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werden und die weitere Entladung hindern, während die gleichartigen abgestossen werden.

Dieselbe Erscheinung zeigt sich bei Geissler'schen Röhren. Wurden die aus etwa 2 mm starkem Aluminiumdraht bestehenden Electroden einer solchen Röhre von 1 m Länge und 5 cm Weite mit den Polen der Hochspannungsaccumulatorenbatterie durch hohe Widerstände verbunden und die Spannung vorsichtig bis zu 750 Volt gesteigert, so erfolgte keinerlei merkbare Entladung, obschon in dem verdünnten Gase mit Rücksicht auf die zugespitzte Form der Electroden sehr viel geringere Spannungsdifferenz hätte genügen müssen die Entladung einzuleiten. 1)

Convective Entladung in Vacuumröhren. Um genau die Spannungsdifferenz zu ermitteln, bei welcher Entladung eintritt, wurde die Röhre mit äusseren Belegungen aus Stanniol versehen in solchem Abstand von den Electroden, dass directer Uebergang der Electricität durch Leitung oder merkliche Influenzwirkung der Electroden ausgeschlossen war. Diese Belegungen wurden mit einem Braun'schen Electrometer verbunden. Wurden nun die Electroden unter Zwischenschaltung eines Wasserwiderstandes mit den Klemmen der Hochspannungsdynamomaschine verbunden, so trat bei successiver Steigerung der Spannung durch Verstärkung des Stromes in den Magnetspulen plötzlich bei 750 Volt Ablenkung der Electrometernadel ein, d. h. es hatte Entladung der Electroden gegen die Glaswandung der Röhre stattgefunden.

Dass die Entladung alsbald wieder aufhörte, erklärt sich dadurch, dass die Ladung der Glaswände die Feldintensität derart abänderte, dass das Potentialgefälle in der Nähe der Electroden zur Fortsetzung der Entladung nicht mehr genügend war.

Wurde nun die Spannung weiter erhöht, so trat bei 900 Volt ebenso plötzlich zum zweitenmal Entladung gegen die Gefässwände ein, bei 1100 Volt zum drittenmal, dann noch ein- oder mehrmal, bis bei 1500 Volt der Strom in Form der gewöhnlichen leuchtenden Entladung anscheinend stetig direct von einer Electrode zur anderen ging.

1) Diese Spannung scheint auch wenig von der Form der Electroden abhängig zu sein, obschon sich damit das Potentialgefälle beträcht lich ändern müsste, wenn keine Doppelschicht vorhanden ist.

Diese sprungweise Wiederholung der Entladung nach jeweiliger beträchtlicher Steigerung der Spannung erklärt sich wohl kaum anders als dadurch, dass vor jeder neuen Entladung zunächst wieder electrische Doppelschichten an den Electroden gebildet wurden.

Die Entladungen gegen die Glaswand waren im allgemeinen dunkel, doch zeigte sich im völlig verfinsterten Zimmer auch öfters mehr oder minder deutliches Aufleuchten der Electroden, wobei man an der Kathode deutlich den dunkeln Raum und blaues Glimmlicht erkennen konnte.

Dieses Aufleuchten entspricht ganz den Vorstellungen Faraday's,1) welchen zufolge die convective Entladung gewissermaassen unvollendete disruptive Entladung ist, d. h. disruptive Entladung, welche nur in der jeder Electrode anliegenden Luftschicht stattfindet und die Luft da, wo sie ein Ende nimmt, electrisch macht, sodass dieselbe als ,,electrischer Wind" der Kraft des electrischen Feldes entsprechend sich von der Electrode fortbewegt.

Wechselstromentladungen in Vacuumröhren. Auch bei Anwendung von Wechselstrom zeigten sich dieselben Erscheinungen. Wurde den Electroden von einem Heliostransformator, welcher durch eine Helioswechselstrommaschine gespeist wurde, unter Zwischenschaltung eines Wasserwiderstandes Wechselstrom zugeführt, so zeigte sich an dem mit den äusseren Belegungen verbundenen Electrometer kein Ausschlag, solange die mittlere Spannungsdifferenz der Electroden unter 250 Volt blieb. Von da an kamen die Blättchen des Electrometers zu starker Divergenz, bis bei 290 Volt Spannungsdifferenz leuchtende Entladung eintrat. Dabei ging die Divergenz der Blättchen auf einen kleinen constanten Werth zurück, der sich mit zunehmender Stromstärke entsprechend dem wachsenden Potentialgefälle im Rohr vergrösserte.

