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4. Ueber die Potentialdifferenzen zwischen Metallen und Flüssigkeiten;

von G. Meyer.

Allgemeines.

1

Wenn man ein Lippmann'sches Capillarelectrometer, welches mit einem Metall M, und einem Electrolyten F1 gefüllt ist, polarisirt, so wird die angelegte äussere electromotorische Kraft im Gleichgewicht gehalten durch die Potentialsprünge an den beiden Electroden, der grossen Metallfläche und dem Meniscus. Ist der Meniscus sehr klein gegen die andere Metallfläche, so tritt nur am Meniscus eine Zustandsänderung ein, während die grosse Electrode unverändert bleibt. Die Potentialsprünge an den beiden Electroden sind daher verschieden und wir wollen das so andeuten, dass wir den Potentialsprung an der grossen mit M1/(F1 + x), den am Meniscus mit F/M1 bezeichnen. Das x bedeutet in der von Hrn. E. Warburg begründeten Leitungsstromtheorie der capillarelectrischen Phänomene Salz von M1, welches mit dem Electrolyten die Säure gemein hat. Ist nun eine beliebige polarisirende Kraft e angelegt, so haben wir bei Vernachlässigung der Spannungen zwischen den Flüssigkeiteu, und diese Vernachlässigung kann auf Grund der Entwickelungen der Hrn. Nernst1) und Planck2) als zulässig angesehen werden, e1 = M1/(F1 + x) + F1/M1.

(1)

e1

1

Ist ein zweites Capillarelectrometer mit dem Metall M2 und dem Electrolyten F2 gefüllt, so gilt die Beziehung

(2)

2

e2 = M2|(F2 + x) + F2/ M2.

Aus diesen beiden Gleichungen folgt

oder

e1

= M1 /(F1 + x) — M2 /(F1⁄2 + x) + F1/M1 — F2/M2

=

(3) e̟ — e2 = M1 |(F1 + x) + (F2 +) x / M2 − (M1| F1 + F2/M2).

1

1) Nernst, Ztschr. f. phys. Chem. 2. p. 613. 1888; 4. p. 129. 1889. 2) Planck, Wied. Ann. 40. p. 561. 1890.

Wir verbinden mit dieser Gleichung den Ausdruck für die electromotorische Kraft E eines Elementes

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wo wiederum die Spannungen zwischen den Flüssigkeiten vernachlässigt sind.

Setzen wir nun voraus, dass die polarisirenden Kräfte e und e, die Meniscen zum Maximum der Oberflächenspannung bringen, so ergiebt die v. Helmholtz'sche Ladungsstromtheorie, dass die Potentialsprünge M/F1 = 0 und M2| F2 = 0 sind. Unter dieser Voraussetzung verschwindet der Klammerausdruck auf der rechten Seite von (3) und wenn man ferner annimmt, dass die Potentialdifferenz zwischen den Metallen zu vernachlässigen ist, ergiebt sich aus (3) und (4)

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Die Leitungsstromtheorie des Capillarelectrometers führt nicht zu der Folgerung, dass zwischen dem bis zum Maximum der Oberflächenspannung polarisirten Meniscus und dem Electrolyten kein Potentialsprung bestehe, sodass nach dieser Anschauungsweise der in der Klammer enthaltene Ausdruck

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im allgemeinen von Null verschieden ist. Nach der eben genannten Theorie1) zeigen im Capillarelectrometer Metalle, denen in Lösungen ihrer Salze eine geringere Oberflächenspannung zukommt, als in Lösungen von Salzen, welche die gleiche Säure, aber eine andere Basis besitzen, bei kathodischer Polarisirung mit wachsenden electromotorischen Kräften zunächst eine zunehmende Oberflächenspannung, indem der Strom die Concentration des Metallsalzes verringert. Tritt dann bei weiter wachsender polarisirender Kraft ein zweiter electrolytischer Process auf, welcher eine Abnahme der Oberflächenspannung im Gefolge hat, so beobachten wir ein Maximum der Oberflächenspannung. In diesem Zustande steht der Meniscus eines solchen Metalls in Berührung mit dem Electrolyten, welcher arm

1) Vgl. G. Meyer, Wied. Ann. 53. p. 845. 1894.

an Metallsalz oder, wie wir im Interesse einer einfacheren Schreibweise der Formeln sagen wollen, frei von Metallsalz ist, während dagegen die grosse Metallfläche des Capillarelectrometers mit mehr oder weniger Metallsalzlösung je nach der Beschaffenheit des Electrolyten bedeckt ist, welche sich durch die Einwirkung des in der Flüssigkeit enthaltenen atmosphärischen Sauerstoffs gebildet hat. Eine Berührung der Metalle mit dem Electrolyten, sodass sich an der Grenzfläche wenig Metallsalz befindet, lässt sich nun, ohne zu polarisiren, erzielen, wenn man die Metalle in Tropfelectroden bringt und zugleich die Berührungsfläche von Metallstrahl und Flüssigkeit so klein als möglich macht, d. h. den Zerreissungspunkt des Strahles in die Flüssigkeitsoberfläche bringt (Strablelectroden nach Paschen).1) Lässt man zwei Tropfelectroden gefüllt mit M1 und M2 in den Lösungen und F2 spielen, welche durch einen Capillarheber miteinander verbunden sind, so besteht zwischen ihnen, wenn wiederum die Spannungen zwischen den Flüssigkeiten vernachlässigt werden, die electromotorische Kraft

