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100 bis 10, von 10 bis 1 μ, kann in jeder Lage leicht bestimmt werden. Diese Zeit nannte ich Dezimierzeit. Der Dämpfungsfaktor ist ihr umgekehrt proportional und beträgt 2/t, wenn t = Dezimierzeit in Sekunden. Die größte Sekundenzahl (also der kleinste Dämpfungsfaktor) wurde erreicht, wenn der Stiel zwischen den Fingern oder zwischen Gummiringen vorsichtig festgehalten wurde und die Stimmgabel in ruhig hängender Lage ausklingen konnte. Es ergab sich alsdann, daß die Dezimierzeit in Sekunden in den verschiedenen Perioden von 1 mm bis 1 u keine großen Unterschiede zeigte. Hin- und Herbewegen, eine leichte Berührung mit den Wimpern während der Beobachtung etc. genügen, um die Dezimierzeit sofort um einige Sekunden zu vermindern. Wird die Stimmgabel horizontal befestigt, so ist die Dezimierzeit stets etwas kleiner und in geringem Grade unregelmäßig. Wird der Stiel zu fest geklemmt, ruht er an einem festen Körper, auf einem Resonanzkasten, ist er durch einen Metallring umgeben etc., so ist alles das mehr als genügend, um ein sehr unregelmäßiges Ausklingen zu verursachen. Auch achte man genau darauf, daß die Schrauben, womit die mikrophotographische Figur befestigt ist, oder die Linse und das Photogramm vollkommen festsitzen, ja bei vernickelten Stimmgabeln (die also entschieden zu verwerfen sind) wirkt schon ein sehr kleiner losgegangener Teil des Belags sehr störend.1)

1) In den Ann. d. Phys. (13. p. 124. 1904) stellt A. HartmannKempf die Behauptung auf, daß bei Stimmgabeln das Dekrement im allgemeinen proportional der Amplitude zunehme.

Obgleich ich weder seine trefflichen Experimente noch die Zahlenwerte seiner Ergebnisse beanstanden möchte, kann ich nicht umhin zu bemerken: erstens, daß er den Stiel festgeklemmt hat, zweitens, daß er (abgesehen von den belasteten Stimmgabeln, welche, wie schon früher von mir angeben, ein sehr wechselndes Dekrement haben) mit verhältnismäßig viel größeren Amplituden gearbeitet hat als ich.

Bei meinen Versuchen war der größte von mir benutzte Ausschlag für C64 v. d. nur 1 mm, für c′ nur 200 μ etc. Aus dieser Versuchsanordnung erklärt es sich vielleicht auch, daß bei meinen Gabeln während des Ausklingens keine Veränderung der Tonhöhe nachgewiesen werden konnte.

An der frei hangenden Gabel konnte ich als kleinste Amplitude leicht Ausschläge von 2 Mikron beobachten und also das Dekrement von z. B. C64 bei zweitausendfacher Abnahme bestimmen.. Die Modifikation der Gradenigoschen Dreieck figur gestattet aber nur eine Beobachtung von 1 bis 2 μ, doch macht sie die Wahrnehmung viel leichter.

Bei höheren Stimmgabeln ist die störende Wirkung der Lage (horizontal, hängend oder aufrecht) weit geringer, bei g2 beträgt sie nur 1-3 Sek. in 30, bei G dagegen 20-30 in 190. Werden nun die für eine Reihe von Stimmgabeln gefundenen Maxima der Dezimierzeiten in ihrer Beziehung zur

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50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 750 800 850 900 350 1000 1050 1100 1150 1200 1250

Schwingungszahl

Maxima bei hängender Gabel.

Maxima bei aufrecht gehaltener Gabel.

Fig. 9.

Schwingungszahl graphisch notiert (vgl. Fig. 9), so bilden sie eine ziemlich regelmäßig verlaufende Kurve, welche für A, a2, a bez. 130, 30 und 10 Sekunden angibt.