Da die Spannungscurve für eine Periode des Wechselstromes bei der angewandten Maschine stark von der Form einer Sinuscurve abwich, sodass das Verhältniss der maximalen Spannung zur mittleren, wie experimentell festgestellt wurde, 5,14 betrug, sind die Werthe der maximalen Spannungs

1) Faraday, Experimentaluntersuchungen 1. p. 1406.1442. 1592. 1838.

differenz beim Eintritt der convectiven und der leuchtenden Entladung 1285 bez. 1491 Volt. Es scheint also die für den Eintritt der leuchtenden Entladung maassgebende1) maximale Spannungsdifferenz bei Wechselstrom dieselbe zu sein wie beim Gleichstrom, wie es auch nach der Faraday'schen Ansicht sein muss, im Gegensatz zu neueren Ansichten, welchen zufolge auch die Aenderungsgeschwindigkeit des Potentials in Betracht käme (Jaumann).

Wurde der gewöhnliche Wechselstrom (100 Polwechsel pro Secunde) durch einen Hochfrequenzstrom ersetzt, erzeugt durch oscillatorische Entladung von zwei Leydener Flaschen, so erschienen bei passender Spannung die Electroden von einem blassen Lichtnebel eingehüllt, dessen Dicke mit steigender Spannung zunahm, sodass allmählich kegelförmige, die Spitzen einander zukehrende Lichtmassen entstanden (Fig. 16), welche sich immer mehr und mehr verlängerten, bis schliesslich eine zusammenhängende Lichtmasse das Rohr erfüllte. Durch Einschalten von Wasserwiderständen vor die eine Electrode konnte man bewirken, dass an dieser die Ausdehnung des Lichtnebels geringer wurde oder dass er ganz verschwand, wie wenn die Verbindung ganz unterbrochen worden wäre. Der andere Lichtnebel blieb dabei unverändert, ein deutlicher Beweis dafür, dass es sich um Entladungen zwischen Electroden und Rohrwandung handelte. Zur Erzeugung der Hochfrequenzströme dienten zwei grosse Leydener Flaschen von je ca. 0,01 Mikrofarad Capacität, deren äussere Belege durch eine kreisförmige Drahtwindung von 0,76 m Durchmesser verbunden waren. Dieser Windung wurde eine Rolle von zehn Windungen von gleichem Durchmesser, welche mit den Electroden der Röhre verbunden war und als Secundärspule diente, auf etwa 50-30 cm Abstand genähert.

In gleicher Weise gestalteten sich die Erscheinungen bei Anwendung des von Ebert 2) beschriebenen Apparates, bei welchem (nach Ebert) die Schwingungszahl etwa 7 Millionen

1) Vgl. auch Steinmetz, die Spannung im Wechselstromlichtbogen in dem Artikel: „Findet eine Phasenverschiebung im Wechselstromlichtbogen statt", Electrotechn. Zeitschr. 13. p. 567. 1892; ferner: „Disruptive Erscheinungen etc.“, l. c. 14. p. 248. 1893.

2) Ebert, Wied. Ann. 53. p. 144. 1894.

pro Secunde ist. Die Spannungsdifferenz zwischen den Electroden mochte, nach dem Ausschlag des Electrometers zu urtheilen, etwa 20 Volt betragen haben, solange nur eben sichtbare Lichtnebel auftraten, 30 Volt beim Durchgang der leuchtenden Entladung. Nimmt man an, dass auch unter solchen Umständen zur Erzeugung der leuchtenden Entladung eine Spannungsdifferenz von 1500 Volt nothwendig ist, so ergiebt sich, dass der durch den Ebert'schen Apparat erzeugte Wechselstrom so stark von der Sinusform abweicht, dass bei einer maximalen Spannung von 1500 Volt die mittlere Spannung nur 30 Volt beträgt. Die Spannung muss also während einer Halbschwingung momentan äusserst rasch ansteigen und ebenso rasch wieder abfallen, während des grössten Theiles der Zeitdauer aber verschwindend klein sein.

