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behutsam bewegte. Als die Entfernung der Spitze von der Platte so grofs war, dass keine Funken übergingen, blieben beide dunkel; dasselbe war der Fall, als bei Verringerung der Entfernung der Strom überging, und die Funken als hellglänzende gebogene Lichtlinien erschienen. Bei fernerer Näherung von Spitze und Platte wurden die Funkenlinien gerade, folgten immer schneller auf einander und konnten nicht mehr einzeln unterschieden werden; plötzlich verlor der Funkenstrom seinen Glanz, wurde matt silberweiss, und zugleich leuchtete, je nach der Richtung des Stromes, an der Spitze oder Platte ein tiefblaues Licht auf. Dieses Licht bedeckte auf der Platte eine gröfsere Fläche, an dem Schraubenende nur die äusserste Kuppe der abgerundeten Spitze. Nachdem diese spitzer gefeilt war, ging das Licht auch an die Seiten der Spitze hinauf. Eine secundäre Erscheinung ist das Aufleuchten weifser Pünktchen, die in grofser Menge im blauen Lichte, einzeln auch an der dunklen Elektrode erschienen und verschwanden. Diese Punkte sind glühende Platintheilchen und erschienen in weit geringerer Menge, als ich Platte und Spitze, statt aus Platin, aus der von Siemens und Halske gebrauchten Platinlegirung verfertigt anwendete. Am auffallendsten zeigte sich die Neeff'sche Lichterscheinung, wenn ich einen feinen Platindraht an der Schraube befestigte, und dessen Ende der Platte sehr nahe stellte; alsdann leuchtete die Platte, als negative Elektrode, mit tiefblauem Lichte, und der Draht, wenn er negative Elektrode war, wurde eine ansehnliche Strecke hinauf von dem blauen Lichte umflackert. Da diese Strecke über Linie betrug, so bedurfte ich das Mikroskop nicht mehr, und konnte mit unbewaffnetem Auge das blaue Licht deutlich an Spitze oder Platte erkennen.

Die beschriebenen Lichterscheinungen in freier Luft sind dem Ansehen nach identisch mit jenen, welche die Elektricität in einem Glascylinder hervorbringt, in welchem die Luft allmählich verdünnt wird, und es ist einzusehen, dafs die beiden Erscheinungen auch dem Wesen nach identisch sind. Der elektrische Funke zerreifst die Luft und schleu

dert auf seiner Bahn die Lufttheilchen fort. Indem der Funke zwischen einer Platte und dem Ende eines dagegen normal gerichteten Drahtes übergeht, entsteht unter der Drahtspitze auf der Platte ein luftverdünnter Raum, der durch die Luft an der Oberfläche des Drahtes wieder gefüllt wird, so dass, augenblicklich nach dem Funken, auch an dieser Oberfläche die Luft verdünnt seyn mufs. Bei sparsamem Uebergange der Funken ist bei jedem Funken die Luftverdünnung aufgehoben, die der vorangehende erzeugt hat, und das Ansehen der Funken bleibt ungeändert; ist aber die Folge der Funken sehr schnell, so bleibt die Luft verdünnt, in welcher die Elektricität an der negativen Elektrode als Glimmlicht, an der positiven als Büschel sichtbar wird. Das Glimmlicht ist stets mit einer Forttreibung von Luft verbunden und unterhält daher die erzeugte Luftverdünnung. Der auffallende Umstand, dafs bei den gewöhnlichen Versuchen in freier Luft das Glimmen nur an Stellen von Leitern auftritt, die eine grosse elektrische Dichtigkeit besitzen und sich nicht durch Funken entladen können; hier im Gegentheile das Glimmen bedingt wird durch das Vorangehen von Funken, wird erklärlich, da dem Funkenstrome nur die Bestimmung zukommt, die Luftverdünnung einzuleiten. In der Neeff'schen Beobachtung an der Zunge des Inductionsapparats wird die Wirkung der Funken durch die oscillirende Zunge unterstützt, da die Funken in der verdünnten Luftwelle übergehen, welche der von der Spitze abgehenden Zunge folgt.

Nach dieser Erörterung giebt die Neeff'sche Lichterscheinung keinesweges den Beweis einer überall vorwaltenden Lichtentwickelung an der negativen Elektrode, sondern bleibt nur ein artiges Corollar zu der Erfahrung, dafs in stark verdünnter Luft, und bei geringerer Entfernung zweier Elektroden, nur die negative Elektrode `mit Glimmlicht bedeckt wird, indefs bei geringer Verdünnung und gröfserer Entfernung auch die positive Elektrode glimmt. So liefs Faraday in einer Glocke Elektricität zwischen 2 Metallstäben übergehen, deren Enden 4 Zoll von einander

standen, und sah beide Stäbe in einer Strecke von mehr als 1 Zoll mit Glimmlicht bedeckt; er sah eine positive elektrische Kugel glimmen, der eine negativ elektrisirte Spitze gegenüber stand. Die Luft war in der Glocke bis 4,4 Zoll Quecksilber verdünnt (erperim. research. 1531. 29). Ist hiermit das Neeff'sche Phänomen im empirischen Sinn erklärt, das heifst auf eine früher bekannte Erscheinung zurückgeführt, so darf nicht vergessen werden, dafs diese bekannte Erscheinung sehr räthselhaft ist und noch immer ihre theoretische Erklärung erwartet.

XI. Verbesserte Construction eines Apparates zur Erläuterung verschiedener Erscheinungen bei rotirenden Körpern; von G. Magnus.