Bis jetzt habe ich mich vergebens an mir bekannte Mathematiker und Physiker um eine befriedigende mathematische Erklärung dafür gewendet.

Folgendes glaube ich aber annehmen zu dürfen. Man kann den Dämpfungsfaktor betrachten als die Summe dreier Größen: a) der inneren Reibung,

b) des äußeren Widerstandes,

c) zufällig wechselnder Störungen.

Bei den gefundenen maximalen Dezimierzeiten darf man den unter c) genannten Einfluß als minimal betrachten; der äußere Widerstand wird wahrscheinlich der Schwingungszahl proportional sein; zwischen der inneren Reibung und der Schwingungszahl wird wahrscheinlich nicht dieses einfache Verhältnis bestehen.

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H. J. L. Struycken. Schwingungsart einer Stimmgabel etc.

Um das Verhältnis zwischen innerem und äußerem Widerstand näher untersuchen zu können, veränderte ich letzteren, indem ich die Stimmgabel in verschiedenen Gasen (verdünnter Luft, CO2, Äther u. dgl.) ausklingen ließ.

Bis jetzt habe ich, in Ermangelung zweckmäßig eingerichteter Apparate, nur Versuche mit horizontal fixierten Stimmgabeln anstellen können in stark verdünnter Luft, nicht im Vakuum.

Dieselben wurden in einem Metallkasten, der mit einer Spiegelglasplatte geschlossen war, aufgestellt; unter dem Mikrophotogramm wurde ein schiefes Spiegelchen angebracht, so daß die Schwingungsfigur genügend beleuchtet wurde und leicht durch das Spiegelglas hindurch beobachtet werden konnte. Als das Quecksilbermanometer 25 mm zeigte, wurde die Stimmgabel mit einem elektrischen Hämmerchen in Schwingung versetzt. Aus zahlreichen Versuchen, bei welchen Dr. Tiddens mich freundlichst unterstützte, ergab sich, daß die Dezimierzeit in verdünnter Luft größer war als in nicht verdünnter, so fand ich z. B.:

Stimmgabel g' Edelmann, Zeit in Sekunden von 100 bis 5 μ in atmosphärischer Luft:

66, 66, 66, 674, 652, 67, 65, 6514, 67, 66, 66, 6614,

bei 26 mm Druck:

70, 70, 68, 68, 69, 68, 6914, 68, 691/2, 68.

In Kohlensäure, Ätherdampf in einem geschlossenen Kasten, war der Unterschied nicht auffallend, wohl aber, wenn der Kasten offen blieb und das Gas fortwährend zugeführt wurde. Für dieselbe Stimmgabel fand ich z. B. in Kohlensäure 632, 64, 631⁄2, 62, 60, 63, während in Luft durchschnittlich 651 bei horizontaler Fixierung gefunden wurde. Auch in Ätherdampf betrug der Unterschied nur 1/2 bis 2 Sek.

Aus den gewonnenen Resultaten möchte ich keine be. stimmten Schlüsse ziehen. Da aber die Veränderung des äußeren Widerstandes nur solchen geringen Einfluß hatte, darf man annehmen, daß der innere Widerstand mindestens 30 mal größer ist als der äußere beim Ausklingen in gewöhnlicher Luft.

(Eingegangen 13. Mai 1907.)

5. Bestimmung der Veränderlichkeit des Koeffizienten der Differentialgleichung von Fourier und experimentelle Anwendung auf Wärmeleitung von Isolatoren; von Joh. Koenigsberger und Joh. Disch.

§ 1. Einleitung.

