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Eine Reihe Messungen über Stellung der Nachbilder hat Wundt gegeben, welche beim ersten Anblick stark vom Listing'schen Gesetze abweichen. Indessen passen sie mit Ausnahme einiger extremen Stellungen ziemlich gut unter dieses Gesetz, wenn man die Primärstellung richtig wählt, welche etwa 13° tiefer und 8° nach aussen, von dem Punkte des Gesichtsfeldes liegt, den Wundt als Nullpunkt der Drehungen angenommen hat.

Dass übrigens die Abweichungen von den Forderungen des von mir aufgestellten zweiten Princips, welche nicht ganz vermieden werden können, wirklich die Sicherheit der Orientirung im Gesichtsfelde beeinträchtigen, zeigt sich, wenn man mit dem Blicke an einer geraden Linie entlang geht, die entweder weit nach rechts oder weit nach links, oder weit nach oben oder weit nach unten von der Primärstellung sich befindet. Solche Linien erscheinen dann immer concav gegen die Mitte des Gesichtsfeldes zu sein, was sich daraus erklärt, dass das Auge bei einer solchen Bewegung Raddrehungen ausführt, welche als Drehungen der verschiedenen Theile des Objectes gegen einander in das Gesichtsfeld projicirt werden.

ist sie doch nicht richtig, indem auch unendlich entferate senkrechte Linien bei jeder Haltung des Kopfes in nicht parallelen Doppelbildern erscheinen. Die Beobachtung der Stellungen des blinden Fleckes scheint zu gering Genauigkeit

zuzulassen.

Ein sehr wesentliches Erforderniss bei diesen Beobach tungen, dessen Erfüllung, wie mir scheint, bei den bisherige Versuchen nicht immer genügend gesichert war, ist es, dass der Kopf stets genau in dieselbe Stellung zu dem beobachte67 ten Objecte gebracht werde. Um das zu erreichen, habe ich ein Brettchen, welches mit einem Ausschnitt für die Zähne versehen war und diesen umschliessend Abdrücke der Zahnreihen in Siegellack enthielt, ausserdem noch passende Visir zeichen trug. zwischen die Zähne genommen. Die Stellung dieses Brettchens und der Visirzeichen, die es trägt, gegen den Kopf ist unverrückbar, und indem man die Visirzeichen auf das betrachtete Object einstellt, sichert man die Beibehaltung und das Wiederauffinden einer identischen Kopfhaltung.

Auf einer grauen Tafel wird ein System horizontaler und verticaler Linien gezogen, in deren Mitte ein farbiger Streife befestigt, parallel den Verticallinien. Dieser wird fixirt, dan der Blick nach einer anderen Stelle der Tafel gewendet. wộ nun das Nachbild erscheint, und seine Lage mit der Richtung der Coordinatenlinien verglichen werden kann.

Man sucht zuerst die Primärstellung des Auges, welche man daran erkennt, dass von ihr aus das Nachbild der verti calen Linie genau vertical oder horizontal verschoben sich selbst parallel bleibt.

Nachdem ich die Primärstellung des Auges gefunden hatte und meine Visirzeichen so fixirt hatte, dass ich sie stets wiederfinden konnte, stellte ich die Tafel mit den Linien schief, aber so, dass sie senkrecht gegen die Primärstellung der Gesichtslinie blieb. Wenn ich nun das Bild der farbigen Linie wieder entweder parallel ihrer jetzigen Richtung, oder senkrecht gegen diese Richtung verschob, blieb es wiederum der ursprünglichen Richtung jener Linie parallel. Dadurch war für mein Auge die Richtigkeit des Listing'schen Gesetzes erwiesen.

Eine Reihe Messungen über Stellung der Nachbilder hat Wundt gegeben, welche beim ersten Anblick stark vom Listing'schen Gesetze abweichen. Indessen passen sie mit Ausnahme einiger extremen Stellungen ziemlich gut unter dieses Gesetz, wenn man die Primärstellung richtig wählt, welche etwa 13° tiefer und 8° nach aussen, von dem Punkte des Gesichtsfeldes liegt, den Wundt als Nullpunkt der Drehungen angenommen hat.

Dass übrigens die Abweichungen von den Forderungen des von mir aufgestellten zweiten Princips, welche nicht ganz vermieden werden können, wirklich die Sicherheit der Orientirung im Gesichtsfelde beeinträchtigen, zeigt sich, wenn man mit dem Blicke an einer geraden Linie entlang geht, die entweder weit nach rechts oder weit nach links, oder weit nach oben oder weit nach unten von der Primärstellung sich befindet. Solche Linien erscheinen dann immer concav gegen die Mitte des Gesichtsfeldes zu sein, was sich daraus erklärt, dass das Auge bei einer solchen Bewegung Raddrehungen ausführt, welche als Drehungen der verschiedenen Theile des Objectes gegen einander in das Gesichtsfeld projicirt werden.

