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wenn man den Beobachteten nicht, wie es Ruete vorschreibt, direct in den hellen Lichtkreis hinein, sondern seitwärts vorbei blicken lässt, erträgt ein gesundes Auge die Beobachtung nur wenige Minuten, ohne Thränenfluss und lang anhaltende Nachbilder zu bekommen. Die Untersuchung empfindlicher Augen verwirft deshalb Ruete ganz und gar, während ein geübter Beobachter, der schnell mit der Untersuchung zu Stande kommt, meinen Augenspiegel, natürlich mit der nöthigen Rücksicht auf den Kranken, dazu wohl anwenden kann. Dem beobachteten Auge erscheint dabei in den spiegelnden Gläsern das Bild der Flamme unvergrössert und in halber Lichtstärke; es blickt aber nicht direct nach diesem Flammenbilde hin, sondern seitwärts. Ein Auge, welches z. B. ein neben die Lampenflamme gelaltenes Buch ohne geblendet zu werden betrachten kann, kann auch ohne Bedenken mit dem Augenspiegel untersucht werden Bei Ruete's Verfahren erscheint dagegen die Glaslinse dem beobachteten Auge als ein grosser feuriger Kreis, dessen Lichtintensität der der Flamme fast gleich ist, dessen Durchmesser etwa die Hälfte von dem Durchmesser des ganzen Gesichtsfeldes beträgt.

Bei blinden Augen oder solchen mit stark getrübten Medien ist man natürlich in der Anwendung grösserer Lichtmengen unbeschränkt; bei ersteren würde auch mein Augenspiegel jeder nöthigen Grad der Helligkeit geben können, wenn man mit Hülfe von Sonnenlicht beobachtete.

Zu bemerken ist übrigens noch, dass Ruete's Augerspiegel das Licht am meisten in der Pupille concentrirt und nach der Netzhaut hin sich wieder ausbreiten lässt, während der meinige es an letzterer am meisten concentrirt. Darn ist der eigenthümliche Vortheil für die Diagnose anfangender Trübungen der Linse begründet, welchen Ruete an seinem Instrumente rühmt.

Dies sind die wesentlicheren Punkte der Vergleichung. Von Nebenpunkten wäre noch zu erwähnen die grössere Bquemlichkeit der Beobachtung für den Ungeübten auf Seiten von Ruete's Instrument. Dagegen ist das Bild meines Spieges freier von störenden Nebenerscheinungen.

Der Hornhautreflex erscheint als ein blasser Lichtnebel,

während er bei Ruete ein sehr helles grosses Bild der leuchtenden Fläche darstellt und ausserdem noch die Lichtreflexe der beiden Glasflächen hinzukommen.

Uebrigens will ich bei dieser Gelegenheit noch auf eine sehr vortheilhafte Verbesserung meines Augenspiegels aufmerksam machen, welche mir von dem hiesigen Mechanikus Herrn E. Rekoss vorgeschlagen wurde und von demselben auch an einer Anzahl von Instrumenten ausgeführt ist. Der Wechsel der verschiedenen Concavgläser, welche zu meinem Instrumente zehören, war bei solchen Augen, wo man sich das passende Glas erst suchen musste, lästig und erschwerte die Beobachtung. Herr Rekoss hat jetzt diese Gläser in zwei drehbare Scheiben ingesetzt, welche an dem Gestelle des Instrumentes so befestigt sind, dass beim Drehen derselben die verschiedenen Gläser, welche sie enthalten, nach einander vor das Auge treten. Jede Scheibe enthält ein freies Loch und vier Concavgläser, die eine No. 6-9, die andere No. 10-13 der Brillengläser, sodass man ein jedes dieser Gläser einzeln oder gleichzeitig eines von den niederen und eines von den höheren Nummern vor das Auge bringen kann. Die Gläser lassen sich während der Beobachtung leicht vertauschen, ohne dass man den Augenpiegel aus seiner Stellung zu bringen braucht. Man dreht die betreffende Scheibe mittels des Zeigefingers der Hand, in welcher man das Instrument hält, indem man diesen Finger an 843 dem Rande der Scheibe anlegt.

Kleine Federchen, welche in Vertiefungen am Rande der Scheiben einspringen, markiren während der Drehung jedes Mal diejenigen Stellungen der Scheibe, wo ein Concavglas gerade vor die Oeffnung des Spiegels getreten ist, und befestigen es ein wenig in dieser Stellung. Der Gebrauch des Augenspiegels hat dadurch ausserordentlich an Bequemlichkeit gewonnen, und ich hoffe, dass namentlich kurzsichtige Beobachter, denen seine Anwendung gewöhnlich schwer wird, die Schwierigkeiten, welche ihnen bisher entgegentraten, durch die neue Form beseitigt finden werden.

LX.

Ueber eine bisher unbekannte Veränderung am menschlichen Auge bei veränderter Accommodation. Vorläufiger Bericht aus den Monatsberichten der Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 3. Februar 1853. S. 137-139.

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Ich erlaube mir im Folgenden der Akademie vorläufig de Resultate von Beobachtungen mitzutheilen, welche ich über eine neue, auf die Accommodation bezügliche Veränderung am menschlichen Auge angestellt habe, und welche ich nach der Vollendung geeigneterer Messinstrumente noch zu vervol ständigen hoffe.

Die Veränderungen, welche man bisher am Auge bei seine: Einrichtung für kurze Sehweiten wahrgenommen hat, sind die. dass sich die Pupille verengt und dass der mittlere Theil der Iris nach vorn gedrängt wird. Ersteres ist allgemein bekannt. letzteres wurde zuerst von Huschke behauptet, von viele anderen Beobachtern geleugnet.

