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II. Auffindung eines Körpers, welcher in Berührung mit anderen Elektromotoren eine weit stärker negative Elektricität erregt als jeder bisher untersuchte; von P. S. Munck af Rosenschöld.

Beim Nachsinnen darüber, wie viele Körper ihren elek

trischen Eigenschaften nach noch nicht gehörig untersucht seyen, und welch ein weites Feld hier dem Forscher noch offen stehe, wurde meine Aufmerksamkeit besonders auf die beiden Superoxyde des Bleies gerichtet. Das Mangansuperoxyd ist bekanntlich unter allen bisher untersuchten derjenige Körper, der die stärkste negative Elektricität annimmt, und ich vermuthete daher, dafs auch andere Superoxyde sonderbare elektrische Eigenschaften haben würden. Zuerst fiel mir ein, das rothe Superoxyd des Bleis zu versuchen; als ich aber erwog, dafs dieser Körper ein sehr schlechter Leiter ist, wurde mir unwahrscheinlich, dafs die Berührungselektricität durch den Condensator entdeckt werden könne. Desto mehr Hoffnung machte ich mir von dem braunen oder zweiten Superoxyde. Bei den Versuchen, die ich zuvor über die Leitungsfähigkeit der Metalloxyde und Schwefelmetalle angestellt, hatte ich bemerkt, dafs die schwarzen gewöhnlich Leiter sind, die rothen dagegen Nichtleiter. Ich vermuthete daher erstens, dass das braune Bleisuperoxyd ein besserer Leiter sey als das rothe, weil es von dunklerer Farbe ist, und zweitens, dafs es als negativer Erreger das Mangansuperoxyd übertreffe, weil es ein Superoxyd von höherer Ordnung ist. Ich hatte das Vergnügen beide Vermuthungen durch Versuche bestätigt zu finden.

Da beim Gebrauche des Volta'schen Condensators

sehr viel auf die Güte des Instruments ankommt, will ich, um meinen Versuchen gröfseres Zutrauen zu erwecken, zuerst die Einrichtung beschreiben, welche ich meinem Condensator gegeben habe.

Der Condensator selbst besteht aus zwei kupfernen Platten 3" 7" im Durchmesser und 2" dick, die so gut an einander geschliffen sind, dafs sie mit ihren ebenen Flächen stark an einander adhäriren und keinem Licht

strahl den Durchgang verstatten. Da es bei einem guten Condensator darauf ankommt, dafs die Platten, ohne sich zu berühren, einander so nahe als möglich sind, habe ich diefs auf folgende Weise zu erreichen gesucht. Nachdem die unterste Platte auf das Gestell einer Lampe gelegt war, wurden 20 bis 30 sehr kleine Gummilackstücke von der Gröfse eines Sandkorns, nahe am Rande herum so geordnet, dafs die Abstände ungefähr gleich waren. Darauf wurde die Platte erhitzt, und sobald die Gummilackkörner völlig flüssig waren, wurden sechs schmale Streifen von dünnem Stanniol in gleichen Entfernungen zwischen ihnen gelegt und die Flamme sogleich gelöscht. Dann wurde die obere Platte vorsichtig auf die untere gelegt und beide stark gegen einander gedrückt. Nach dem Erkalten kann man die obere Platte leicht los machen, und alle Gummilackkörner bleiben platt an der unteren baften. Beide Platten nähern sich also einander bis auf die Dicke eines dünnen Blatts Stanniols, und die Entfernung ist überall gleich. Beim Gebrauche wird die untere Platte an das voltasche Elektrometer geschraubt, und die obere, welche mit einer isolirenden Glasröhre und Handhabe versehen ist, darauf gelegt.

Dieser Condensator zeichnet sich sowohl durch seine grofse Empfindlichkeit als durch die Genauigkeit seiner Angaben aus, und ich bin dadurch im Stande die einfache Erregung zweier Elektromotoren nicht nur wahrzunehmen, sondern auch mit ziemlicher Genauigkeit zu mesDie Genauigkeit des Condensators beruht theils

sen.

darauf, dafs die Entfernung der Platten überall dieselbe sey, theils darauf, dafs er, wenn er behutsam gebandhabt wird, von eigner Elektricität ganz frei sey. Man

hat daher wenig zu befürchten, dafs er Elektricität angebe, wo keine vorhanden ist; doch hat er bisweilen den Fehler, dafs die Platten bei Abhebung der oberen, wegen der grofsen Nähe, in Berührung kommen, wodurch die angesammelte Elektricität ganz vernichtet wird ein Fehler, der aber doch nicht leicht irre leiten kann. Uebrigens müssen die Gummilackkörner sehr rein seyn, denn bei der geringsten fremden Einmischung geht die Elektricität der unteren Platte in die obere über.

