Page images
PDF
EPUB

seinen Reflex als Pseudomorphismus.

Die Naturkräfte, welche beiden zu Grunde liegen, sind so weit wir diefs vor der Hand einzusehen vermögen rein chemischer Art. Die Kette ihrer Wirkungen zu verfolgen und daraus das Endresultat der Metamorphose und Pseudomorphose abzuleiten, ist die Aufgabe des Chemikers. Allein der Chemiker kann diese Aufgabe nur lösen, wenn er hierzu vom Geognosten und Mineralogen mit den nöthigen historischen Daten versehen wird. Jene Kette der Wirkungen ist überall mit geognostischen und oryktognostischen Thatsachen verknüpft, und der chemische Erklärungsversuch wenn derselbe mehr als Hypothese seyn soll mufs stets von diesen Thatsachen ausgehen und von ihnen geleitet werden.

[ocr errors]

Die geologische Geschichte ausgedehnter Gesteinsmassen oder ganzer Gebirgsglieder aus ihrem gegenwärtigen geognostischen Auftreten und ihrer jetzigen petrographischen Beschaffenheit herauszulesen, ist aber oftmals selbst für die gründlichste Beobachtung und den durchdringendsten Scharfblick ein Problem, welches der Hypothese nur allzu grofsen Spielraum übrig läfst. In solchem Falle vermag dann auch der Chemiker keinen festen Fufs zu fassen, weil ihm keine feste Basis geboten wird. Daher die Proteusgestalt der Theorien, welche sich des Metamorphismus zu bemächtigen suchten. Wasser, Feuer, mechanischer Druck, Elektricität und auch noch eine und die andere anonyme Kraft sind die sehr heterogenen Elemente, welche bei den verschiedenen Erklärungs-Versuchen fungirt haben. Und selbst da, wo man ein anscheinend befriedigendes Resultat hierdurch erreichte, blieb diefs selten lange unangetastet. Das auf plutonischem Wege aufgeführte Gebäude des Granits hat man von gewisser Seite her wieder einzureifsen und ad undas zu führen gesucht!

Die Grofsartigkeit vieler geognostischer Verhältnisse und die theilweise Unzugänglichkeit ihrer Contouren worin eine der Hauptschwierigkeiten besteht, die sich der genauen Erforschung der Metamorphose entgegenstellen

[ocr errors]

schrumpfen bei der Pseudomorphose zu einem bequemeren Beobachtungsfelde zusammen. Der pseudomorphe Krystall kann hier zum Schlüssel werden, welcher uns ins Innere einer Gesteins - Metamorphose zu dringen verhilft. In dieser Möglichkeit, zur Aufschliefsung des geologischen Chemismus beizutragen, liegt eine Wichtigkeit der Pseudomor phosen, wie sie bereits von Haidinger, Bischof, Blum, Dana u. A. erkannt und hervorgehoben worden ist. Und als unmittelbare Folge davon ergiebt sich die Anforderung: bei unseren Versuchen, die Genesis der Pseudomorphosen zu enthüllen und dadurch zugleich den Schleier der Metamorphose zu lüften, mit möglichster Umsicht und schärfster Kritik zu Werke zu gehen. Wenn man früher nicht immer streng nach diesem Grundsatze gehandelt hat, so lässt sich das bei der Jugendlichkeit dieser Forschungsrichtung entschuldigen. Noch ist keine lange Zeit verstrichen, seitdem wir die Pseudomorphosen aus dem Raritäten - Cabinet ins System der Wissenschaft übergeführt haben - manches Gute blieb hierbei zurück und manches Mittelmässige wurde eingeordnet. Erst durch Landgrebe's, besonders aber durch Blum's ebenso mühevolle als verdienstliche Arbeiten wurde das zahlreiche Corps der Pseudomorphosen in übersichtlicher Weise vor uns aufgestellt. Es ist nicht meine Absicht, dasselbe hier einer speciellen Musterung zu unterziehen: doch sey mir gestattet, einige flüchtige Blicke darauf zu werfen.

