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von San Onofrio in Mexico, die der verstorbene Hr. Carl Ehrenberg mitgebracht hatte, und unter denen ich selenigsaures Quecksilberoxydul auffand, wurde mir Veranlassung geboten, auch die bisjetzt noch nicht beschriebenen selensauren Quecksilbersalze der Vergleichung wegen darzustellen, wodurch dann die in Folgendem mitgetheilte Arbeit entstand.

Ueber die angewandten analytischen Methoden bemerke ich nur, dass das Quecksilber durch Schwefelwasserstoff aus der Chloridauflösung niedergeschlagen und aus dem Gewicht des im Wasserbade getrockneten Schwefelquecksilbers (Hg) berechnet; ferner dafs das Selen bald mittelst schwefligsauren Alkalis reducirt, bald als selensaure Baryterde gefällt wurde.

Der Wassergehalt wurde durch Erhitzen des Salzes in einem trocknen Luftstrom, Auffangen der Wasserdämpfe in Chlorcalcium, directe und indirecte Wägung bestimmt; die Leichtzerzetzbarkeit der untersuchten Verbindungen aber und der Umstand, dafs das letzte Wasser erst entweicht, wenn an einer andern Stelle schon Zersetzung beginnt, giebt den Wasserbestimmungen eine unvermeidliche Unsicherheit.

1. Selenigsaures Quecksilberoxydul. Dieses schon von Berzelius beschriebene Salz wurde durch Fällung von selenigsaurem Natron mit salpetersaurem Quecksilberoxydul erhalten. Es bildet ein weifses, am Lichte unveränderliches Pulver, das weder unter der Luftpumpe, noch im Wasserbade einen Gewichtsverlust oder eine Farbenveränderung erleidet. Bei stärkerem Erhitzen giebt es eine sehr geringe Wassermenge, wird strohgelb, entwickelt gelben Rauch, indem unter theilweiser Zersetzung des Salzes sich Quecksilber und selenige Säuren sublimiren, und schmilzt zuletzt zur dunkelbraunen Flüssigkeit, die sich unter Sieden vollständig verflüchtigt und in Gestalt von braunen, beim Abkühlen durchsichtigen und hellbernstein- oder schwefelgelb werdenden, amorph erstarrenden Tropfen sublimirt, ein von Berzelius angegebenes sehr charakteristisches

Verhalten. Es wird von Wasser nicht angegriffen, ist in kalter Salpetersäure unlöslich, dagegen vollkommen löslich in heifser, wird durch Salzsäure roth von ausgeschiedenem Selen und durch Kalilösung schwarz.

Seiner Mischung nach ist es Hg Se.

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Das wasserfreie Salz fand ich als stroh- bis citronengelbe erdige Masse, meist wenig gemengt mit Quecksilberhornerz, an den oben erwähnten Quecksilbererzen von San Onofrio, die Gangstücke zu seyn schienen, in denen Kalkspath mit zerfressenem Quarz durchwachsen ist und worin das von H. Rose 1) analysirte Schwefelselenquecksilber, etwas Zinnober, viel gediegenes Quecksilber, Quecksilberhornerz und selenigsaures Quecksilberoxydul (Onofrit) eingesprengt vorkommen.

Das chemische Verhalten des Onofrits auf nassem und trocknem Wege stimmte vollkommen mit dem oben angegebenen des gelben selenigsauren Quecksilberoxyduls überein. Eine Analyse des Mineralgemenges, worin der Onofrit vorkommt, ergab:

3,529 selenigsaures Quecksilberoxydul 56,987 Quecksilberchlorür

31,225 gediegenes Quecksilber

4,390 Kalkspath

3,236 Quarz
Spur Silber

99,367.

2. Saures selenigsaures Quecksilberoxydul. Es entsteht dieses Salz aus dem neutralen, wenn letzteres geschmolzen (was bei 180° C. erfolgt), und über seinen Schmelzpunkt erhitzt wird. Es bildet eine dunkel ziegelrothe, undurchsichtige, im Bruche krystallinisch strahlige Masse, dem Fünffachschwefelkali ähnlich, vom specifischen Gewichte 1) Diese Annalen, Bd. 46, S. 315.

7,350 bis 13,5° C. Auf nassem und trocknem Wege zeigt es im Allgemeinen das Verhalten des neutralen Salzes, nur wird es selbst durch kochende Salpetersäure wenig verändert, auch giebt es beim Erhitzen ein reichlicheres Sublimat von seleniger Säure.

Die Analyse lieferte Hg3 Se*, welches Sättigungsverhältnifs wahrscheinlicher durch 2Hg Se + Hg Se ausgedrückt werden kann.

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3. Selensaures Quecksilberoxydul. Beim Vermischen einer Auflösung von selensaurem Natron mit salpetersaurem Quecksilberoxydul entsteht ein weifser Niederschlag, der wahrscheinlich wasserhaltiges neutrales Salz ist, beim Auswaschen aber eine Zersetzung erleidet, indem er allmälig gelb wird und sich in sehr geringer Menge auflöst. Nach dem Trocknen im Wasserbade hatte das Salz eine schwach gelbliche Farbe, die sich am Lichte bald in Grau umänderte. Durch Kalilösung wurde es augenblicklich schwarz, von Salpetersäure selbst im Kochen wenig angegriffen, indem es dabei weifs wurde. Salzsäure färbt es nicht in der Kälte, wohl aber in der Hitze roth durch ausgeschiedenes Selen. Sein Verhalten auf trockenem Wege ist dem des selenigsauren Quecksilberoxyduls ähnlich; der geschmolzene dunkelbraune Rückstand zersetzte sich beim Erhitzen ebenso wie das rothe saure Salz No. 2.

