Page images
PDF
EPUB

Ich untersuchte nun Glimmerarten mit kleinem Axenwinkel, welche früher als einaxige mir bezeichnet worden waren einen in dickern Schichten blutrothen, in England ohne Angabe des Fundorts gekauft, den tombakbraunen vom Baikalsee, grüne Varietäten aus Sibirien in grösseren Dicken durchsichtig, oder sich bald mit zunehmender Dicke zu Schwarz verdunkelnd, einen grünlichen von Monroe in Nord-Amerika, endlich einen etwas ins Bläuliche ziehenden grünen vom Schwarzenstein im Zillerthal. Besonders in den beiden ersten tritt die rothgefärbte Figur äufserst intensiv hervor, schwächer in den grünen Varietäten von Sibirien, obgleich noch sehr deutlich, weniger in dem von Monroe, aber nicht in dem vom Schwarzenstein. Wenn nun auch das Fehlen der polarisirenden Wirkung nicht als ein Beweis gelten kann, dass der untersuchte Krystall ein einaxiger sey, da sie vielleicht dennoch bei gröfserer Dicke der Platte sichtbar werden würde, so kann das Hervortreten derselben hingegen gewifs als ein Beweis angesehen werden, dafs derselbe ein zweiaxiger sey.

Es wäre nun sehr interessant zu wissen, ob die Unterschiede, welche Silliman in der Lage der Ebenen, in welcher in Beziehung auf die Krystallgestalt die Axen liegen, auch für die Absorption des palarisirten Lichtes her

vortreten.

Obgleich aus dem blofsen Anblick schon hervorgeht, dafs die Stärke der Absorption des polarisirten Lichtes nicht von der Gröfse des Axenwinkels abhängt, so ist eine eigentliche Vergleichung der Intensität der Wirkung doch nur durch messende Bestimmungen zu erhalten. Wegen des Mangels photometrischer Methoden besonders bei Licht, dessen Farbe sich ändert, kennt man aber weder das Gesetz, nach welcher die Absorption des polarisirten Lichts in einaxigen Krystallen mit Vermehrung der Neigung gegen die Axe zunimmt, noch wie sie sich vermehrt mit Zunahme der Dicke der durchstrahlten Schicht; ebenso wenig besitzt man Mittel, verschiedene Krystalle bei gleicher Dicke der Platten und gleicher Lage derselben in Beziehung auf

die optische Axe oder die Halbirungslinie zweier mit einander zu vergleichen. Das früher ') von mir angegebene Compensationsverfahren gestattet aber diese Frage zu beant

worten.

Natürliches Licht, welches einen Krystall durchstrahlt, dessen Absorption für ein in einer bestimmten Ebene polarisirtes Licht gröfser ist, als für die darauf senkrechte, wird aus diesem im Allgemeinen theilweise polarisirt austreten. Es wird daher in natürliches Licht verwandelt werden, wenn die ungleich gewordenen Mengen rechtwinklich auf einander polarisirten Lichtes durch Unterdrückung des Ueberschusses gleich gemacht werden. Ein solcher Krystall wird daher seine polarisirende Eigenschaft, oder, was dasselbe ist, seine Fähigkeit als analysirende Vorrichtung zu dienen, verlieren, wenn durch eine hinzugefügte neue analysirende Vorrichtung ebenso viel polarisirtes Licht unterdrückt wird, als er als Ueberschufs hindurch liefs. Kann man nun jene messen, so ist diese bestimmt.

