Page images
PDF
EPUB

strahlen; fallen letztere auf die Punkte der Netzhaut, welche auch die Centralstrahlen geben würden, so wird das Bild dieselbe Gröfse behalten müssen; findet aber sphärische Abweichung statt, so werden diese Strahlen jetzt weiter hineinfallen und man wird ein verkleinertes Bild erhalten müssen. Entfernt man die kleine Oeffnung allmälig vom Auge, so wird das Bild immer kleiner und bei kleinen oder hinlänglich entfernten Gegenständen endlich ein blosser Punkt werden, vorausgesetzt, dafs der Gegenstand klein oder entfernt genug sey, dafs die Oeffnung der Pupille hinreicht, die äussersten Strahlen aufzunehmen. Je weiter man nämlich den kleinen Punkt vom Auge entfernt, um so mehr sind die einfallenden Randstrahlen von den Centralstrahlen entfernt. Sticht man in eine Tafel Pappe zwei Oeffnungen 1 bis 2" entfernt, von der Gröfse 2*, beleuchtet sie durch dahinter gestellte Lichter und beobachtet sie durch eine kleine Oeffnung, so wird, wenn man letztere Oeffnung allmälig vom Auge entfernt, die Entfernung der leuchtenden Punkte bedeutend kleiner; die Punkte nähern sich scheinbar. Auch ein einzelner Punkt wird scheinbar um so kleiner, je weiter man die Oeffnung vom Auge entfernt.

5) Betrachtet man die Oeffnung 24* in 3 bis 4 Fufs Entfernung, so bekommt man beim Messen mit dem Ausschnitt 6*, es war also ein vergrössertes Bild da, aufserdem hätte ein Vorgehen nicht das Bild beschneiden, sondern nur die Intensität verändern können. Hält man einen Papierstreifen von der Breite 6* in etwa 6 Zoll Entfernung vor das Auge, so sieht man rechts und links vom schwarzen Streif noch Licht; die Centralstrahlen waren dadurch unbedingt aufgehoben, die Randstrahlen gaben also nicht genau dasselbe Bild als die Centralstrahlen. Bei einer Breite von 8* wurde der Gegenstand noch nicht ganz verdeckt; erst die Breite 11* verdeckte ihn völlig; hielt man diesen Streif jedoch ganz nah an das Auge, so sah man wiederum einen dunklen Streif und rechts und links noch Licht.

6) Betrachtet man den strahlenden Punkt durch ein Dreieck, so bekommt der Strahlenkranz die Gestalt eines

Dreiecks, ganz ähnlich wie es bei kurzsichtigen Augen der Fall ist. Die Gestalt des Strahlenkranzes war also von der Gestalt der Pupille abhängig.

Auch viele der im Eingange angegebenen Erscheinungen werden durch diese Erklärungsweise nicht begründet, so z. B. dafs man bei gleicher Entfernung für gröfsere Punkte kleinere Bilder und bei gleich grofsen leuchtenden Oeffnungen in gröfseren Entfernungen gröfsere Bilder erhalten

kann etc.

II. Auch die zweite Erklärungsweise, nach welcher der Strahlenkranz die Folge einer unrichtigen Lage der Netzhaut ist, reicht zur vollständigen Erklärung nicht hin. Schon der Eindruck im Auge, die ganze Erscheinung des Strahlenkranzes, ist ein anderer als die Vergrösserung, die die Gegenstände bei einem kurzsichtigen Auge durch das Zurückliegen der Netzhaut erleiden; während man im ersteren Falle ein Kerzenlicht in hinreichender Entfernung als einen hellleuchtenden, von einem Strahlenkranze umgebenen Punkt sieht, erscheint es dem kurzsichtigen Auge als eine mehr oder weniger runde (je nach der Entfernung) fast gleichförmig leuchtende, mit dunklen Stellen unterbrochene Scheibe1). Die Gesetze sind aber für beide Erscheinungen in vielfacher Hinsicht dieselben, weil beide durch directe, nicht in einem Punkte zusammenkommende Strahlen verursacht werden.