Hiermit stimmt überein, dass bei einer mittels des Electrometers gemessenen Spannungsdifferenz von ca. 70 Volt entsprechend einer maximalen Spannungsdifferenz von ca. 4000 Volt die Schlagweite in gewöhnlicher Luft etwa 1 mm betrug.

Wurden die Electroden des Rohres unter Zwischenschaltung eines Commutators mit der Hochspannungsaccumulatorenbatterie in Verbindung gesetzt und durch fortwährendes Umlegen dieses Commutators Wechselstrom erzeugt, so blieb der Ausschlag des mit den äusseren Belegen verbundenen Electrometers aus, sobald die Spannung der Batterie unter 700 Volt heruntergemindert wurde. Ueber dieser Spannung trat er plötzlich hervor und wurde nun mit zunehmender Spannung immer grösser bis zum Eintritt der leuchtenden Entladung, wobei die auf nächster Seite beschriebene Verminderung eintrat.

Entladungsverzüge in Vacuumröhren. Bringt man eine Geissler'sche Röhre in äquatorialer Lage zwischen die Pole eines starken Magneten, so wird bei Erregung des letzteren die Entladung in bekannter Weise an die Wand des Rohres gedrängt und erlischt schliesslich, wenn die Spannungsdifferenz der Electroden constant gehalten, die Intensität des magnetischen Feldes dagegen über einen gewissen Punkt gesteigert wird. Oeffnet man nun den erregenden Strom des Electromagneten, sodass das magnetische Feld verschwindet, so tritt im allgemeinen die Entladung nicht wieder von selbst ein, obschon die Spannungsdifferenz der Electroden dieselbe ist

wie ursprünglich. Bei der erwähnten Röhre von 1 m Länge und 5 cm Weite trat die leuchtende Entladung bei einer Spannungsdifferenz der Electroden von 1500 Volt ein, worauf die Spannung infolge des inneren Widerstandes der Batterie und des zugeschalteten Wasserwiderstandes 1) auf 1100 Volt zurückging. Wurde nun die Entladung magnetisch,,ausgeblasen", so stieg das Electrometer der electromotorischen Kraft der Batterie gemäss sofort wieder auf 1500 Volt, das Rohr blieb aber dunkel, ja es konnte durch stetige Erhöhung der Spannung unter Vermeidung von Funkenbildung (durch Verstärkung des Magnetisirungsstromes der stromliefernden Hochspannungsdynamo maschine, welche mit dem Hochspannungsaccumulator in Serie geschaltet war) die Spannung bis zu 3000 Volt, also auf das Doppelte erhöht werden, ohne dass die Entladung von neuem einsetzte. Sie trat aber sofort ein, falls etwa die Spannung durch den Zellenschalter der Accumulatorenbatterie, wobei kleine Fünkchen entstanden, regulirt wurde oder wenn in der Nähe des Rohres eine Leydener Flasche entladen wurde. Ebenso wurde die Entladung mit Sicherheit durch einen Funken am Collector der Maschine eingeleitet, zuweilen auch entstand sie nach einigen Minuten, auch wohl erst nach einer halben oder ganzen Stunde von selbst ohne bemerkbare Ursache. Da sich Funken am Collector der Maschine nicht ganz vermeiden liessen, waren genaue Beobachtungen hierüber nicht möglich.

Welches ist nun die Ursache dieses eigenthümlichen Entladungsverzuges?

Eine Veränderung des Gasinhaltes der Röhre oder des Materials der Electroden durch Einwirkung des Magnetismus hatte sicher nicht stattgefunden, denn mit Eintritt der Entladung sank die Spannung sofort wieder auf den normalen Werth von 1100 Volt. Sollte auch hier electrisirte Luft, entstanden durch convective Entladung, die eigentliche Ursache der Störung sein? Ich möchte annehmen, dass dies wirklich der Fall ist.

Wurde das Rohr mit äusseren Belegungen versehen, so trat im Moment des Ausblasens der Entladung eine starke

1) Nach Hittorf ändert sich die Leitungsfähigkeit des Gases. Ann. d. Phys. u. Chem. N. F. 56.

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