Aus den theoretischen durch Brewster's Messungen bestätigten Untersuchungen von Fresnel über die Ablenkung der Polarisationsebene des Lichtes, welches unter irgend einem Winkel und in irgend welchem Azimuth polarisirt eine durchsichtige Scheibe durchstrahlt, lässt sich bestimmen, welcher Antheil polarisirten Lichtes in dem aus der Glasplatte austretenden Licht enthalten ist, welches als natürliches unter irgend einem Winkel auf dieselbe oder ein System paralleler Platten fiel. Es ist daher klar, dafs man die Neigung oder die Zahl der Scheiben eines polarisirenden Glassatzes so lange verändern kann, bis er dieselbe polarisirende Wirkung hervorbringt, als vorher der durch Absorption polarisirende Krystall. Von der Gleichheit beider Wirkungen überzeugt man sich aber, wenn sie in entgegengesetztem Sinne gleichzeitig wirkend einander neutralisiren. Das Verfahren der Messung ist daher folgendes: Nachdem man durch das dichroitische Mineral als analysirende Vorrichtung das Maximum der Wir1) Berichte der Berl. Akad. 1847, p. 71. (Ann. Bd. 71, S. 97.)

kung hervorgebracht hat, d. h. es so lange in seiner Ebene gedreht, bis das Hervortreten der Farbenfigur auf dem gekühlten Glase in gröfster Deutlichkeit erfolgt, welches, wenn die Lage der optischen Axen bekannt ist, auch unmittelbar bestimmt werden kann, bringt man zwischen demselben und dem Auge den Glassatz an, und zwar zunächst in der Stellung, in welcher er nicht auf das Licht polarisirend wirkt, also lothrecht auf das von dem Polarisationsspiegel reflectirte Licht. Wir wollen annehmen, dass durch das analysirende Mineral das helle Kreuz hervorgebracht sey, dann mufs bei der Drehung des Glassatzes die Brechungsebene desselben stets mit der Reflexionsebene des Spiegels zusammenfallen, die Drehung desselben also um eine auf diese Ebene lothrechte Linie erfolgen. Es ist klar, dafs, wenn die polarisirende Wirkung des Glassatzes überwiegt, statt des hellen Kreuzes die Figur mit dunklem Kreuz hervortreten wird, und dafs der Moment des Uebergangs des hellen in das dunkle die Bestimmung für die Intensität der durch den dichroitischen Krystall hervorgebrachten Absorption giebt. Ich habe auf diese Weise gefunden, dafs oft Glimmer mit kleinem Axenwinkel bei gleicher Dicke der Platte stärker polarisiren, als ebenfalls gefärbte mit grofsem Axenwinkel.

Um für verschiedene Dicken der Platten desselben Minerals die Absorption zu erhalten, schleift man bei harten Krystallen, wie z. B. dem Rauchtopas, aus der Säule desselben zwei gleiche Prismen, welche keilförmig zu combinirten Platten zusammengelegt werden, und deren parallele Flächen auf diese Weise einen beliebigen Abstand von einander erhalten. Die zur Compensation der Absorption durch die verschiedenen Dicken erforderlichen verschiedenen Neigungen des Glassatzes geben die Bestimmuug der Zunahme der Absorption mit wachsender Dicke. Bei leicht spaltbaren Mineralen, wie Glimmer, erhält man die erforderlichen Dicken durch Abspalten und Messung vermittelst des Sphärometer. Die Abnahme der Absorption, wenn das zuerst senkrecht auf die Axe einfallende Licht zuletzt

dieser parallel wird, kann nur an Krystallen studirt werden, deren absorbirende Wirkung vollkommen symmetrisch um die Axe vertheilt ist.