LXV.

Ueber die normalen Bewegungen des
menschlichen Auges.

Aus A. von Gräfe's Archiv für Ophthalmologie. Bd. IX. Abth. 2

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Die Lehre von den normalen Augenbewegungen des Men schen ist durch die neueren Arbeiten, in denen sie behandelt worden ist, in einen ziemlich verwickelten Zustand gerathe und es schien fast, als würde man es ganz aufgeben müssen. ein übersichtliches und leicht verständliches Princip für diese Bewegungen aufzustellen. Indem ich diesen Gegenstand für das Schlussheft meines Lehrbuches der physiologischen Optik durcharbeitete, glaube ich denn doch ein solches einfaches Princip gefunden zu haben, welches übrigens in seinen prak tischen Consequenzen mit dem schon früher von Listing aut gestellten Gesetze der Augenbewegungen ziemlich nahe zu sammenfällt. Da in dem genannten Lehrbuche die hierher gehörigen Untersuchungen und Sätze sich in verschiedene Kapitel zerstreuen werden, so hielt ich es für besser, an diesem Orte eine zusammenhängende Darstellung der darauf bezüg lichen Ergebnisse meiner Untersuchungen zu geben.

Der nächstliegende Zweck für die Bewegungen unserer Augen ist der, dass wir nach einander verschiedene Punkte des vor uns liegenden Gesichtsfeldes zu fixiren streben. d. h. das optische Bild derselben mit dem Centrum der Netzhautgrube, als der Stelle des deutlichsten Sehens, zusammenfallen machen. Zu diesem Zwecke genügte es, die Gesichtslinie um

bestimmte Winkel nach oben oder nach unten, nach rechts oder nach links zu wenden. Wenn wir nun aber dem Auge auch eine Stellung gegeben haben, bei welcher derjenige Punkt des Gesichtsfeldes, dem unsere Aufmerksamkeit zur Zeit zugewendet ist, sich auf der Netzhautgrube abbildet und genau gesehen wird, so ist doch dadurch die Stellung des Augapfels noch nicht vollständig bestimmt. Denn der Augapfel würde sich in jeder Stellung, die er einnimmt, noch um die Gesichtslinie als Axe drehen können, ohne dass sich dabei sein Fixationspunkt ändert, wie gross auch der Winkel wäre, um den er sich drehte. Für diese Art der Drehung des Augapfels, nämlich die Drehung um die Gesichtslinie, wollen wir den bezeichnenden Namen der Raddrehung beibehalten, da sich die Iris dabei wie ein Rad um ihren Mittelpunkt drehen würde. Das Problem der Augenbewegungen besteht nun bekanntlich darin, zu bestimmen, welchen Grad der Raddrehung der Augapfel erleidet, wenn der Gesichtslinie eine bestimmte Stellung im Gesichtsfelde angewiesen wird.

In Bezug auf die Lösung dieses Problems haben Donders und alle ihm nachfolgenden neueren Beobachter, welche hinreichend zuverlässige Untersuchungsmethoden angewendet haben, übereinstimmend festgestellt, dass zu jeder gegebenen Stellung der Gesichtslinie im Kopfe ein bestimmter Grad der Raddrehung gehört, der ganz unabänderlich eintritt, auf welchem Wege auch die Gesichtslinie in jene Stellung geführt worden sein mag, und der auch nicht durch eine willkürliche Anstrengung verändert werden kann.

Um die Richtungen des Auges genauer zu fixifen, denken 155 wir uns mit Meissner durch die Gesichtslinien beider Augen eine Ebene gelegt, die Visirebene. Diese Ebene kann gehoben und gesenkt werden, indem der Blick sich hebt und senkt. Wir wählen irgend eine bestimmte Lage der Visirebene als Anfangslage; vorläufig ist es willkürlich, welche. Später werden wir Gründe finden, eine gewisse Lage vor allen andern zu bevorzugen. Die Lage der Visirebene bestimmt sich dann durch den Winkel, den Erhebungswinkel, welchen sie in ihrer augenblicklichen Lage mit der gewählten Anfangslage bildet. Bei erhobenem Blicke ist der Erhebungswinkel positiv,

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