2

Die Analyse führte auf Hg Se3, was sich als 4Hg Se +Hg2 Se, oder wahrscheinlicher als ein Gemenge von neutralem mit halbselensaurem Quecksilberoxydul deuten lässt.

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4. Selenigsaures Quecksilberoxyd. Durch Vermischen von Quecksilberchlorid mit selenigsaurem Natron entsteht weder in der Kälte noch in der Wärme eine Zersetzung; ich habe daher dieses Salz durch directe Einwirkung wässeriger seleniger Säure auf Quecksilberoxyd darzustellen gesucht. Hierbei fand sich nun, dafs auf trockenem Wege bereitetes, rothes Quecksilberoxyd und selenige Säure weder in der Kälte, noch in der Wärme auf einander wirkten, dafs aber auf nassem Wege dargestelltes gelbes Quecksilberoxyd, auf welches kalte selenige Säure ebenso wenig wirkte, wie auf das rothe, in kochender seleniger Säure sich blafsgelb färbte, ohne aufgelöst zu werden. Durch Abdampfen einer Portion gelben Quecksilberoxyds mit überschüssiger seleniger Säure bis zur völligen Trocknifs und Wiederauflösen in Wasser nahm dieses nur selenige Säure und kein Quecksilberoxyd auf und hinterlicfs dasselbe blafsgelbe Salz.

Diese Thatsachen stehen im Widerspruch mit den Beobachtungen von Berzelius, der durch Eintragen von Quecksilberoxyd in selenige Säure ein sich ausscheidendes weifses neutrales und ein leicht auflösliches, in langen Säulen krystallisirendes saures Salz erhielt. Es mag also der Concentrationsgrad der selenigen Säure bei der Darstellung dieser Salze eine wesentliche Rolle spielen.

Das blafsgelbe, amorphe Salz, das sich am Lichte nicht verändert, löst sich selbst in heisser Salpetersäure schwer, dagegen in Salzsäure leicht auf, scheidet mit Kali gelbes Oxyd ab, giebt beim Erhitzen eine sehr geringe Wassermenge, ziemlich viel sublimirte selenige Säure und reducirtes Quecksilber, und schmilzt dann zur braunen sich in schwefelgelben Tropfen sublimirenden Flüssigkeit unter Hinterlassung eines geringen Rückstandes von Quecksilberoxyd, das erst in stärkerer Hitze sich allmälig zersetzt und verflüchtigt.

Die Analyse entsprach der Formel Hg1 Se*, was sich wahrscheinlicher durch 3Hg2 Se+Hg Se ausdrücken lässt,

wenn es nicht ebenso, wie das Salz No. 3. ein Gemenge von neutralem mit halbselenigsaurem Quecksilberoxyd ist.

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5. Basisch selensaures Quecksilberoxyd. Da sich auch Quecksilberchlorid mit selensaurem Natron nicht zersetzt: so wurde auch hier der Weg directer Darstellung versucht. Concentrirte Selensäure kann ebenfalls mit ganz fein geriebenen rothen Quecksilberoxyd gekocht werden, ohne dass dadurch eine Verbindung oder Auflösung entsteht, während auf nassem Wege bereitetes Oxyd, am besten noch nafs in heifse Selensäure eingetragen, schnell seine Farbe ändert und zum geringeren Theile sich auflöst. Dieses verschiedenartige Verhalten des rothen und gelben Quecksilberoxyds gegen die beiden Säuren des Selens erinnert an das von Pelouze ') beobachtete abweichende Verhalten der genannten beiden Oxyde gegen Chlorgas, und die in Folge dieses Umstandes von Berzelius 2) vermuthete allotropische Verschiedenheit der beiden Oxyde gewinnt hierdurch eine neue Stütze.

Das in der Selensäure ungelöst gebliebene Salz hat nafs eine lebhaft rothe, der des basischen chromsauren Bleioxyds ähnliche Farbe, die aber durch Trocknen an der Luft und zerlegt im Wasserbade etwas bräunlicher wird, sich dann aber nicht mehr ändert. Es ist nicht in kalter, wohl aber in heifser Salpetersäure auflöslich, löst sich leicht in Salzsäure und giebt mit Kali gelbes Quecksilberoxyd. Beim Erhitzen giebt es, ohne zu schmelzen und indem es sich schwarzbraun färbt, zuerst eine geringe Wassermenge, dann erscheinen reducirtes Quecksilber, selenige Säure und selenigsaures Quecksilberoxydul, endlich kommt der Rückstand unter Sublimation der eben genannten Substanzen zum Schmelzen, und erstarrt dann wieder, indem erst bei 1) Wöhler und Liebig Annalen d. Chem. u. Pharm. Bd. 46, S. 195. 2) Lehrbuch, 5te Ausg. Bd. 2, S. 531.

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