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System von Ericson die Wärme, welche die austretende Luft besitzt, sich auf die Körper wirft, denen die neu eintretende Luft sie entzieht, um sie wieder in die Maschine zu führen, so sieht man, dass, theoretisch, in diesen letzteren Maschinen alle verbrauchte Wärme zur BewegungsArbeit benutzt wird, während in den besten Dampfmaschinen die zur mechanischen Arbeit benutzte Wärme nur z der angewandten ist. Wohl verstanden, vernachlässige ich hier alle äufseren Verlüste, sowie alle mechanischen oder industriellen Hindernisse, welche sich in Praxis einstellen können.

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Die HH. Joule, Thomson und Rankine in England, die HH. Mayer und Clausius 1) in Deutschland, haben, oft von verschiedenen Gesichtspunkten ausgehend, den Calcül dieser mechanischen Wärmetheorie entwickelt, und gesucht, daraus die Gesetze aller die Gase betreffenden Erscheinungen herzuleiten. Meinerseits habe ich seit langer Zeit in meinen Vorlesungen ähnliche Ideen ausgesprochen, zu denen ich durch meine experimentellen Untersuchungen über die elastischen Flüssigkeiten geführt ward. Bei diesen Untersuchungen stiefs ich in der That in jedem Augenblick auf Anomalien, die mir nach der älteren Theorie unerklärlich schienen. Um eine Idee davon zu geben, will ich einige der einfachsten Beispiele anführen:

Erstes Beispiel. 1) Eine Gasmasse sey unter dem Druck von 10 Atmosphären in einen Raum eingeschlossen, den man plötzlich verdoppele. Der Druck sinkt dadurch auf 5 Atmosphären herab.

2) Zwei Behälter, von gleicher Räumlichkeit, stehen in einem und demselben Calorimeter; der eine sey mit Gas unter 10 Atmosphären gefüllt, der zweite vollkommen leer. Plötzlich setze man die beiden Behälter in Verbindung; das Gas verbreitet sich in einen doppelten Raum und der Druck sinkt auch hier auf 5 Atmosphären.

1) Hrn. Holtzmann nicht zu vergessen.

P.

In beiden Versuchen sind also Anfangs- und Endzustand des Gases dieselben, aber diese Einerleiheit der Zustände ist von sehr verschiedenen Wärme - Resultaten begleitet, denn während man bei dem ersten eine bedeutende Erkaltung beobachtet, zeigt bei dem zweiten das Calorimeter nicht die geringste Temperaturveränderung.

Zweites Beispiel. 1) Eine Gasmasse M durchstreiche, unter dem Druck der Atmosphäre, erstlich ein Schlangenrohr, worin sie sich auf 100° erwärme, und dann ein Calorimeter, dessen anfängliche Temperatur 0° sey. Sie steigere die Temperatur dieses Calorimeters auf to.

2) Dieselbe Gasmasse durchstreiche, unter dem Druck von 10 Atmosphären, erstlich das Schlangenrohr, worin sie sich bis 100° erhitze, und dann das Calorimeter von 0° unter demselben Druck. Sie steigert nun die Temperatur des Calorimeters bis t'", und die Erfahrung zeigt, dafs t' sehr wenig von t abweicht.

3) Dieselbe Gasmasse durchstreiche, wieder unter dem Druck von 10 Atmosphären, das Schlangenrohr und erhitze sich darin bis 100°; allein ehe es an die Mündung des Calorimeters von 0° oder an irgend einen Punkt seines Verlaufs gelangt, dehne das Gas sich aus bis auf den Druck von einer Atmosphäre, so dafs es beim Austritt aus dem Calorimeter mit dessen Temperatur und mit dem Druck der äusseren Atmosphäre im Gleichgewicht stehe. Man beobachtet nun am Calorimeter eine Temperatur-Erhöhung t".

Nach den älteren Theorien müsste die Wärmemenge, welche das Gas im Versuche No. 3 abgegeben hat, gleich seyn der in No. 2, vermindert um die Wärmemenge, welche das Gas bei seiner ungeheuren Ausdehnung vom einfachen aufs zehnfache Volum absorbirt hat. Dagegen giebt der Versuch für ť" einen Werth, der gröfser ist als t' und als t.

Ich könnte noch Mehres anführen, würde aber dadurch dem vorgreifen, was ich in der Folge zu sagen habe. Ich verspare daher die Auseinandersetzung für den Zeitpunkt, wo ich die Gesammtheit meiner Versuche über die Zu

sammendrückung und Ausdehnung der Gase veröffentlichen werde.

Jedenfalls zeigen die angeführten Versuche zu Genüge, wie umsichtig man seyn mufs, wenn man aus Versuchen, bei welchen Gase in Bewegung sind, Elasticitätsveränderungen erleiden und eine oft schwer zu schätzende mechanische Arbeit verrichten, Schlüsse ziehen will; denn die Wärme-Effecte hängen gröfstentheils ab von der Ordnung und der Art, in welcher diese Veränderungen vollzogen werden.

