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III. Ueber Pseudomorphosen, nebst Beiträgen zur Charakteristik einiger Arten derselben; von Th. Scheerer. (Fortsetzung.)

1. Paramorphosen.
(Fortsetzung)

Nach einer kleinen Abschweifung ins Gebiet der gewöhnlichen Pseudomorphosen - hauptsächlich das Auftreten von Kaolin nach Prosopit betreffend (Diese Annalen Bd. 90, S. 315) kehren wir zu den Paramorphosen zurück. Ehe wir jedoch zur Betrachtung neuer Arten derselben übergehen, möge hier noch folgendes Nachträgliche einen Platz finden.

Zuvörderst habe ich eines Vorschlages meines hochverehrten Freundes Haidinger') in Bezug auf die Nomenclatur der Paramorphosen zu gedenken. Jeder paramorphe Krystall zeigt uns die beiden Formen eines dimorphen Körpers zugleich: die eine in seinen Contouren, die andere in der morphologischen Beschaffenheit seines Innern. Ursprünglich, als der chemische Stoff desselben Gestalt annahm, trug er diese Ambiguität (die Folge einer späteren Einwirkung) nicht an sich, sondern seine damalige — später veränderte innere Gestalt entsprach seiner unverändert gebliebenen äufseren. Eine derartige ursprüngliche, äufserlich und innerlich homologe Krystallgestalt stellt sich uns — wenn wir hierbei ausschliesslich Mineralien vor Augen haben in den meisten Fällen als eine nicht mehr vorhandene Species dar, und erinnert gewissermassen an die ausgestorbenen Species der Paläonthologie. Haidinger schlägt daher vor, diese verschwundenen, vorzeitlichen Mineralspecies durch Vorsetzung des Wortes » Paläo« zu be1) Sitzungsberichte der mathematisch - naturwissenschaftlichen Classe der Kais. Akademie der Wissenschaften, Jahrgang 1853, Bd. XI, S. 397.

zeichnen. Der Natrolith zum Beispiel, welcher (als sogenannter Spreustein, wie ich in einem vorhergehenden Abschnitte ) darthat) äufserlich eine monoklinoëdrische Form besitzt, innerlich aber aus einem Aggregate gewöhnlicher rhombischer Natrolith - Individuen besteht, war ursprünglich: »Paläo-Natrolith«. Als letzterer, mit monoklinoëdrischer äufserer und innerer Gestalt, scheint derselbe gegenwärtig nicht mehr gefunden zu werden; sondern er stellt sich uns nur noch als eine Paramorphose von Natrolith nach Paläo-Natrolith dar. Auf gleiche Weise können wir die anderen, in dem citirten Abschnitte motivirten Paramorphosen bezeichnen durch: Albit nach Paläo- Albit (in äufserer Skapolith form), Oligoklas-Albit nach PaläoOligoklas - Albit (in derselben Form) und Amphibol nach Paläo- Amphibol (in Augitform). Wie ich bereits brieflich gegen Haidinger geäufsert habe, nehme ich diesen Vorschlag, welcher eine ebenso passende als bequeme Aushülfe in der Nomenclatur jener eigenthümlichen Mineralgebilde gewährt, sehr bereitwillig und dankbar an.

An diese Bemerkungen erlaube ich mir noch ein Paar Worte über eine vielleicht zweckmässige Eintheilung der Paramorphosen zu knüpfen. Schon früher habe ich darauf aufmerksam gemacht, dafs der Uralit (Amphibol nach Palão - Amphibol) eine Paramorphose ganz eigener Art sey, indem die Hornblend - Individuen, welche äufserlich die Augitform an sich tragen, mit ihren Hauptaxen parallel der Hauptaxe dieser letzteren Form liegen, während bei anderen Paramorphosen kein solcher Parallelismus, ja nicht einmal irgend eine regelmässige Anordnung der constituirenden (Mikro-) Krystall-Individuen stattfindet. Es lassen sich daher homoaxe und heteroaxe Paramorphosen unterscheiden. Zu den ersteren gehört von den uns bis jetzt bekannt gewordenen Vorkommnissen blofs der Uralit, zu den letzteren müssen wir die übrigen derselben zählen. Doch scheint der paramorphe Amphibol nicht ausschliefs

1) Diese Annalen Bd. 89, S. 26.

lich in der eigenthümlichen, homoaxen Art des Uralit, sondern auch als heteroaxe Paramorphose aufzutreten ').

