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Unter so bewandten Umständen, die noch jetzt in voller Kraft bestehen, habe ich geglaubt, dass es für mich lohnender, und für die Wissenschaft erspriesslicher sein würde, ausschliesslich den experimentellen Weg zu verfolgen, um zu einer vollständigen Kenntniss der Elektromaschinen zu gelangen, wenn auch dabei keine neuen Principien der Elektricitätslehre zu Tage gefördert werden sollten. Und dies habe ich auch nicht zu bereuen gehabt, denn, wie wohl ich glaube ohne Überhebung sagen zu können, dass ich, etwa mit Ausnahme des Erfinders, diese Maschinen besser kenne, als sonst irgend Jemand, so bin ich doch selbst in jüngster Zeit noch überrascht worden durch Auffindung von Erscheinungen an ihnen, die mir vordem unbekannt waren.

Einen ersten Beleg dazu haben die Beobachtungen gegeben, welche ich erst kürzlich die Ehre hatte, der Kgl. Akademie vorzutragen; einen ferneren und noch interessanteren werden die Thatsachen liefern, welche ich in meiner heutigen Mittheilung zu beschreiben gedenke.

I.

Wenn man von einer Theorie der Elektromaschine nichts weiter verlangt als den ungefähren Nachweis, wie in derselben der Strom durch Influenz oder Einströmung zu Stande komme, so wären wir bereits am Ziele, namentlich bei der Maschine zweiter Art.

Denn die Theorie, welche ich von dieser Maschine in den Monatsberichten f. 1872 S. 822 gegeben habe, lösst das Problem der Strom-Erregung in derselben, ohne igrend welche neue Hypothesen zu machen, auf eine so einfache und befriedigende Weise, dass sie anscheinend nichts zu wünschen übrig lässt.

Ich halte sie auch jetzt noch, der Hauptsache nach, für richtig, kann ihr aber keinen allgemeinen Werth mehr beilegen, seit der Zufall mich belehrt hat, dass sie eine Fülle von Erscheinungen ausser Acht lässt, die vielleicht für die Strom-Erregung keine Bedeutung haben mögen, sicher auch für die practische Benutzung der Maschine ohne sonderlichen Werth sind, desto mehr aber das wissenschaftliche Interesse in Anspruch nehmen, und jedenfalls gekannt sein müssen, bevor man sagen kann, man habe ein volles Verständniss der Maschine.

Einen Theil dieser Erscheinungen habe ich bereits in meiner letzten Mittheilung beschrieben (Monatsberichte f. 1874 S. 51). Namentlich habe ich gezeigt, dass wenn man an der Elektromaschine zweiter Art, nachdem sie eine Zeitlang in voller Wirksamkeit gewesen ist, eine der Scheiben festhält, die andere, bei erneuter Rotation der Maschine, für sich allein dieselben Erscheinungen darbietet, namentlich einen Strom von eben der Richtung liefert, wie zuvor, als beide Scheiben gemeinschaftlich und gegen einander rotirten.

Ich erwähnte auch beiläufig, dass wenn man die festgehaltene Scheibe um 180° verstelle, der Strom in der anderen Scheibe seine Richtung umkehre.

Seitdem habe ich dies Phänomen näher untersucht und dabei gefunden, dass es viel mannigfaltiger und merkwürdiger ist, als ich damals glaubte. Es hat sich nämlich als allgemeines Resultat herausgestellt, dass wenn man die festgehaltene Scheibe aus einer Lage in eine andere bringt, es nicht sowohl die Art und Grösse der Verstellung ist, welche den Effect bedingt, als vielmehr die Richtung, in welcher man sie vollzogen hat.

Um dieses zu verdeutlichen, will ich das Beobachtungsverfahren näher beschreiben. Nachdem ich die Maschine eine Zeitlang in voller Thätigkeit gehalten habe, damit sich beide Scheiben gehörig elektrisiren, lüfte ich die Schraube an der Vorderscheibe und halte diese Scheibe fest, indem ich einen Finger auf ihren Rand lege; lasse ich nun die Maschine wieder im anfänglichen Sinne rotiren, so bekomme ich bloss in dem Vertikalbügel an der Hinterscheibe einen Strom und zwar in derselben Richtung wie zuvor, als beide Scheiben sich gegeneinander bewegten. Man erkennt dies leicht im Dunklen an der Lage der positiven Lichtbündel.

