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Der Mittelwerth aus allen diesen Bestimmungen würde sein 33,9005 Meter

sehr nahe übereinstimmend mit dem von Herrn A. Hirsch erhaltenen Resultate.

Nach der oben gegebenen Interpolationsformel treten schwächere Zuckungen von der oberen Nervenstelle später ein als stärkere; es scheint dies nicht blos eine Folge der grösseren Steilheit der höheren Zuckungscurven zu sein, son234 dern schwächere Zuckungen von der oberen Nervenstelle erregt, lösen sich auch merklich später von der Grundlinie ab, als stärkere Zuckungen, während dies bei den von der unteren Nervenstelle erregten Zuckungen nicht in gleichem Maasse der Fall ist. Daraus scheint zu folgen, dass schwächere Reizu gen sich im Nerven langsamer fortpflanzen als stärkere. Versuchsreihen, bei denen absichtlich schwächere Zuckungen von beilet Nervenstellen aus hervorgerufen wurden, haben noch keine hinreichende Zahl guter Resultate ergeben.

Eine andere Versuchsreihe, wobei die obere gereizte Stelle dicht über dem Ellenbogen lag, schien eine etwas schnell-re Fortpflanzung der Reizung in den Nerven des Vorderarmes za ergeben, den Angaben von H. Munk für Froschnerven entsprechend; doch war der Unterschied zu klein, um ihn bei der nicht sehr grossen Zahl gelungener Versuche schon als sicher zu betrachten.

Die Abreise des Herrn Baxt und die Nothwendigker, die Apparate den Versuchen besser anzupassen, hat für den Augenblick die Versuche unterbrochen, weshalb ich mir erlaubt habe, vorläufig die bisher gewonnenen Resultate dr Akademie mitzutheilen.

XCIII.

Neue Versuche über die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Reizung in den motorischen Nerven der Menschen, ausgeführt von N. Baxt aus Petersburg.

Aus den Monatsberichten der Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 31. März 1870. S. 184-191.

In der Sitzung vom 29. April 1867 habe ich der Akade- 184 mie Mittheilung gemacht über Versuche, welche Herr N. Baxt in meinem Laboratorium unternommen hatte, um die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Reizung in den motorischen Nerven des lebenden Menschen nach einer Methode zu bestimmen, wobei die psychischen Thätigkeiten des Experimentirenden zur Erregung der motorischen Nerven nicht in Anspruch genommen werden. Es wurde damals der Nervus medianus bald am Oberarm, bald am Handgelenk gereizt. Der Vorderarm und die Hand waren in eine Gypsform unverschieblich eingelegt, und die Zuckung der Muskeln des Daumenballens wurde durch einen hölzernen Stab auf den Schreibhebel des für die Versuche mit Froschmuskeln construirten Myographion übertragen. Uebrigens wurden mit den genannten Abänderungen die Versuche wesentlich nach demselben Principe ausgeführt, wie die zur Bestimmung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit in den motorischen Nerven des

Frosches.

Es ergaben sich hierbei Fortpflanzungsgeschwindigkeiten in drei Versuchsreihen von 31,53, 33,39 und 37,49 Meter für die Secunde.

Bei der Wichtigkeit dieses Resultates und in der Hoffnung auch noch einige andere damit zusammenhängende Fragen entscheiden zu können, beschlossen wir die Methode zu möglichster Genauigkeit auszubilden, und ich liess deshalb (nach einem schon früher von A. Fick angegebenen Plane) ein Pendelmyographior. bauen, im Wesentlichen aus einem schweren und festen eisernen 185 Pendel bestehend, dessen ganze Schwingung nahehin zwei Secunden dauerte, und welches an seinem unteren Ende eine rechteckige ebene Glastafel trägt, auf der die Zuckungscurven geschrieben werden. Das Pendel wird vor dem Versuche in schräger Lage durch einen Sperrhaken gehalten; sobald dieser gelöst wird, fällt es, löst in der Mitte seiner Bahn den Inductionsschlag aus, der den Nerven trifft, und wird schliesslich beim Rückschwunge vom Beobachter wieder aufgefangen und hinter den Sperrhaken gelegt. Somit dauert jeder Versuch nur zwei Secunden, und man kann schnell hintereinander sehr viele Zuckungen zeichnen. Um dies zu können, lässt sich die Glasplatte mittels einer Schraube am Pendel auf- und abschieben. Eine gleiche Platte an der anderen Seite des Pendels, welche die entgegengesetzte Bewegung macht, bewirkt, dass die Schwingungsdauer dabei nicht geändert wird.

Die Zuckungscurven erhalten auf dem neuen Apparat viel beträchtlichere Höhe (20 bis 40 Millimeter) und Länge, sodass auch ihre Entfernung voneinander viel genauer gemessen werden konnte. Letzteres geschah mit dem Ophthalmometer.

