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keit der Steighöhenmethode von der Qualität der Röhrenwandung ergab, auf 22 Röhren aus 7 verschiedenen Materialien stützte, genügte ich wohl eben den gegenwärtig an experimentelle Untersuchungen gestellten Anforderungen. 1)

§ 2. Plan der Arbeit und Verbesserungen der früheren Beobachtungsmethode.

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Eine grosse Schwierigkeit für absolute Messungen der Oberflächenspannung bei der Methode der Beobachtung der Steighöhe im Capillarrohr bietet wie ich wohl aus meinen früheren Arbeiten als bekannt voraussetzen darf die Ausmessung der Querschnitte des capillaren Rohres. Wenn ich auch diese Schwierigkeiten durch Anwendung des Objectschraubenmikrometers und einer ca. 100 fachen Vergrösserung überwunden zu haben glaube, so lehrt mich die einschlägige Literatur, dass diese Schwierigkeit wohl von manchem Autor noch weiter unterschätzt werden wird, und darum unternahm

1) Ich sehe an dieser Stelle von der Discussion der nach anderen Methoden angestellten Messungen der Oberflächenspannung des Wassers in ihrer Abhängigkeit von der Temperatur z. B. der des Hrn. Timberg (Wied. Ann. 30) ab und möchte mich nur noch gegen die in den sonst so werthvollen Landolt-Börnstein'schen Tabellen von Hrn. Heilborn p. 44 gegebenen Tafel aussprechen. Abgesehen davon, dass die Beobachtungen von Frankenheim, Brunner und Wolf nur relative Werthe für die Oberflächenspannung des Wassers bei verschiedenen Temperaturen geben, zum Theil` ja auch nur geben wollen, gibt Hr. Heilborn auf Grund dieser und anderer Beobachtungen absolute Werthe für die Capillaritätsconstante bis auf 1/100000 ihres Betrages an! Dass die angegebenen Tabellen für die Capillaritätsconstante einerseits und für die Oberflächenspannung andererseits ganz unnöthiger Weise auf verschiedenen Beobachtungen basirt sind und daher in sich nicht übereinstimmen, darf gleichfalls wohl beanstandet werden.

Auch die Bemerkung scheint mir hier nicht überflüssig, dass, wenn ein Autor wiederholt auf die Bestimmung des numerischen Werthes einer Constanten zurückkommt, das Resultat der letzten Arbeit naturgemäss den Ausschlag gebenden Werth hat, weil in ihm die Summe aller früher gemachten Erfahrungen enthalten ist und die früheren Resultate ihren Werth theilweise verloren haben. Die Geschichte der Wissenschaft bietet genügend Beispiele, welcher Werth darin liegt, wenn ein Autor Untersuchungen über denselben Gegenstand wiederholt aufnimmt; es ist damit eine Vertiefung in den Gegenstand gegeben, wie sie bei einmaliger in Angriff genommener Behandlung nicht erreicht werden kann.

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ich es mit denselben Röhren, mit denen ich die Oberflächenspannung des reinen Wassers bestimmt, die Oberflächenspannung von noch anderen chemisch besonders scharf definirbaren und verhältniss mässig leicht rein herstellbaren Flüssigkeiten zu bestimmen, welche gerade die Schwierigkeit nicht aufweisen, mit denen die Bestimmung der Oberflächenspannung des reinen Wassers vermöge ihres grossen Werthes behaftet erscheint. Als solche Flüssigkeiten boten sich mir insbesondere Benzol und Toluol mit ihrer verhältnissmässig geringen Oberflächenspannung dar. Anilin, welches gleichfalls in Aussicht genommen war, und vor Benzol und Toluol noch den Vorzug einer sehr geringen Verdunstbarkeit hatte, erwies sich infolge mangelhafter Benetzbarkeit des Glases als weniger geeignet.

Bei Beobachtungen an Benzol und Toluol dürfte die Gefahr nicht bestehen, dass ihre Oberflächenspannung infolge von Verunreinigungen der Oberfläche als zu klein befunden. wird, eher die entgegengesetzte, und so werden Beobachtungen der Oberflächenspannung von Wasser auf der einen, von Benzol und Toluol auf der anderen Seite nach derselben Beobachtungsmethode immer eine willkommene gegenseitige Controle bieten, wenn sich auch andere Physiker dazu entschliessen möchten, nach ihren Methoden gleichzeitig die strittige Oberflächenspannung des Wassers und die weniger strittige von Benzol und Toluol zu bestimmen.