Blum ordnet die ganze bunte Menge der Afterbildungen in zwei grofse Abtheilungen: in Umwandlungs- und in Verdrängungs- Pseudomorphosen. Eine solche Eintheilung setzt voraus, dafs man mit der Genesis der Pseudomorphosen bereits bis zu einem gewissen Grade im Klaren sey, nämlich so weit, um mit Sicherheit zwischen den Producten einer chemischen Umwandlung und einer mehr oder weniger mechanischen Nachbildung entscheiden zu können. Ist diefs aber wohl in allen Fällen möglich? Das Recht daran zu zweifeln erscheint grofs. Blum betrachtet z. B. sämmtliche Afterbildungen von Speckstein (und speckstein

ähnlichen Substanzen) nach Bitterspath, Spinell, Quarz, Andalusit, Chiastolith, Topas, Feldspath, Glimmer, Wernerit, Turmalin, Staurolith, Granat, Idokras, Augit als Umwandlungs-Pseudomorphosen. Bischof') ist anderer Meinung; er hält es mit Recht für wahrscheinlicher, dafs diese Bildungen, oder doch viele derselben, blosse Verdrängungs-Pseudomorphosen seyen. Das bekannte, zuerst von Nauck 2) ausführlich beschriebene Vorkommen des Wunsiedler Specksteins zeugt unverkennbar für die letztere Ansicht, zu deren Gunsten sich auch Nauck ausspricht. Wir finden bei Wunsiedel (Göpfersgrün) Bitterspath und Quarz, in unmittelbarster Nachbarschaft neben einander, in ein und dieselbe Substanz, einen Speckstein (mikroskopisch feinblättrigen Talk) von der Zusammensetzung

(Mg)Si+(Mg)3 Si2

=3Mg Si+Mg3 Si2+2H

[ocr errors]

umgewandelt 3). Dass diese Umwandlung auf nassem Wege geschah, lässt sich wohl kaum bezweifeln. Welche eigenthümliche Flüssigkeit hätte es aber seyn müssen, die es vermocht hätte, mit Bitterspath ganz dasselbe präcipitirte Zersetzungs-Product zu liefern wie mit Quarz? - Die directe Entstehung des Specksteins, d. h. sein unmittelbares Absetzen aus einer Solution, wird überdiefs noch durch einen anderen Umstand wenn auch nur in einer Analogie bestehend - wahrscheinlich. Ich habe früher gezeigt *), dafs sich aus den Grubenwässern einer Arendaler Eisensteingrube ein talkartiges Mineral, der Neolith, in grofser Menge absetzt, dessen chemische Constitution der Formel

(Mg) [Si]2

1) Lehrb. d. chem. u. phys. Geol. Bd. 1, S. 789 und 794; Bd. 2, S. 188. 2) Pogg. Ann. Bd. 75, S. 129.

3) Beiträge zur näheren Kenntnifs des polymeren Isomorphismus. Pogg. Ann. Bd. 84, S. 359.

4) Pogg. Ann. Bd. 71, S. 285.

entspricht; und dafs dieses jugendliche Gebilde allem Anscheine nach in Folge der, unter hohem Druck vor sich gegangenen, Auslaugung eines augitreichen Gesteins durch die kohlensäurehaltigen Grubenwässer entstand. Die bei diesem geo-chemischen Processe entwickelte, sehr beträchtliche Kohlensäuremenge lässt sich von Kalkspathmassen herleiten, welche in der Nachbarschaft jenes Gesteins vorkommen. Ein Mineral von derselben chemischen Constitution wie der Arendaler Neolith, aber von mehr speckstein- als talkartigem Habitus, findet sich als Ausfüllungsmasse von ehemals theils wohl mit Kalkspath, theils mit anderen Mineralien erfüllt gewesenen Mandelräumen des Basalts der Stoppelskuppe bei Eisenach, und unter gleichen Verhältnissen wahrscheinlich noch in vielen anderen Basalten '). Wenn es hiernach das Ansehen gewinnt, dafs unter besonderen Umständen aus augitischen Gesteinen gewisse ihrer Bestandtheile ausgelaugt, und aus dieser Solution als ein talk- oder specksteinartiges Mineral von der Augit-Formel (Mg) Si abgesetzt werden können, sollte es da ein zu gewagter Sprung der Analogie seyn, anzunehmen: dafs der Wunsiedler Speckstein von der Amphibol-Formel (Mg)Si+(Mg)3 Si2 auf ähnlichem Wege aus amphibolitischen Gesteinen - vielleicht aus dem dort mit Glimmerschiefer und Thonschiefer wechsellagernden Grünsteine gebildet worden sey? Die hierzu nöthige Kohlensäure würde sich aus den benachbarten, zum Theil selbst in Speckstein umgewandelten Dolomit- und Marmor-Zonen entnehmen lassen.

