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fühlbare, keine latente Wärme gebe, mufs jedenfalls als die Grundlage der Lehre von der Wärme der Gase und von der bewegenden Kraft dieser Wärme betrachtet werden. Dieser Satz sagt aus, dass eine Veränderung des Volums, als einer unabhängig Veränderlichen kein Einfluss auf die Gesammtwärme zugeschrieben werden könne, dass eine solche Abhängigkeit beider von einander vielmehr nur unter gewissen Bedingungen, wenn nämlich zugleich äufsere Arbeit geleistet wird, eintrete. Aus der bekannten Gleichung pv=k(1+at) sehen wir ja auch, dafs t, mithin auch die Gesammtwärme als Function von v angesehen werden kann, aber nur insofern das Product p.v als solches veränderlich ist. Bleibt pv constant, d. h. geschieht die Ausdehnung der Luft in einem für Wärme undurchdringlichen Gefäfse nach dem Mariotte'schen Gesetze, so bleibt auch die Gesammtwärme unverändert; nicht so aber, wenn die Ausdehnung ein anderes Gesetz als das Mariotte'sche befolgt.

Die erste Anwendung, welche vom obigen Satze gemacht werden kann, betrifft eine Erscheinung, die an dem von Joule dargestellten Fundamentalversuche auffallend hervortritt. Es ist nämlich schon früheren Beobachtern, wie Gay-Lussac und Laplace, welche die Erscheinung, dass bei dem Ausströmen comprimirter Luft in einen luftleeren Raum die Gesammttemperatur der Luft nicht verändert werde, zuerst erkannten, aufgefallen, dafs die Luft in dem einen Gefäfse um einige Grade erkaltet, in dem anderen, vorher luftleeren um ebenso viel erwärmt wird, ohne dafs hiedurch die mittlere Temperatur der ganzen Luftmasse eine Aenderung erleidet. Joule hat die betreffenden Gröfsen der Temperaturveränderung wiederholt gemessen und wir dürfen daher nicht an der Richtigkeit dieser Beobachtung, ebenso wenig wie an dem Hauptversuche selbst zweifeln. Diese Erscheinung wurde allgemein für unerklärbar gehalten und nur Clément und Désormes suchten sie aus einer specifischen Wärme des Vacuums abzuleiten. Nach der Annahme eines abwechselnd Frei- und Latent-Werdens von Wärme durch Compression und Expansion ist auch Poggendorff's Annal. Bd. LXXXIX.

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keine Erklärung dieses Phänomens möglich; wohl aber wenn man bedenkt, dafs die Ausgleichung der Spannung zwischen dem vollen und luftleeren Gefäfse nicht plötzlich geschieht, sondern einer gewissen Zeit bedarf, in deren einzelnen Abschnitten die im gefüllten Gefäfse befindliche Luft, um in das leere oder nur zum Theil gefüllte überzutreten, allerdings eine Arbeit zu leisten hat, indem sie den Widerstand der schon im vorher leeren Gefäfse befindlichen Luft überwindet. Da sie hiebei einen mechanischen Effect leistet, mufs sie auch Wärme verlieren, welche natürlich, so wie der geleistete Effect, an die Luft im luftverdünnten Gefäfse übertritt. Seyen z. B. im Zeitpunkte t die Spannungen der Luft im Gefäfse A, welches zu Anfang allein mit dem ganzen Luftquantum gefüllt war, und im Gefäfse B, welches bei Beginn des Versuches luftleer war, resp. p und Po während diese Spannungen zu Anfang des Versuches resp. P und 0 waren, so geht während der kurzen Zeit dt aus dem Gefäfse A ein sehr kleines Luftvolum dV nach B hinüber; wir können uns nun denken, diefs Luftvolum d V trete zuerst in das Gefäfs B hinüber mit unveränderter Spannung p, und dann erst, wenn es sich in B befindet, gleiche sich seine Spannung mit dem daselbst stattfindenden Drucke Ро aus. Geht es in dem Gefäfse B selbst von der 'Spannung p zu po über, so kann hiedurch keine TemperaturErhöhung oder Erniedrigung der ganzen in B befindlichen Luft entstehen, indem die mechanische Wirkung nur zwischen den Theilen des Volums dV und der schon vorher in B befindlichen Luft von der Spannung p, vor sich geht. Was die eine Luftmenge an mechanischer Kraft und Wärme verliert, geht in die andere über, kann daher nicht aus dem Gefäfse B entweichen; ebenso wenig hat das jetzt noch in A befindliche Luftquantum V-dV durch die bei B stattfindende Ausgleichung der Spannungen p und p. die geringste Veränderung zu erfahren. Es kann also eine Störung in dem Gleichgewichte der Temperaturen in beiden Gefäfsen nur durch das Herübertreten des Luftvolums aus A in B, vermöge dessen die in A befindliche

0

Luft den Druck po um die Gröfse d V zurückdrängte, also die Arbeit po dv verrichtete und eine dem entsprechende Wärmemenge verlor, indem sich ihre Spannung um dp verringerte, entstanden seyn; die geleistete Arbeit podv tritt mit dem kleinen Luftvolum dV über an die in B befindliche Luft, comprimirt sie, ihre Spannung Po um dp. vergrössernd, und schafft hiedurch die entsprechende Wärmenenge aus A in B über; auf diese Weise allein ist eine Erkaltung in dem einen, eine Temperaturerhöhung in dem anderen Gefäfse zu erklären.

