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Derselbe Uebelstand würde sich ohne Zweifel einstellen, wenn man versuchen würde, der Maschine noch grössere Dimensionen zu geben als die, welche der geschickte Mechanikus Ruhmkorff anwendet, denn die Kraft der Funken, die am Punkt, wo die Vibration entsteht, ausbrechen, hängt vorzüglich von dem im Inductionsdraht selbst inducirten Strome ab; und wenn man die Dimension der Drähte und die Zahl der Windungen vermehrte, würde dieser Strom nothwendig intensiver und die Funken stärker.

Allein ein aufmerksames Studium der Eigenthümlichkeiten dieses Apparats läfst bald ein ganz anderes und sehr einfaches Mittel entdecken, um die erzeugten Effecte zu verstärken. Mehre Versuche, die zu beschreiben hier zu lang seyn würde, beweisen, dafs der Inductionsstrom, der sich im Moment der Unterbrechung der Kette in dem inducirenden Drahte selbst erzeugt, einen bedeutenden Einfluss hat auf die Erregung der Elektricität in dem inducirten Draht, welcher in den beiden Polen der Maschine endigt. Wenn dieser Strom sich ungehindert erzeugt und eine grofse Entwicklung nimmt, geben die Pole wenig Elektricität; trifft dieser Strom dagegen Hindernisse und nimmt er nur eine geringe Entwicklung, so geben die Pole viel Elektricität und die Kraft der Maschine ist verstärkt. Verschiedene Einrichtungen erlauben diese Thatsache auf eine sichere Weise festzustellen; ich erwähne nur die Anwendung weniger edler Metalle als Platin zu den Unterbrechungsflächen und die Vereinigung der vibrirenden Theile durch dünne Drähte von verschiedener Länge. Diefs Princip angenommen, folgt daraus, dafs es zur Erhöhung der Kraft der Maschine hinreicht, der Erregung des Stroms, welcher im Moment der Unterbrechung der Kette im inducirenden Draht entsteht, entgegen zu treten, und es ist leicht zu sehen, dafs man dieses erreicht, wenn man auf die Spannung dieses Stromes wirkt und sie schwächer macht.

In der That, das starke Licht der Funken, die am Unterbrechungspunkt ausbrechen, wenn die Maschine in Wirksamkeit ist, zeigt, dafs der besagte Strom eine grofse Ent

wicklung nimmt, und zwar deshalb, weil die Elektricität eine hinreichende Spannung hat, um den Zwischenraum, welcher die vibrirenden Theile trennt, mit Leichtigkeit zu überspringen; wenn die Spannung schwächer wird, so findet der Uebergang, da jener Zwischenraum einen constanten Widerstand darbietet, nicht mehr mit derselben Leichtigkeit statt, die Funken werden weniger lebhaft und der Strom nimmt eine schwächere Entwicklung.

Ein sehr wirksames Mittel zur Verringerung der Spannung unter diesen Umständen liefern die bekannten Eigenschaften der Leidener Flasche und der auf demselben Principe beruhenden Apparate. Man nehme also einen Condensator, gebildet aus zwei, nur durch eine Firnifsschicht von einander getrennten, Zinnplatten und verbinde jede dieser Platten mit einem der Enden des inducirenden Drahts; die Verknüpfungspunkte müssen diefs- und jenseits des Unterbrechungspunktes liegen, wo die Funken entstehen. Alsdann breiten sich die Elektricitäten, ehe sie zu dem Unterbrechungspunkt gelangen, auf den beiden Zinnflächen aus und verlieren daselbst, vermöge des Einflusses, den sie durch die isolirende Firnifsschicht hin auf einander ausüben, einen grofsen Theil ihrer Spannung.

Wenn der Condensator eine hinreichende Fläche darbietet, z. B. von 5 bis 6 Quadratdecimeter, so sieht man, sogleich wie die Verbindungen gemacht sind, das Licht am Unterbrechungspunkt schwächer werden, und die Maschine sogleich einen merkwürdigen Kraftzuwachs erlangen; die Pole geben dann stärkere Funken, die grössere Zwischenräume wie zuvor durchbrechen. Der Condensator kann bequem in horizontaler Lage aufgestellt werden, ein wenig unterhalb des Elektromagnets, getragen von vier Glasfüfsen.

Mit diesem leicht herzustellenden Zusatz giebt die Maschine nicht nur mehr Elektricität, sondern wirkt auch länger mit Regelmässigkeit, weil die Unterbrechungspunkte nicht mehr der zerstörenden Einwirkung sehr starker Funken ausgesetzt sind.

Eine von Hrn. Sinsteden erdachte Einrichtung, bei wel

cher das Condensationsprincip benutzt worden ist, um stärkere Entladungen mit den Inductions - Maschinen zu erhalten, hat nur scheinbare Analogie mit der hier angedeuteten. Das Princip und die Effecte beider Methoden sind nämlich sehr verschieden. In der That ist es die in dem zweiten Draht, dem inducirten Draht entwickelte Elektricität, welche von Hrn. Sinsteden so modificirt wird, dafs sie hellere Funken giebt; allein diese stärkere Entladungen sind nicht von einer erhöhten Spannung begleitet, vielmehr wird diese geschwächt. Uebrigens schadet die Anwendung dieser Methode keineswegs der Wirksamkeit der von mir vorgeschlagenen, und wenn man es vortheilhaft findet, kann man sie beide zugleich anwenden.

