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als 90°, für Kalkspath z. B. ist er 86°, bei positiven Krystallen ist er gröfser als 90°, für Quarz z. B. 90° 4' Ich bemerkte diese Abweichung erst nachdem ich sie in den Rechnungen gefunden hatte.

Beim Bergkrystall ist die doppelte Brechung so schwach, dafs bei sehr dicken Platten die hyperbolischen Curven noch so grofs sind, dafs man das ganze System gar nicht übersehen kann. Deshalb eignen sich zur Anstellung dieses Versuchs Bergkrystallplatten sehr wenig, und man muss zu Kalkspath seine Zuflucht nehmen, bei welchem auch die Abweichung des Asymptotenwinkels bedeutender ist als bei irgend einem andern einaxigen Krystall, den man etwa noch zu diesem Zwecke gebrauchen könnte. Beim Schleifen und Poliren des Kalkspaths, welches ohnehin grofse Schwierigkeiten darbietet, mufs man noch ganz besonders darauf sehen, dafs die Oberflächen möglichst genau einander parallel sind, indem eine ganz geringe Abweichung vom Parallelismus schon eine Divergenz der ordinären und extraordinären Strahlen nach dem Austritt aus dem Krystall hervorbringt, welche alles Interferiren dieser Strahlen unmöglich macht. Kalkspath, der in sechsseitigen Säulen krystallisirt ist, findet sich selten rein genug, um für diesen Versuch angewandt werden zu können.

Die Erklärung dieser Erscheinung bildet den Gegenstand meiner schon erwähnten Abhandlung, weshalb ich hier nicht weiter darauf eingehe.

(Schlufs im nächsten Heft.)

VII. Ueber den freien Durchgang der strahlen

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den Wärme durch verschiedene starre und

flüssige Körper; von Hrn. Melloni.

(Ann. de chim, et de phys. T. LIII p. 5) 1).

Mariotte ist meines Wissens der Physiker, welcher die Eigenschaft durchsichtiger Körper, Wärmestrahlen irdischer Abkunft entweder durchzulassen oder aufzufangen, zuerst versucht hat näher kennen zu lernen. Nachdem er beobachtet, dafs die im Brennpunkt eines Metallspiegels concentrirte Sonnenwärme nicht merklich an Intensität verliert, wenn sie durch eine Glasscheibe geht, stellte er seinen Apparat vor dem Feuer eines Kamines auf, und fand, dafs, in einem Abstande von fünf bis sechs Fufs, das zum Brennpunkt des Spiegels reflectirte Bild eine für die Hand unerträgliche Temperatur besafs, sobald die Strahlen sich daselbst ungehindert vereinigten, dafs sie dagegen nach Dazwischenstellung einer Glasplatte keine Wärmeempfindung mehr hervorbrachten, wiewohl das Bild noch seine ganze Helligkeit besafs. Er schlofs daraus, dafs die Wärme von irdischem Feuer gar nicht oder vielmehr sehr wenig das Glas durchdringe 2).

Hundert Jahre nach Mariotte wiederholte Scheele denselben Versuch; allein er war nicht so zurückhaltend wie jener sinnreiche Physiker, denn er versichert, dafs man, nach Dazwischensetzung eines Glases, nicht die min

deste

P.

1) Vorläufige Nachrichten von den interessanten Untersuchungen des Hrn. Melloni wurden bereits in diesen Ann. Bd. XXVIII S. 240, 638 und 643 mitgetheilt. 2) Mariotte, Traité de la Nature des couleurs; Paris 1686, zweiter Theil, am Ende der Einleitung.

deste Wärme im Brennpunkt des Spiegels empfinde 1). Die Unrichtigkeit dieser Behauptung ward bald von Pictet nachgewiesen, mittelst des unter dem Namen der conju girten Spiegel bekannten Apparats. Er brachte eine recht durchsichtige Fensterscheibe zwischen die durch den Apparat gesammelte Wärme einer Lichtflamme und ein Thermometer, und sah das letztere in einigen Augenblikken um mehre Grade steigen. Eben so beobachtete er eine merkliche Temperatur-Erhöhung, als er statt der Lichtflamme eine mit heifsem Wasser gefüllte Retorte anwandte 2).

Einige Jahre später unternahm Herschel über denselben Gegenstand eine sehr ausgedehnte Reihe von Versuchen, die in den Philosophical Transactions für 1800 beschrieben ist. Der Verfasser bedient sich keines Kunstgriffs zur Verstärkung der Wirkung der Wärmestrahlen, sondern begnügt sich, diese Wirkung durch ein in sehr kleiner Entfernung von dem durchsichtigen Körper aufgestelltes Thermometer unmittelbar zu messen.

Allein man hat Zweifel gegen die Folgerungen aus diesen Resultaten erhoben. Man hat eingewandt, dafs ein Theil der strahlenden Wärme erstlich an der Vorderfläche des Glases aufgefangen werde, dafs sie sich daselbst allmälig anhäufe und darauf von Schicht zu Schicht bis zur Hinterfläche fortpflanze, von wo sie wieder an fange auf das Thermometer zu strablen. Man bat sogar behauptet, die Wirkung rühre fast gänzlich von dieser Fortpflanzungsweise her; ja man ist so weit gegangen, den freien Durchgang der Wärme irdischer Körper durch andere durchsichtige Körper als die atmosphärische Luft gänzlich zu läugnen.