Unsere Hoffnung, genauere Resultate zu erhalten, erschien nach den ersten Versuchsreihen mit dem neuen Apparate zunächst fast ganz vereitelt zu sein. Bei den Versuchen Ende des Sommers 1868, im Winter 1868/69 und Anfang des Sommers 1869 fanden sich ziemlich ähnliche Werthe der Fortpflanzungsgeschwindigkeit für die Nervenstrecke vom Ellenbogen zum Handgelenk, wie die früher mitgetheilten für die Strecke von einer oberen Oberarmstelle (vom unteren Ende des Deltoideus) zum Handgelenk, dazwischen aber auch viel grössere für die Nervenstrecke zwischen Deltoideus und Ellenbogengelenk. Die Werthe der Fortpflanzungsgeschwindigkeit für die Strecke vom Ellenbogen bis zum Handgelenk wurden ziemlich übereinstimmend erhalten, sowohl bei Reizung des N. medianus, wo

bei die Contractionen der Muskeln des Daumenballens verzeichnet wurden, als auch bei anderer Einrichtung der Gypsform und bei Reizung des N. ulnaris, wobei die Conctractionen der Mm. abductor indicis et adductor pollicis verzeichnet wurden. Diese Werthe für die Strecke vom Ellenbogen zum Handgelenk waren:

Reizung des N. medianus:

30,3904 Meter als Mittel aus 9 Curvenpaaren,

Reizung des N. ulnaris:

27,8081 Meter als Mittel aus 9 Curvenpaaren,

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also im Mittel 30,1488 Meter in der Secunde.

Von Mitte des Sommers 1869 fanden sich aber ganz regelmässig grössere Werthe der Geschwindigkeit für die grosse Strecke vom unteren Rande des Deltoideus bis zum Hand

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also im Mittel 64,5611 Meter in der Secunde.

Mancherlei Veränderungen in der Methode der Reizung und in den sonstigen Anordnungen der Versuche änderten nichts an diesen letzten Resultaten, bis endlich mit Anfang des Winters wieder kleinere Zahlen auch für diese grosse Strecke erhalten werden konnten.

Dieser Umstand schien anzuzeigen, dass die Temperatur die Ursache dieser Schwankungen sein müsse, obgleich die Veränderung der Temperatur der tiefer gelegenen Theile des menschlichen Körpers, der Muskeln und Nerven, so lange nicht gerade ein Gefühl des Unbehagens durch sie hervorgerufen wird, nach den bisher vorliegenden Beobachtungen nur sehr geringe Grösse haben kann. Diese Vermuthung hat sich vollständig bestätigt. Wir haben an demselben Versuchstage absichtlich hintereinander Veränderungen der Temperatur des zuckenden Armes hervorgebracht, und es gelang auf diese Weise abwechselnd, bald bei höherer Temperatur grössere, bald bei

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stärkerer Abkühlung, namentlich des Vorderarmes, kleinere Werthe der Fortpflanzungsgeschwindigkeit zu erhalten.

Versuchsreihe I. Das Handgelenk wurde durch eine Eisblase gekühlt, während der Arm in der Gypsform lag. Die brauchbaren Curven der ersten Tafel gaben eine Fortpflanzungsgeschwindigkeit von 41,2752 Meter, die einer zweiten Tafel, wobei die Abkühlung mehr eingewirkt haben wird, 36,4765 Meter in der Secunde. Darauf wurden die Gypsplatten etwas gewärmt und das Handgelenk mit einer Blase voll Wasser von 40° C. bedeckt. Die Curven der ersten Tafel gaben dabei eine Fortpflanzungsgeschwindigkeit von 45,2332 Meter, die einer zweiten 187 Tafel, wo die Erwärmung mehr eingewirkt haben wird, eine Fortpflanzungsgeschwindigkeit von 51,8016 Meter in der Secunde. Es ist zu bemerken, dass auch bei dieser Erwärmung der Vorderarm zu einer behaglichen warmen Temperatur nicht gekommen war.

Versuchsreihe II. Der Arm wurde bei Winterkälte vor dem Versuche stark abgekühlt. Höhe der Zuckungen nur 15 bis 17 mm, deshalb die Bestimmung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit unsicher, etwa 47,22 Meter. Darauf wurde der Arm durch die erwärmten Gypsplatten und warme Bedeckung gewärmt. Die Zuckungshöhe steigt auf 26 mm, die Fortpfanzungsgeschwindigkeit für die Curven der ersten Tafel af 54,1755 Meter, für die der zweiten Tafel auf 56,7808 Meter. Endlich wird der untere Theil des Vorderarmes wieder durch eine Eisblase gekühlt. Die erste Tafel ergiebt im Mittel 47,7276 Meter, die zweite Tafel 38,2331 Meter Fortpflanzu:.gsgeschwindigkeit; die Höhe der Zuckungscurven sinkt dabei wieder bis auf 14 mm.

Hinsichtlich des erwärmten Armes gilt übrigens auch hier. obgleich in geringerem Grade, dieselbe Bemerkung wie be Versuchsreihe I.

Versuchsreihe III. Um eine möglichst grosse Steigerang der Temperatur des Unterarmes zu erreichen, wurde das Zimmer ziemlich stark geheizt, die Gypsform erwärmt und äusserlich mit erwärmten Sand umgeben. Im Anfang wurde die Fortpflanzungsgeschwindigkeit für die Strecke zwischen Handgelenk und unterem Rande des Deltoideus bestimmt, und gleich

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