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DER

PHYSIK UND CHEMIE.

NEUE FOLGE. BAND 56.

1. Ueber die Doppelbrechung der Strahlen electrischer Kraft; von Peter Lebedew.

Seitdem Hertz uns die Mittel gegeben hat, die Consequenzen der electromagnetischen Lichttheorie experimentell zu prüfen, und hierdurch ein unermessliches Gebiet der Forschung zugänglich machte, wurde das Bedürfniss rege, die Versuche in einem kleineren, für experimentelle Arbeiten bequemeren Maassstabe ausführen zu können. Die ersten Bemühungen in dieser Richtung machte Herr O. Lodge1) und in neuester Zeit hat Herr A. Righi2) eine Methode ausgearbeitet, welche bereits eine vielseitige Anwendung gefunden hat.

Durch weitere Verkleinerung der Apparate ist es mir geungen Wellen zu erzeugen und zu beobachten, welche nur noch nach Bruchtheilen eines Centimeters (2 = 0,6 cm) zu messen waren, die also den längsten Wellen des Wärmespectrums näher kommen, als den von Hertz ursprünglich benutzten electrischen Wellen; für diese Versuche können die Parabolspiegel so klein genommen werden, dass zum Nachweise der Brechung Prismen von etwas über ein Centimeter genügen es wurde hierdurch die Möglichkeit eröffnet, die Hertz'schen Grundversuche auf das Gebiet der Krystalloptik zu übertragen und durch den Nachweis der Doppelbrechung in Krystallen zu vervollständigen.

Im Folgenden mögen diese Versuche kurz beschrieben und in Nachträgen die technischen Einzelheiten erläutert worden. Es sei hier noch die Bemerkung gemacht, dass Hr. Righi3)

1) O. Lodge, Nature. 41. p. 462. 1890.

2) A. Righi, Rend. Cent. Acc. d. Lincei (5). 2. p. 505. 1893.

Memorie. d. Acc. d. Bologna (5). 4. p. 487. 1894.

3) A. Righi, l. c. p. 565. Die Erscheinungen in Holzblöcken, welche Hr. Mack (Wied. Ann. 54. p. 342. 1895) als Doppelbrechung Ann. d. Phys. u. Chem. N. F. 56.

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durch Nachweis der Circularpolarisation in Holzblöcken die Erscheinung der Doppelbrechung bereits gefunden hat.

I. Die Apparate.

Bei der Wahl der Versuchsanordnung diente die classische Anordnung Hertz's als Vorbild: in der Brennlinie eines cylindrischen Spiegels wurden die Schwingungen erzeugt, in der Brennlinie des empfangenden Spiegels befanden sich zwei geradlinige Resonatoren, welche von dem auffallenden Wellenzuge erregt wurden; nur waren hierbei alle Lineardimensionen hundertmal verkleinert. Eine solche Verkleinerung liess sich

W

jedoch nicht ohne einigen Abänderungen durchführen: für den Primarleiter wurde die von Herrn Righi (1. c.) gegebene Form G, gewählt und die Erregung der Resonatoren wurde nicht durch den Secundärfunken, wie bei Hertz, sondern nach Hrn. J. Klemenčič) auf thermoelectrischem Wege gemessen.

G2

2

Der Primärleiter (Fig. 1) bestand aus zwei Platincylindern P1 und P2 (je 1,3 mm lang und 0,5 mm dick), welche in Glasröhren G, und G2 eingeschmolzen waren; die Stromzuführung geschah durch Funken, welche von den Drähten D1 und D2 auf die Platincylinder übersprangen. Dieser Fig. 1 (nat. Gr.). Primärleiter befand sich in der Brennlinie eines kreiscylindrischen Spiegels (Höhe 20mm, Oeffnung 12mm, Brennweite 6 mm) 2); um den Funken des Primärleiters in einem flüssigen Isolator überspringen zu lassen, wurde der ganze Spiegel in ein Petroleumbad gesenkt die erzeugten Strahlen

bezeichnet, sind von Hrn. Righi (1. c. p. 563) bereits früher untersucht und in einwandsfreier Weise (p. 563) durch das in verschiedenen Richtungen verschiedene Leitungsvermögen des Holzes erklärt worden.

1) J. Klemenčič, Wied. Annal. 42. p. 416. 1891 und 50. p. 175. 1893.

2) Die Form eines Kreiscylinders wurde der von Hertz angewandten parabolischen Form wegen der leichteren Herstellung vorge

zogen.

konnten durch ein dünnes Glimmerfenster ungestört in den Luftraum austreten; eine passend angebrachte Schraube gestattete die Länge des Primärfunkens (7= 0,02 mm) zu reguliren. Als Stromquelle diente ein mittelgrosses Inductorium (30 Unterbrechungen pro Sec.), dessen Secundärkreis durch einen Condensator C (und einen Wasserwiderstand W) unterbrochen war, um die dem Primärfunken schädlichen Nachentladungen des Inductoriums zu vermeiden.

2

Durch einen zweiten parabolischen Cylinderspiegel, welcher dem Hertz'schen genau nachgebildet war (Brennweite 1,4 mm Höhe 20 mm, Oeffnung 12 mm) wurden die Strahlen auf zwei geradlinige (je 3 mm lange) Resonatoren concentrirt. An den. einander zugekehrten Enden der Resonatoren R, und R2 (Fig. 2) waren sehr dünne (d = ca 0,01 mm) Drähte aus Eisen resp. Constantan angelöthet, welche zwei in einander geschlungene (je 0,3 mm grosse) Oesen bildeten; an jedem Resonator war in der Mitte (d. h. im Knotenpunkt seiner electrischen Eigenschwingung) ein federnder, in der Ebonitplatte E befestigter Zuleitungsdraht angelöthet.