Es lassen sich hier zwei Ansichten aufstellen:

a) Die Netzhaut accomodirt sich der Entfernung der Oeffnung, das Licht selbst aber steht etwas zurück, erzeugt also ein Bild vor der Netzhaut.

b) Die Ansicht von Keppler (1604): » Wenn ein leuchtender Punkt jenseits einer gewissen für jedes Individuum bestimmten Entfernung gebracht wird, so vereinigen sich die vom Auge aufgenommenen Strahlen ehe sie die Netzhaut erreicht haben, gehen dann wieder auseinander und

1) In der Mitte stehen allerdings die hellen Theile etwas enger zusammen, was aber nur für die sphärische Abweichung spricht.

malen auf diese Haut nicht einen Punkt, sondern eine kleine Scheibe.<<

a) Der ersteren Erklärungsweise widerspricht die Thatsache, dafs man in entsprechender Entfernung einen derartigen Strahlenkranz auch um Licht sieht, welches nicht durch einen kleinen Punkt fällt, um jedes Kerzenlicht, um jede Strafsenlampe etc.

Man könnte hier nur sagen: die Lichtquelle ist ein Körper, sendet also das Licht nicht von einer Ebene aus, es liegen vielmehr die leuchtenden Punkte der Ränder zurück; doch lässt sich leicht durch Rechnung zeigen, dafs hierdurch unmöglich eine derartige Vergröfserung bedingt werden könnte. Ist das Auge 15 Fufs vom leuchtenden Punkte entfernt und das Licht steht 3 Zoll hinter der Papptafel, in der sich die kleine Oeffnung befindet (es stand jedoch fast immer näher), so zeigt schon eine ganz oberflächliche Rechnung, dafs, wenn das Auge sich der Papptafel accomodirt hat, die Gröfse von 3 Zoll, um die das Licht zurücksteht, kein so grofses Vorschreiten des leuchtenden Punktes im Auge bedingen kann, um ein Lichtbild zu erzeugen, welches einem Gegenstande von 5 Zoll entspricht. Bei gewöhnlichem Kerzenlichte ist aber die Entfernung der einzelnen leuchtenden Punkte noch viel kleiner als 3 Zoll. Noch auffälliger wird diese Berechnung, wenn wir gröfsere Entfernungen annehmen, weil bei diesen die Differenz von 3 Zoll fast ganz verschwindet; bei einer Entfernung von 30 Fufs z. B. bedingt die Zunahme um 3 Zoll nur eine ganz unmerklich geänderte Lage der Netzhaut, während doch das Bild des leuchtenden Punktes jetzt etwa 16 Zoll grofs erscheint und Strahlen ganz deutlich wahrgenommen werden.

Ueberdiefs haben auch Versuche ergeben, dafs die Stellung des Lichtes gegen die Oeffnung auf den Erfolg fast ohne Einfluss ist, so lange die Helligkeit aufser Acht gelassen werden kann. Auch müfsten die Strahlen sogleich wegfallen oder sich doch ungemein vermindern, wenn man das Auge auf den hellen Punkt richtet, d. i. der Entfer

nung des Lichtes accomodirt (denn die Punkte des Lichtes haben fast gleiche Entfernung), was nicht der Fall ist; es ist sogar wahrscheinlich, dafs das Auge sich unwillkührlich der Entfernung des Lichtes und nicht der dunkleren Oeffnung anpassen wird ').

b) Nach der von Keppler gegebenen Erklärung müfsten alle Augen in der Entfernung, in der sie Strahlen sehen, kurzsichtig seyn; allein die Erscheinungen eines kurzsichtigen Auges sind, wie schon oben erwähnt, von dem Strahlenkranze gänzlich abweichend, der Eindruck selbst ist ein wesentlich anderer. Auch lässt sich die Accomodationsfäbigkeit des Auges innerhalb mehr oder weniger weiter Gränzen, je nach der Güte des Auges, leicht durch eine Erweiterung der Versuche von Scheiner (Pouillet I. p. 447.) nachweisen:

» Wenn man in ein Kartenblatt zwei feine Nadellöcher macht, deren Entfernung von einander kleiner seyn mufs als der Durchmesser der Pupille, und die Oeffnungen dicht vor das Auge hält, so sieht man einen kleinen Gegenstand, etwa einen Nadelkopf, den man innerhalb der Sehweite vor die Löcher hält, doppelt. Von dem kleinen Gegenstande gelangen nämlich nur zwei ganz feine Strahlenbündel durch die beiden Löcher ins Auge; die beiden Strahlen convergiren aber nach einem Punkte, der hinter der Netzhaut liegt; sie treffen also die Netzhaut in zwei verschiedenen Punkten, es sind diefs zwei isolirte Punkte des Zerstreuungskreises, welcher auf der Retina entstehen würde, wenn die übrigen Strahlen nicht durch das Kartenblatt aufgefangen würden. Wenn man den kleinen Gegenstand mehr und mehr entfernt, so nähern sich die Bilder, weil die beiden durch die Löcher ins Auge fallenden Strahlen

1) Die Widerlegung dieser Ansicht war in sofern nothwendig, als dieselbe bei Versuchen, die mit Tageslicht angestellt werden, leichter durchzuführen ist, indem hier sehr selten Lichtquelle und dunkler Körper in derselben Ebene liegen, wie z. B., wenn man, wie Plateau bei seinen Versuchen, ein ausgeschnittenes schwarzes Blatt Papier gegen den Himmel richtet etc.

nun weniger divergiren und also auch nach einem Punkte hin gebrochen werden, welcher der Retina näher liegt. Hat man den Gegenstand bis auf die Weite des deutlichen Sehens vom Auge entfernt, so fallen die beiden Bilder vollkommen zusammen, weil alle Strahlen, die von einem Punkte ausgehen, der gerade um die Weite des deutlichen Sehens vom Auge entfernt ist, in einem Punkte der Netzhaut vereinigt werden.

[ocr errors]

Entfernt man den Gegenstand weiter vom Auge, so wird, wenn die Netzhaut ihre Lage nicht ändert, der Vereinigungspunkt der Strahlen nun vor die Netzhaut fallen und man somit wieder zwei Bilder erhalten müssen, die jedoch ihre Lage geändert haben; das Bild, welches erst rechts erschien, wird nun links und umgekehrt sichtbar werden. Wenn das Auge aber die Fähigkeit besitzt, sich der Entfernung zu accomodiren, so wird man den Gegenstand immer nur einfach erhalten, wenn nicht der Einfluss der sphärischen Abweichung eine Aenderung bedingt. Bei einem sehr kurzsichtigen Auge (wie das meinige) trat nun auch ersteres ganz entschieden ein; der Gegenstand erschien nur auf eine ganz kleine Entfernung einfach, dann in etwa 1 Fufs Entfernung wieder doppelt und mit verwechselten Bildern, wie sich darnach beurtheilen liefs, dass, indem das Blatt nicht genau in der Mitte vor das Auge gehalten wurde, die Bilder nicht gleich dunkel erschienen. Die Entfernung der Bilder von einander wurde um so grösser, je weiter man den Gegenstand entfernte, anfangs war die Zunahme bedeutend, nahm jedoch mit der Entfernung ab, und in gröfserer Entfernung blieb der Abstand der beiden Bilder fast unverändert; was völlig mit dem Vorschreiten des Bildes übereinstimmt.

Die Entfernung, auf die das Bild einfach erscheint, hängt von der Güte des Auges ab, bei einem etwas weniger kurzsichtigen Auge war diese etwas gröfser, doch trat bei etwa 3 Fufs Entfernung ebenfalls Verdoppelung ein. Bei anerkannt guten Augen war in der Nähe eine solche Verdoppelung nicht zu erhalten, doch erschienen die 100 u. m.

« ՆախորդըՇարունակել »