Fourier hat am Schluß seiner,,Theorie analytique de la chaleur"1) darauf hingewiesen, daß die von ihm aufgestellte Differentialgleichung nicht auf einer physikalischen Erklärung der Wärmewirkung beruht, sondern lediglich formell mathematisch begründet ist. Er hielt deshalb auch eine Abhängigkeit der Wärmeleitungsfähigkeit von der Temperatur und in geringerem Maß vom Druck für wahrscheinlich. L. Mach2) hat gezeigt, daß die Differentialgleichung von Fourier du/dt = a2 u deshalb in so vielen Gebieten der Physik gilt, weil sie als rein mathematische Beziehung in erster Annäherung bei jeder Veränderung eines physikalischen Zustandes gelten muß. Die Form der Gleichung und die Konstanz ihres Koeffizienten a2 kann nicht streng gefolgert werden, sondern beruht auf vereinfachenden Annahmen über die unbekannte Funktion, die als Nahewirkungsgesetz den Einfluß der umgebenden Punkte auf den zu untersuchenden darstellt, und auf Vernachlässigung der Glieder höherer Ordnung der Taylorschen Reihe. Deshalb wird die Konstante a2 nicht streng konstant, sondern eine Funktion der abhängigen Variabeln sein; die Wärmeleitfähigkeit eine Funktion der Temperatur, die Diffusionskonstante der Konzentration, die elektrische Leitfähigkeit des Potentials, der Reibungskoeffizient der Geschwindigkeit etc. Bekanntlich ist auch die Differentialgleichung von Fourier nicht auf die erweiterten Differentialgleichungen der

1) J. B. Fourier, Theorie analytique de la chaleur. Article 433. 2) L. Mach, Prinzipien der Wärmelehre p. 118. Leipzig 1900.

Mechanik zu reduzieren 1), und kann also wohl keine mathematisch strenge Darstellung der oben erwähnten physikalischen Vorgänge sein, die ja einer rein mechanischen Auffassung jedenfalls auch zugänglich sein müssen. Daher ist eine

Abhängigkeit der Konstanten von der abhängigen Variabeln nicht nur möglich, sondern äußerst wahrscheinlich.

§ 2. Diskussion der früheren Methoden.

Um die Abhängigkeit experimentell zu bestimmen, sind zwei Wege eingeschlagen worden. Die indirekte Messung beruht auf Bestimmung der absoluten Größe des Koeffizienten a2 unter verschiedenen Bedingungen (z. B. Wärmeleitfähigkeit bei verschiedenen Temperaturen). Aus dem Unterschied der Zahlenwerte von a2 wird dann die Abhängigkeit berechnet. Wenn die Änderung durch eine andere als die abhängige Variable der Diffe rentialgleichung von Fourier, z. B. durch Druck oder durch magnetisches Feld etc. bestimmt werden soll, so ist das vielfach die einzig mögliche Methode. Sie ist da anwendbar, wo die Fehler der absoluten Messung wesentlich kleiner sind als die Änderungen der zu messenden Größe in verschiedenen Zuständen und hat so z. B. für den Temperaturkoeffizienten der Wärmeleitfähigkeit von Metallen befriedigende Werte er geben. Immerhin sind die Unterschiede des auf diese Art gefundenen Temperaturkoeffizienten auch für die sorgfältigsten Messungen recht groß. Jäger und Diesselhorst? finden y für reines Blei 0,00016, für reines Kupfer -0,00012 Lorenz für ersteres 0,000072, für letzteres +0,000028. Hagström ebenfalls für reines Kupfer -0,00064, Hech: für Kupfer -0,0004, für Blei -0,0002. In erster Linie sind diese Verschiedenheiten wohl systematischen Fehlern der absoluten Messungen, namentlich dem starken Einfluß des äußeren Wärmeleitungsvermögens, das sich mit der Temperatur wesent

1) Vgl. L. Koenigsberger, Berl. Ber. p. 7 16. Febr. 1905 2) Für die meisten Angaben sei auf die ausgezeichnete Darstellung von L. Graetz in Winkelmanns Handbuch der Physik: Wärme (Leipzig 1906) verwiesen. Nur für die eingehender behandelten Untersuchungen wird im folgenden die Literatur angegeben.

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