Wenn nun V der Rauminhalt jedes einzelnen der beiden gleich grofsen Gefäfse ist, P die ursprüngliche Spannung der Luft in A vor Oeffnung der Hähne, so sind die beiden während des Ueberströmens der Luft in jedem Augenblicke stattfindenden Drucke durch die Gleichung

p+Po =P

miteinander verbunden. Alsdann kann die mechanische ArV p

dv

beit p。dv, indem dp=—p ist, durch (p—P) dp ausgedrückt werden; diefs ist die von der im Behälter A befindlichen Luft innerhalb der kurzen Zeit dt, während dafs ihre Spannung sich um dp vermindert, geleistete Arbeit. Die ganze Arbeit von der Oeffnung des Verbindungshahns zwischen A und B an bis zu dem Augenblicke, wo die Spannungen p und p。 in beiden Gefässen einander gleich geworden, kann daher durch das bestimmte Integral

P

Sp-P)dp=PV (log nat 2 — ;) = P V. 0,1931

P

ausgedrückt werden. Oder, mit anderen Worten: Wenn comprimirte Luft aus einem vollen Gefäfse in ein gleichgrofses völlig leeres überströmt, so leistet die in dem ersten Gefässe nach der Ausgleichung der Drucke zurückbleibende Luft im Ganzen einen mechanischen Effect, als ob sie den ursprünglichen Druck durch einen Raum zurückgedrängt hätte, welcher nahezu einem Fünftel des Gefäfsvolumens gleichkommt, d. h. deutlicher, als ob sie un

ter dem ursprünglichen constanten Drucke um ein Fünftel ibr ganzes Volum vergröfsert hätte. Derselbe mechanische Effect ist natürlich in B consumirt worden; ebenso sind diesem Effecte proportionale Wärmemengen in A und B resp. verschwunden und frei geworden. Joule wandte bei seinen Versuchen ein 134 Cubikzoll haltendes Gefäls an, welches mit Luft von 22 Atmosphären Druck gefüllt wurde; nach Ausgleichung der Drucke war eine Wärme menge entwickelt und resp. verschwunden, welche 1 Pfd. Wasser um nahe an 3o C. zu erwärmen vermochte. Wende ich die obigen Formeln auf diesen Versuch an, so erbalte ich nur 1° F. für Ein Pfund Wasser, als die Wärmemenge, welche in A verschwunden und in B frei geworden seyn kann; allein es ist klar, dafs in der Weise, wie der Versuch von Joule angestellt worden, und namentlich bei der eigenthümlichen Construction der Verbindungshähne eine grosse Wärmemenge durch Reibung in den engen Communicationsröhren zwischen beiden Gefäfsen entwickelt und sofort durch die Luft in das Gefäfs B übergeführt worden seyn mufs. Diefs hat auf die Gesammtwärme in beiden Gefäfsen zusammengenommen keinen Einflufs, denn wenn durch Reibung eine Wärmemenge erzeugt worden, so muss der hiezu gebrauchte mechanische Effect in dem Gefäfse A eine gleiche Wärmemenge absorbirt haben; das Hauptresultat des Versuches von Joule bleibt also ganz ungeändert. Es wäre zu wünschen, dafs diese Versuche wiederholt würden mit der Abänderung, dafs man die Ausgleichung der Drucke durch gröfsere oder geringere Oeffnung der Verbindungshähne bald plötzlich, bald ganz allmälig geschehen liefse, um zu sehen, welchen Einfluss die Reibung in den Verbindungswegen auf die Erkaltung und Erwärmung in den einzelnen Theilen des Apparates habe, und welche Gröfse der Temperaturveränderungen, mit Ausschlufs der Reibungswirkung, ganz allein das Resultat der Volumveränderungen in den beiden Abtheilungen des Apparates darstelle.

Indem bei der Ausdehnung eines Gases unter gewöhn

lichen Umständen, d. h. wenn das Gas nicht geradezu in einen luftleeren Raum strömt, allemal eine gewisse Wärmemenge aus dem Gase austritt, welche proportional der bei der Ausdehnung geleisteten Arbeit ist, so ist klar, dafs von einer specifischen Wärme eines Gases bei constantem Druck nur uneigentlich die Rede seyn kann, dafs hingegen die specifische Wärme bei constantem Volum die ein-zige wirkliche specifische Wärme ist, d. h. dafs sie die wirkliche Zunahme der Gesammtwärme ausdrückt, während die specifische Wärme bei constantem Druck aus der Summe der Zunahme der Gesammtwärme und der bei der Ausdehnung unter constantem Druck vermöge des geleisteten mechanischen Effectes ausgetretenen Wärmemenge zusammengesetzt ist. Die wirkliche Zunahme der Gesammtwärme eines Gases bei einer bestimmten Temperaturerhöhung mufs unter allen Umständen dieselbe bleiben und wird durch die specifische Wärme bei constantem Volum ausgedrückt.

Nenne ich die specifische Wärme bei constantem Druck, die am leichtesten durch die Erfahrung direct bestimmbare Gröfse, ferner c' die specifische Wärme bei constantem Volum, eine Gröfse, welche vermöge des aus der Schallgeschwindigkeit abgeleiteten Coëfficienten indirect ebenso genau wie c bestimmt werden kann; so ist c'dt die bei einer Temperaturerhöhung dt wirklich stattgefundene Zunahme der Gesammtwärme, edt die bei der gleichen unendlich kleinen Temperaturerhöhung bei constantem Druck stattgehabte scheinbare Zunahme der Gesammtwärme, (e-c') dt also diejenige Wärmemenge, welche aus der Luftmenge bei ihrer Ausdehnung unter constantem Drucke p in der Form mechanischen Effectes ausgetreten ist. Beträgt nun im letzteren Falle die Volumvermehrung für eine unendlich kleine Temperaturerböhung dt die Gröfse dv, so mufs pde die geleistete mechanische Arbeit ausdrücken; pdv kann aber der Gleichung pv=k(1+at) zufolge durch kadt ausgedrückt werden; die Wärmemenge

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