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Hr. Prof. Stokes fand, dafs in gleicher Polarisationsrichtung des zurückgeworfenen Strahles dem nahe farblosen Lichte Glasglanz, dem dunkeln oder schwarzen Tone der grüne Metallglanz entsprach. Es folgt also:

2) Die Oberflächenfarbe polarisirt in der Querrichtung der Krystallblättchen bei ziemlich senkrechtem Lichteinfall metallisch gelblich-grün, bei grösseren Winkeln bis in dunkles Stahlblau.

Da Hr. Prof. Stokes an den hier erwähnten Krystallen die Eigenschaft der polarisirten metallischen Oberflächenfarben unabhängig von meinen Untersuchungen analoger Krystalle, und ohne von denselben Kenntnifs zu haben entdeckte, so sind daselbst auch, veranlafst durch das grofse Interesse der Erscheinung, ausführlich die verschiedenen Modificationen der Beobachtungen und erklärende Darstellungen über die Natur derselben gegeben.

Als ich den Bericht las, fiel mir besonders der Umstand auf, dass eine grüne metallische Oberflächenfarbe, bei gleicher Polarisirung, einem vollständigen Schwarz der Körperfarbe entsprechen sollte. Das Schwarz befand sich im Gegensatze mit der vollkommenen Durchsichtigkeit des auf die vorhergehenden Farben senkrecht polarisirten Lichtes. Ich hatte geglaubt, durch Beobachtung an einer ziemlicheu Anzahl von Körpern als Gesetz genügend nachgewiesen zu haben, dafs Oberflächen- und Körperfarben gegen einander in einem complementaren Gegensatze stehen. Dem »Grün « der Oberfläche hätte in der Körperfarbe ein >>Roth « entsprechen müssen. Es war nun mein lebhafter Wunsch, die Krystalle selbst zu untersuchen. Nach dem im Cosmos angegebenen Verfahren konnte es nicht gelingen sie zu bilden, denn durch einen unglücklichen Druckfehler stehen für das Fällungsmittel statt solution d'iode dans l'alcool die Worte: solution d'acide dans l'alcool. Ich hatte gänzlich vergessen, dafs schon im Mai mein verehrter Freund Wöhler mir von dem Körper geschrieben und selbst einen Brief von Hrn. Kindt in Bremen darüber mitgetheilt, dass auch ein Versuch gemacht wurde, der aber

nur unvollständig gelang, und gar zu kleine Krystalle lieferte. Ganz kleine Krystalle hatte auch Wöhler geschickt, aber ich versäumte sie unter stärkerer Vergrösserung zu untersuchen. Ich schrieb nun neuerdings an Stokes und an Wöhler. Ersterer sandte mir auch freundlichst auf einem Glimmerblatt aufliegende Krystalle und theilte neuerdings den Procefs der Bildung derselben mit, wie er oben steht, und wie er nun auch Hrn. Dr. Ragsky in unserem chemischen Laboratorio deutliche Krystalle lieferte. verglich seitdem auch Dr. Herapath's Abhandlungen.

Ich

Vor der dichroskopischen Lupe sah ich nun den Dichroismus, aber für genauere Untersuchung waren die Krystalle doch gar zu klein. Als ich aber die HerapathitKrystalle auf den Tisch des Mikroskops bei neunzigfacher Vergrösserung brachte, wurde Alles auf einen Blick klar. Die verschiedentlich untereinanderliegenden blafsolivengrünen, blafsrothen, tiefblutrothen, schwarzen Farbentöne fanden sich wahrnehmbar als das, was sie wirklich sind, sowohl im gewöhnlichen Lichte als im polarisirten, das bei einem zusammengesetzten Mikroskope wohl sehr leicht dadurch hervorgebracht wird, dass man einfach ein Doppelspathrhomboëder auf das Ocular legt. Man hat dann die zwei Bilder entgegengesetzt polarisirt neben einander, wie bei der dichroskopischen Lupe. Um vollkommen glatte Doppelspathflächen zu haben, klebt man Stückchen Spiegelglas auf das Rhomboëder, um die bei der Weichheit des Doppelspathes so bald beschädigte Politur vollständig herzustellen.

Nun unterschied man deutlich jeden einzelnen Krystall, sah wie einige derselben an verschiedenen Stellen ungleich dick waren, wie das Bild in der Richtung, in welcher das Licht mehr absorbirt ist, für die dickeren Stellen allerdings ganz schwarz war, » schwarz wie die Mitternacht« sagt Herapath, selbst wenn die Dicke der Krystalle nicht eines Zolles beträgt.« Allein man sah auch, dafs dünnere Stellen eines und desselben Krystalles » dunkelblutroth «

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waren, dafs also das » Schwarz « selbst nur darum diesen Abgang aller Farbe zeigt, weil auch das letzte Roth von dem dicken Krystall absorbirt ist. Für die Wirkung an der Oberfläche mufs daher die Körperfarbe immer als Roth betrachtet werden, und als solches ist das von Hrn. Prof. Stokes beobachtete senkrecht auf die Axe polarisirte metallische Grün die wahre Complementsfarbe. Die Krystalle der Jod-Chinin-Verbindung bilden also eine neue Bestätigung für die Gültigkeit des Satzes, für welchen die früher verzeichneten Fälle sprachen, dafs die Oberflächenfarbe der Körperfarbe als Complement angehört.