So leicht eine physikalische Theorie auch anzudeuten ist, so schwierig ist es unglücklicherweise sie mit Schärfe zu specificiren, so dafs nicht allein alle schon von der Wissenschaft erlangten Thatsachen auf sie bezogen, sondern auch die bis dahin der Beobachtung entgangenen aus ihr abgeleitet werden können. Die Theorie der Lichtwellen, wie sie von Fresnel aufgestellt worden ist, bietet davon bis jetzt allein ein Beispiel in der Physik dar. Die mathematische Behandlung der Wärmeprobleme, unter mechanischem Gesichtspunkt betrachtet, führt wie alle analogen Probleme zu einer partiellen Differentialgleichung zweiter Ordnung zwischen mehren Variablen, die unbekannte Functionen von einander sind. Diese Functionen repräsentiren wahrhafte physikalische Elementargesetze, welche man kennen müsste, um eine vollständige Lösung des Problems zu erhalten. Die Integration der Gleichung führt willkübrliche Functionen ein, deren Natur man zu entdecken suchen mufs, indem man die von der Gleichung gegebenen Resultate vergleicht mit denen der directen Versuche und mit den aus diesen abgeleiteten Gesetzen. Unglücklicherweise sind bei der Wärme die directen Versuche selten auf einfache Phänomene anwendbar; gewöhnlich betreffen sie complexe Fragen, die zugleich von mehren Gesetzen abhängen, und oft ist es schwierig anzugeben, welcher Antheil einem jeden von ihnen zukomme. Der Experimentator mufs alsdann suchen, die Umstände unter welchen er arbeitet, zu modificiren, damit in den einzelnen Versu

chen der Antheil, welcher jedem der Elementarphänomene und dessen Gesetze zukommt, möglichst verändert werde. Er bekommt somit Bedingungsgleichungen, die zur Auffindung der allgemeinen Theorie eine grofse Hülfe gewähren können, denn diese, wie sie auch seyn möge, mufs denselben Genüge leisten.

Dieser Gesichtspunkt ist es, auf welchen ich meine Untersuchungen gerichtet habe; ich bin immer bemüht gewesen, die Umstände, unter welchen ich arbeitete, genau anzugeben, damit meine Versuche, welche Theorie auch zuletzt obsiegen möge, nutzbar seyen.

Im J. 1847 habe ich den ersten Theil meiner Untersuchungen veröffentlicht; er bildet den 21sten Band der Mémoires de l'Academie 1). Seit jener Zeit habe ich nicht aufgehört sie zu verfolgen; allein die Versuche, welche sie erforderten, waren so zahlreich, die numerischen Rechnungen so lang und mühsam, dafs mir die Ausführung derselben unmöglich gewesen wäre, wenn ich mich nicht der kräftigen Mitwirkung der HH. Izarn und Descos zu erfreuen gehabt hätte, denen ich hiemit öffentlich meine Erkenntlichkeit bezeuge.

Die Gegenstände meiner neuen Versuche sind folgende:

1) Die Beziehungen zwischen den Temperaturen und den Spannkräften einer grossen Anzahl gesättigter Dämpfe, von den schwächsten Spannkräften an bis zu der von 12 Atmosphären.

2) Die Spannkräfte dieser selben Dämpfe bei Sättigung und Nichtsättigung in den Gasen.

3) Die Spannkräfte der Dämpfe von gemischten Flüssigkeiten bei Sättigung.

4) Die latente Wärme dieser Dämpfe unter verschiedenen Drucken, von den schwächsten an bis zu denen von 8 und 10 Atmosphären.

5) Die latente Verdampfungswärme dieser selben Substanzen in den Gasen.

1) Die meisten der darin enthaltenen Abhandlungen sind in den Annalen mitgetheilt. S. Bd. 74, S. 202.

6) Die specifische Wärme der permanenten Gase und der Dämpfe unter verschiedenen Drucken.

7) Die bei Compression und Dilatation der Gase entwickelten oder absorbirten Wärmemengen, es möge nun diese Dilatation geschehen durch Vergröfserung des Raums, oder vermöge des Durchgangs durch eine Oeffnung in dünner Wand, oder durch ein langes Haarröhrchen.

8) Die Wärmemengen, welche ein Gas absorbirt, wenn es während seiner Entlassung (détente) eine bewegende Arbeit verrichtet, die gänzlich im Innern des Calorimeters verbraucht, oder gröfstentheils aufserhalb benutzt wird.

9) Endlich die Dichtigkeit der Dämpfe bei Sättigung unter verschiedenen Drucken.

Die Versuche über diese Aufgaben, mit Ausnahme der letzten, sind gegenwärtig fast beendet. Allein da es noch geraumer Zeit bedarf, um sie zu ordnen und mit gehöriger Sorgfalt zu discutiren, so bin ich Willens, die allgemeinen Resultate nach und nach der Akademie vorzulegen, in der Hoffnung sie künftig in Gesammtheit zu veröffentlichen. Heute werde ich nur meine Untersuchungen über die Wärmecapacitäten mittheilen.

Wärmecapacitäten der elastischen Flüssigkeiten.

Die specifische Wärme der elastischen Flüssigkeiten lässt sich auf zweierlei Weisen definiren. Bei der ersten nennt man specifische Wärme diejenige Wärmemenge, die man einem Gase mittheilen mufs, um seine Temperatur von 0° auf 1o zu erhöhen, wenn man es sich frei ausdehnen läfst, so dass es eine constante Elasticität behält; bei der zweiten ist es die Wärmemenge, die man ihm mittheilen mufs, um seine Temperatur von 0° auf 1o zu steigern, wenn man es zwingt dasselbe Volum zu behalten, also seine Spannkraft zu erhöhen.

Die erste dieser Capacitäten nennt man: specifische Wärme des Gases unter constantem Druck, die zweite: specifische Wärme bei constantem Volume. Die erstere allein fällt mit der zusammen, welche man für die Wärmecapa

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