So unbekannt nämlich auch noch die Ursachen des Dichroismus sind, so zeigt sich doch entschieden, dafs die Färbung der Mineralien in innigem Zusammenhang steht mit ihrer Eigenschaft, polarisirtes Licht nach verschiedenen Richtungen verschieden zu absorbiren. Abgesehen nämlich davon, dafs in dieser Beziehung z. B. verschiedene Individuen unter den Turmalinen sich so sehr von einander unterscheiden, zeigt sich diefs auch an einzelnen Stellen desselben Individuums. Ich verdanke Hrn. Darker in London eine Turmalinplatte, welche aus einem Krystalle geschnitten ist, dessen Säule, wie es häufig vorkommt, unten fast vollkommen farblos erscheint, von einer bestimmten Stelle aber an immer tiefer violett wird. Die polarisirende Wirkung dieser Platte nimmt nun von den hellen Stellen zu den violetten in sehr auffallender Weise zu, und da die Gränze des Violett schief gegen die Axe geneigt ist, so sieht man, dass bei solchen Krystall-Individuen die absorbirende Wirkung des polarisirten Lichts nicht symmetrisch um die Axe vertheilt ist, sondern in verschiedenen durch die Axe gelegten Ebenen von verschieden grofsen Maximis zu Null abnimmt.

Wäre es möglich, farblose Bergkrystalle künstlich durch und durch zu färben, wie man es mit dem chalcedonartigen Quarze kann, so würde man vielleicht den Dichroismus künstlich nachbilden können.

Brewster behauptet, er habe in farblosem Bergkrystall dichroitische Wirkungen durch Anrussen desselben hervorgebracht, das gewöhnliche Bild desselben wäre amethystfarben geworden, das ungewöhnliche gelbbraun. Ich habe diefs nicht bestätigt gefunden. An einem farblosen Bergkrystall wurde eine Seitenfläche angeschliffen, so dafs sie mit einer der polirten natürlichen Säulenflächen ein Prisma bildete, dessen Kante der Axe parallel war, und durch ein darauf gekittetes Glasprisma die beiden Bilder

nahe vollständig achromatisirt. Dieses achromatische Prisma wurde nun angerufst und durch dasselbe die Spalte einer Diffractionsschneide betrachtet. Beide Bilder blieben gleich gefärbt, mochte nun natürliches oder polarisirtes Licht die Spalte beleuchten. Bei dem Drehen des Prismas verdunkelt sich im letzten Falle das eine Bild und diefs kann möglicher Weise dann subjectiv gefärbt erscheinen. Auch kann ja ein Berussen keine andre Wirkung hervorbringen, als das auf dem farblos bleibenden Krystall fallende Licht färben, und so viel ich sehe, könnte, wenn der Krystall verschiedenfarbiges Licht ungleich absorbirt, er unmöglich farblos erscheinen. Auch zeigt sich an angerufsten der Axe parallel geschnittenen Bergkrystallscheiben keine Spur von ungleicher Absorption für Licht, dessen Polarisationsebene der Axe parallel ist, und dem, wo diese senkrecht darauf steht, was bisher wenigstens das Kennzeichen jedes Dichroismus gewesen ist. Eine tief gelbe Glasscheibe stark durch plötzliches Abkühlen gehärtet, so dafs auf ihr im Polarisationsapparat die Farbenfigur sich sehr schön entwickelte, zeigte als analysirende Vorrichtung keine absorbirende Wirkung. Ich prefste sie durch eine Schraube zusammen, und nun zeigte sich eine Wirkung; aber bei näherer Untersuchung fand sich, dafs sie wie ein Zwillingskrystall wirkte und dadurch zwei nahe übereinander liegende farbige complementare Bilder gab. Hier war also nur ein scheinbarer Dichroismus künstlich erzeugt; auch zeigte in der That ein gekühlter farbloser Glascylinder bei dem Pressen dasselbe, nicht aber ein ungehärteter, wenn er durch Pressen doppeltbrechend gemacht wurde.

Diese Zwillingsbildungen treten sehr störend auf, wenn man Arragonit und Diopsid auf ähnliche Weise untersucht wie den Glimmer. Im Schwerspath und chromsauren Kali zeigen sich die Wirkungen viel entschiedener als im Salpeter, Eisen-Vitriol und Gyps. Im farblosen Topas aus Brasilien habe ich senkrecht auf die Halbirungslinie der optischen Axen keine verschiedene Absorption bemerkt, die

« ՆախորդըՇարունակել »