Nicht leicht kann man in Bezug auf Körperfarben zwei Species von Krystallen haben, die einander ähnlicher wären, als der hier in Rede stehende Herapathit und der durchsichtige brasilianische Andalusit. Dasselbe blasse unscheinbare Olivengrün polarisirt in der Richtung der Axe der Krystalle; dasselbe Hyacinthroth, dunkle Blutroth, Schwarz, der Dicke der Platten oder Krystalle entsprechend, polarisirt senkrecht auf die Axe.

Bei der einen wie bei der andern Species polarisiren vollkommen durchsichtige blafsgrünliche Krystalle oder Platten gekreuzt das Licht bis zum vollständigen Schwarz. Sind die Krystalle dünn, so entsteht bei der Kreuzung nur Roth, ebenso wie die Farbe bei der Untersuchung durch den Kalkspath der dichroskopischen Lupe. Ganz dünne Platten von Andalusit haben eine blasse aber deutlich rothe Farbe. Legt man zwei solche Platten in paralleler Stellung auf einander, so verschwindet das Roth, es wird absorbirt, und das dickere blafsgrüne Aggregat ist überraschend hellfarbiger als jede einzelne Platte. Ebenso sind auch die ganz dünnen Krystallblättchen des Herapathits deutlich blafsroth, ja es giebt viele Krystalle die, ungleich dick, rothe und grüne Stellen zeigen. Je deutlicher das Roth, desto mehr nähert sich bei der Untersuchung im polarisirten Lichte der in der Richtung der Axe polarisirte Ton dem vollkommen ungefärbten, so dafs man den

Krystall auch wohl gar nicht sieht, während das darauf senkrecht polarisirende Bild mehr oder weniger tiefroth erscheint.

Die Farbentöne des Herapathits lassen sich den obigen Beobachtungen gemäfs in folgendem Bilde darstellen: 1) Körperfarbe. Im gewöhnlichen Lichte in ganz dünnen Krystallplatten blassroth, zwischen rosen- und ziegelroth, in dickeren Krystallen blafsolivengrün, oder grünlichgrau, das bei zunehmender Dicke zuweilen etwas gelblich ist.

Im polarisirten Lichte nach Maafsgabe der Dicke, das Bild polarisirt in der Richtung der Axe farblos bis blafsgrün, das Bild polarisirt senkrecht auf die Axe blutroth bis schwarz. Schwarz schon bei einer Dicke von eines Zolles.

2) Oberflächenfarbe. Polarisirt senkrecht auf die Axe bei nahe senkrechtem Einfall grasgrün, bei gröfserem Einfallswinkel in der Ebene der Axe spangrün, entenblau, dunkelstahlblau.

Auf Glas aufpolirt ist die Körperfarbe ein röthliches Braun, es erscheint kein metallisches Grün, wohl aber in allen Azimuthen senkrecht auf die Einfallsebene polarisirt ein nicht sehr lebhaftes Oberflächenblau.

Wöhler's grünes Hydrochinon, das ich vor längerer Zeit untersuchte, giebt aufpolirt in allen Azimuthen ein metallisches Tombackbraun in das Messinggelbe bei einer dunkelviolblauen Körperfarbe.

In Krystallen ist das Tombackbraun senkrecht auf die Axe polarisirt, entsprechend dem dunkleren Durchsichtigkeitstone der Körperfarbe. Bei gröfseren Neigungen mischt sich, senkrecht auf die Einfallsebene polarisirt, Blau hinzu, so dafs die Farbe im untern Bilde der dichroskopischen Lupe am Ende in Dunkelstahlblau übergeht.

Vergleicht man die Farben der beiden Chinin - Verbindungen, so erhält man folgende Zusammenstellung:

Kör

[blocks in formation]

Nun ist aber die Körperfarbe des reinen Jod gelb in verschiedenen Tönen, die Oberflächenfarbe blau. Ich untersuchte die Körperfarbe kürzlich für die Vergleichung an kleinen Krystallen, welche Hr. Dr. Ragsky aus einer Auflösung in Schwefelkohlenstoff durch Verdampfung dargestellt hatte. Die länglich sechsseitigen Tafeln, mit zwei Winkeln von etwa 128° und vier Winkeln von 116°, waren an den dicksten Stellen an den Rändern undurchsichtig, durch röthlichbraun, dunkelhoniggelb in immer blässere Töne übergehend. Dabei war deutlich ein Unterschied in der Intensität, die Farbe in der Richtung der kleinen Diagonale des Rhombus von 128° polarisirt blässer, die Farbe in der Richtung der grofsen Diagonale polarisirt dunkler. Aber während der Beobachtung durch das Mikroskop mit neunzigfacher Vergrösserung sah man die Verflüchtigung fortschreiten, und merkwürdigerweise wurden die Krystallblättchen gegen den Mittelpunkt des Sechseckes immer dünner, lichterhoniggelb; es erschien ein Loch, das sich fort und fort vergröfserte, während sich wieder kleine Theilchen wie ein Bart und besonders an der, der kleinen Diagonale des Rhombus von 128° parallelen, Kante absetzten.

Es bedarf gewifs keiner zu gewaltthätigen Voraussetzung, um die Farben des Hydrochinons und des Jods im Herapathit wiederzufinden. Das weniger dunkle Violblau wird durch weniger tiefes Gelb zu dem nahe farblosen schwach grünlichen Tone der in der Richtung der Axe polarisirten Körperfarbe neutralisirt. Das ganze dunkle Violett mit dem etwas stärkeren Gelb läfst Roth zurück, das metallische Poggendorff's Annal. Bd. LXXXIX.

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