Die Ausdehnung meiner Untersuchungen auf das so flüchtige und daher die Temperatur schwer haltende Benzol und Toluol hatte noch das Gute, dass ich gezwungen wurde meine Beobachtungsmethode auch für Wasser nach zwei Seiten hin durch einfache Vorrichtungen zu verbessern.

Die eine Vorrichtung hat den Zweck bei verdunstenden Flüssigkeiten das Niveau auf constanter Höhe zu erhalten. Ein sehr dünnes heberförmig gebogenes Capillarrohr wird so eingestellt, dass in jedem Augenblick der durch Verdunstung bedingte Verlust durch Zufluss gedeckt wird. Die Sicherheit der Beobachtung selbst bei so stark verdunstenden Flüssigkeiten wie Benzol und Toluol erwies sich dann als eine ebenso grosse, wie bei sehr wenig oder gar nicht verdunstenden Flüssigkeiten.

Die andere Vorrichtung hat den Zweck, die Temperatur

der verdunstenden Flüssigkeit auf der constanten Temperatur der Umgebung zu erhalten. Ein dünner Platindraht ist in spiralförmigen Windungen durch das Flüssigkeitsbassin gelegt, und kann durch eine Accumulatoren batterie von zwei bis drei Elementen erwärmt werden. Ein gleichfalls eingeschaltener Stöpselrheostat gestattet in sehr vollkommener und schneller Weise dem Flüssigkeitsbassin in jedem Augenblick soviel Wärme zuzuführen, als ihm bei der Verdunstung verloren geht, mit anderen Worten, die Temperatur des Bassins bis auf 0,01-0,02o C. constant zu halten.

Der Temperatur wurde, wie es ja schon das Thema meiner Arbeit bedingte, eine gegen früher erhöhte Beachtung geschenkt. Die Beobachtungsthermometer aus Jenaer Normalglas für Flüssigkeitsbassin und Luft waren auf das Sorgfältigste mit einem Normalthermometer aus Jenaer Normalglas, für welches die Calibercorrectionen bestimmt waren, verglichen und konnten mit Hülfe der in den Landolt-Börnstein'schen Tabellen p. 93 gegebenen Tafeln auf die Scala eines Wasserstoff- oder Luftthermometers reducirt werden. Die Maximalerwärmung der Beobachtungsthermometer von 40° C. hatte eine momentane Nullpunktsdepression von nur 0,01o C. zur Folge. Da die Scalentheilung sich auf 10 bezog und im allgemeinen nur 1/10 der Theilung geschätzt wurde, wird die durch diese Nullpunktsänderung bedingte Unsicherheit der Temperaturablesung von keiner Bedeutung sein.

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Im Uebrigen darf ich wohl betreffs der Beobachtungsmethode und der ganzen Beobachtungs-Anordnung auf meine früheren Arbeiten verweisen. Da sich der Beobachtungsapparat in jeder Beziehung bewährt hat, möchte ich diesmal eine Abbildung desselben beifügen (Taf. III, Fig. 4). Eine nähere Beschreibung findet man Wied. Ann. 11. p. 187. 1880. Die neu hinzugetretenen Verbesserungen, wie sie in diesem Paragraphen besprochen sind, werden aus der Figur ersichtlich sein.

§ 3. Discussion der durch den Einfluss der Temperatur auf die Oberflächenspannung bedingten Momente.

Wolf hat schon ganz richtig durch ein umfangreiches Beobachtungsmaterial erwiesen, 1) was sich ja theoretisch auch 1) Wolf, Pogg. Ann. 101. p. 563 u. f. 1857.

von selbst versteht, dass, soweit die Temperatur überhaupt auf die Erscheinungen der Oberflächenspannung von Einfluss ist, es in erster Linie auf die Temperatur der Oberfläche des Meniscus im Capillarrohr ankommt.

In der That erwiesen sich bei den von mir darauf hin angestellten Studien insbesondere die engeren Capillarröhren als empfindliche und, was für die definitiven Beobachtungen von einigem Vortheil war, bei hinreichender Wandstärke zugleich träge Thermometer. Ein absichtlich veranlasster Anstieg der Temperatur der Umgebung hatte ein Sinken der Steighöhe, ein Fallen der Temperatur der Umgebung hatte ein Ansteigen der Steighöhe zur Folge.