Drehe ich nun die Vorderscheibe mit dem Finger um 360° und halte sie dann wiederum fest, so wird dadurch begreiflich in der gegenseitigen Lage der beiden Scheiben nichts geändert. Man sollte demnach glauben, eine solche Drehung habe gar keine Wirkung. Dem ist aber nicht also. Denn wenn man jetzt die Hinterscheibe wiederum in die anfängliche Rotation versetzt, zeigt sich merkwürdigerweise, dass die Wirkung abhängig ist von dem Sinn, in welchem man die Vorderscheibe gedreht hatte.

Wurde rechtsinnig gedreht, d. h. im Sinne der Rotation, welche die Vorderscheibe bei voller Thätigkeit der Maschine be

sitzt, so erweisst sich der Strom an der Hinterscheibe ungeändert. Hatte man aber links herum oder widersinnig gedreht, so findet sich dieser Strom umgekehrt.

Denselben Effect hat eine Drehung von 180°. Links herum kehrt sie die Richtung des Stroms an der Hinterscheibe um; rechts herum ist sie ohne Einfluss auf dieselbe. Bei dieser halben Umdrehung wird allerdings die gegenseitige Lage der Scheiben geändert; aber diese Aenderung ist doch dieselbe, man mag rechts oder links herum gedreht haben. Es ist also wesentlich die Richtung der Drehung oder Verstellung, welche den Effect bedingt.

Selbst eine Drehung von 90° hat dieselbe Wirkung. Nur die widersinnige kehrt den Strom der Hinterscheibe um.1)

Es kann auffallend erscheinen, dass eine widersinnige Drehung von 180° eben so wirkt wie eine von 90°, und eine von 360° eben so wie eine von 180° oder 90°. Die Sache erklärt sich aber einfach, wenn man mehrere solcher Drehungen von 90° oder 180° unmittelbar hintereinander vornimmt, ohne dazwischen die Hinterscheibe in Rotation zu versetzen. Man findet dann, dass nur die erste dieser Verstellungen eine Wirkung ausübt, die zweite und jede folgende aber nicht. Dagegen führen zwei widersinnige Verstellungen von 90° oder von 180° den Strom wieder auf seine anfängliche Richtung zurück oder kehren ihn zwei Mal um, dazwischen die Hinterscheibe in Rotation versetzt ward.

sobald

Sehr merkwürdig ist die Wirkung einer widersinnigen Drehung oder Verstellung von 45°. Dreht man die Vorderscheibe langsam um einen Quadranten zurück, während man die Hinterscheibe unausgesetzt schnell rotiren lässt, so sieht man den Strom an letzterer allmählig schwächer werden, dann erlöschen, wenn die Vorderscheibe die Stellung - 45° erreicht, und nun in umgekehrter Richtung wieder wachsen bis zu der Stellung 90°. Lässt man die Vorderscheibe etwas lange in der Stellung 45° verweilen, so hat es zur Folge, dass der Strom an der Hinterscheibe vollständig

1) Alles was bisher von der vorderen, d. h. dem Beobachter zugewandten Scheibe gesagt ist und noch fernerhin von ihr gesagt werden wird, gilt auch von der hinteren oder abgewandten. Die beiden Scheiben verhalten sich in Bezug auf die hier behandelten Phänomene ganz gleich. Nur weil die Verstellung bei der Vorderscheibe leichter zu bewerkstelligen ist als bei der Hinterscheibe, habe ich sie in der Regel bei der ersteren vollzogen,

erlischt, und bei weiterer Drehung nicht wieder zum Vorschein kommt. Man sieht alles dieses im Dunklen sehr schön, wenn man die Kämme an der Hinterscheibe durch eine Spectralröhre verbunden hat. Eine widersinnige Drehung der Vorderscheibe um 90°45°, 180° 45°, oder 270° 45° hat diese Wirkung nicht, so wenig wie irgend eine rechtsinnige, die überhaupt den Strom an der Hinterscheibe gar nicht ändert.

II.

