in solche, welche den Strom leiten, ohne nach dessen Unterbrechung eine bleibende Veränderung erlitten zu haben und in solche, welche nur unter gleichzeitiger chemischer Veränderung als Träger des Stromes bestehen können: in sogenannte Leiter der ersten und solche der zweiten Ordnung. Es ist nun ein durch zahllose Experimente bestätigtes Unterscheidungszeichen dieser beiden Kategorien, dafs die der ersten angehörenden Substanzen, z. B. die Metalle, ihr Leitungsvermögen mit wachsender Temperatur verringern, die Substanzen der zweiten Kategorie dagegen, z. B. alle zersetzbaren Flüssigkeiten, ihr Leitungsvermögen unter denselben Umständen vermehren.

Scheinbare Ausnahmen von dieser Regel haben ihren Erklärungsgrund vollkommen in secundären Processen und Erscheinungen gefunden oder in der nicht genügenden Genauigkeit der Versuche, aus welchen sie gefolgert wurden, so z. B. die Zunahme der Leitungsfähigkeit mit Poggendorff's Annal. Bd. CLVIII.

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wachsender Temperatur bei porösen Leitern erster Ordnung, wie Gas- und Holzkohle oder Graphit, die nach Matthielsen') ihren Grund nur in der durch die Erwärmung bedingten innigeren Berührung der einzelnen Theilchen des Körpers hat, oder das gleiche Verhalten mancher Schwefelverbindungen in ungeschmolzenem Zustande wie Halbschwefelkupfer und Schwefelsilber, von denen aber Hittorf) gezeigt, dafs sie auch bei Temperaturen noch weit unter ihrem Schmelzpunkt als Leiter zweiter Ordnung bestehen, und dem entsprechend auch eine elektrolytische Zersetzung erleiden. Auch von der Erscheinung, dafs Glas bei höheren Temperaturen leitend wird, ist bekannt, dass sie stets von einer Zersetzung des Glases durch den Strom begleitet ist; man es also hier wieder mit einem Leiter zweiter Ordnung zu thun hat.

Zwei Körper jedoch, die als Grundstoffe jedenfalls der ersten Ordnung der Leiter angehören, nämlich Tellur und Selen, zeigen gleichfalls die merkwürdige Erscheinung, dass ihr Widerstand gegen den galvanischen Strom mit steigender Temperatur abnimmt, also ihr Leitungsvermögen wächst, wie es nur bei Leitern zweiter Ordnung stattfinden sollte. Auf diese merkwürdige Erscheinung bei Tellur hat zuerst Matthiefs en ) aufmerksam gemacht; er fand, dass durch Pressung erzeugte Tellurdrähte beim Erwärmen ein höchst unregelmässiges Verhalten gegen den galvanischen Strom zeigten, so dafs es fruchtlos schien, vielfältige Beobachtungen darüber anzustellen. Drei untersuchte Drähte verhielten sich im Grofsen und Ganzen ziemlich gleich, sie zeigten beim ersten Erwärmen zunächst ein Wachsen des Widerstandes bis ungefähr 80°, dann trat ein Wendepunkt ein und der Widerstand nahm mit wachsender Temperatur ziemlich rapide ab. Aber auch die Lage dieses Wendepunktes zeigte sich als

1) Diese Ann. Bd. 103, S. 428.

2) Ebendas. Bd. 84, S. 1.

3) Ebendas. Bd. 115, S. 385.

nicht constant, denn bei öfterem Erwärmen sank dasselbe stets tiefer herab.

In Bezug auf Selen hat Hittorf1) constatirt, dass es erst leitend wird, wenn es längere Zeit erwärmt war, dafs dann aber sein Leitungsvermögen mit erhöhter Temperatur zunimmt. Der Umstand, dafs Selen beim Erkalten noch lange weich bleibt, sowie sein Verhalten zu der aufgenommenen Wärme, läfst wohl vermuthen, dafs man es hier mit dem Einflusse der verschiedenen allotropen Zustände des Selens zu thun habe.

Die Versuche, deren Resultate im Nachfolgenden mitgetheilt sind, geben wenigstens für Tellur einige Anhaltspunkte zur Erklärung dieser abnormen Erscheinung; es wird sich zeigen, dafs die scheinbar ganz unregelmässig wechselnden Widerstände, welche Tellur nach mehrmaligem Erwärmen zeigt, in directem Zusammenhange stehen mit der Dauer der Erwärmung, respective der Abkühlung, ein Umstand, welcher wohl mit der krystallinischen Structur des Tellurs bei niederen Temperaturen in Zusammenhang gebracht werden mufs.