In Bezug auf den Uralit, d. h. der Paramorphose von Amphibol nach Paläo-Amphibol, ist folgendes Nachträgliche zu bemerken. Im vergangenen Sommer hatte ich Gelegenheit in den ausgezeichneten Mineraliensammlungen v. Leonhard's und Blum's zu Heidelberg, und Wiser's in Zürich, höchst instructive Exemplare einiger Pseudomorphosen zu sehen, welche Blum in seinem Werke dem Uralit an die Seite stellt. Es sind diefs: 1) Asbestartiger und dünnstrahliger Strahlstein von Traversella, in der Form von Augit (Malakolith, Salit), 2) Asbestartiger und dünnstrahliger Grammatit von Orange-County, New-York, in der Form von Augit (Diopsid), 3) Asbest aus dem BrozzoThale, Piemont, in der Form von Augit (Malakolith, Salit). Von letzterem enthielt besonders die Wiser'sche Sammlung sehr schöne Exemplare. Zu den Vorkommnissen dieser Art dürfte ferner 4) ein Mineral zu zählen seyn, welches mein College Bergrath Breithaupt vor Kurzem aus Petersburg, unter dem Namen Pitkarandit (nach dem Fundorte Pitkaranda in Finnland benannt), zugesendet erhielt. Es bildet Krystalle von Augit- (Salit-) Form, die einfache Combination Poo. (P∞). P ∞ 2) darstellend. Diese Krystalle sind nur nach einer, und zwar der orthodiagonalen Richtung deutlich spaltbar; nach dieser aber sehr vollkommen. Allein auf den Spaltungsflächen gewahrt man, besonders durch die Loupe, eine Nebeneinander Reihung dünnstrahliger Individuen, deren Längenaxen sämmtlich ganz wie diefs auch bei den zuerst angeführten drei Vorkommnissen dieser Art der Fall ist parallel der Hauptaxe des Gesammt - Krystalls laufen. Dadurch entsteht der eigenthümliche Seidenglanz dieses Minerals auf Spaltungsflächen. Spaltungslamellen desselben lassen sich durch mechanische Gewalt ziemlich leicht in jene faserförmigen (asbestartigen) Zusammenset1) L. c. S. 14.

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2) Ob P oder OP läfst sich natürlich nicht mit Sicherheit entscheiden.

zungs-Elemente theilen. Von welcher morphologischen Beschaffenheit letztere, für sich betrachtet, sind, liefs sich bei ihrem geringen Durchmesser nicht ermitteln, doch erinnert das Aeufsere ihres Complexes entschieden an eine lauchgrüne Hornblende. Eine chemische Analyse bestätigte diefs; der Pitkarandit hat die Zusammensetzung eines Amphibols'). In allen diesen vier Fällen erblicken wir also eine äussere augitische Form mit einem inneren homoaxen Aggregate strahliger Individuen eines amphibolitischen Minerals. Es gehören daher diese Vorkommnisse zu den homoaxen Paramorphosen von Amphibol nach Paläo-Amphibol, jedoch nicht, wie der Uralit, zu der massiv-krystallinischen, sondern zu der (faserig-) strahligkrystallinischen Varietät derselben. Dafs der Paläo-Amphibol in beiden, erheblich von einander verschiedenen Varietäten auftritt, dafs seine ursprünglichen Krystalle sich mitunter zu der einen, mitunter zu der anderen paramorphen Varietät verändert haben, ist keinesweges ein blofses Spiel des Zufalls, sondern diese Thatsache beruht auf einem Grunde, den wir in einem der nächstfolgenden Abschnitte in nähere Betrachtung ziehen werden.

Das Vorkommen von Krystallen: welche als Complexe parallel an einander gereihter dünnstrahliger bis faseriger Individuen erscheinen, ist im Mineralreiche nicht blofs auf die eben angeführten Fälle beschränkt. In meiner Sammlung befindet sich ein Krystallbruchstück des (sogenannten) Bronzit von Kupferberg in Bayern, welches äufserlich und innerlich die nämliche morphologische Beschaffenheit an sich trägt, die wir an den PitkaranditKrystallen fanden; nur ist die auf Spaltungsflächen wahrnehmbare parallel-faserige Zusammensetzung noch etwas feinerer Art. Ein eben solches inneres Gefüge besitzen ferner: Phästin (Breithaupt's) von Kupferberg; ein

1) Das Resultat dieser Analyse wird bei einer späteren Gelegenheit mitgetheilt werden. Der Pitkarandit ist nicht zu verwechseln mit dem von Hefs analysirten » Asbest von Pitkaranda. » Beide Mineralien sind durchaus verschieden.

bronzitartiges Mineral von Waldheim in Sachsen; ein desgleichen von Kraubat in Steiermark; ein diallagartiges Mineral von Reichenstein in Schlesien; ein tremolitartiges Mineral von ebendaher, sowie zum Theil auch Krokydolith, gewisse Anthophillite u. s. w. Indem wir aber diese Mineralien als paramorphe Gebilde in Anspruch nehmen, wollen wir dieselben dadurch keinesweges alle für Paramorphosen von Amphibol nach Paläo-Amphibol erklären. Um hierüber zu entscheiden, müfste uns ihre chemische Zusammensetzung und wenn wir auf die nähere Kenntnifs ihrer inneren Form zu verzichten genöthigt seyn sollwenigstens ihre äufsere Form bekannt seyn. Solche Daten stehen uns in Betreff der gedachten Mineralien vor der Hand nur allenfalls vom Krokydolith zu Gebote. Dieses Mineral hat eine chemische Zusammensetzung, welche nach zwei Analysen von Stromey er einer mittleren Sauerstoff-Proportion entspricht von:

ten

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welche nach Principien des polymeren Isomorphismus umgeformt werden kann zu

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und mit der grössten Schärfe zur Proportion Si: R=9:4 (=26,60: 11,82) also zur Amphibol - Formel

(R) Si+(R)3 Si2

führt. Von der äufseren Krystallform des Krokydolith ist uns zwar insofern nichts bekannt, als man dieses Mineral bisher niemals in deutlichen Krystallen angetroffen hat, allein aus den folgenden Daten lässt sich wenigstens mit einiger Wahrscheinlichkeit ein Schlufs auf dieselbe thun. Der Krokydolith von Fredriksvärn in Norwegen kommt, wie bereits Hausmann gezeigt hat, in inniger Verwachsung mit Hornblende (Arfvedsonit) vor; und zwar in der Art, dafs Spaltungsgestalten der letzteren vollkommene Uebergänge in den Krokydolith bilden. Ferner läfst

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