Bei allen diesen Versuchen, wurde die Maschine immer in gleichem Sinne in Thätigkeit gesetzt, nämlich so, dass die Vorderscheibe (wenn sie nicht festgehalten ward) rechtläufig, die Hinterscheibe also rückläufig rotirte, letztere mithin vor und nach der Festhaltung der ersteren sich in gleicher Richtung bewegte. Man kann aber begreiflich auch so verfahren, dass man die Maschine vor und nach der Festhaltung der Vorderscheibe in entgegengesetztem Sinn rotiren lässt, z. B. vorher rechtläufig, und nachher rückläufig. 1)

Verfährt man in dieser Weise, so ergiebt sich, dass eine gegen die anfängliche Rotationsrichtung der Vorderscheibe widersinnige Verstellung dieser Scheibe von 90°, 180° oder 360° den Strom allemal umkehrt, eine rechtsinnige aber nicht.

Der Effect ist also derselbe wie in dem Fall, dass die Rotationsrichtung der Maschine nicht geändert ward, ungeachtet hierbei die Hinterscheibe sich in umgekehrter Richtung gegen die verstellte Vorderscheibe bewegt.

Selbst die vorhin erwähnte merkwürdige Wirkung einer Verstellung der Vorderscheibe von 45°, nämlich der Vernichtung des Stromes, zeigt sich, wenn man die Rotationen der Maschine vor und nach der Verstellung der Vorderscheibe im umgekehrten Sinn vornimmt eben so gut, wie wenn sie in gleichem Sinne geschehen.

1) Rechtläufig nenne ich die Rotation der Maschine, wenn ihre Kurbel im Sinne der Drehung eines Uhrzeigers bewegt wird, was, wie bei mir der Schnurlanf um die beweglichen Rollen der Maschine geschlungen ist, eine Rotation der Vorderscheibe in gleicher Richtung zur Folge hat.

III.

Ich schreite nun zu einer zweiten Klasse neuer Erscheinungen. Die Umstände dabei sind in sofern verschieden von den vorherigen, als die Vorderscheibe, nachdem sie um eine gewisse Grösse verstellt worden ist, wieder festgeschraubt, und zum zweiten Male gemeinschaftlich mit der Hinterscheibe wieder in Rotation versetzt wird, zuvörderst in derselben Richtung wie vor der Verstellung.

Im Allgemeinen sind die Erscheinungen den vorhin beschriebenen ähnlich, doch mit einigen Ausnahmen.

Ähnlich sind sie in sofern, als eine Verstellung der Vorderscheibe von 180°, je nachdem sie recht- oder widersinnig vollzogen ward, den Strom ungeändert lässt oder umkehrt; und eine volle Drehung von 360° nicht anders wirkt als eine halbe von 180°, weil wenn zwei halbe Drehungen unmittelbar auf einander folgen, die zweite keine Wirkung hat.

Aber eine Verschiedenheit liegt darin, dass eine Verstellung von bloss 90° ohne allen Einfluss ist, während diese bei der ruhenden Vorderscheibe, wie wir gesehen, so gut wie die Verstellung von 180° oder 360°, eine Umkehrung des Stromes bewirkt, wenn sie widersinnig vollzogen ward.

Dreht man indess die Vorderscheibe links um 90° und die Hinterscheibe rechts um 90°, also beide Scheiben widersinnig, so erfolgt eine Strom-Umkehrung. Es müssen aber dazu beide Drehungen gleichzeitig vorgenommen werden. Wenn das nicht geschieht, wenn man erst die eine, und dann die andere widersinnig um 90° dreht, bleibt der Strom der Maschine ungeändert. Die entgegengesetzten Drehungen beider Scheiben um 90° sind also nicht ganz gleichwerthig der Drehung einer der Scheiben um 180°.

Rechtsinnige Drehungen beider Scheiben um 90°, gleichviel ob gleichzeitig oder nicht, haben übrigens keine Wirkung.

Ebenso hat eine widersinnige Drehung beider Scheiben um 180°, sie mag gleichzeitig vorgenommen sein oder nicht, keinen Einfluss auf die Richtung des nachherigen Stromes der Maschine.

Ferner kommt das merkwürdige Erlöschen des Stromes bei einer widersinnigen Verstellung der Vorderscheibe um 45° in diesem Falle nicht vor; eine solche Verstellung hat gar keinen Einfluss.

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