Page images
PDF
EPUB

IX.

Ueber die isomerischen Modificationen des Schwefelantimons; von Heinrich Rose.

Die isomerischen Modificationen einer Verbindung sind

um so lehrreicher, je einfacher dieselbe zusammengesetzt ist. Man kann hierbei die Frage aufwerfen, ob die ungleiche Anordnung der einfachen Atome die Ursache der Isomerie sey, oder ein verschiedener allotropischer Zustand der Elemente selbst, aus denen der zusammengesetzte Körper besteht.

Unter den Schwefelmetallen finden sich mehrere, von denen man, je nachdem sie auf nassem oder trocknem Wege erzeugt worden sind, isomerische Modificationen schon lange kennt. Am bekanntesten unter ihnen sind die Schwefelverbindungen des Quecksilbers und des Antimons, die durch ihre ganz verschiedene Färbung sich auszeichnen. Von beiden Metallen kennt man bekanntlich schwarze und rothe Schwefelverbindungen von derselben Zusammensetzung, und es ist auch bei ihnen bisweilen geglückt, die eine Modification in die andere zu verwandeln.

Schon seit längerer Zeit habe ich Bemerkungen über die Umwandlung des Schwefelantimons in isomerische Modificationen zu sammeln Gelegenheit gehabt, die mir zum Theil neu, zum Theil bisher wenig beachtet zu seyn scheinen.

I. Schwarzes Schwefelantimon.

Dasselbe kommt bekanntlich in der Natur krystallisirt als Grauspiesglanzerz (Antimonglanz) vor. Aber von derselben Beschaffenheit erhält man es auch, wie man weifs, wenn Schwefel mit Antimon zusammengeschmolzen, und die geschmolzene Masse langsam erkaltet wird.

Uebereinstimmend mit den bisherigen Angaben wurde. das specifische Gewicht von einem durch Zusammenschmelzen erhaltenen Schwefelantimon, das frei von fremden Schwe

felmetallen war, und das zu allen den folgenden Versuchen benutzt wurde, zu 4,614 gefunden. Zu einem sehr feinen Pulver gerieben, war die Dichtigkeit desselben 4,641 (Temperatur 16o C., bei welcher auch alle andere DichtigkeitsBestimmungen, deren weiter unten Erwähnung gethan wird, angestellt wurden).

Das krystallisirte Schwefelantimon giebt fein zerrieben kein krystallinisches Pulver. Bei der mikroskopischen Besichtigung erscheint dasselbe glasartig. Das Pulver, selbst das feinste, ist schwarz. Auch der Strich der Stücke auf unglasirtem weissen Porcellan ist vollkommen schwarz, ohne den mindesten Stich ins Braune oder ins Rothe.

Das krystallisirte Schwefelantimon ist ein Leiter der Elektricität, auch als feines Pulver. Zu diesen und allen folgenden Untersuchungen wurde das Bennet'sche Goldblatt - Elektrometer angewandt. Um die Leitungsfähigkeit des Pulvers zu untersuchen, wandte ich die Methode an, deren sich Hr. Riefs seit längerer Zeit bedient '). Das Pulver wird bei dieser Untersuchung in eine Glasröhre gebracht, welche an einem Ende durch eine angeschraubte Messingplatte verschlossen ist. Durch das andere Ende geht vermittelst eines Korkes eine stählerne Nadel, welche zu verschiedenen Tiefen in das Pulver gesenkt wird, das in der Glasröhre leicht erhitzt werden kann, um aus demselben alles Wasser zu entfernen, und um das Glas selbst weniger leitend zu erhalten.

II. Rothes Schwefelantimon.

1) Rothes Schwefelantimon, durch schnelles Abkühlen des geschmolzenen schwarzen erhalten. Fuchs ) hat angegeben, dass wenn man krystallisirtes Schmefelantimon in einem dünnen Glase schmelzt, eine Zeitlang im Fluss erhält, und dann so schnell wie möglich sammt dem Glase in eiskaltes Wasser wirft, man amorphes Schwefelantimon von röthlich-braunem Pulver erhalte. Durchs Schmelzen 1) Pogg. Ann. Bd. 64, S. 53. 2) Pogg. Ann. Bd. 31, S. 578.

und langsames Erkalten kann man dasselbe wieder in krystallisirtes schwarzes Schwefelantimon verwandeln. Das specifische Gew. dieses Schwefelantimons ist nach Fuchs 4,15. Er giebt nicht an, ob er zur Bestimmung der Dichtigkeit des porösen Schwefelmetalls dasselbe zuvor gepulvert habe, bemerkt aber, dafs die Umwandlung des krystallisirten Schwefelantimons in das amorphe nicht immer gelingt. Ich kann diefs bestätigen, denn unter sechs oder sieben Versuchen, diese Modification des Schwefelantimons in einer einigermassen gröfseren Menge zu erhalten, gelang nur einer vollkommen.

Ungefähr ein viertel Pfund vom krystallisirten Schwefelantimon in grob gepulverten Stücken wurde in einer Röhre von dünnem aber schwer schmelzbarem Glase in einem Ofen von Eisenblech zum Schmelzen gebracht, während getrocknetes Kohlensäuregas darüber geleitet wurde. Die Hitze wurde so stark gesteigert, als es das Glas, das ganz weich wurde, nur gestatten wollte, ohne zu schmelzen. Nachdem das Schwefelmetall längere Zeit dieser Hitze ausgesetzt worden, wurde es mit der Glasröhre in ein grofses Gefäfs mit kaltem Wasser gefüllt geworfen, in welchem es unter heftiger Explosion zerplatzte, und das Glas in Splitter verwandelt wurde. Das Schwefelantimon erstarrte zu einem grobkörnigen schwarzen Pulver, das sich mit den Glassplittern mengte. Ein Theil des Schwefelantimons war feiner zertheilt, und schwamm als ein rothbraunes Pulver auf der Oberfläche des Wassers, doch war die Menge desselben nur gering. Während des Eintragens des Schwefelantimons in Wasser oder unmittelbar darauf, verbreitete sich ein, wiewohl schwacher Geruch nach Schwefelwasserstoff.