Werden die Resonatoren er

Cn

regt, so entladen sie sich bei Re
jeder Schwingung theilweise R
durch die Drähte des Thermo-
elements, deren Erwärmung
sofort durch ein empfindliches
Galvanometer (1 Seth.

E

Fig. 2 (nat. Gr.).

6,10-9 Amp. bei r =0,62 Ohms) angezeigt, und durch seinen ersten Ausschlag gemessen wurde. Um das empfindliche Thermoelement vor Luftströmungen zu schützen, wurde der Secundärspiegel in einer, mit einem Glimmerfenster versehenen Schützhülle angebracht.

Beide Spiegel standen auf einem Spectrometer; die Brennlinie des Primärspiegels war unveränderlich vertical aufgestellt, während der Secundärspiegel, der am beweglichen Arme des Spectrometers angebracht war, um den Strahl als Axe gedreht werden konnte. Die gegenseitige Entfernung beider Spiegel betrug bei den meisten Versuchen 10 cm (was der Entfernung von 10 Metern bei den Hertz'schen Versuchen entspricht); unter diesen Umständen erreichen die Galvanometerausschläge 20-30 Scalentheile.

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II. Die Hertz'schen Grundversuche.

Mit den beschriebenen Apparaten lassen sich die Hertzschen Grundversuche mit Leichtigkeit wiederholen.

a) Die Polarisation.

Für die Polarisationsversuche bediente ich mich eines quadratischen 2 x 2 cm grossen Gitters, welches aus 20 dünnen Drähten gebildet war; das Verhalten des Gitters bei parallelen und gekreuzten Brennlinien der Spiegel ist identisch mit demjenigen, welches Hertz gefunden hat.

Die auslöschende Wirkung des Gitters ist für die angewandte Beobachtungsmethode von Wichtigkeit, da sie sofort das Vorhandensein störender Nebenumstände (directe Fernewirkung des Inductoriums auf das Galvanometer etc.) zu erkennen gibt. Bei allen weiter unten beschriebenen Versuchen befand sich ein etwas grösseres Polarisationsgitter vor dem Primärspiegel und jede Beobachtung wurde bei zwei Gitterstellungen wiederholt; die Differenz der Galvanometerausschläge konnte hier nur durch die durchgegangene electrische Schwingung bedingt sein.

b) Interferenz.

Ohne Schwierigkeiten lässt sich mit Hilfe zweier ebener Spiegel nach der Methode von Herrn L. Boltzmann1) die Wellenlänge der angewandten Schwingung bestimmen: auf das Maximum, welches bei dem Gangunterschiede 0 cm. auftritt, folgt bei einem Gangunterschiede von 0,2-0,3 cm ein gut ausgeprägtes Minimum, auf welches wiederum ein schwaches Maximum bei 0,5 – 0,6 cm Gangunterschied folgt; bei grösseren Gangunterschieden sind keine periodischen Schwankungen mehr zu erkennen ein Beweis, dass die untersuchte Schwingung stark gedämpft ist. Nach diesen Beobachtungen würde die Wellenlänge = 0,6 cm anzunehmen sein, wie sie sich auch aus den geometrischen Abmessungen der Apparate ergiebt.

1) L. Boltzmann, Wied. Ann. 40. p. 399. 1890.

c) Geradlinige Ausbreitung.

Stehen die Spiegel in 10 cm gegenüber, so lassen sich die Versuche mit der Durchlässigkeit der Isolatoren (Ebonit, Glimmer, Glas) und der Schirmwirkung der Leiter (Metalle) mit Leichtigkeit ausführen.

Entfernt man den Secundärspiegel von dem primären, so nehmen die Galvanometerausschläge ab, und zwar etwas schneller als direct proportional der Entfernung.

Eine geometrisch scharfe Begrenzung hat der Strahl nicht; jedoch lässt sich seine Richtung auf 3 Grad genau angeben.

d) Die Reflexion.

Für den Nachweis der Reflexion genügt ein ebener Metallspiegel von 2 × 2 cm. Um das Verhalten anisotroper Flächen zu zeigen, kann man sich mit Vortheil des beschriebenen Polarisationsgitters bedienen.

e) Die Brechung.

Um die Brechung nachzuweisen, genügt ein kleines Ebonitprisma (1,8 cm hoch, 1,2 cm breit, Brechungswinkel 45 Grad), welches kaum 2 g wiegt (bei Hertz war das Gewicht des Prismas ca. 600 kg).

Das Prisma wurde auf dem Spectrometertisch aufgestellt, der Primärspiegel befand sich in 3 cm Abstand, während die Entfernung des Secundärspiegels vom Prisma 7 cm betrug; die Beobachtungen wurden in üblicher Weise für die beiden Minimumstellungen gemacht. Der Secundärspiegel wurde unter verschiedenen Winkeln aufgestellt und die zugehörigen Galvanometerausschläge notirt (den Einfluss der wechselnden Beschaffenheit des Primärfunkens kann man durch geeignete Reihenfolge und Häufung der Beobachtungen abschwächen). Trägt man die Beobachtungen graphisch auf, so lässt sich die Lage des Maximums auf ca. 3 Grad genau bestimmen. sei hier bemerkt, dass ein 1,2 cm breites Metalldiaphragma, welches dicht vor dem Prisma aufgestellt wird, die Lage des Maximums im gebrochenen Strahle kaum beeinflusst, wenngleich das Maximum hierbei viel verwaschener erscheint; auf die Anwendung des Diaphragmas wurde deshalb verzichtet.

Es

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