Blum sucht seiner Ansicht über die Bildung der Wunsiedler Speckstein - Afterkrystalle durch Aufstellung des allgemeinen Satzes zu Hülfe zu kommen: dafs Uebergänge aus einer pseudomorphirenden Substanz in die betreffende pseudomorphirte, wenn sie sich bei einer Afterbildung beobachten lassen, stets auf eine chemische Umwandlung, nicht 1) Pogg. Ann. Bd. 84, S. 374.

aber auf eine Verdrängung 1) hindeuten.

-

Unter jenen >> Uebergängen « kann hier nichts anderes verstanden werden, als dafs an einem theilweis verändertem Krystall die pseudomorphirende Substanz keine scharfen Gränzen mit der pseudomorphirten bildet, sondern dass beide, innerhalb einer Gränzzone, mehr oder weniger in einander greifen. Warum sollte diefs nicht auch bei Verdrängungs-Pseudomorphosen der Fall seyn können? Nur mufs man von letzteren die keinem Zweifel unterworfenen UmhüllungsPseudomorphosen hier aufser Betracht gelassen zwei wesentlich verschiedene Arten unterscheiden. Bei der einen derselben wird ein von irgend einer Matrix oder Hülle umschlossener Krystall durch auflösende Agentien ganz oder theilweise aus dieser Matrix oder Hülle fortgeführt, und darauf erst sein zurückgelassener leerer Raum durch ein chemisches Präcipitat oder einen mechanischen Schlamm ausgefüllt 2); bei der andern Art aber gehen allmälige Auflösung des Krystalls und Absetzung des Präcipitates so gut wie gleichzeitig vor sich. Eine mit einer gewissen Substanz gesättigte Solution wirkt hierbei auflösend auf den Krystall, wird aber dadurch zugleich genöthigt einen entsprechenden Theil jener Substanz abzusetzen 3). Diess ist

1) Bei einer Umwandlungs - Pseudomorphose werden die Bestandtheile der ursprünglichen Substanz niemals sämmtlich, sondern nur zum Theil fortgeführt und mehr oder weniger durch andere Stoffe ersetzt. Aus einer Verdrängungs-Pseudomorphose dagegen ist die ursprüngliche Substanz gänzlich verschwunden, und an ihre Stelle ist eine andere Substanz getreten. Im ersten Falle findet Veränderung der chemischen Zusammensetzung unter theilweiser Beibehaltung früherer Bestandtheile, im zweiten Falle Austausch der ganzen Substanz statt.

2) Die Existenz dieser Art der Pseudomorphosen ist von einigen Forschern in Zweifel gestellt worden. In einem späteren Abschnitte dieser Abhandlung werde ich jedoch Thatsachen mittheilen, welche geeignet seyn dürften, diesen Zweifel zu beseitigen.

3) Von der Möglichkeit dieses Herganges im Allgemeinen kann man sich durch folgenden Versuch überzeugen. In einer concentrirten Gypssolution löse man so viel neutrales schwefelsaures Kali auf, als diefs ohne eine beginnende Trübung jener Solution möglich ist, und bringe in diese Doppel-Auflösung einen Krystall oder eine Krystallkruste des letzige

« ՆախորդըՇարունակել »