Ich bin im Stande gewesen, mich von der Richtigkeit vor Huschke's Behauptung auch am menschlichen Auge zu über137 zeugen und sogar die Grösse der Verschiebung des Pupillarrandes annähernd zu messen. Man stelle sich für diese Be obachtung so seitlich gegen das zu beobachtende Auge, das die Pupille theilweise hinter dem Rande der Sclerotica zu ver schwinden anfange, und lasse dann bei unveränderter Richtun der Sehaxe für die Nähe accommodiren; man wird die ganze Pu pille, welche sich gleichzeitig verengt, hervortreten und sich der concaven Fläche der Hornhaut nähern sehen. Wird dagege ohne Veränderung der Accommodation eine Contraction der

Pupille durch stärkeres Licht hervorgerufen, so verschiebt sich die Iris nicht nach vorn. Die Grösse der scheinbaren Verschiebung wurde gemessen, und indem ich durch Rechnung den Einfluss, welchen die Brechung in der Hornhaut ausübt in Abzug brachte, fand ich die wirkliche Verschiebung des Pupillarrandes nach vorn etwas kleiner als 1/3 mm. Da nun bei verengter Pupille deren Rand der vorderen Linsenfläche immer unmittelbar anzuliegen pflegt, so giebt die Verschiebung des Pupillarrandes auch das Maass für die Verschiebung des vordersten Punktes der Linse.

Ich habe eine andere gleichzeitig sichtbare Veränderung am Auge entdeckt. Dieses Organ zeigt bekanntlich in einem dunklen Raume, in welchem sich eine Lichtflamme befindet, drei Spiegelbilder derselben.

Das erste, hellste gehört der Hornhaut an, und ist wie das zweite aufrecht. Das zweite ist das grösste, aber auch lichtschwächste, und wird von der vorderen Fläche der Linse entworfen, das dritte kleinste verkehrte von deren hinterer Fläche.

Das erste und dritte Bild verändern weder ihre Grösse noch ihre Stellung merklich bei veränderter Accommodation des Auges, wohl aber das zweite, indem es bei möglichster Verringerung der Sehweite fast halb so klein wird, als es beim Sehen in die Ferne ist. Am leichtesten sichtbar ist die Veränderung, wenn man zwei senkrecht über einander liegende Lichtpunkte spiegeln lässt; dann nähern und entfernen sich ihre beiden von der Vorderfläche der Linse entworfenen Spiegelbilder sehr beträchtlich bei veränderter Accommodation.

Die Annahme, dass die ganze Linse sich beim Sehen in die Nähe nach vorn verschiebe, ist nicht genügend diese Beobachtungen zu erklären. Es würde dabei allerdings ebenfalls eine scheinbare Verkleinerung des erwähnten Spiegelbildes ein- 139 treten müssen wegen veränderter Brechung des Lichtes in der Hornhaut, aber die Rechnung ergiebt, dass sie unverhältnissmässig kleiner als die beobachtete sein würde. Bei einer solchen Verschiebung der Linse, wie sie an ihrer Vorderfläche beobachtet werden konnte, von 1, mm, würde das Spiegelbild sich höchstens um 127 seiner Grösse verkleinern, während es

in der That fast um die Hälfte kleiner wird. Auch würde in diesem Falle ein seitlich stehender Beobachter das Spiegelbili der hinteren Fläche in dem Maasse vorrücken sehen, wie diese Fläche selbst vorrückt. Doch war hiervon durch die von mir zur Messung gebrauchten Apparate, welche eine ausreichence Genauigkeit für eine solche Beobachtung besassen, nichts wahrzunehmen.

Ich halte es deshalb für wahrscheinlich, dass die Linse ihre Gestalt ändert und beim Sehen in die Nähe nach vor convexer wird. Man kann den Krümmungsradius der vorderen Linsenfläche aus der scheinbaren Entfernung der Spiegelbilder ebenso berechnen, wie Senff den der Hornhaut in ähnlicher Weise bestimmt hat; natürlich muss man dabei die Brechung in der Hornhaut in Rechnung ziehen; er findet sich beim Sehea in die Ferne ungefähr ebenso gross, wie er an den Linsen von hinreichend frischen todten Augen von Krause und mir gefunden wurde, d. h. zwischen 10 und 11 mm; beim Sehen in die Nähe ist er fast nur halb so gross.

Reizung mit elektrischen Inductionsströmen brachte keine Gestaltveränderungen an frisch ausgeschnittenen Linsen VOL Thieren hervor. Dagegen sind frische Linsen elastisch; obgleich sie einer äusseren Kraft leicht nachgeben, nehmen se doch ihre frühere Form nachher vollständig wieder an. Ein Druck gegen die Peripherie der Linse würde wohl eine solche Veränderung ihrer Gestalt bedingen können, wie sie sich in d-n obigen Beobachtungen zeigt.

Die Grösse der Brennweite der Hornhaut, welche bei den angegebenen Rechnungen angenommen wurde, beruht auf eigener Bestimmungen, wobei die Krümmung ihrer vorderen Fläche am unverletzten Auge, und die übrigens sehr grosse - Brennweite des Hornhautknorpels unter Wasser an ausgeschnittenen Hornhäuten bestimmt wurde. Die Brennweite der Hornhaut im lebenden Auge beträgt danach zwischen 30 und 34 mm.

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