(6)

ез

2

2

2

e3 = M1/F+F2/ M2 + M2 / M1. Aus den Gleichungen (3) und (6) ergiebt sich

(7)

e1e2+е3 = M1/(F1+x) + (F2+x) / M2+ M2 | M1,

sodass man unter Zuziehung von (4) erhält

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Die Ladungsstromtheorie des Capillarelectrometers fordert die Erfüllung der Gleichung (5), während Betrachtungen, welche an der Hand der Leitungsstromtheorie entwickelt sind, auf die Gleichung (8) führen. Will man untersuchen, welche von den beiden Gleichungen zutrifft, so sind, um die Verwendung im Capillarelectrometer und in Tropfelectroden zu ermöglichen, an Stelle der Metalle die ihnen electromotorisch gleichwerthigen Amalgame anzuwenden. In dieser Weise hat Hr. Rothmund2) Versuche angestellt, indem er im Capillarelectrometer diejenigen electromotorischen Kräfte ermittelte, welche Amalgame von so hohem Metallgehalt, dass sie electromotorisch dem Metall gleichwerthig sind, bis zum Maximum der Oberflächen

1) F. Paschen, Wied. Ann. 41. p. 42. 1890.

2) Rothmund, Zeitschr. f. phys. Chem. 15. p. 1. 1894.

spannung polarisirte und dann die Spannungen der gemäss Gleichung (4) zugehörigen Elemente maass. In der Tab. 1 sind die Beobachtungsresultate des Hrn. Rothmund zusammengestellt. Die erste Columne enthält die Zusammensetzung des untersuchten galvanischen Elementes, die zweite die polarisirende Kraft, e,, welche das zuerst aufgeführte Metall in dem ersten Electrolyten zum Maximum der Oberflächenspannung bringt, die dritte dieselbe Grösse e für das zweite Metall in dem Electrolyten. In der fünften Columne ist die electromotorische Kraft E des Elementes ausgeführt.

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Die in der letzten Columne enthaltene Grösse E—(e1 — e2) sollte nach der Ladungsstromtheorie, welcher sich Hr. Rothmund anschliesst, die Grenzen der Beobachtungsfehler nicht überschreiten. Man ersieht indessen, dass unter 11 untersuchten Fällen fünfmal die Beziehung (5) erfüllt ist, während in 6 Fällen die Grösse E — (e̟1 − e) die Beobachtungsfehler übersteigt. Diese Abweichungen, welche bei den Amalgamen von Sn, Cd, Tl in HCl- und H2SO4-Lösungen und bei Hg in Lösungen von CNSK, KJ und Na,S auftreten, werden im ersten Falle oberflächlichen Concentrationsänderungen infolge des Angriffes der Amalgame durch die Säuren zugeschrieben

1) Das positive Vorzeichen deutet eine kathodische, das negative eine anodische Polarisation an.

2) Die eingeklammerten Zahlen sind von mir beobachtet.

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und sollen im zweiten Falle wahrscheinlich durch den Uebergang der Quecksilberionen vom zweiwerthigen in den einwerthigen Zustand veranlasst sein. Die grossen bis zu 0,416 Volt gehenden Werthe von E-(e̟-è̟) der Tab. I haben mich veranlasst, die Experimente des Hrn. Rothmund zum grossen Theil zu wiederholen und zu versuchen, ob nicht vermittelst der Gleichung (8) eine bessere Uebereinstimmung zwischen Theorie und Beobachtung herbeigeführt werden kann. Hr. Rothmund hat dem von ihm benutzten Electrolyten stets eine gewisse Menge Metallsalz zugesetzt, so z. B. H2SO-Lösung mit Hg2SO gesättigt, wenn diejenige electromotorische Kraft ermittelt werden sollte, welche Quecksilber in dieser Lösung bis zum Maximum der Oberflächenspannung polarisirte. Die H2SO wurde dagegen in Bezug auf ZnSO4 1/100 normal gemacht, wenn die eben genannte Grösse für HgZn und H2SO zu bestimmen war. Bei der Wiederholung der Versuche wurden ebenfalls derartige Lösungen im Capillarelectrometer angewendet; zur Ermittelung der electromotorischen Kraft e31 welche in (8) auftritt, war es dagegen erforderlich, die Lösungen ohne Gehalt an Metallsalz zu verwenden, da ja nach der Leitungsstromtheorie die Polarisation des Meniscus zum Maximum der Oberflächenspannung diesen von Metallsalz befreit. Die Ermittelung von e, geschah daher mittels Tropfelectroden in Lösungen, welchen kein Metallsalz zugesetzt war. Es soll, da sich einige Abweichungen von den Angaben des Hrn. Rothmund fanden, über die Versuche im einzelnen berichtet werden.

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Apparate.

Das Capillarelectrometer war mit einem Quecksilbermanometer verbunden, vermittels dessen derjenige Druck ermittelt wurde, welcher den Meniscus nach der Polarisation in die Anfangsstellung zurückbrachte. Die dem Maximum der Oberflächenspannung entsprechende electromotorische Kraft ergab sich wie bei Hrn. Rothm und durch geometrische Construction aus den Curven, welche die Veränderung der Oberflächenspannung als Function der polarisirenden Kraft dar

stellen.

Die Höhe der Tropfelectroden schwankte zwischen 30 und 40 cm; sie standen auf durch Fussschrauben verstellbaren

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