Bei Gelegenheit einer Untersuchung über die Abweichung

der Geschosse, habe ich auf eine auffallende Erscheinung aufmerksam gemacht, welche bei rotirenden Körpern stattfindet, und einen Apparat') angegeben, der bestimmt ist so wohl die Bewegung der cylindroconischen Geschosse zu erläutern, als auch zu zeigen, dafs die Axe eines rotirenden Körpers nur dann fest erscheint, wenn sie vollständig frei ist, dagegen leicht beweglich wird, wenn man sie verhindert sich nach einer Richtung zu bewegen.

Diesen Apparat habe ich jetzt in veränderter Form ausführen lassen, so dafs er bequemer zum experimentiren ist, zugleich sind an demselben einige Abänderungen angebracht, durch welche es möglich ist die verschiedenen auffallenden Erscheinungen, welche bei rotirenden Körpern vorkommen, vollständiger als bisher darzustellen.

Die neue Construction ist in Fig. 12 und 13 auf Tafel III abgebildet. AB und CD sind zwei mit dicken Rän1) Poggendorff's Annalen Bd. LXXXVIII. S. 26.

dern versehene Scheiben aus Messing von 3,8 Zoll Durchmesser, die mit ihren Axen ab und cd zwischen Spitzen in den Bügeln abfg und cdhk leicht beweglich sind. Die Bügel sind an der Stange mn angebracht, welche durch die Schraube e in der Hülse os festgehalten wird, und mit dieser Hülse zwischen zwei, in dem gabelförmigen Stück pqr angebrachten Spitzen q und r um die horizontale Axe qr leicht beweglich ist. Das gabelförmige Stück wird von der runden, unten zugespitzten Axe vw getragen. Der ganze Apparat ruht daher auf der Spitze bei w, und ist folglich um die verticale wie um die horizontale Axe leicht beweglich.

Um entweder die eine oder die andere dieser Bewegungen hemmen zu können, ist das Messingstück pu bei p an dem gabelförmigen Stück pqr so befestigt, dafs es durch die Schraube z leicht in die Höhe geschraubt werden kann, und dann gegen das an der Hülse os angesetzte halbkreisförmige Stück xy drückt. Dadurch ist es möglich mn in jeder Neigung gegen den Horizont zu fixiren. Löst man die Schraube z wieder, so sinkt das Stück pu durch seine Schwere und die Bewegung wird wieder frei.

Damit ferner auch die Bewegung um die verticale Axe gehemmt und aufserdem entweder beschleunigt oder verzögert werden könne, ist bei u in das Stück pu noch ein Draht tu eingeschraubt.

Beim und n lassen sich die Drähte ml und ni anhängen, in welche man verschiedene Gewichte P, die mit Haken versehen sind, einhängen kann.

Ein hölzerner Griff EF, an dem zwei gleich lange Schnüre bei E und F befestigt sind, dient dazu die beiden Scheiben AB und CD in Rotation zu versetzen. Indem man diese Schnüre auf die Axen der Scheiben entweder in, gleichem oder in entgegengesetztem Sinne aufwickelt, und dann gleichzeitig abzieht, ist es möglich die Scheiben entweder in gleichem oder in entgegengesetztem Sinne rotiren zu lassen, und ihnen eine sehr nahe gleiche Geschwindigkeit zu ertheilen.

Setzt man beide in demselben Sinne in Rotation, so dafs sie sich wie eine einzige Masse bewegen, und ist die Axe mn ganz frei beweglich, so beharrt dieselbe, wenn bei und gleiche, oder keine Gewichte angebracht sind, fest in ihrer Richtung. Ist auf der einen Seite ein gröfseres Gewicht vorhanden als auf der andern, so bewegt sich der Apparat um seine verticale Axe, und zwar, wenn das Uebergewicht bei m angebracht ist, in entgegengesetzter Richtung als wenn es in n wirkt. Auch versteht es sich von selbst, dafs die Richtung der Bewegung verschieden ist, je nachdem die Rotation der Scheiben in dem einen oder in dem andern Sinne stattfindet. Bewegen sich dieselben in Bezug auf einen in der Verlängerung von mn befindlichen Beob achter, wie der Zeiger einer Uhr, und ist an dem Theile des Apparats, welcher dem Beobachter zugewandt ist, das Uebergewicht angebracht, so bewegt sich dieser Theil von der Rechten zur Linken jenes Beobachters.

Während dieser Bewegung um die verticale Axe ändert sich die Neigung gegen den Horizont kaum merklich; selbst wenn auf der einen Seite eine um zwei Pfund oder 1000 Grammes gröfsere Belastung vorhanden ist als auf der anderen. Beschleunigt man dann die Rotation um die verticale Axe, indem man den Stab tu mit der Hand herumführt, so hebt sich die belastete Seite, und umgekehrt senkt sich dieselbe, wenn man die Winkelgeschwindigkeit des Apparats verzögert. Hemmt man diese vollständig, indem man den Stab tu festhält, so fällt sogleich die belastete Seite herab und zwar so tief als möglich.

Läfst man den auf der einen Seite z. B. bei m belasteten Apparat frei um die verticale Axe rotiren und klemmt ihn, während seiner Bewegung, mittelst der Schraube z in der Neigung, die er gerade gegen den Horizont hat, fest, so hört die Drehung um die verticale Axe auf, beginnt aber, vorausgesetzt dafs die Scheiben AB und CD noch in ihrer Rotation verharren, sogleich wieder, sobald man die Schraube z löst. Nur mufs man sich hüten beim Lösen dieser Schraube die beginnende Rotation um die verticale

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