Die Constanz der Temperatur des Flüssigkeitsbassins, für welche durch die § 2 beschriebene Vorrichtung Sorge getragen war, hatte daher mehr mittelbare Bedeutung, in erster Linie kam es auf das Constant-Halten der Temperatur des Meniscus und damit der Temperatur der Umgebung an. Bei der Geräumigkeit und Höhe des Beobachtungszimmers konnte durch zweckmässiges Heizen und Lüften verhältnissmässig viel erreicht werden, ein regulirbarer Anthracitofen leistete hierbei gute Dienste. Andere besondere Vorrichtungen die Temperatur der Umgebung constant zu halten, hätten wieder durch Fehler parallaktischer Natur die Genauigkeit der Beobachtung beeinträchtigt. 1)

Beschränkt man sich darauf durch die einfachen Mittel des Heizens und Lüftens durch Thür und Fenster die Temperatur der Umgebung auf constanter Höhe zu halten, dann bemerkt man, dass es sich empfiehlt mit nicht zu engen Capillarröhren zu arbeiten. Enge capillare Röhren sind ja allerdings vermöge der grösseren Steighöhen empfindlicher in ihrer Reaction auf Temperaturänderungen, aber bei dem grösseren Abstand des Meniscus von dem Flüssigkeitsniveau ist man bei ihnen entsprechend unsicherer über die Temperatur des Meniscus, auf welche es ankommt. Für weitere Capillare ist die Temperatur des Meniscus mehr durch die Temperatur

1) Die von Brunner und Wolf benutzten Vorrichtungen dieser Art waren darum nöthig, weil bei ihnen an jedem Tage bei einer Reihe verschiedener Temperaturen beobachtet wurde. Ich arbeitete grösstentheils an einem Tage nur immer mit einer Temperatur.

des darunter liegenden Flüssigkeitsniveaus bedingt. Es ist damit ein neuer Gesichtspunkt gegen die Verwendung zu enger Capillaren gegeben, wie solcher sich noch immer namhafte Physiker bedienen. Macht man sich, wie ich, die Bestimmung absoluter Werthe der Oberflächenspannung zur Aufgabe, so gewährt ja ohnehin, worauf ich schon wiederholt aufmerksam gemacht habe, die Wahl zu enger Querschnitte nur Nachtheil1) (man vergleiche auch § 12, 2).

Aus der Thatsache, dass es in erster Linie auf die Temperatur des Meniscus ankommt, ergiebt sich die weitere Forderung, dass es nicht richtig ist die Beobachtung der Steighöhe zu beschleunigen, wozu man leicht durch die von Quincke an Blasen beschriebene und, wie ich wohl schon heute sagen darf, fälschlich2) als Nachwirkung gedeutete Erscheinung veranlasst werden könnte. Im Gegentheil kommt alles darauf an, für den Meniscus das Temperaturgleichgewicht der Umgebung abzuwarten, wozu bei meinen Beobachtungen in einzelnen Fällen 5-6 Minuten gehörten. Wie ich in meiner letzten Arbeit beschrieben habe, 3) befinden sich die Röhren ausserhalb der Beobachtungszeit in Reagenzgläsern völlig in Wasser eingetaucht, in einem Vorbade — wie man auch sagen könnte. Es war nicht weiter dafür Sorge getragen, dass die Temperatur dieses Vorbades genau mit der in Betracht kommenden Temperatur der Umgebung übereinstimmte, hätte die Manipulation des Herausnehmens und äusseren Abtrocknens der Röhren doch wieder die Temperatur des Rohres und der mitgenommenen Flüssigkeitssäule geändert. Aber soviel ging deutlich aus meinen Beobachtungen hervor, dass die auch von anderen beobachteten anfänglichen Schwankungen der Steighöhe im wesentlichen mit bedingt sind durch den anfänglich besonders stark vor sich gehenden Temperaturausgleich des Meniscus mit der Umgebung.

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In wieweit es mir gelungen ist unter Verzicht auf voll

p. 14.

1) Hr. Quincke ist in seiner letzten Arbeit (Wied. Ann. 52. 15. 1894) gegen früher (Pogg. Ann. 160. p. 343–352. 1877) auch bereits zu weiteren Querschnitten übergegangen, aber im ganzen bevorzugt er noch immer erheblich engere Querschnitte, als ich.

2) P. Volkmann, Wied. Ann. 53. p. 659 u. f. 1894.
3) P. Volkmann, Wied. Ann. 53. p. 654. 655. 1894.

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