Ehe ich die Bereitung des braunen Bleisuperoxyds unternahm, machte ich einige Versuche mit der Mennige, die sich bei früheren Versuchen zwar als ein sehr schlechter Leiter gezeigt hatte, die aber doch ein weniger besser leitete als der Zinnober. Ich legte daher ein Stück Mennige, gut ausgetrocknet, auf Zink, bedeckte es mit etwas feuchtem Löschpapier, und brachte dieses mit der unteren Condensatorplatte in Berührung, während die obere ableitend berührt wurde, Es gelang mir aber nicht auf diese Weise Elektricität hervorzubringen, und nachher fand ich, dafs die Mennige bei so schwachen Spannungen fast völlig nichtleitend ist, denn sie isolirte sogar die Elektricität, welche schon dem Condensator mitgetheilt worden. Obgleich es daher zu vermuthen war, dass das rothe Bleisuperoxyd in Berührung mit den Metallen negative Elektricität annehme, kann sie doch der Condensator nicht angeben, weil sie zu langsam in diesen übergeht.

Hienach bereitete ich eine Quantität von dem braunen Bleisuperoxyd auf gewöhnliche Weise. Die Mennige wurde mit einer zureichenden Menge reiner Salpetersäure digerirt, nachher auf's Filtrum gebracht, mit kochendem Wasser ausgewaschen und getrocknet. Dann legte ich eine kleine Quantität von dem braunen Pulver auf den Deckel eines elektrisirten Goldblattelektrometers

und

und berührte jenes mit Metall. Die Divergenz war augenblicklich verschwunden, und die leitende Eigenschaft des braunen Superoxyds somit deutlich. Um den Leitungsgrad näher zu bestimmen, legte ich die ganze Quantität in ein Glasrohr von 1" innerem Durchmesser. Bei der gröfsten Entfernung des Drahtes von der Bleifolie (siehe meine letzte Abhandlung, S. 443, des vorigen Bandes), die die Menge des Pulvers erlaubte 21", waren die Schläge bis auf 3° des ersten Volta'schen Elektrometers fühlbar. Also leitet das braune Bleisuperoxyd weit besser als Mangansuperoxyd und gewifs nicht viel schlechter als schwarzes Schwefelquecksilber.

Meine erste Vermuthung hatte sich also völlig bestätigt, und ich war daher begierig zu wissen, wie sich dieser Körper als Elektricitätserreger verhalten werde. Aus dieser Absicht berührte ich die untere Platte des Condensators mit einem kleinen Stücke braunen Bleisuperoxyd, deren Theilchen durch Anfeuchten und wieder Austrocknen zusammenhängend gemacht waren. Nachdem die Berührung nur einige Secunden gedauert, entfernte ich den Körper und hob die obere mit der Erde verbundene Platte auf. Die Pendel des Elektrometers divergirten sogleich bis auf 4°, und bei Annäherung ciner geriebenen Siegellackstange fielen sie mehr und mehr zusammen; also war ihre Elektricität positiv. Aus diesen Versuchen, welche ich mehrmals wiederholte, ging daher schon hervor, dafs das braune Bleisuperoxyd einer der stärksten negativen Elektromotoren ist, weil es das Kupfer so stark positiv macht.

Hienach versuchte ich diesen Körper in Berührung mit Zink. Ich legte eine nasse Pappscheibe auf ein messingenes Stativ, darüber eine runde Zinkplatte, und auf diese etwas von dem braunen Pulver, welches ich mit feuchtem Löschpapier bedeckte. Dieses wurde nun mit dem messingenen Draht der unteren Platte des CondenPoggendorff's Annal. Bd. XXXV.

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sators in Berührung gebracht, und sowohl der obere Deckel als der Fufs des Messingstativs ableitend berührt. Obgleich ich die Versuche mehrmals wiederholte, erhielt ich doch keine gröfsere Divergenz als im vorigen Falle bei Berührung mit Kupfer, und glaubte daher anfangs, dafs das braune Bleisuperoxyd von dem gewöhnlichen Verhalten der Leiter erster Klasse abweiche.

Ein

Nachher versuchte ich das Superbxyd in Berührung mit Koble, und als der Condensator starke negative Elektricität angab, gab dieser mir Veranlassung diesen Körper mit dem Mangansuperoxyd selbst zu prüfen. Stück Braunstein wurde daher an einer Seite geebnet, und auf die nasse Pappscheibe, wie im vorigen Falle, auf das Zink gelegt. Die ebene Fläche wurde mit dem Pulver bedeckt und hierüber etwas feuchtes Löschpapier gelegt. Nachdem diefs letztere einige Secunden mit dem Drahte des Condensators in Berührung gewesen, hob ich die obere Platte auf, und sogleich divergirten die Strohhälmchen von 2o bis 3o mit negativer Elektricität. Hierauf kehrte ich den Versuch um, legte die Pappscheibe auf eine Glastafel, und berührte das Löschpapier ableitend, während der Draht mit der Pappscheibe in Berührung war. Die Elektricität war jetzt positiv, zwar nicht so stark, aber sehr deutlich. Also war es durch diese beiden Versuche völlig erwiesen, dafs wenn braunes Bleisuperoxyd mit Mangansuperoxyd in Berührung kommt, jenes die negative und dieses die positive annimmt. Das zweite Superoxyd des Bleis ist also der stärkste aller bekannten negativen Elektromotore.

Nachdem ich über diesen Punkt im Reinen war, setzte ich die Versuche fort, um zu sehen, ob wohl dieses Superoxyd von der Regel, welche Volta für die Leiter erster Klasse festsetzte, auf irgend eine Weise abweiche. Die Regel ist bekanntlich diese: Wenn eine gegebene Anzahl Leiter erster Klasse in Berührung mit

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