Das grobkörnige schwarze Pulver des schnell abgekühlten Schwefelantimons zeigte bei der Besichtigung vermittelst der Lupe starken Glasglanz und gar keine krystallinische Structur. Zu Pulver gerieben wurde es rothbraun, und es wurde um so röther, je feiner das Pulver war. Die Farbe war der eines auf nassem Wege bereiteten Kermes

minerale sehr ähnlich, nur war sie vielleicht noch röther. Es ist bekannt, dafs der Kermes wesentlich nur aus Schwefelantimon besteht. Das Pulver zeigte unter dem Mikroskop eine glasartige, durchaus nicht krystallinische Structur. Alle Theile des Schwefelantimons hatten gepulvert dieselbe Farbe. Wurde ein Korn des Schwefelmetalls auf unglasirtem Porcellan gerieben, so zeigte sich auch hier ein rother oder vielmehr rothbrauner Strich.

Das specifische Gewicht des groben schwarzen Pulvers war 4,167, also fast übereinstimmend mit der Angabe von Fuchs. Diese Dichtigkeitsbestimmung ist indessen nicht ganz vollkommen genau, denn das schwarze Pulver war nach seiner Darstellung mit Glassplittern innig gemengt. Es wurde zwar mit grofser Sorgfalt davon gereinigt; als es aber zu einem feinen Pulver gerieben war, konnte durch das Mikroskop darin noch eine Einmengung von Glas bemerkt werden.

Die Körner des groben schwarzen Pulvers waren, durch die Lupe besichtigt, porös; das feine rothe Pulver hatte daher ein höheres specifisches Gewicht, als die Körner. Es betrug bei diesem 4,202.

Als 1,071 Grm. von diesem Pulver durchs Erhitzen in Chlorwasserstoffsäure aufgelöst wurden, blieben 0,026 Grm. Glaspulver ungelöst. Man kann also im fein geriebenen Pulver 2,42 Proc. Glaspulver annehmen. Die Glasröhre, in welcher das Schwefelantimon geschmolzen worden, bestand aus böhmischem Glase, dessen specifisches Gewicht gewöhnlich 2,4 ist. Wenn man diefs berücksichtigt, so wird dadurch das specifische Gewicht des rothen Pulvers vom Schwefelantimon bis zu 4,28 erhöht.

Das Gemenge des rothen Schwefelantimons mit Glas konnte indessen natürlich kein vollkommen gleichförmiges seyn. Bei Behandlung einer andern ungepulverten Menge desselben wurden daraus 2,89 Proc. Glas abgeschieden.

Fuchs giebt an, dafs das amorphe Schwefelantimon mit rothem Pulver merklich härter sey, als das krystallisirte schwarze, und dafs es letzteres auf der vollkommenen

Spaltungsfläche ziemlich stark ritzt. Diese Bemerkung ist richtig. Wenn man die Körner des amorphen Schwefelantimons auf eine glatte Spaltungsfläche von krystallisirtem schwarzen Schwefelantimon oder von Steinsalz, das eine ähnliche Härte besitzt, legt, und sie, mit den Fingern andrückend, auf derselben hin und her schiebt, so macht man in der Spaltungsfläche sehr deutliche Schrammen. Auf einer glatten Spaltungsfläche von Kalkspath kann man dieselben nicht hervorbringen, drückt man aber die Körper des amorphen Schwefelantimons zwischen zwei glatte Kalkspathflächen, so kann man, wenn auch nur schwache, doch deutliche Eindrücke auf der Kalkspathfläche hervorbringen. Es ist daher das amorphe Schwefelantimon noch etwas härter als Kalkspath.

Da beim Eintragen des geschmolzenen Schwefelantimons in Wasser sich ein, wiewohl schwacher Geruch, nach Schwefelwasserstoff verbreitete, so kann die Frage aufgeworfen werden, ob das rothe Schwefelantimon von dem schwarzen sich nicht durch einen, wenn auch geringen Gehalt an Antimonoxyd unterscheide, und ob es nicht eine Art von Vitrum Antimonii sey. Fuchs hat bei der Darstellung des rothen Schwefelantimons es versäumt, diese Frage du beantworten.

Die Methoden, die man in den Lehrbüchern der Chemie angiebt, um einen sehr kleinen Gehalt von Antimonoxyd im Schwefelantimon zu entdecken, sind zum Theil sehr unsicher. Man schlägt vor, das fein gepulverte Schwefelantimon mit Weinstein und Wasser oder mit einer Auflösung von Weinsteinsäure zu behandeln. Es soll dadurch das Schwefelantimon nicht angegriffen, aber das Oxyd aufgelöst werden, dessen Gegenwart dann leicht in der filtrirten Flüssigkeit vermittelst Schwefelwasserstoffwassers zu erkennen ist.

Wird reines Schwefelantimon im fein gepulverten Zustande, sowohl das schwarze, als auch das rothe auf diese Weise mit Weinstein und Wasser oder mit Weinstein säure in der Kälte behandelt, so wird es fast gar nicht an

« ՆախորդըՇարունակել »