Diese Meinung ist indefs falsch; Hr. P. Prévost

1) Scheele, Traité de l'air et du feu; Paris 1781, §. 56. (Scheele's Werke, Bd. I S. 124. P.)

2) Pictet, Essai sur le feu, §. 52 ff. Poggendorff's Annal. Bd. XXXV.

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hat diefs durch ein sehr sinnreiches Mittel bewiesen. Er befestigte an dem Rohr eines Springbrunnens einen Ansatz von zwei parallelen Lamellen, so dafs er eine Wasserschicht von ungefähr der Dicke einer Viertellinie erhielt, stellte an der einen Seite ein Luftthermometer, und an der andern eine brennende Kerze oder ein heifses Eisen auf. Fast immer sah er dann das Thermometer um einige Bruchtheile eines Grades steigen 1). Es ist aber klar, dafs hier die successive Fortpflanzung durch die unaufhörlich erneuten Schichten des Schirms nichts bewirken konnte. Man ist also zu der Annahme gezwungen, dafs die Wärmestrahlen zuweilen auch andere durchsichtige Mittel als die atmosphärische Luft auf unmittelbare Weise, nach Art der Lichtstrahlen, durchdringen.

Indefs liefs sich das Verfahren des Hrn. Prévost kaum auf starre Körper anwenden, und es war also unmöglich zu entscheiden, ob die Wärme durch Glasschirme unmittelbar durchgelassen werde oder nicht. Diese letzte Aufgabe ward von Delaroche vollständig gelöst, mittelst einer von Maycock erfundenen Methode 2). Sic besteht darin, dafs man zunächst das Thermometer wie in den vorhergehenden Fällen beobachtet, d. b. wenn die Wärmestrahlen nach ihrem Durchgang durch eine Glasscheibe auf dasselbe fallen. Man mifst dadurch eine zusammengesetzte Wirkung, erzeugt von dem unmittelbaren Durchgang und von der Leitungsfähigkeit der Schichten, welche letztere wir successive Fortpflanzung genannt haben. Man braucht dann nur die eine zu kennen, um die andere daraus herzuleiten. Den Einfluss der Leitungsfähigkeit bestimmt man aber leicht, wenn man die Glasscheibe auf Seite der Wärmequelle mit Tusche schwärzt und dann

1) Journ. de Physique etc. par Delametherie, Anneé 1811

P.

Prévost, Mémoire sur la transmission du calorique à travers l'eau et d'autres substances, §. 42 et 43.

2) Nicholson's Journal, Vol. 26, Mai et Juni 1810. J. D. Maycock, Remarks on profess. Leslie's Doctrine of radiant heat.

den Versuch wiederholt. telbare Strahlung aufgehoben ist, und die Temperaturerhöhung jenseits der Glasscheibe nur von der aus der Leitungsfähigkeit der Schichten entsprungenen Wärme herrühren kann. Wenn diese Wärme geringer ist als die vorhergehende, so hat man einen sicheren Beweis von dem unmittelbaren Durchgang. Und wirklich war diefs der Fall fast bei allen Versuchen Delaroche's; ich sage fast bei allen, denn es fand sich, dafs die frei durchgelassene. Wärmemenge mit der Temperatur der Wärmequelle veränderlich war. Sie war Null für Temperaturen geringer als die des siedenden Wassers, und überstieg fast die Hälfte der gesammten Wärme, wenn eine Argand'sche Lampe angewandt wurde 1).

Klar ist, dafs nun die unmit

Gegen die Wahrheit dieser schönen Entdeckung Delaroche's lässt sich kein Zweifel erheben; und dennoch ist die von ihm angewandte Methode zur Messung der frei durchgelassenen Wärmemengen bei weiten nicht genau, vor ållen bei höheren Temperaturen. Um diese Art von Widerspruch zu erklären, mufs ich zwei Dinge bemerklich machen: 1) den aus einer Veränderung des Oberflächenzustandes entspringenden Unterschied zwischen den beiden Wärmemengen, welche das Glas auf dem Wege der Leitung durchdringen. 2) Den Unterschied zwischen denselben Wärmemengen in Folge der gänzlichen oder theilweisen Aufhebung der Wärmestrahlung.

Es ist durch die Versuche von Leslie und andern Physikern wohl erwiesen, dafs mit Tusch geschwärztes Glas alle Wärmestrahlen absorbirt, während es in seinem natürlichen Zustand eine gewisse Anzahl derselben reflectirt. Mithin wird die in das Glas eindringende Wärme im ersteren Fall gröfser seyn als im letzteren. Indefs, da das polirte Glas nur einen sehr kleinen Antheil der Wärmestrahlen reflectirt, so wird der aus ei 1) Journal de physique etc. par Delametherie Année 1812. Delaroche, Observations sur le calorique rayonnant.

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