Um eine Idee von der Vergröfserung der Effecte zu geben, die ich bei meinen Versuchen erhielt, will ich folgende Beobachtung mittheilen. Bei Einschaltung eines Galvanometers in die Kette liefs ich die von der Maschine erregte Elektricität durch verdünnte Luft gehen, wo sich die schönen Lichtphänomene erzeugten, die neuerlich von Hrn. Quet studirt worden sind. Als die Maschine unter den gewöhnlichen Umständen functionirte, zeigte die Galvanometernadel eine Ablenkung von 8 Grad. Als ich den Condensator wirken liefs, ward das Licht sehr glänzend und die Ablenkung der Nadel stieg auf 15°. Die Stromstärke war also fast verdoppelt.

Kurz durch das von mir vorgeschlagene Mittel können die Inductionsmaschinen eine gröfsere und längere Zeit constant bleibende Wirksamkeit erlangen, und in beiderlei Hinsicht wird man es ohne Zweifel vortheilhaft finden, das Princip bei Construction neuer Apparate anzuwenden.

Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstr. 18.

1853.

ANNALEN

No. 6.

DER PHYSIK UND CHEMIE.

BAND LXXXIX.

I. Ueber die Wanderungen der Ionen während der Elektrolyse; von W. Hittorf in Münster.

Erste Mittheilung.

Die Deutung, welche wir gegenwärtig dem Processe der

Elektrolyse geben, stellte zuerst in ihren allgemeinen Zügen Grotthufs im Jahre 1805 auf. Darnach stammen die beiden Ionen, die gleichzeitig frei werden, nicht von demselben Atome des Elektrolyten ab, sondern gehören verschiedenen an, denen nämlich, die sich gerade in unmittelbarer Berührung mit den Elektroden befinden. Die Bestandtheile, aus deren Verbindung sie treten, vereinigen sich sogleich mit den entgegengesetzten der zunächst liegenden Atome; dieser Vorgang findet zwischen den entgegengesetzten Bestandtheilen sämmtlicher neben einander liegender Atome, soviel ihrer innerhalb der Elektroden sind, statt und hält sie alle gebunden.

>> Ich folgere hieraus, bemerkt Grotthufs '), dafs wenn es möglich wäre, im Wasser (allein ohne Einschaltung me tallischer Leiter) einen galvanischen Strom hervorzubringen, der eine Zirkellinie bildete, alle Theilchen Wasser, die in diesem Zirkel liegen, zerlegt und augenblicklich wieder zusammengesetzt werden würden; woraus sich dann weiter ergiebt, dafs dieses Wasser, obgleich es die galvanische Zersetzung in allen seinen Theilen wirklich erleidet, doch immer nur Wasser bleiben würde. «<

Diese Auffassung der Elektrolyse war zu natürlich, um nicht die andern mehr oder weniger erzwungenen Hypothesen, welche die austretenden Ionen aus denselben Ato1) Phys. chem. Forsch. S. 123.

Poggendorff's Annal. Bd. LXXXIX.

12

men des Elektrolyten entspringen liefsen, zu verdrängen. Sie erklärte ohne weitere Annahme die zahlreichen Versuche, welche H. Davy 1) kurze Zeit nachher über die Hinüberführung der Bestandtheile zu den Elektroden veröffentlichte. Das späte Auftreten der Ionen eines Elektrolyten, der sich nicht in unmittelbarer Berührung mit den Polen befindet, ihr gänzliches Ausbleiben, wenn sie eine Flüssigkeit, mit deren Bestandtheilen sie unlösliche Verbindungen eingehen, von den Elektroden trennt, waren vortreffliche Belege, welche Davy der Theorie lieferte.

Trotz der klaren Vorstellung, die Grotthufs bis hierhin von der Elektrolyse sich gebildet, die namentlich aus der Bemerkung, welche ich oben mit seinen eigenen Worten wiedergegeben, hervorgeht (die Prämisse der Folgerung realisiren wir bekanntlich heutigen Tages leicht durch einen Inductionsstrom), verfiel er in der weitern Ergründung der Erscheinung in einen wesentlichen Irrthum. Er dachte sich nämlich dieselbe dadurch bedingt, dafs die Metalle, zwischen denen der Elektrolyt eingeschaltet, die Sitze zweier Kräfte seyen, welche entgegengesetzt auf die beiden Bestandtheile jedes Atoms wirkend, den einen abstofsen, den andern anziehen und sich umgekehrt dem Quadrate der Entfernung verändern. Dieser Ansicht huldigten lange mehr oder weniger sämmtliche Physiker, die unserm Gegenstande ihre Aufmerksamkeit schenkten; ihr entsprach die Benennung der Pole, die man den eingetauchten Metallen gab. Grotthufs war jedoch auch hier den übrigen darin voraus, dafs er bereits (freilich im Widerspruche mit seiner Hypothese) die auf jedes Theilchen des Elektrolyten wirkende Kräfte überall gleichstark im Bogen hinstellte, eine Annahme, die bekanntlich für die einfachsten Bedingungen des Versuches richtig ist.

In

Erst Faraday drang tiefer in den Vorgang ein. ganz entgegengesetzter Weise fafste er die Bedingungen desselben auf und ward dadurch zu der grofsen Entdeckung der festen elektrolytischen Wirkung des Stromes geführt, 1) Gilb. Ann. Bd. 28, S. 26.

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