1854. No. 2. ANNALEN DER PHYSIK UND CHEMIE. BAND XCI. I. Ueber die in der galvanischen Kette an der Gränze zweier Leiter entwickelte Wärme oder Kälte); con M. L. Frankenheim. In der geschlossenen Kette findet, von der chemischen Wirkung in der Flüssigkeit abgesehen, bekanntlich ein zweifacher Wärme-Procefs statt. Der erste besteht in der Erwärmung der ganzen Kette; der Ursprung des zweiten ist auf die Gränze zweier Leiter beschränkt. Jener wird in jedem Theile der Kette beobachtet und ist unabhängig von der Richtung des Stromes. Seine Intensität ist daher eine solche Function von der Intensität des Stromes J, die keine Veränderung erleidet, wenn man —J für +J setzt. In der That haben Joule und später Andere gefunden, dafs die Intensität dieser Wärme, welche man die primäre nennen könnte, dem Quadrat der Strom-Intensität proportional ist. Mit dieser primären Wärme ist das Produkt des secundären, von der Gränze der Leiter ausgehenden WärmeProcesses stets gemischt. Die Temperatur der den Gränzen benachbarten Theile ist stets die Summe oder die Differenz beider. Aber diese steht in keinem einfachen Verhältnisse zur Strom- Intensität, und man nimmt daher in der Nähe der Gränzen, bei scheinbar nahe übereinstim 1) Bei dieser Arbeit bin ich durch die zahlreichen und sorgfältigen Beobachtungen, die Hr. Szafarkiewicz in meinem Laboratorium angestellt hat, sehr unterstützt worden. Einige derselben hat er in seiner Anfangs Juni 1853 erschienenen Inaugural - Abhandlung bekannt gemacht. Sie sind Hrn. v. Quintus-Icilius, dessen Arbeit nur wenig jünger ist, unstreitig unbekannt geblieben. Poggendorff's Annal. Bd. XCI. 11 menden Bedingungen bald Wärme, bald Kälte wahr, und zuweilen scheint die Temperatur dieser Stellen gar keine merkliche Veränderung zu erfahren. Obgleich dieser secundäre Wärme-Procefs schon vor etwa 20 Jahren von Peltier entdeckt ist, so ist dennoch bis jetzt noch nicht versucht worden die Intensitäten des Stromes und des secundären Wärme - Processes durch eine genaue Formel zu verbinden. Jedenfalls ist die secundäre Wärme dem Quadrate der Strom-Intensität nicht proportional, wie es die primäre ist, weil sie sonst wie diese von der Richtung des Stromes unabhängig wäre, sondern eine solche Function derselben, dafs die beiden den entgegengesetzten Richtungen + J des Stromes entsprechenden Werthe ebenfalls einanander gleich und entgegengesetzt sind, nämlich a. Ist nun b die primäre Wärme, so würde die an den Gränzstellen stattfindende Wärme-Entwickelung, je nach der Richtung des galvanischen Stromes seyn. ba und b a Sind a und die bei zwei einander gleichen und entgegengesetzten Strömen beobachteten Temperaturen, so ist a==ß; b= α+β 2 2 wenn man annimmt, dafs die beobachteten Temperaturdifferenzen den die Wärme erzeugenden Kräften proportional sind, was bei allen folgenden Beobachtungen, bei denen die Temperatur nur innerhalb weniger Grade schwankte, erlaubt ist. Die Beobachtungsweise. Um die Temperatur der Gränzgegend kennen zu lernen, bediente ich mich entweder eines Luft-Thermometers oder eines Galvanometers. Jenes war dem von Riefs und anderen Physikern bei ihren elektrischen Versuchen mit so grofsem Erfolge angewandten Instrumente ähnlich; nur enthielt es statt der Platin - Spirale ein thermo - elektrisches Element, das isolirt in eine Fassung der Glas kugel eingesetzt war. Die Flüssigkeit sank gewöhnlich, wenn die galvanische Kette durch jenes Element geschlos. sen wurde, um eine gewisse Gröfse herab. Wurde nun die Richtung des Stromes umgelegt, so konnte der primäre Wärme-Process keine Veränderung in der Höhe der Flüssigkeit hervorbringen, aber diese trat durch den Ein- . flufs des secundären Wärme-Processes in sehr merklicher Weise ein. Es ist mir jedoch bei der Oertlichkeit, über die ich verfügen konnte, nicht möglich gewesen quantitativ genaue Resultate zu erlangen. Bei allen im Folgenden angeführten Versuchen wurde daher ein dem von Peltier angegebenen ähnliches Kreuz angewendet. Dieses besteht bekanntlich aus zwei kreuzweise gelegten, in der Mitte zusammengelötheten Stäben von Wismuth und Antimon oder zwei anderen in der thermo-elektrischen Reihe entfernten Metallen. Zwei benachbarte Enden dieses Kreuzes wurden mit dem galvanischen Apparate, die zwei andern mit einem Galvanometer verbunden, so dafs die durch den Galvanismus in der Löthungsstelle erregte Wärme oder Kälte einen thermo-elek trischen Strom hervorbrachte, der die Galvanometer-Nadel ablenkte. Man mifst also bei diesem Verfahren die Temperatur der Kreuzungsstelle während der Dauer des