Die Herstellung der Tellurstäbe 2) geschah auf die Weise, dafs gepulvertes Tellur in Glasröhren geschmolzen wurde, in denen es an der Luft erstarrte; da man bei dem sehr geringen Leitungsvermögen des Tellur Stäbe von beträchtlichem Durchmesser anzuwenden vermag, so hat die Herstellung desselben auf diesem Wege keinerlei Schwierigkeit. Man bemerkt, dafs beim Erstarren die Glasröhren Sprünge bekommen, das Tellur sich also beim Uebergang in den festen Zustand ausdehnt, ähnlich wie Wismuth, wenn auch nicht in dem Maafse. Ob diese Ausdehnung eine wirkliche Volumsvermehrung bedeutet, ist zweifelhaft, es dürfte wohl blofs eine scheinbare seyn, hervorgerufen durch den Uebergang in den sehr stark ausgeprägten krystallinischen Zustand.

1) Diese Ann. Bd. 84, S. 214.

2) Das verwendete Material stammt aus dem Nachlasse des Hrn. Prof. Schrötter und ist von ihm selbst dargestellt und gereinigt.

Die auf diese Weise erhaltenen Stäbe sind stark brüchig, nach krystallinischen Flächen, zeigen aber in ihrem Inneren durchaus keine Hohlräume mit beim Schmelzen etwa eingeschmolzener Luft.

Die Bestimmungen des galvanischen Leitungswiderstandes geschahen durchwegs mittelst eines Siemens'schen Universalgalvanometers, die Erwärmung und Abkühlung erfolgte in einem speciell zu diesem Zwecke eingerichteten Luftbade. Da es sich bei diesen Versuchen keineswegs um genaue Temperaturmessungen handelt, so wurde auch nicht bei constanten Temperaturen beobachtet, sondern während eines langsamen Erwärmens oder Abkühlens des ganzen Luftbades in passenden Intervallen der Widerstand des darin befindlichen Stabes bestimmt.

Die Fehler, welche durch die Differenz des Zurückbleibens der Temperatur des Stabes und Thermometers hinter der Temperatur der sich erwärmenden Luft bedingt werden, sind aus den Beobachtungsreihen bei Erwärmung und Abkühlung ersichtlich; sie fallen übrigens bei der vorliegenden Untersuchung gar nicht ins Gewicht und wurden auch defshalb nicht weiter in Rüchsicht gezogen. Erwähnt mufs noch werden, dafs die Einschaltung der Tellurstäbe in den Stromkreis auf zweierlei Art hergestellt wurde, entweder durch seitliches Einführen derselben in Quecksilbernäpfe, die sich natürlich auch innerhalb des Luftbades befanden, oder es wurden in ihre Enden kurze Platindrähte eingeschmolzen, die dann erst durch Quecksilbernäpfe die Verbindung mit den Kupferdrähten der Leitung herstellten. Der Erfolg war in beiden Fällen ganz derselbe.

Es wurden zunächst drei Stäbe einer genaueren Untersuchung unterzogen, der erste, im Folgenden mit I bezeichnete, zerbrach, bevor seine Dimensionen bestimmt wurden, Stab II hatte eine Länge von 54 und einen Durchmesser von 2,60 Mm., Stab III eine Länge von 133 und einen Durchmesser von 3,73 Mm.

Ich will zunächst eine Reihe von Versuchen mit dem

Stabe I mittheilen, welche einen Einblick in den Verlauf
der Versuche, wie sie sich bei allen Tellurstäben wieder-
holten, geben.

Nachdem Stab I von der Schmelz- bis zur Zimmer-
temperatur abgekühlt war, wurde er im Lufthade einer
allmähligen Erwärmung bis auf 200" C. ausgesetzt. Der
Verlauf der Temperatur und der gleichzeitig beobachteten
Widerstände ist in der folgenden Tabelle wiedergegeben,
wobei alle Widerstände — auch im Folgenden - in Sie-
mens'schen Einheiten ausgedrückt sind.

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Die Dauer eines derartigen Versuches beläuft sich auf
ungefähr 1 bis 12 Stunden. Bei der Widerstandsangabe
ist natürlich der Widerstand der Zuleitungsdrähte bereits
in Rechnung gebracht; eine Aenderung im Widerstande

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