Hauptstromes, und kann mit der Ablesung warten, bis der Apparat zu einem constanten Zustande gelangt ist, das Kreuz eine feste Temperatur angenommen und die Nadel sich beruhigt hat. Wenn man die thermo-elektrische Kette erst mit dem galvanischen Elemente verbindet und dann nach einer gewissen Zeit davon trennt und mit dem Galvanometer in Verbindung setzt, wobei die Temperatur Differenz sowohl während der Unterbrechung des Stromes als nach der Verbindung mit dem Galvanometer beständig abnimmt, so ist man Fehlern unterworfen, welche keine Sorgfalt in der Ablesung und Berechnung des Galvanometers beseitigen kann. Der Apparat Fig. 1, Taf. III. bestand also aus zwei Thei len, der Hauptkette und der Nebenkette, die in dem Mittelstücke des Kreuzes K zusammentrafen. Die Elektroden des galvanischen Elementes PZ gingen in die beiden Mittel- Näpfchen oder vielmehr - Klemmen des Mutators M, die eine P unmittelbar, die andere Z, nachdem eine kleine Tangentenbussole B und ein Rheostat R eingeschaltet waren. Mit den Endnäpfchen des Mutators wurden zwei Enden des Kreuzes verbunden. Zur Erzeugung des Galvanismus wurden verschiedene. Ketten benutzt, in der Regel eine kleine Grove'sche Kette, welche der Nadel der Tangentenbussole B eine Ablenkung von 70° geben konnte, wenn kein Rheostat eingeschaltet Wenn der Thoncylinder vor Kurzem gebraucht und noch mit Wasser durchzogen war, so reichte es hin, ihn auf einen Augenblick mit starker Schwefelsäure zu füllen, um ihm sogleich seine volle Wirksamkeit wieder zu geben. war. Die Tangenten - Bussole B hat 210 Millimeter Durchmesser und einen Kupferring von 5,2 Millim. Dicke. Die Nadel, die eine Länge von 54 Millm. hatte, war etwas zu grofs für den Durchmesser des Ringes, so dafs die galvanische Kraft der Tangente des Ablenkungswinkels nicht genau proportional gesetzt werden durfte. Die nothwendige Correction wurde auf zweifache Weise gefunden. Entweder brachte man die kleine Tangenten - Bussole mit einer anderen von 505 Millm. Durchmesser und einer etwa 100 Millm. langen Nadel zugleich in einen Strom, den man durch Einschaltungen beliebig schwächen konnte und erlangte dadurch eine Reihe correspondirender Ablenkungen, aus denen die Corrections-Tabelle berechnet wurde; oder man wandte das, wie ich glaube, zuerst von Poggendorff empfohlene Verfahren an. Es wurde die kleine Tangenten - Bussole mit einer beliebigen anderen Bussole und einem Rheostaten in eine Kette gebracht und ein Strom hindurchgeleitet, welcher in der Bussole eine constante Ablenkung hervorbrachte. Der Ring der Tangenten-Bussole wurde aber nach und nach in verschiedene Azimuthe gestellt und die Ablenkungen beobachtet. Aus den beiden Ablenkungen der Nadel vom Ring und des Ringes vom Meridian konnte leicht die der Ablenkung der Nadel von der Ebene des Ringes, wenn dieser im Meridiane stand, entsprechende Kraft berechnet werden. Beide Tangenten-Bussolen waren so construirt, dafs man den Ring um seine verticale Axe drehen konnte, ohne dadurch die zur Verbindung dienenden Klemmen zu verrücken, Es wurde dadurch nicht nur die Anwendung jenes zur Berechnung der Kraft aus den Ablenkungen geeignete Verfahren möglich gemacht, sondern auch die Einstellung sehr erleichtert. ΤΟ Die kleine Tangenten - Bussole war für Versuche, bei denen die Genauigkeit bis ", das heifst bei einer Ablenkung von 45 Grad 0,002 bis 0,004, nicht zu überschreiten braucht, ein sehr bequemer Apparat, der leicht eingestellt und beobachtet werden konnte und während der ganzen Reihe von Versuchen keine Veränderung erlitt. Der Rheostat R ist einer der hübschen in Berlin verfertigten Serpentin- Cylinder mit einer Spirale von Neusilber-Draht, der zugleich als Gewinde dient, und einem durch eine starke Feder an den Draht gedrückten Röllchen. Sie velangen jedoch grofse Vorsicht im Gebrauch, da die Feder nicht immer gleichförmig andrückt und dadurch, namentlich bei schwachen Leitungs-Widerständen, grofse Schwankungen hervorbringen kann. Der Mutator M hat neben den Näpfchen zur Sicherheit der Verbindung noch Klemmen. - Zuweilen war der Leitungs-Widerstand im Mutator nicht zu vernachlässigen. Denn wenn der Bügel mit dem galvanischen Elemente, das Kreuz mit ef (Fig. 2, Taf. III.) verbunden war, so wurde die Leitung, wenn der Bügel in de tauchte, um das Drahtstück cdef länger als wenn der Bügel in ef tauchte. Dann pflegte ich die zu dem Kreuze führenden Verbindungs-Drähte in d und e oder in c und f zu legen, wobei dann die Umkehrung des Stroms keine Veränderung im Leitungs-Widerstande hervorbrachte. Jedoch war dieses selten nothwendig. |